Eine Ruine entsteht entweder durch natürlichen Zerfall, wenn Pflege und Erhalt von Bauwerken, Siedlungen oder Festungen aus wirtschaftlichen, sozialen oder politischen Gründen unterbleiben, durch gewaltsame Einwirkung wieKrieg oder auch durchNaturkatastrophen wie z. B. den Ausbruch einesVulkans (vgl. hierzuPompeji).
Man kann Ruinen dem Zerfall überlassen, ihre Reste in die Konstruktion eines neuen Bauwerks am selben Ort einbeziehen oder durch Abtragung sekundär weiterverwenden. Die nur teilweise Wiederverwendung der Materialien eines Gebäudes kann dabei auch eine Ruine entstehen lassen, wenn etwa die Dacheindeckung zur Wiederverwendung entfernt wird und das restliche Gebäude durch fehlenden Wetterschutz zerfällt.
Ruinen können auch dadurch entstehen, wenn ein Bauprojekt vor der Fertigstellung beendet und halbfertig aufgegeben wird. Man spricht dann von einer Bau- oder einerInvestitionsruine.
Während derAntike und imMittelalter wurden die Ruinen zerstörter Gebäude häufig als Steinbruch für Baumaterial genutzt, wobei ihr Material meist rein praktisch, manchmal aber auch bewusst alsSpolien und deutlich sichtbar wiederverwendet wurde. Letzteres geschah dann, wenn es sich um besonders kostbares Material handelte oder man bewusst an die Tradition anknüpfen wollte.
Mit derAufklärung und derRomantik gewannen auch mittelalterliche Ruinen an Wertschätzung, denn sie wurden als sichtbares Zeugnis vergangener Zeiten mit historischer Bedeutung entdeckt. Ihr Anblick bot zudem ein emotionales Festhalten an einer idealisierten Vergangenheit angesichts der als bedrohlich empfundenen fortschreitendenindustriellen Revolution. Die Huldigung an dieÄsthetik des Zerfalls kommt auch in derenglischen Gartenkunst des 18. Jahrhunderts zum Ausdruck, woParkanlagen als Landschaftsinszenierungen angelegt und mitkünstlichen Ruinen ausgestattet wurden.
Zahlreiche Ruinen vonBurgen,Schlössern oderKlöstern gewannen im 19. Jahrhundert eine hohe, teilweise symbolische Bedeutung. Künstler der Romantik wieCaspar David Friedrich schufen sich mit der Darstellung vergänglicher Ruinen (Kloster Eldena) unvergänglichen Ruhm.
Klosterruinen entstanden meist nach denSäkularisationen im Zuge derReformation im 16. Jahrhundert und zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Vor allem seit derRomantik sind sie ein beliebtes Sujet in Malerei und Zeichnung. Sie versinnbildlichen Vergänglichkeit und rufennostalgische Gefühle hervor. Die Ruinen wurden in den Jahrhunderten seit ihrer Aufgabe durch die Kirche verschieden genutzt. Diese Zweckentfremdungen, derDreißigjährige Krieg sowie die Nutzung der Bausubstanz als bequemer Steinbruch brachten eine weitgehende Zerstörung vieler dieser Klöster mit sich. Erst in der Romantik des frühen 19. Jahrhunderts besann man sich der Bauwerke und begann, erhaltende Maßnahmen durchzuführen. Heute sind Klosterruinen gern besuchtetouristische Ziele.
Auf philosophischer Ebene istGeorg Simmels Text „Die Ruine“ von 1907 der erste Versuch, das, was die Ruine evoziert, zu erklären. Simmel schreibt: „Die Ruine schafft die gegenwärtige Form eines vergangenen Lebens, nicht nach seinen Inhalten oder Resten, sondern nach seiner Vergangenheit als solcher.“[2]
Mittlerweile gibt es öffentliche Debatten, ob bestimmte Ruinen in ihrem derzeitigen Zustand belassen oder wieder aufgebaut werden sollen. So wurde dieFrauenkirche in Dresden, deren Ruine ursprünglich alsMahnmal gegen denKrieg erhalten werden sollte, zwischen 1996 und 2005 wieder aufgebaut. Andere Ruinen wurden bewusst als Mahnmale konserviert, wie die BerlinerKaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche oder die ehemalige Handelskammer inHiroshima, die beim Atombombenabwurf am 6. August 1945 zerstört wurde.
Die Symbolhaftigkeit von Ruinen zeigt sich auch am Titel der Nationalhymne der Deutschen Demokratischen RepublikAuferstanden aus Ruinen. Neue Ruinen entstehen auch heute durch Kriege,Anschläge,Naturkatastrophen und durch Zerfall von Gebäuden aufgrund von wirtschaftlichen Veränderungen (z. B. durch Abwanderung).
Die Nachnutzung von Industrieruinen als Filmkulisse oder Teil eines Museums ist mittlerweile vielfach üblich. Oft bilden sich vor Ort Bürgerinitiativen, die sich darum bemühen neue Nutzungskonzepte für verlassene Industriegebäude umzusetzen.
Außerdem sind das Fotografieren (siehe hierzu:Ruinen-Fotografie) und Erkunden zugänglicher Industrieruinen alsLost Place insbesondere für Menschen, die gernUrban Exploration betreiben, attraktiv. Da in einem Teil der Gebäude Einsturzgefahr herrscht, sollte man sich allerdings vorab informieren, zumal ein unbefugtes Betreten auch rechtliche Konsequenzen haben kann.
Entbehrlich gewordeneTürme aus Stahl werden im Regelfall demontiert, da die Konstruktion abgebaut und andernorts wiederaufgebaut wird bzw. wenn der Bauzustand keine direkte Verwertung mehr zulässt, das Metall der Konstruktion aber als Schrott noch wirtschaftlich verwertet werden kann. Allerdings bleiben hierbei gelegentlich die Betonfundamente im Boden zurück, da deren Entfernung oft recht aufwendig ist. Man findet zum Beispiel inHerzberg (Elster) noch heute das Fundament des Sendemastes des einstigenDeutschlandsenders III.
Auch von einigen ehemaligen großen Holztürmen sind noch die schwer zu entfernenden Fundamente vorhanden. So existieren heute noch die Fundamente des einstigen Holzturms derSendeanlage Ismaning.
In einigen Regionen führt Bevölkerungsrückgang zu mehr Leerstand und schrumpfenden Einwohnerzahlen. Wenn Landstriche veröden, ist derAbriss bzw. Rückbau von einem Teil der ungenutzten Gebäude von der verbliebenen Bevölkerung oft erwünscht. Verschwindet, wie z. B. die Memeler Straße inAltena ein ganzer Straßenzug, so werden auch die Infrastruktur einschließlich Straßenbeleuchtung und Versorgungsleitungen zurückgebaut.[5]