Nachwachsende Rohstoffe (abgekürztNawaRo,Nawaro oderNR) sind organischeRohstoffe, die auslandwirtschaftlicher,forstwirtschaftlicher undFischerei-Produktion stammen und vom Menschen zielgerichtet für weiterführende Anwendungszwecke außerhalb desNahrungs- undFutterbereiches verwendet werden.[1]
Gegensatz ist dernichterneuerbare Rohstoff.
Die größte Bedeutung hat heute die Verwendung von Rohstoffen pflanzlicher Herkunft sowie biogenerAbfallprodukte. Diese werden sowohl energetisch als auch stofflich genutzt.Dezidiert für eine energetische Nutzung angebaute Pflanzen werden alsEnergiepflanzen bezeichnet, Pflanzen für die stoffliche Nutzung sindIndustriepflanzen.Die energetische Nutzung erfolgt in flüssiger Form (Biokraftstoff), in fester Form (Biogener Brennstoff), sowie gasförmig (Biogas).
Von stofflicher Nutzung spricht man bei der Herstellung vonPlattformchemikalien, technischen Ölen,Textilien,Faserstoffen,Tensiden,Klebstoffen,Bio-basierter Kunststoffen und anderen Produkten.
Mit der Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen macht sich der Mensch eineSynthesevorleistung der Natur zunutze, die Umwandlung von Sonnenenergie in energiereiche, organische Verbindungen. Nachwachsende Rohstoffe gelten als rezente organischeNaturprodukte, die um der technischen Nutzung bzw. Wirtschaft willen existieren.[2]
Im Zuge der Rohstoff-Energiewende sollen nachwachsende Rohstoffe, Rohstoffe fürGrundchemikalien undFossiler Energieträger (Erdöl,Erdgas,Kernenergie) langfristig ersetzen, möglichst durch eineKaskadennutzung. Wegen der dadurch zunehmendenFlächen- undNutzungskonkurrenz stehen einzelne Anwendungen in der Diskussion.[3]
Von den 2480 ha Gesamtackerfläche für nachwachsende Rohstoffe werden in Deutschland (2023) genutzt für:
Anbaufläche für nachwachsende Rohstoffe 2023 in 1.000Hektar | |
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Energetische Nutzung | 2.200 |
Raps fürBiodiesel/Pflanzenöl | 583 |
Stärke/ Zucker fürBioethanol | 231 |
Pflanzen fürBiogas | 1.370 |
Dauerkulturen fürFestbrennstoffe | 11.6 |
Stoffliche Nutzung | 279 |
Industriestärke | 143,5 |
Industriezucker | 10,6 |
technischesRapsöl | 80,1 |
technischesSonnenblumenöl | 21,2 |
technischesLeinöl | 5 |
Pflanzenfasern | 7,05 |
Arznei- und Farbstoffe | 12 |
Bereits lange vor der Schöpfung des BegriffsNaWaRo hatten Rohstoffe tierischer und pflanzlicher Herkunft eine große Bedeutung. Bereits vor Jahrtausenden wurdenLeder und tierische oder pflanzlicheFasern alsKleidung und Holz alsBrennstoff eingesetzt. Bis zurIndustrialisierung im 19. Jahrhundert waren nachwachsende Rohstoffe die wichtigste Energiequelle (Brennholz,Holzkohle) und die wichtigsten Rohstofflieferanten für die chemische undpharmazeutische Industrie (zum Beispiel Wal-Tran). Holzasche war früher die einzige Quelle für die Herstellung vonPottasche, einem wichtigen Chemiegrundstoff.
Mit der Industrialisierung gewann zunächstKohle als Energieträger eine dominierende Bedeutung.
Während die Forschung zurPflanzenzucht vor 1918 insbesondere auf wirtschaftlich nutzbare Pflanzenarten in dendeutschen Kolonien ausgerichtet war, verschob sich nach demErsten Weltkrieg mit dem Verlust der Kolonien der Schwerpunkt auf heimische Nutzpflanzen und eine agrarische Selbstversorgung Deutschlands. Ein Vorreiter warErwin Baur, der bereits 1914 als Leiter des Instituts für Vererbungswissenschaft in Berlin systematisch genetische Erkenntnisse für landwirtschaftliche Zwecke genutzt hatte. Bekannt wurde Baur unter anderem mit der Züchtung derbitterstoffreduzierten Süßlupinen, in die große Hoffnungen alsSoja des Nordens gesetzt wurden. Das heutigeMax-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln arbeitet in direkter Nachfolge eines von Baur 1928 initiierten Instituts.
