DieUniversitätsstadt besteht aus den Stadtteilen Novi Sad nördlich derDonau undPetrovaradin am Fuße der gleichnamigen Festung südlich der Donau. Laut Volkszählung von 2011 hat die Stadt 231.798 Einwohner.[1] Im Großraum derOpština Novi Sad leben 341.625 Einwohner.[1] Die Stadt wird auch alsserbisches Athen bezeichnet.[2][3]
Der Ort entstand imSpätmittelalter im dicht besiedeltenKomitat desKönigreichs Ungarn durch den Bau desZisterzienserklosters Belefons als sogenannter kirchlicher Ort. 1526 wurde er von denOsmanen erobert. Deren 150-jährige Herrschaft führte zur Verwüstung und Entvölkerung derPannonischen Tiefebene. Von den Osmanen geduldete nomadisierendeSüdslawen übernahmen bestehende Ortschaften oder gründeten neue Siedlungen. Die damaligen Turbulenzen ließen in der Regel jedoch nachhaltige Siedlungen nicht zu. Nach osmanischen Aufzeichnungen (Defter) von 1590 lebten 105 slawische Familien im heutigen Novi Sad.
Nach dem Sieg der Österreicher gegen die Osmanen (1697) unterPrinz Eugen beiZenta (serbisch Senta) und dem anschließendenFriedensvertrag von Karlowitz (1699) musste das Osmanische Reich u. a. die Batschka an Österreich abtreten. Nach Erscheinen des Kaiserlichen Impopulationspatentes („.. zur besseren Auffhelfung, wieder Erhebung und Bevölkerung derselben“) war seitens der Wiener Hofkammer eine sofortige Neubesiedlung derBatschka geplant, die jedoch bald wegen der Vorrangstellung derMilitärgrenze (Pantschowa,Temeswar etc.) zurückgestellt wurde.
Bereits 1694 hatte die österreichische Militärverwaltung einenBrückenkopf am gegenüber liegendenDonauufer der Peterwardein-Festung errichtet, um den herum eine Siedlung mit Soldaten, Handwerkern und Händlern heranwuchs, die anfangsRacka Varoš genannt wurde. Auf Deutsch nannte man die SiedlungRatzenstadt, womitSerbenstadt gemeint war, dennRaizen,Ratzen oderRac war eine frühere deutsche und ungarische Bezeichnung für dieSerben, die Bewohner vonRaszien. Später wurde die SiedlungPeterwardeiner Schanze genannt. Um diesen Brückenkopf herum entwickelte sich eine Siedlung mit rund 1000 slawischen Einwohnern, die heutige Altstadt. In den Anfangsjahren waren es überwiegend Serben, da in der gegenüberliegenden FestungPeterwardein (serbisch Petrovaradin) nur Katholiken sich ansiedeln durften.
1716 standen die Osmanen abermals vor Novi Sad, wurden allerdings in derSchlacht von Peterwardein von Prinz Eugen vernichtend geschlagen.
Am 1. Februar 1748 verlieh Kaiserin Maria Theresia der Stadt die Rechte einer„königlichen Freistadt“ (libera regia civitas) und nannte sie (lateinisch) „Neoplanta“. (“Nominentur Neoplanta” (deutsch: „nennen wir es fortan Neoplanta“)),[4] ungarisch: Új-Vidégh, deutsch: Ney-Satz. Später wurde der Ort serbischNovi Sad und bulgarischMlada Loza genannt.
Gerüchten zufolge sollen sich die Handwerker und Händler den Status der Freien Kaiserstadt für 80.000 Forint von der Kaiserin abgekauft haben, da sie nicht länger Bewohner einer Militärsiedlung, sondern Bürger einer freien Handelsstadt sein wollten.
Novi Sad entwickelte sich rasch zu einem wirtschaftlichen und vor allem kulturellen Zentrum der Serben. 1765 wurde das ersteserbisch-orthodoxe Priesterseminar eingerichtet. Im gegenüberliegenden NationalparkFruška Gora gibt es 17 serbisch-orthodoxe Klöster. 1810 wurdedas erste serbische Gymnasium in Novi Sad eröffnet.Vuk Stefanović Karadžić schrieb 1817, dass Novi Sad die größte serbische Stadt weltweit sei.
Novi Sad war ein Standort derk.u.k. Armee, hier waren das III. Bataillon desInfanterie-Regiments Nr. 20, das IV. Bataillon des Infanterie-Regiments Nr. 6 sowie Teile desk.k. Landwehr Infanterie-Regiments Nr. 32 stationiert. Am Anfang des 20. Jahrhunderts stellten Deutsche nach Ungarn und Serben die drittstärkste Bevölkerungsgruppe in der Stadt.[5]
Nach dem Ende desErsten Weltkrieges fiel das Gebiet um Novi Sad an das neu errichteteKönigreich der Serben, Kroaten und Slowenen, das sich ab 1929Königreich Jugoslawien nannte.
