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Protactinium (altgriechischπρώτοςprṓtos, deutsch‚erster‘ und Actinium; Silbentrennung Prot|ac|ti|ni|um oder Pro|t|ac|ti|ni|um) ist einchemisches Element mit demElementsymbol Pa und derOrdnungszahl 91. ImPeriodensystem steht es in der Gruppe derActinoide (7. Periode,f-Block). Es ist silbrig metallisch und wird unterhalb von 1,4 Ksupraleitend. Es ist radioaktiv und kommt in der Natur extrem selten vor. Die größte Menge an Protactinium wird künstlich erzeugt.
Dmitri Mendelejew postulierte im Jahre 1871 die Existenz eines Elements zwischenThorium undUran.[7][8] Die Reihe derActinoiden-Elemente war zu der Zeit noch unbekannt. Daher wurde Uran unterhalb desWolframs gesetzt, und Thorium unterhalb desEka-Zirconiums (dem damals ebenfalls noch unentdeckten ElementHafnium), wobei der Platz unterhalb desTantals freiblieb. Bis in die 1950er Jahre wurde das Periodensystem in dieser Form dargestellt.[9] Für lange Zeit suchten Chemiker nach Eka-Tantal mit ähnlichen chemischen Eigenschaften zum Tantal.
Mendelejews Periodensystem von 1871 mit einer Lücke für Protactinium am unteren Rand, zwischen Thorium (Th = 231) und Uran (U = 240)
Im Jahre 1900 isolierteWilliam Crookes ein stark radioaktives Material aus Uran; allerdings konnte er es nicht als neues chemisches Element charakterisieren und nannte esUranium-X (UX).[10][11] Crookes lösteUranylnitrat inEther, die verbleibende wässrige Phase enthielt größtenteils die Nuklide234Th und234Pa.[12]
Das langlebige231Pa (t½ = 32.760 Jahre) wurde 1917 vonOtto Hahn undLise Meitner gefunden (veröffentlicht 1918), sie nannten esProtactinium (vongriechisch πρῶτος =protos:das Erste,der Vorhergehende, das chemische Element, das in derZerfallsreihe desUran-235vor demActinium steht).[17][18] Unabhängig gelang die Entdeckung des langlebigen Isotops in EnglandFrederick Soddy undJohn Arnold Cranston, wobei letzterer nicht veröffentlichen konnte, da er 1915 Soldat im Ersten Weltkrieg wurde.[19][20][21]
Im Jahre 1921 machte Otto Hahn die weitere Entdeckung, dass es zu dem von Fajans gefundenen Brevium 234 noch ein zweites betastrahlendes Isotop mit der gleichen Massenzahl 234 gibt, das sich von dem Brevium lediglich durch seine längere Halbwertszeit von 6,7 Stunden unterscheidet; es handelt sich hierbei um den seltenen Fall einerKernisomerie.[22]
Der offizielle Name für alle drei Isotope sowie alle künstlich herstellbaren Isotope mit der Ordnungszahl 91 wurde 1949 von derIUPAC zu Protactinium bestimmt.
Protactinium ist ein radioaktives Zerfallsprodukt des Urans und findet sich in der Natur in Form der beiden Isotope231Pa und234Pa, wobei das Isotop234Pa in zwei unterschiedlichen Energiezuständen (Kernisomeren) auftreten kann. Protactinium231Pa, ein Alphastrahler, entsteht beim Zerfall von235U (sieheUran-Actinium-Reihe), das betastrahlende Protactinium234Pa beim Zerfall von Uran238U (sieheUran-Radium-Reihe).
Aristid von Grosse isolierte im Jahre 1927 aus Abfällen derRadiumherstellung 2 MilligrammProtactinium(V)-oxid (Pa2O5).[23] Im Jahre 1934 isolierte er erstmals elementares Protactinium aus 0,1 Milligramm Pa2O5.[24][25] Dazu wandte er zwei unterschiedliche Verfahren an: Zum einen wurde Protactiniumoxid mit 35 keV-Elektronen im Vakuum bestrahlt. Zum anderen wurde das Oxid zu den Halogeniden (Chlorid,Bromid oderIodid) umgesetzt und diese dann im Vakuum an einem elektrisch beheizten Draht reduziert.[26]
In den Jahren 1959 und 1961 wurden von derUnited Kingdom Atomic Energy Authority (UKAEA) 125 Gramm Protactinium mit einer Reinheit von 99,9 Prozent aus 60 Tonnen abgebrannter Kernbrennstäbe in einem 12-stufigen Prozess extrahiert; die Kosten betrugen etwa 500.000 US-Dollar.[29] Für viele Jahre war dies die einzig weltweit verfügbare Quelle für Protactinium, von der jeweils verschiedene Laboratorien für wissenschaftliche Untersuchungen versorgt wurden.[8]
Wegen seiner Seltenheit, hohenRadioaktivität und Giftigkeit findet Protactinium außer in der Forschung keine praktische Anwendung.
