Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten beiStandardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).
Prednisolon (1,2-Dehydrocortisol, auchMetacortandralon oderDeltahydrocortison) ist ein synthetischesGlucocorticoid. Seine Struktur ähnelt stark einem körpereigenen Steroidhormon der Nebennierenrinde, demCortisol, allerdings ist eine weitere C=C-Doppelbindung in den A-Ring eingefügt worden.
Das Hydroxyketon wurde von Wissenschaftlern der Chemical Research and Development Division der Schering Corporation in den USA (späterer FirmennameSchering-Plough) durch Reduktion von Prednison gewonnen, zunächst durch Reduktion des Bis-3,20-Semicarbazons mit Kaliumborhydrid, dann durch eine enzymatisch-mikrobiologische Reaktion.[4][5][6]Der MikrobiologeArthur Nobile verwendete dafür Kulturen vonCorynebacterium simplex und anderen Mikroorganismen, was für die industrielle Produktion entscheidend war.[7]
Prednisolon ist eine feste kristalline Substanz, die in zweipolymorphen Formen und einer Hydratform auftritt.[1] Das kommerzielle Produkt schmilzt bei 239 °C mit einerSchmelzenthalpie von 33,1 kJ·mol−1.[1] Das zweite Polymorph zeigt einen Schmelzpunkt bei 243 °C mit einer Schmelzenthalpie von 23,7 kJ·mol−1.[1] Beide Kristallformen stehen somitenantiotrop zueinander, wobei das tiefer schmelzende Polymorph die bei Raumtemperatur thermodynamisch stabilere Form darstellt. Die Hydratform besitzt eine 1,5-Stöchiometrie und kann aus Methanol-Wasser-Gemischen kristallisiert werden.[1] Die Hydratwasserabgabe erfolgt bereits ab 30 °C unter Bildung der höher schmelzenden Kristallform.[1] Alle drei Kristallformen zeigen eine unterschiedliche Löslichkeit.[8]
Neben den beiden C=C-Doppelbindungen enthält das Molekül zwei Carbonylgruppen und drei Hydroxygruppen, ist also einHydroxyketon (11β,17α,21-Trihydroxy-1,4-pregnadien-3,20-dion).
Prednisolon besitzt eine ausgeprägte immunsuppressive, stark entzündungshemmende und antiallergische Wirkung. Es ist ein aktiverMetabolit desPrednisons.Die Substanz galt lange alsWirkstoff der Wahl fürsystemischeantiinflammatorische undimmunsuppressive Effekte.[9] Prednisolon kann sich in die Membran von Zellen einlagern und diese so stabilisieren, was eine geringere Beweglichkeit von Immunzellen zur Folge hat.
Bei durch Immunkrankheiten ausgelösten Herzbeutelentzündungen können Wirkstoffe auf der Basis von Glucocorticoiden verabreicht werden.
Ein weiteres Anwendungsgebiet von Prednisolon ist die vorbeugende Behandlung beiCluster-Kopfschmerz.[11]
Neben der Ausgangsverbindung gibt es eine Reihe von Estern (siehe Tabelle unten), von denen – auch in Form ihrer wasserlöslichen Salze – pharmazeutisch vor allem das oben erwähnte Acetat, das Sulfobenzoat-Natrium, das Succinat-Natrium, das Dihydrogenphosphat oder das Pivalat der Verbindung ebenfalls zum Einsatz kommen. Sie entsprechen in ihren pharmakologischen Eigenschaften dem Prednisolon.[12][13] So werden zum Beispiel zur intravenösen Gabe das Hemisuccinat und Dinatriumphosphat eingesetzt, welche im Körper in Minuten die Ausgangsverbindung freisetzen.[14] Der in Wasser praktisch unlösliche Ester Prednisolonacetat[15] kommt in Zubereitungen zur äußerlichen Anwendung oder als Kristallsuspension für die intraartikuläre oder intrafokale Gabe zur Anwendung.
