Der NameRuhleben bezeichnet ein Gebiet inBerlin, das teilweise zumBezirk Charlottenburg-Wilmersdorf und teilweise zumBezirk Spandau gehört. Gleichzeitig ist Ruhleben auch der Name einerOrtslage im OrtsteilWestend von Charlottenburg-Wilmersdorf. Die Ortslage umfasst nur den südöstlichen Teil des Gebiets mit der Siedlung Ruhleben.
Ruhleben befindet sich historisch zwischen den StädtenSpandau undCharlottenburg. Hier befinden sich noch Ausläufer der in der letztenEiszeit entstandenenEndmoräne desBerliner Urstromtals. Heutzutage zeugen davon noch dieMurellenberge mit derMurellenschlucht und demMurellenteich.
ImCharlottenburger Teil von Ruhleben (der seit September 2004 zum OrtsteilWestend gehört) befindet sich dasNaturschutzgebietFließwiese Ruhleben. Nördlich wird Ruhleben durch dieSpree begrenzt, südlich durch das zumOlympiagelände gehörendeSportforum.
Ruhleben wurde unter dem NamenNeues Vorwerk bei Spandau 1638 demHeidereiter vonGrunewald übergeben und nach dessen Tod 1639 an die Försterfamilie von Grabow, später an die Adelsfamilievon Saldern übertragen. AlsSaldernschesVorwerk wurde es 1695 gemeinsam mitLietzow (der Vorläufersiedlung vonCharlottenburg) der KurfürstinSophie Charlotte im Austausch für ihre Güter inCaputh undLangerwisch von ihrem MannKurfürst Friedrich III. von Brandenburg vermacht. Nachdem bei Lietzow ihrSommerschloss Lützenburg (heute:Schloss Charlottenburg) 1699 fertiggestellt war, übertrug sie das Vorwerk 1700 an ihren Oberhofmeister Friedrich Bogislav von Dobrczenski bei seinem Ausscheiden aus ihren Diensten. Der NameRuhleben wird erstmals 1704 erwähnt. Nach dem Tode Sophie Charlottes 1705 erwarb Friedrich, inzwischen König inPreußen geworden, das Vorwerk 1707 zurück und unterstellte es dem Amt Spandau. Bereits ein Jahr später begannen die Bauarbeiten zu einem an der Spree gelegenenLustschloss, das 1710 fertiggestellt wurde; es wurde 1800 wieder abgerissen.
„Ruhleben, heißt die einzelne landwirthschaftliche Besitzung an der Chaussee von Berlin nach Spandau, links zwischen dem zweiten Chausseehaus, dem Holze und den ersten Häusern dieser Stadt gelegen. Merkwürdig ist das Vorderhaus bei der Belagerung von Spandau, im Jahre 1813 dadurch geworden, daß die Kugeln, welche die Franzosen aus der Festung für die ungefähr 200 Meter von Ruhleben aufgeworfen gewesene Preußische Batterie bestimmt hatten, größthenteils auf dieses Haus fielen und das Dach zunächst von Grund aus zertrümmerten.“
Nachdem Ruhleben zwischen 1810 und 1841 dem preußischen MinisterKarl Friedrich von Beyme gehört hatte, wurden dort nach dem Rückerwerb durch den Staat Anfang der 1840er Jahre erste militärische Einrichtungen derpreußischen Armee an den Murellenbergen errichtet. Die Infanterie-Schießschule mit Kaserne an der Charlottenburger Chaussee (ab 1939:Alexander-Kaserne) nahm 1855 den Betrieb auf. Außerdem befand sich die Kriegstelegraphenschule der Armee auf dem Areal. DerAuswandererbahnhof Ruhleben wurde 1891 auf dem westlich anschließenden Bahngelände inStresow eröffnet und diente bis zumErsten Weltkrieg als Durchgangs- und Kontrollstation vor allem für Osteuropäer zur Ausreise nachAmerika.
Seit dem 19. Jahrhundert bildete Ruhleben einenGutsbezirk imKreis Teltow. Am 1. November 1919 wurde der Gutsbezirk Ruhleben aufgelöst und in den angrenzendenGutsbezirk Heerstraße eingegliedert.[2] Dieser wurde am 1. Oktober 1920 nachGroß-Berlin eingemeindet und zwischen den Bezirken Spandau und Charlottenburg aufgeteilt, wobei der größte Teil des alten Gutsbezirks Ruhleben zum Bezirk Spandau kam.