In Protactinium231Pa, das beim Zerfall von Uran235U entsteht und sich inKernreaktoren auch durch die Reaktion232Th + n → 231Th + 2n und anschließendenBetazerfall bildet, kann möglicherweise einenukleare Kettenreaktion zustande kommen, die prinzipiell auch zum Bau vonAtomwaffen genutzt werden könnte. Diekritische Masse beträgt nach Angabe von Walter Seifritz 750±180 kg.[31] Andere Autoren kommen zum Schluss, dass eine Kettenreaktion selbst bei beliebig großer Masse in Protactinium231Pa nicht möglich ist.[32]
Protactinium(IV)-oxid (PaO2) ist ein schwarzes, kristallines Pulver.Protactinium(V)-oxid (Pa2O5) ist ein weißes, kristallines Pulver. Beide weisen ein kubisches Kristallsystem auf.
Protactinium(V)-chlorid (PaCl5) bildet gelbe monokline Kristalle und besitzt eine Kettenstruktur bestehend aus 7-fach koordinierten pentagonalen Bipyramiden.[34]
Einstufungen nach derGHS-Verordnung liegen nicht vor, weil diese nur die chemische Gefährlichkeit umfassen, die eine völlig untergeordnete Rolle gegenüber den auf derRadioaktivität beruhenden Gefahren spielen. Auch Letzteres gilt nur, wenn es sich um eine dafür relevante Stoffmenge handelt.
Harold W. Kirby:The Radiochemistry of Protactinium. National Academies, 1959(PDF).
Boris F. Myasoedov, Harold W. Kirby, Ivan G. Tananaev:Protactinium. In: Lester R. Morss, Norman M. Edelstein, Jean Fuger (Hrsg.):The Chemistry of the Actinide and Transactinide Elements. Springer, Dordrecht 2006,ISBN 1-4020-3555-1, S. 161–252 (doi:10.1007/1-4020-3598-5_4).
Eric Scerri:A tale of seven elements. Oxford University Press, Oxford 2013.
↑IUPAC Commission on Isotopic Abundances and Atomic Weights:Standard Atomic Weights of 14 Chemical Elements Revised. In:Chemistry International. 40, 2018, S. 23,doi:10.1515/ci-2018-0409.
↑abcdeEintrag zuprotactinium in Kramida, A., Ralchenko, Yu., Reader, J. und NIST ASD Team (2019):NIST Atomic Spectra Database (ver. 5.7.1). Hrsg.:NIST, Gaithersburg, MD.doi:10.18434/T4W30F (physics.nist.gov/asd). Abgerufen am 13. Juni 2020.
↑Die von der Radioaktivität ausgehenden Gefahren gehören nicht zu den einzustufenden Eigenschaften nach der GHS-Kennzeichnung. In Bezug auf weitere Gefahren wurde dieses Element entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
↑Siegfried Niese:Die Entdeckung des Elementes 91 durch Kasimir Fajans und Oswald Göhring im Jahr 1913 und die Namensgebung durch Otto Hahn und Lise Meitner 1918(Digitalisat).
↑abJohn Emsley:Nature's Building Blocks: An A-Z Guide to the Elements. Oxford University Press, Oxford, England, UK 2001,ISBN 0-19-850340-7, S. 347–349, Kapitel:Protactinium (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑Lise Meitner, Otto Hahn:Über das Protactinium und die Frage nach der Möglichkeit seiner Herstellung als chemisches Element. In:Die Naturwissenschaften. 1919, 7 (33), S. 611–612 (doi:10.1007/BF01498184).
↑David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL,The Elements "Protactinium", S. 4-28 – 4-29.
↑Walter Seifritz:Nukleare Sprengkörper – Bedrohung oder Energieversorgung für die Menschheit. Thiemig-Verlag, 1984,ISBN 3-521-06143-4.
↑S. Ganesan, Umasankari Kannan, P. D. Krishnani, V. Jagannathan, R. P. Jain, R. Karthikeyan:A Re-calculation of Criticality Property of231Pa Using New Nuclear Data. In:Current Science. 1999, 77 (5), S. 667–671.(PDF).
↑J. F. McManus, R. Francois, J.-M. Gherardi, L. D. Keigwin, S. Brown-Leger:Collapse and rapid resumption of Atlantic meridional circulation linked to deglacial climate changes. In:Nature. 2004, 428, S. 834–837 (doi:10.1038/nature02494;Archivierte Kopie (Memento vom 10. April 2013 imInternet Archive)).
↑R. P. Dodge, G. S. Smith, Q. Johnson, R. E. Elson:The Crystal Structure of Protactinium Pentachloride. In:Acta Cryst. 1967, 22, S. 85–89 (doi:10.1107/S0365110X67000155).