DasReichswirtschaftsministerium (RWM) war zuständig für diewirtschaftspolitischen Belange während derWeimarer Republik und derZeit des Nationalsozialismus.
Es ging aus dem 1917 eingerichtetenReichswirtschaftsamt hervor.[1] Es war das erste selbständige Ressort desDeutschen Reichs und wurde mit Zusammentritt derersten demokratisch gewählten Regierung ab dem 21. März 1919 mit der BezeichnungReichswirtschaftsministerium weitergeführt.
So ordnete es die Verhältnisse zwischen der neu gegründeten Weimarer Republik und ihrer Wirtschaft. Es wurde mit Aufgaben wie derDemobilmachung, Bekämpfung derInflation, derReparationen an die Siegerstaaten sowie Wiedergewinnung von Exportmärkten betraut. Das Ministerium gewann schnell neue Kompetenzen in derPreispolitik, der sektoralen Wirtschaftslenkung und der Außenwirtschafts- und Devisenkontrolle. Letztere gewann ab 1929 (Weltwirtschaftskrise) eine besondere Bedeutung. Ab 1920 war das Reichswirtschaftsministerium imHaus Cumberland amKurfürstendamm zwischen Bleibtreu- und Schlüterstraße inBerlin-Charlottenburg untergebracht.
Von 1933 bis 1945 (Zeit des Nationalsozialismus) war das Reichswirtschaftsministerium eine zentrale Institution, mit deren Hilfe das NS-Regime viele seiner politischen Ziele in die Tat umsetzte, zum Beispiel Bekämpfung der Arbeitslosigkeit,Aufrüstung der Wehrmacht, Förderung derRüstungsindustrie, Vorbereitung auf dieKriegswirtschaft sowie dieArisierung des deutschen Wirtschaftslebens. Bis zum Kriegsende gab es immer mehr Aufgaben und Zuständigkeiten an andere Reichsministerien ab. Die ehemaligen WirtschaftsministerHjalmar Schacht,Hermann Göring,Walther Funk undAlbert Speer zählten später zu den Angeklagten imNürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher.
Der Hauptsitz des Reichswirtschaftsministeriums war in derBehrenstraße 42–45 in Berlin.Mitte November 1943 wurde das Gebäude durch Fliegerangriffe zerstört.Heute befindet sich dort das Humboldt Carré.
1919 übernimmt das RWM die Aufgaben der Lenkung und Abwicklung der Kriegsrohstoffabteilungen aus dem aufgelösten Reichsministerium für wirtschaftliche Demobilmachung.
Ebenfalls 1919 übernahm der Jurist und VolkswirtschaftlerKurt Finkenwirth im Ministerium die Aufgaben eines nach dem Ersten Weltkrieg notwendig gewordenenKommissars fürTextilnotstandsversorgung.[2]
1920 Auflösung der kurzzeitigen Vereinigung des RWM mit dem Reichsernährungsministerium, nachdem dieses zum neu gegründeten Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft übertritt.
An das Reichsverkehrsministerium werden 1921 die Zuständigkeit für die Binnenschifffahrt und 1926 die Zuständigkeit für die Seefahrt abgegeben.
1923 Übernahme der elektrowirtschaftlichen Gesetzgebung und anderer wirtschaftlicher Aufgaben außerhalb der Kompetenz des Reichsfinanzministeriums mit Auflösung des Reichsschatzministeriums
1933 werden die Arbeitsgebiete Wirtschaftswerbung, Ausstellungs-, Messe- und Reklamewesen an das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda abgegeben. Die Aufgaben der Devisenbewirtschaftung werden ebenfalls in diesem Jahr an die neu gegründete Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung abgegeben.
1934 erfolgt die Vereinigung mit dem preußischen Ministerium für Wirtschaft und Arbeit. Es führt die offizielle Bezeichnung „Reichs- und Preußisches Wirtschaftsministerium“ bis 1938.
1936 gibt es die Zuständigkeit für das Verfügungsrecht über Rohstoffe, Devisen, Arbeitskräfte und Beschaffungsprogramm an die Vierjahresplanbehörde ab. Im Gegenzug erhält das Reichswirtschaftsministerium, im Zuge der Zentralisierung der Wirtschaft, von der Vierjahresplanbehörde die Referate Rohstoffbewirtschaftung, Außenhandelsreferat und das Referat „Der Generalbevollmächtigte für die Eisen- und Stahlbewirtschaftung“.
1941 wird der Bereich Energiewirtschaft auf den Generalinspektor für Wasser und Energie übertragen.
1943 wird mit dem Aufbau der Reichsbergbehörden die neue Hauptabteilung „Der Oberberghauptmann“ geschaffen.
