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Rudolf Schottlaender

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Das Grab von Rudolf Schottlaender auf dem Evangelischen Friedhof Friedrichshagen in Berlin. (2020)

Rudolf Julius Schottlaender (*5. August1900 inBerlin; †4. Januar1988 inOst-Berlin[1]) war ein deutscher Philosoph, Altphilologe, Übersetzer und politischer Publizist.

Biografie

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Rudolf Schottlaender warjüdischer Abstammung, studierte Philosophie in Berlin, Heidelberg (beiKarl Jaspers undErnst Hoffmann), Marburg,Freiburg im Breisgau, beiEdmund Husserl,Martin Heidegger undNicolai Hartmann. Dort lernte er Günther Stern (später alsGünther Anders ein bekannter philosophischer Schriftsteller, Sohn des PsychologenWilliam Stern) kennen und dessen SchwesterHilde, die er kurz darauf heiratete (in der ersten von drei Ehen). Trotz seines regen studentischen Interesses für diePhänomenologie berief sich Schottlaender mehr auf dieStoa und aufSpinoza, in dessen Geist er 1921 aus der jüdischen Gemeinde ausgetreten war. Er promovierte 1923 in Heidelberg bei Ernst Hoffmann mit einer Arbeit über dieNikomachische Ethik desAristoteles.

Während derWeimarer Republik war Schottlaender Privatgelehrter. Mit seiner Übertragung des ersten Teils von „À la recherche du temps perdu“, die 1926 unter dem Titel „Der Weg zu Swann“ im VerlagDie Schmiede erschien, war er der erste deutscheProust-Übersetzer. Allerdings wurde seine Übersetzung vom berühmten RomanistenErnst Robert Curtius derartverrissen, dass der Verlag auf Druck der französischen Proust-Verleger die Übersetzung in andere Hände übergehen ließ. Es fanden sich auch lobende Stimmen, u. a. vonAlfred Kerr undHermann Hesse, die sich allerdings gegen die Autorität von Curtius nicht öffentlich zu einer Verteidigung bereitfanden[2]. Zuletzt in Berlin versteckt, überlebte SchottlaenderHitlerzeit und Judenverfolgung.

Nach 1945 unterrichtete er alsStudienrat Latein und Griechisch inWest-Berlin, an der Goethe-Schule in Lichterfelde West. Zwischenzeitlich (1947–1949) lehrte er an derTechnischen Hochschule Dresden Philosophie, geriet aber als streitbarerDemokrat undHumanist in Konflikt mit den Behörden derSowjetischen Besatzungszone. Daraufhin ging er zurück nach West-Berlin und arbeitete vom Herbst 1949 bis 1956 als Studienrat an derGeorg-Herwegh-Oberschule.[3] Dort wurde er wegen seiner Bemühungen um die Überwindung desKalten Krieges Opfer einerVerleumdungskampagne und geriet in berufliche Schwierigkeiten. 1959 folgte er einem Ruf an die OstberlinerHumboldt-Universität als Professor für lateinische Literatur unter besonderer Berücksichtigung des Griechischen (Philosophie konnte er alsNichtmarxist und aufgrund der Dresdner Erfahrungen dort nicht lehren). Nach dem Bau derBerliner Mauer im August 1961 musste er, um diese Arbeit weiter ausüben zu können, mit der Familie von West- nach Ostberlin übersiedeln. 1965 wurde er emeritiert.

Neben zahlreichen philologischen und philosophischen Schriften veröffentlichte Schottlaender brillante Übersetzungen (sehr bühnenwirksameSophokles-Neuübersetzung[4] Herausgabe einerPetrarca-Ausgabe u. a.) und gründliche Auseinandersetzungen mit Fragen des Judentums und desAntisemitismus. In seinen politischenEssays und Artikeln, die er überwiegend im Westen veröffentlichte, verstand er sich als Vermittler zwischen den Systemen. Wegen seiner DDR-kritischen Positionen wurde er intensiv von derStaatssicherheit observiert. Er inspirierte führende Köpfe der sich herausbildendenDDR-Opposition.

Schottlaenders Sohn Rainer (geboren am 16. September 1949) war 1969 und 1970 zusammen mit seinem Mitkommilitonen Michael Müller der Initiator mehrerer Flugblattaktionen, die an derHumboldt-Universität zum Boykott der so genannten gesellschaftswissenschaftlichen Vorlesung aufriefen. Dies führte zu einer der größten Fahndungsaktionen der Stasi (Deckname Aufwiegler). Er wurde nach einem Fluchtversuch in Haft genommen, später von der BRD freigekauft und ist heute Entertainer und Privatgelehrter.[5]

Veröffentlichungen (Auswahl)

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  • Tiefen und Engen des Empirischen in der Güterlehre. Das Wissen von Wertcharakteren, grundsätzlich erörtert und an „Ruhe“ und „Freiheit“ durchanalysiert (=Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Jahrgang 1955, Nr. 8).

Literarische Werke

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  • Trotz allem ein Deutscher, Autobiografie, Herder-Verlag 1986
  • Verfolgte Berliner Wissenschaft, Edition Hentrich, Berlin 1988
  • Deutschsein fünfmal anders. Erinnerungen eines Unangepassten, hg. v. Irene Selle, Moritz Reininghaus,Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2017,ISBN 978-3-945256-39-8.

Literatur

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Weblinks

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Einzelnachweise

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  1. Geburtsdatum nachGötz AlyVon den tragenden Volkskräften isoliert - zum 100. Geburtstag des Philosophen Rudolph Schottlaender, Berliner Zeitung, 5. August 2000 undWebsite zu Schottlaender und Proust, die Neue Deutsche Biographie (Karin Hartewig) gibt den 1. April als Sterbedatum an.
  2. Webseite zum Streit um die Proust Übersetzung. Schottlaender führt auch einen Brief vonThomas Mann an, der sich lobend äußerte. Nach Schottlaenders Aussage war der Text der Übersetzung nur als Rohfassung gedacht.
  3. Rudolf Schottlaender, Trotz alledem ein Deutscher. Mein Lebensweg seit Jahrhundertbeginn. Herder, Freiburg, 1986. S. 62
  4. Sophokles: Werke. Übers. von Rudolf Schottlaender. Aufbau Verlag, Berlin und Weimar 1970.
  5. RBB/Arte-Dokumentation:Allein gegen die Stasi oder Das teuerste Flugblatt der Welt. 2008
Personendaten
NAMESchottlaender, Rudolf
ALTERNATIVNAMENSchottlaender, Rudolf Julius (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNGdeutscher Philosoph, Altphilologe, Übersetzer und Hochschullehrer
GEBURTSDATUM5. August 1900
GEBURTSORTBerlin
STERBEDATUM1. April 1988
STERBEORTOst-Berlin
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