Prednisolon hat zahlreiche Nebenwirkungen, die auch gefährlich sein können (siehe hierzu auchGlucocorticoide#Nebenwirkungen). So resultiert aus der immunsuppressiven Wirkung eine erhöhte Infektanfälligkeit des betroffenen Patienten. Bei längerer Einnahme führt einkataboler Effekt zu Schäden am Knochenbau (Osteopenie bzw.Osteoporose) und einemiatrogenen (durch ärztliche Therapie verursachten)Cushing-Syndrom. Es kann auch zur Entstehung einesDiabetes mellitus kommen.
Bei Beendigung einer länger dauernden Therapie mit Prednisolon oder anderen Steroiden kann es erforderlich sein, die tägliche Dosis langsam zu reduzieren, was als „Ausschleichen“ bezeichnet wird. Erfolgt dies nicht, kann es zum akuten Steroid-Entzugssyndrom kommen, welches einerNebennierenrindeninsuffizienz ähnlich ist. Blutspiegelbestimmungen des spontanen morgendlichenKortisolwerts (der über 500 nmol/l betragen sollte) sofort nach Ende der Prednisolontherapie können helfen, das zu vermeiden.[16]
Die relative entzündungshemmende Äquivalenzdosis anderer Präparate, welche beachtet werden muss, wenn Prednisolon die Einnahme eines anderen Glukokortikoids ersetzen soll, lässt sich aus der folgenden Gleichung ablesen:
Prednisolon-Ester sind überwiegend an derHydroxygruppe am C-21, seltener an der Hydroxygruppe am C-17 der Prednisolons,verestert. Einige bilden Salze.Offizinell sind (Stand 2025) Prednisolon, Prednisolonacetat, Prednisolondinatriumphosphat und Prednisolonpivalat.[18]
↑Hershel L. Herzog, Constance C. Payne, Margaret A. Jevnik, David Gould, Elliot L. Shapiro, Eugene P. Oliveto, E. B. Hershberg: 11-Oxygenated Steroids. XIII. Synthesis and Proof of Structure of △1,4-Pregnadiene-17α,21-diol-3,11,20-trione and △1,4-Pregnadiene-11β,17α,21-triol-3,20-dione, In: Journal of the American Chemical Society Jg. 1955 Bd. 77, Heft 18, S. 4781–4784,DOI:10.1021/ja01623a027
↑Arthur Nobile, William Charney, Preston L. Perlman, Hershel L. Herzog, Constance C. Payne, Maryann E. Tully, Margaret A. Jevnik, Emanuel B. Hershberg: Microbiological Transformation of Steroids. I. Δ1,4-Diene-3-ketosteroids. In: Journal of the American Chemical Society, Jg. 1955, Bd. 77, S. 4184–4184.
↑Arthur Nobile, US-Patente 2837464 und 3134718 (1958 und 1964).
↑Arthur Nobile, US-Patente 2837464 und 3134718 (1958 und 1964).
↑Maria D. Veiga, Rafael Cadorniga:Estudio de coeficientes de solubilidad y velocidad de disolucion de diversos polimorfos de la prednisolona. in:Cien. Ind. Farm.,1988,7, S. 201–205.
↑Pharmacology/H. P. Rang et al. – Churchill Livingstone, Edinburgh 2003, S. 412.
↑Horst Finger:Der Einfluß von Avil und Solu-Decortin H auf die experimentelle „allergische“ Encephalomyelitis des Meerschweinchens und Kaninchens.Research in Experimental Medicine, Springer, Berlin/Heidelberg1961,135 (3), S. 276–280,doi:10.1007/BF02045076.
↑Claudia Reusch:Steroidtherapie. In: André Jaggy (Hrsg.):Atlas und Lehrbuch der Kleintierneurologie. Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Company KG, 2007,ISBN 978-3-8426-8519-2,S.188 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
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