In der Zeit von 1941 bis 1945 war die Stadt vom zu denAchsenmächten gehörendenKönigreich Ungarn besetzt. In Novi Sad ließ der ungarische Befehlshaber GeneralFerenc Feketehalmy-Czeydner vom 21. bis 23. Januar 1942 1246Zivilisten erschießen, darunter waren 809 Juden, 375 Serben, 8 Deutsche und 18 Ungarn. Mehrere hundert Zivilisten wurden unter das Eis der zugefrorenenDonau geworfen und ertränkt.[6] Nach dem Einrücken der Partisanen Ende 1944 wurde nahezu der gesamte Teil der verbliebenen deutschsprachigen Bevölkerungsgruppe, welche bis dahin noch nicht geflohen war, vertrieben oder ermordet.
Die eingleisige Behelfsbrücke ersetzt seit 2000 die 1999 durch Bombardierung zerstörteŽeželj-Brücke auf der Relation Belgrad–Budapest in Novi Sad.
Novi Sad war während desKosovokrieges 1999 Ziel von Luftangriffen durch dieNATO, wobei unter anderem alle Donaubrücken, die regionale Wasserversorgung (welche 600.000 Menschen versorgte),[7] das Rundfunkgebäude und die Raffinerie zerstört wurden. Weiter wurden das städtische Krankenhaus, mehrere Grundschulen, eine Kindertagesstätte und mehrere Kinderkrippen durch die Bomben beschädigt.[8]
Der die Donau querende Verkehr wurde mehr als sechs Jahre lang über einePontonbrücke abgewickelt, die nur dreimal wöchentlich für Schiffe geöffnet wurde. Seit der Wiedereröffnung der so genanntenFreiheitsbrücke am 11. Oktober 2005 ist die Schifffahrt wieder ungehindert möglich.
Seit 2018 gibt es eine neueEisenbahnbrücke über die Donau als Teil der Schnellfahrstrecke (bis 200 km/h) Belgrad–Novi Sad, die 2022 eröffnet wurde. Die Fortführung nach Subotica soll im Jahr 2024/2025 in Betrieb gehen. Darüber wird dann auch die Anbindung in Richtung Mitteleuropa erfolgen.
Am 1. November 2024 brach das Vordach des 1964 errichteten und 2024 renoviertenEmpfangsgebäudes des BahnhofsNovi Sad von dem Bauwerk ab und begrub zahlreiche Menschen unter sich. Bei dem Einsturz starben 16 Menschen.[9][10][11] Es besteht der Verdacht, dass die zugrundeliegenden Baumängel auf Korruption zurückzuführen waren.[12] Von Novi Sad ausgehendprotestierten darum Menschen landesweit gegen die SNS-Regierung.[13]
Das Portal der BibliothekMatica srpskaDieArt-Klinika, links dieSchock-GalerieBlick auf Novi Sad 1850
Novi Sad ist die Heimat der ältesten serbischen Institution für Kunst und Wissenschaft, derMatica srpska, die 1826 inBudapest gegründet und 1864 nach Novi Sad transferiert wurde.
DieUniversität Novi Sad (mit Außenstellen inSubotica,Zrenjanin undSombor) wurde 1960 ins Leben gerufen. Sie umfasste im Jahr 2016 13 Fakultäten, in denen etwa 38.000 Studierende eingeschrieben sind. Viele angesehene Wissenschaftler haben in Novi Sad studiert oder dort unterrichtet.
In Novi Sad residiert auch Novosadsko pozorište/Újvidéki színház, ein ungarischsprachiges Theater, gegründet 1974 mit der Idee die kulturelle Identität der Ungarn zu pflegen.
„Zmajeve dečje igre“, ein Festival der Literatur für Kinder, findet jährlich in Novi Sad statt.
BeimRadiotelevizija Novi Sad (Radio-Fernsehen Novi Sad) wird das Programm auf Serbisch, Ungarisch, Slowakisch und Rumänisch gemacht.
Auf der Festung Petrovaradin befinden sich viele Künstlerateliers. Dort ist auch „Atelje 61“ angesiedelt, ein Atelier für die Herstellung vonTapisserien.
Auf der Festung Petrovaradin findet mit demEXIT seit dem Jahr 2000 jedes Jahr das größte Musikfestival Serbiens statt.