Bei denOlympischen Spielen 1936 fanden die Schießwettbewerbe desModernen Fünfkampfs auf den Schießplätzen in Ruhleben statt und bei der Bewerbung Berlins für dieOlympischen Spiele 2000 war das olympische Dorf auf dem ehemaligen Schießplatzgelände in Ruhleben geplant. 1952 wurde im Charlottenburger Teil Ruhlebens ein großer Friedhof angelegt, der 1962/1963 einKrematorium nach Entwürfen der ArchitektenJan undRolf Rave erhielt.
Einwohnerzahlen des Gutsbezirks Ruhleben
Jahr | Einwohner |
---|---|
1858[3] | 041 |
1871[4] | 096 |
1885[5] | 243 |
1895[6] | 454 |
1905[7] | 482 |
1910[8] | 561 |
1919[9] | 313 |
DieTrabrennbahn derTrabrenn-Gesellschaft Westend musste der Bebauung von Neu-Westend weichen und wurde 1908 vonWestend auf die Spandauer Seite von Ruhleben nördlich derBahntrasse verlegt. Im Ersten Weltkrieg diente die Trabrennbahn alsInternierungslager hauptsächlich fürbritische Zivilisten, die in Deutschland vom Kriegsausbruch überrascht wurden.[10] Während desZweiten Weltkriegs wurden auf der Trabrennbahn Panzer erprobt. Ab 1950 fanden wieder Rennen statt. Nach dem Konkurs der Rennbahn 1955 entstand auf dem Gelände ein Industriegebiet mit einemKlärwerk und einerMüllverbrennungsanlage, die zu den größten in Europa zählt.
Auf dem Gelände eines ehemaligen Schießplatzes entstand in den 1920er Jahren dieSiedlung Ruhleben mit hauptsächlich ein- und zweigeschossigen Gebäuden. Im Jahr 1922 erwarb die Charlottenburger Baugenossenschaft 350.000 Quadratmeter Baugrund in Ruhleben vomFiskus für eine MillionMark. Aus finanziellen Gründen, vermutlich durch dieInflation bedingt, konnte die Genossenschaft die Grundstücke nicht selbst bebauen, sondern musste kurz darauf die parzellierten Grundstücke an die Siedler weiterverkaufen.[11] Die Wälle des Schießplatzes mussten von den Siedlern selbst eingeebnet werden. Einer der ersten Bewohner berichtet über die Bauphase: „Ich habe allein etwa 370 Kubikmeter Erde bewegt. Wir hausten anfangs in Erdlöchern, später bauten wir uns Lauben, und im Jahre 1929 konnte ich mein Haus beziehen.“[12]
DieBerliner Stadtreinigung betreibt seit 2013 direkt neben demKlärwerk Ruhleben eineBiogasanlage. In der Anlage werden jährlich rund 60.000 Tonnen Bioabfall aus Berliner Privathaushaltenvergoren. So entstehen rund 7,14 Millionen Kubikmeter Roh-Biogas, das zu synthetischemErdgasaufbereitet wird.
Zur Eröffnung desDeutschen Stadions im Jahr 1913 wurde dieU-Bahn vom damaligenBahnhof Reichskanzlerplatz zumBahnhof Stadion verlängert und zunächst nur bei Veranstaltungen betrieben. Dazu errichtete dieHochbahngesellschaft 1912 am Wiesendamm dasKraftwerk Unterspree zur Versorgung der U-Bahn mitGleichstrom. 1929 erhielt die Siedlung eine Nahverkehrsanbindung durch die U-Bahn – bis heute endet die Strecke derLinie U2 amU-Bahnhof Ruhleben.
Der BahnhofBerlin-Ruhleben liegt an derLehrter bzw.Hamburger Bahn. Er wird alsGüterbahnhof und für betriebliche Zwecke genutzt. Hier mündet derHamburger Stadtbahnanschluss, der für Reisezüge von derBerliner Stadtbahn nach Spandau genutzt wird. Über einen Teil dieses Bahnhofs, denAuswandererbahnhof Ruhleben machten sich zwischen 1891 und 1914 Tausende von Auswanderern auf den Weg in die Vereinigten Staaten.
52.533333313.2333333Koordinaten:52° 32′ N,13° 14′ O