Am 2. September 1943 folgt mit dem Erlass über die Konzentration in der Kriegswirtschaft die Übergabe der Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Rohstoffversorgung, Produktion und Rüstungsindustrie auf das Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion. Die zivile Produktion, die allgemeine Wirtschaftspolitik, das Handels- und Gewerbewesen, der Bergbau und die Wirtschaftsfinanzierung verbleibt beim Reichswirtschaftsministerium. (vgl. Speer-Erlass vom 29. Oktober 1943)
Die Struktur des Reichswirtschaftsministeriums nach dem Geschäftsverteilungsplan von 1943:[3]
Name (Lebensdaten) | Amtsantritt | Ende der Amtszeit | Partei |
---|---|---|---|
Rudolf Wissell (1869–1962) | 13. Februar 1919 | 15. Juli 1919 | SPD |
Robert Schmidt (1864–1943) | 16. Juli 1919 | 24. Juni 1920 | SPD |
Ernst Scholz (1874–1932) | 25. Juni 1920 | 9. Mai 1921 | DVP |
Robert Schmidt (1864–1943) | 10. Mai 1921 | 21. November 1922 | SPD |
Johann Becker (1869–1951) | 22. November 1922 | 12. August 1923 | DVP |
Hans von Raumer (1870–1965) | 13. August 1923 | 5. Oktober 1923 | DVP |
Joseph Koeth (1870–1936) | 6. Oktober 1923 | 23. November 1923 | parteilos |
Eduard Hamm (1879–1944) | 30. November 1923 | 15. Dezember 1924 | DDP |
Albert Neuhaus (1873–1948) | 15. Januar 1925 | 26. Oktober 1925 | DNVP |
Rudolf Krohne (1876–1953) | 27. Oktober 1925 | 5. Dezember 1925 | DVP |
Julius Curtius (1877–1948) | 19. Januar 1926 | 11. November 1929 | DVP |
Paul Moldenhauer (1876–1947) | 12. November 1929 | 23. Dezember 1929 | DVP |
Robert Schmidt (1864–1943) | 24. Dezember 1929 | 29. März 1930 | SPD |
Hermann Dietrich (1879–1954) | 30. März 1930 | 26. Juni 1930 | DDP |
Ernst Trendelenburg (1882–1945) | 27. Juni 1930 | 8. Oktober 1931 | parteilos |
Hermann Warmbold (1876–1976) | 9. Oktober 1931 | 28. April 1932 | parteilos |
Ernst Trendelenburg (1882–1945) | 29. April 1932 | 30. Mai 1932 | parteilos |
Hermann Warmbold (1876–1976) | 1. Juni 1932 | 28. Januar 1933 | parteilos |
Alfred Hugenberg (1865–1951) | 30. Januar 1933 | 29. Juni 1933 | DNVP |
Kurt Schmitt (1886–1950) | 29. Juni 1933 | 3. August 1934 | NSDAP |
Hjalmar Schacht (1877–1970) | 3. August 1934 | 26. November 1937 | parteilos |
Hermann Göring (1893–1946) | 26. November 1937 | 15. Januar 1938 | NSDAP |
Walther Funk (1890–1960) | 5. Februar 1938 | 5. Mai 1945 | NSDAP |
Albert Speer (1905–1981) | 5. Mai 1945 | 23. Mai 1945 | NSDAP |
Name | Amtsantritt | Ende der Amtszeit | Partei |
---|---|---|---|
Julius Hirsch | 1919 | 1923 | Parteilos |
Ernst Trendelenburg | 1923 | 1932 | Parteilos |
Karl Schwarzkopf | 1932 | 1933 | Parteilos |
Paul Bang | 1933 | 1933 | DNVP |
Hans Posse | 1933 | 1938 | Parteilos |
Rudolf Brinkmann | 1938 | 1939 | Parteilos |
Friedrich Landfried | 1939 | 1943 | Parteilos |
Franz Hayler | 1943 | 1945 | NSDAP |
Otto Ohlendorf | 1943 | 1945 | NSDAP |
ImNachkriegsdeutschland trat an dessen Stelle in den westlichen Besatzungszonen dasVerwaltungsamt für Wirtschaft (ab März 1948:Verwaltungsamt des vereinigten Wirtschaftsgebietes). Mit dem Inkrafttreten desGrundgesetzes entstand auf dem Gebiet der Bundesrepublik dasBundesministerium für Wirtschaft. Auf dem Gebiet der DDR wurden für den Wirtschaftssektor eine Fülle von Spezialministerien geschaffen, die jeweils für einzelne Wirtschaftszweige zuständig waren. Für die Liste der DDR-Ministerien der Wirtschaftszweige, vgl.Ministerien der DDR.
Deutsches Reich. Reichswirtschaftsministerium (36.1936 - 39.1939,21):Ministerialblatt für Wirtschaft,Berlin :Heymanns.
Deutsches Reich. Reichswirtschaftsministerium (39.1939,22 - 45.1945,3):Ministerialblatt des Reichswirtschaftsministeriums, Berlin : Heymanns.