Rudolf Olgiati war Sohn des Rechtsanwalts Oreste Olgiati und Bürger vonPoschiavo undChur. 1927 erwarb er dieMatura an derBündner Kantonsschule in Chur. Mit 18 Jahren las er das Buch vonLe CorbusierKommende Baukunst. Er studierte bis 1934 Architektur an derETH Zürich und schloss beiJosef Zemp in Kunstgeschichte ab. Von 1935 bis 1937 folgte ein Aufenthalt inRom. Dann war Rudolf Olgiati als Architekt tätig, zunächst inZürich und ab 1944 inFlims, wo er bereits 1930 ein Haus aus dem Familienbesitz erworben und umgebaut hatte. SohnValerio Olgiati ist ebenfalls Architekt und lebt heute im Haus seines Vaters.
Rudolf Olgiati war ein Vertreter derNeuen Sachlichkeit und einer der ersten, die Mitte der 1950er Jahre die Bedeutung und Wirksamkeit historischer Gestaltungsprinzipien für die Architektur derModerne entdeckten. Er baute vorwiegend Einfamilienhäuser im gebirgigen Graubünden und restaurierte altePatrizier- undBauernhäuser, später auch Bauten in Südfrankreich und Deutschland.
Seine kubische Formensprache bewegte sich im Spannungsfeld zwischen lokalerBündner Bautradition, dergriechischen Antike und einer sich vor allem anLe Corbusier orientierendenModerne. Er strebte damit ein universelles, zeitloses und radikal modernes Bauen an, das den Einfluss internationaler Architektur wie das Autochthone der Schweizer Architektur dokumentiert und sich dabei seiner ideologischen und formalen Bezüge stets bewusst ist. Bei Olgiati, der den Rückgriff auf traditionelle Elemente niemals als restaurativ verstanden wissen wollte, vereinigt sich die Architektur mit lokaler Tradition und mit dem Ort als solchem, den er durch die Herstellung einer intimen Beziehung zwischen Architektur und der ansässigen Gesellschaft neu zu «schaffen» beanspruchte.
Seine Arbeiten wurden 1977 von der ETH Zürich, 1986 in derFreien Akademie der Künste in Hamburg, 1986 an derTU Berlin und 1988 an derKunstuniversität Linz ausgestellt. 1981 erhält er den Kulturpreis des Kantons Graubünden. 1988 entstand ein Dokumentarfilm über Rudolf Olgiati, der überdies mit streitbaren Thesen immer wieder in die Architekturdebatte eingriff. Breite Aufmerksamkeit fand etwa sein Kommentar «Unwissende Kitschbrüder zerstören unsere Heimat»[1] zum neuen Erscheinungsbild des nach seiner Ansicht «zu Tode renovierten»Arcas-Platzes in Chur.[2][3]
Thomas Boga (Hrsg.):Die Architektur von Rudolf Olgiati. Ausstellung vom 16. Juni bis 7. Juli 1977 am Hönggerberg der ETH Zürich. 3. Auflage, Organisationsstelle für Architekturausstellungen, Zürich 1983,ISBN 3-85676-018-0.
Josef Kremerskothen:Rudolf Olgiati. In:Grosse Architekten. Menschen, die Baugeschichte machten. 9. Auflage. Gruner und Jahr, Hamburg 1999,ISBN 3-570-06546-4, S. 231 ff.
Rudolf Olgiati:Eine Streitschrift. Magazin und Buch, Stuttgart 1994.ISBN 3-9803822-0-6.
Ursula Riederer:Rudolf Olgiati: Bauen mit den Sinnen. HTW, Chur 2004,ISBN 3-9522147-0-1.
Selina Walder (Hrsg.):Dado: Gebaut und bewohnt von Rudolf Olgiati und Valerio Olgiati. Birkhäuser, Basel 2010,ISBN 978-3-0346-0375-1.
↑Hermann Lübbe:Im Zug der Zeit – Verkürzter Aufenthalt in der Gegenwart. 3. Aufl.: Springer, 2003,ISBN 978-3-540-00202-4. (S. 64)
↑Hermann Lübbe:Praktischer Historismus: Zur Philosophie des Denkmalschutzes. In Gudrun Kühne-Bertram, Hans-Ulrich Lessing, Volker Steenblock:Kultur verstehen: Zur Geschichte und Theorie der Geisteswissenschaften. Königshausen & Neumann, 2003,ISBN 3826024109,ISBN 9783826024108. (S. 135)