Produktionsmittel sind in derWirtschaftswissenschaft diejenigenArbeits- undBetriebsmittel, die zurProduktion vonökonomischen Gütern erforderlich sind.
DasKompositum Produktionsmittel setzt sich aus dem BestimmungswortProduktion als dem betrieblichen Herstellungsprozess und dem GrundwortMittel als Instrument zusammen, so dass Produktionsmittel die Instrumente für die Herstellung von Gütern darstellen. Bereits die internationaleFachliteratur verwendete den Begriff Produktionsmittel sehr uneinheitlich.Adam Smith betonte in seinem im März 1776 erschienenen BuchDer Wohlstand der Nationen die organisatorischen Produktionsmittel (Arbeitsteilung undKooperation). Nach Smith genoss der Arbeiter ursprünglich das ganze Erzeugnis seiner eigenen Arbeit, bis die Bodenaneignung und Kapitalansammlung eingeführt wurde und dieser Zustand sei auch längst zu Ende gegangen, ehe die beträchtlichsten Vervollkommnungen in den Produktivkräften der Arbeiten eintraten.Jean Baptiste Say sah 1807 imKapital die „produzierten Produktionsmittel“ und wandte sich gegen eine Zusammenfassung des nicht vermehrbarenBodens mit den produzierten Produktionsmitteln.[1]David Ricardo sprach in seinem Hauptwerk im Jahre 1821 bereits von der Verwendung dauerhafter Produktionsmittel (Jagdgeräte) und der Bedeutung ihrerAbnutzung.[2] Er erwähnte jedoch nicht den Begriff Produktionsmittel als „vorgetane Arbeit“, sondern sprach vom Kapital.
FürJohann Heinrich von Thünen war 1826 beispielsweise das ProduktionsmittelRoggen ein „Binnengut“, weil Roggen durch sich selbst (Roggensamen) erzeugt und verkauft wird.[3]Wilhelm Roscher prägte 1874 den Begriff „produzierte Produktionsmittel“.[4] Für ihn galten alle Sachen, die zurBedürfnisbefriedigung dienen, also schlechthin alleGüter, als Produktionsmittel. Dies traf 1921 auf Kritik durchEugen Böhm von Bawerk,[5] weil der Begriffsumfang deutlich zu groß ausfiel. Böhm von Bawerk übernahm bereits im Jahre 1900 „produzierte Produktionsmittel“ als Synonym für dasSachkapital.[6]
Ein Teil der deutschsprachigen Autoren verwendete den Begriff Produktionsmittel vielfach als Synonym für dieProduktionsfaktorenBoden,Arbeit undKapital.[7]Rosa Luxemburg benutzte den Begriff 1913 in ihrem Buch „Die Akkumulation des Kapitals. Ein Beitrag zur ökonomischen Erklärung des Imperialismus“ sehr häufig und verstand darunter Boden und Kapital.[8] FürFriedrich von Wieser ist 1914 Kapital ein „produziertes Produktionsmittel, das im Zusammenhang des vollständigen Produktionsprozesses planmäßig verwendet wird“.[9] DerÖkonom Georg Jahn stufte 1922 nur den Produktionsfaktor Kapital als Produktionsmittel ein.[10]Werner Sombart zählte 1927 dieKapitalisten alsWirtschaftssubjekte zu den Inhabern der Produktionsmittel und fasste dieLohnarbeiter alsWirtschaftsobjekte auf.[11]Heinrich von Stackelberg verstand 1932 unter denindirekten Produktionsmitteln die heutigenPotentialfaktoren.[12] Der ÖkonomGottfried Haberler differenzierte im Jahre 1933 wieder mit den „produzierten Produktionsmitteln“, worunter erRealkapital wieWerkzeuge,Maschinen,Gebäude oderRohstoffe verstand. Dabei handelte es sich um die Produktionsmittel im engeren Sinne.