Die ehemalige Synagoge wird als Konzerthalle genutzt. Südöstlich des Stadtzentrums befindet sich das Sport- und GeschäftszentrumSPENS, wo neben Sportveranstaltungen und Kongressen auch Konzerte stattfinden.
Die Gegenwartskunst hat in Novi Sad mit derArt Klinika eine maßgebliche Formation. Dieses Kunstkollektiv rund um den Maler Nikola Dzafo[25] hat in der ÄraMilošević als GruppeLed Art kritische Akzente gesetzt. Im Jahr 2002 entstand die Kunstklinik als letztes Projekt von Led Art.[26] Nikola Dzafo gewann 2013 denPolitika Kunstpreis.[27]
In Novi Sad hat auch dasZentrum für Kriegstraumatisierte seinen Sitz. Es versuchtKriegstraumatisierten bei der Verarbeitung ihrer Erlebnisse zu helfen.
GrößterSportverein in Novi Sad ist der Fußballverein Sportsko Društvo Vojvodina Novi Sad (Sportgesellschaft Vojvodina Novi Sad) – kurzVojvodina Novi Sad. Er spielt in derSuperLiga, der höchsten Spielklasse imserbischenFußball. Seine größten Erfolge feierte Vojvodina im jugoslawischen Fußball. Er wurde 1966 und 1989 jugoslawischer Meister.
Am 1. November 2024 stürzte einVordach des Hauptbahnhofs ein. 15 Menschen starben und etwa 30 wurden verletzt, davon zwei schwer. Die serbische Regierung ordnete daraufhin für den FolgetagStaatstrauer an.[30][31][32]
Ágnes Ózer:Neusatz – Novi Sad – Kleine Stadtgeschichte. Stiftung Donauschwäbisches Zentralmuseum (Hrsg.), Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2022,ISBN 978-3-7917-3224-4 (Leseprobe).
Boško Petrović, Živan Milisavac:Novi Sad – monografija. Novi Sad 1987.
Milorad Grujić:Vodič kroz Novi Sad i okolinu. Novi Sad 2004.
Jovan Mirosavljević:Brevijar ulica Novog Sada 1745–2001. Novi Sad 2002.
Jovan Mirosavljević:Novi Sad – atlas ulica. Novi Sad 1998.
Mirjana Džepina:Društveni i zabavni život starih Novosađana. Novi Sad 1982.
Zoran Rapajić:Novi Sad bez tajni. Beograd 2002.
Đorđe Randelj:Novi Sad – slobodan grad. Novi Sad 1997.
Enciklopedija Novog Sada. Band 1–26. Novi Sad 1993–2005.
Branko Ćurčin:Slana Bara – nekad i sad. Novi Sad 2002.
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Sveske za istoriju Novog Sada. Band 4–5. Novi Sad 1993–1994.
↑Diana Mishkova:We, the People. Politics of National Peculiarity in Southeastern Europe. Central European University Press, 2009,ISBN 978-963-9776-28-9,S.277–278 (books.google.com – Leseprobe S. 278).
↑Serbian Athens. Official Website of Novi Sad, 21. September 2011, abgerufen am 5. Dezember 2013.
↑Meyers Großes Konversations-Lexikon. Band 14. Leipzig 1908, S. 573 (zeno.org).
↑Nicholas Wood, Ivana Šekularac:Hungarian Is Faced With Evidence of Role in ’42 Atrocity In:The New York Times. 1. Oktober 2006 (nytimes.com).
↑Yearbook of the United Nations 1999.Band53. United Nations Publications, 2001,S.347 (englisch).
↑United States of America Congressional Record: Proceedings and Debates of the 106th congress – first session.Band145, Teil 7. United States Government Printing Office, Washington 1999,S.9181 (englisch).
↑abJulius Horn:Das Königreich Ungarn, seine Geschichte, Verfassung und seine gegenwärtigen Zustände, Hornyásky & Hummel, Pest 1864,S. 124.
↑Adolph Schmidl:Reisehandbuch durch das Königreich Ungarn mit den Nebenländern und Dalmatien, nach Serbien, Bukarest und Constantinopel. Band 2, Carl Gerold, Wien 1835,S. 417.
↑Bericht der Budapester Handels- und Gewerbekammer über Gewerbe und Industrie des Budapester Kammerdistrictes für die Jahre 1870–1875 (Aus dem Ungarischen übersetzt), Budapest 1877,S. 15.
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↑abcdefghMelhior Érdujhelyi:Geschichte der Stadt Neusatz. Aus dem ungarischen Original in's Deutsche übersetzt von Heinrich Gunde und Friedrich Steiger. Herausgegeben von der königlichen Freistadt Neusatz. Druck von Emil Fuchs & Comp., Neusatz 1895,S. 187.
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