AlsPionierpflanze oderPionierart wird einePflanzenart bezeichnet, die besondere Anpassungsfähigkeiten zur Besiedlung neuer, noch vegetationsfreier Gebiete besitzt, da sie mit einer unterdurchschnittlichenBodenfruchtbarkeit auskommt. Pionierarten sind somit Arten, die in neu geschaffenen Lebensräumen häufiger auftreten als in alten („reifen“) Lebensräumen. Zur erfolgreichen Kolonisation werden Arten durch ihre besonderen Anpassungen inPhysiologie und ihren jeweiligen Lebenszyklus befähigt.
Typische Pionierarten sind konkurrenzschwach und werden im Verlauf der biologischenSukzession durch andere Arten verdrängt. Dies ist dadurch zu erklären, dass Vorteile in einem Bereich, wie besonders hohe oder schnelle Samenproduktion, bei limitierten Ressourcen durch Nachteile in anderen Bereichen, z. B. bei der Wuchshöhe, „erkauft“ werden müssen (eng.:trade-offs). Das (lokale)Aussterben kompensieren sie dadurch, dass sie neu geschaffene Lebensräume rascher als andere Arten kolonisieren. Sie sind für ihr Überleben also auf ständig neu angebotene Pionier-Habitate angewiesen. Durch den Verlust von Extremstandorten (durch dieDeposition von Nährstoffen (v. a. Stickstoff) und Kultivierung durch den Menschen) sind manche Pionierarten seltener Standorte vom Aussterben bedroht oder ausgestorben.
Typische Pionierhabitate können beiVulkanausbrüchen (Lavaflächen,Vulkanasche), großenBränden (vergl.Karrikine),Erdrutschen (Schutt und Geröll), Veränderung derKüstenlinie,Überschwemmungen, nach dem Rückzug einesGletschers,Massenbewegungen oder anderenSedimentationen natürlicherweise entstehen. Im kleinen Maßstab ergeben sie sich ständig durch Einfluss von Tieren (Fraß, Wühltätigkeit). Solche kleinen Lücken können für die Etablierung zahlreicher Arten sehr bedeutsam sein. Heute entstehen ausgedehnte Pionierhabitate durch menschliche Einwirkungen: nach künstlichen Bodenbewegungen, in Gruben und Tagebauen und auf brach gefallenen Nutzflächen.
Pioniervegetation umfasst Pflanzengesellschaften, in denen Pionierarten dominieren.Typische Gesellschaften sind z. B.
Waldgesellschaften, die aus windverbreiteten, schnellwüchsigenPionierbaumarten bestehen, werden alsVorwald bezeichnet. In Nord- und Mitteldeutschland sind das meist Birken oder Weiden.[5] Typische Baumarten sindSalweide,Espe undSandbirke.
Zu den Pionierpflanzen auf einer von Brutvögeln besuchtenDüneninsel gehören besonders solche, derenSamen durchOrnithochorie verbreitet werden. Als eine derartige wurde dieBrombeerartRubus boreofrisicus Drenckhahn & H. E.Weber im Jahr 2020erstbeschrieben. Sie kommt häufig im Waldgürtel und in der angrenzenden Dünenheide der nordfriesischen Insel Amrum vor und ist auch 50 km südlich von Amrum in St. Peter-Ording im Westen der Halbinsel Eiderstedt vertreten.[6]
Ein Spezialfall der Pioniervegetation in der jüngeren Geschichte war dieRuderalvegetation auf den durch Luftangriffe und Bodenkämpfe des Zweiten Weltkriegs entstandenen städtischen Schutt- und Trümmerflächen. Der für ungewohnte bzw. im urbanen Bereich zuvor unbekannte Pflanzen gebildete BegriffTrümmerblumen wurde insbesondere auf dasSchmalblättrige Weidenröschen übertragen.[7]
Eine Pionierpflanzenvegetation auf Vulkanasche aus dem Erdzeitalter desKarbon wurde in Böhmen bei einem weiteren Vulkanausbruch verschüttet und so konserviert. Zu den identifizierten Pflanzen gehören vierFarne (Kidstonia heracleensis,Dendraena pinnatilobata,Desmopteris alethopteroides undSphenopteris cirrhifolia), sowie der SchachtelhalmCalamites sp. und die BärlapppflanzeSpencerites leismanii.[8]