Zu den Produktionsmitteln im engeren Sinne gehörenVerkehrs- undNutzflächen,Gebäude,Gewerbeimmobilien,technische Anlagen,Maschinen,Werkzeuge sowie die damit verbundenen produktionstechnischen Verfahren undBetriebs- und Geschäftsausstattung. Es handelt sich hierbei ausschließlich umPotentialfaktoren, die zurProduktion von Gütern erforderlich sind, stofflich nicht direkt (aber materiell alsAbnutzung, buchhalterisch alsAbschreibung) in die jeweiligenEndprodukte eingehen und in entsprechendenProduktionsprozessen wiederkehrend verwendet werden können. Ökonomen verwenden hierfür den BegriffSachkapital. Werner Sombart verstand darunter 1928 alle Sachgüter, „in denen sich das Kapital jeweils niederschlägt“.[13]
Zu Zeiten des Londoner Exils vonKarl Marx konzentrierte sich in England das Eigentum an Werkzeugen, Werkstoffen und Maschinen als „Produktionsmittel“ in den Händen weniger. Dieses Eigentum an Produktionsmitteln war für Marx ein zentraler Begriff seiner Theorien. Er erhob es zum Kern kapitalistischen Reichtums. Kapital war für ihn eins der „technischen Produktionsmittel“, die bei ihm ausArbeitsmitteln undArbeitsgegenständen bestehen. Die ursprünglicheAkkumulation ist Marx zufolge „nichts anderes als der historische Scheidungsprozess von Produzent und Produktionsmittel“.[14] Er teilt dieGesellschaft in Arbeiter und Kapitalisten ein, und die Wirtschaft in zwei Abteilungen, von denen eine Produktionsmittel, die andere Konsumtionsmittel erzeugt.
In dermarxistischen Wirtschaftstheorie sind die Produktionsmittel
- dieArbeitsgegenstände, die unmittelbar in der Natur vorgefundenen (zum Beispiel der Fisch, der Boden, Gestein) oder die durch Arbeit von der Natur gelösten (Rohstoffe),[15] wie zum Beispiel das losgebrochene Erz, oder bereits bearbeitete Zwischenprodukte (zum Beispiel Eisenbarren, Holzbretter, Textilien); sie werden im Produktionsprozess weiter be- und verarbeitet;
- dieArbeitsmittel (Werkzeuge, Maschinen), mit deren Hilfe die Arbeitsgegenstände imArbeitsprozess umgeformt werden, das sind jene Gegenstände, die nach Marx „derArbeiter zwischen sich und den Arbeitsgegenstand“[16] wie ein verlängertes Organ schiebt.
„ImArbeitsprozess bewirkt also die Tätigkeit des Menschen durch das Arbeitsmittel eine von vornherein bezweckte Veränderung des Arbeitsgegenstandes. Der Prozess erlischt im Produkt.“[17] Zudem grenzt Marxgesellschaftliche Produktionsmittel von individuellen Produktionsmitteln ab.
DerSozialismus ist einWirtschaftssystem, in dem die Produktionsmittel ganz oder überwiegend in „gesellschaftlichem“ oder „sozialistischem“ Eigentum stehen. Dazu bedarf es derVergesellschaftung der noch imPrivatvermögen befindlichen Produktionsmittel.
- ↑Jean Baptiste Say,Traité d’économie politique, 1807, S. 15.
- ↑David Ricardo,Principles of Political Economy and Taxation, 1821, S. 13 und S. 18.
- ↑Johann Heinrich von Thünen,Der isoli[e]rte Staat, 1826, S. 341.
- ↑Wilhelm Roscher,Grundlagen der Nationalökonomie, 23. Auflage, 1900, S. 43.
- ↑Eugen Böhm von Bawerk,Kapital und Kapitalzins: Geschichte und Kritik der Kapitalzins-Theorien, 1921, S. 45.
- ↑Eugen Böhm von Bawerk,Kapital, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 1900, S. 19.
- ↑Richard von Strigl,Einführung in die Grundlagen der Nationalökonomie, 1937, S. 21 f.
- ↑Rosa Luxemburg,Die Akkumulation des Kapitals, 1913, o. S.
- ↑Friedrich von Wieser,Theorie der gesellschaftlichen Wirtschaft, in: Grundriss der Sozialökonomik, Abt. I, 1914, S. 176 f.
- ↑Georg Jahn,Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 1922, S. 35.
- ↑Werner Sombart,Das Wirtschaftsleben im Zeitalter des Hochkapitalismus, 1927, S. 230.
- ↑Heinrich von Stackelberg,Grundlagen einer reinen Kostentheorie, 1932, S. 20.
- ↑Werner Sombart,Der moderne Kapitalismus: Das Wirtschaftsleben im Zeitalter des Hochkapitalismus, 1928, S. 230.
- ↑Karl Marx, MEW Band 23, S. 742 (Kapital Band I).
- ↑Karl Marx, MEW Band 23, S. 193 (Kapital Band I).
- ↑Karl Marx, MEW Band 23, S. 194 (Kapital Band I).
- ↑Karl Marx, MEW Band 23, S. 195 (Kapital Band I).