Das Streben nach nationalerAutarkie durch technischeSynthesen und die Verwendung lokal verfügbarer (natürlicher) Rohstoffe spielte bereits in der (nicht nur jüngeren) deutschen Technikgeschichte eine wichtige Rolle. Die Autarkie durch den Ersatz von importierten Rohstoffen durch heimische (wie Kohle), vor allem aber auch nachwachsende Rohstoffe war ein zentrales Thema der nationalsozialistischen Forschungspolitik.Ab 1933 wurde Züchtungsforschung im Sinne der NS-Autarkiebestrebungen mit umfangreichen Fördermitteln unterstützt. Die Autarkiebestrebungen sowieEmbargos gegen dasDeutsche Reich, nachdem es mit dem Überfall auf Polen denZweiten Weltkrieg ausgelöst hatte, verstärkte in Deutschland Bemühungen zur verstärkten Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen.
Konrad Meyer, Agrarwissenschaftler, SS-Oberführer, Autor desGeneralplan Ost und Begründer des FachsRaumplanung in Deutschland, bestimmte zwischen 1933 und 1945 als Vizepräsident derDeutschen Forschungsgemeinschaft maßgebend die agrarwissenschaftlichen Studiengänge, wie die Organisation der Landbau-Forschung in Deutschland. Meyer gelang es, fast ein Drittel der Forschungsmittel desReichsforschungsrats im BereichLandwissenschaft und Allgemeine Biologie zu konzentrieren.[7]
Institutionell gehen Gründung wie Ausbau etlicher heutiger Forschungseinrichtungen auf die damaligen Aktivitäten zurück. ImReichsnährstand wie imVierjahresplan wurde die Schließung derEiweiß, Öl- und Faserlücke (siehe auchFettlücke) als strategische Herausforderung angesehen, was unter anderem vergebliche Forschungsprojekte für winterharteOliven undSojabohnenanbau in Deutschland hervorbrachte.[7]Erfolgreicher war man im BereichRaps,Lein,Nutzhanf,Rübsen und eiweißhaltigen Futterpflanzen, insbesondereLeguminosen.[7]Im Kriegsverlauf griffen Forscher aus Deutschland auf Ressourcen, Sammlungen und Ergebnisse der Forschung in den besetzten Gebieten zurück.[8]
Ein zentrales, vonHeinrich Himmler persönlich vorangetriebenes Forschungsprojekt war die versuchte Herstellung vonKautschuk aus Kautschuklöwenzahn (Taraxacum bicorne).[9] Nachdem 1942 dieSS Saatgut der Pflanze in derSowjetunion erbeutet hatte, wurden unter der Leitung vonJoachim Caesar Versuche auf einem Landwirtschaftsbetrieb undNebenlager desKonzentrationslager Auschwitz durchgeführt. Das zugehörigeKommando Pflanzenzucht umfasste noch Anfang 1945 über 150 weibliche Häftlinge, die aus demKZ Ravensbrück überstellt worden waren.[7] Zusätzlich waren dort russische Wissenschaftler interniert.
Im 20. Jahrhundert wurde Erdöl zunächst ein wichtiger und durch die billige Förderung und Erschließung neuer Vorkommen ab etwa 1950 der dominierende Energieträger und wichtigster Rohstoff für die chemische Industrie (Petrochemie). Der Begriff „nachwachsender Rohstoff“ selbst wurde in den Jahren 1973/74 sowie 1979/81 infolge des hohenÖlpreises während der Ersten sowie ZweitenÖlkrise im deutschsprachigen Raum etabliert.[1]International istrenewable resource (englisch fürerneuerbare Ressource) gebräuchlicher als die wörtliche Entsprechungrenewable raw material. Ab der Mitte der 1980er war der Erdölpreis erneut sehr niedrig, so dass nachwachsende Rohstoffe weniger konkurrenzfähig wurden und zunächst an Bedeutung verloren.
Aufgrund wiederum gestiegener Ölpreise in den 2000er Jahren und des mittelfristig erwarteten globalenÖlfördermaximums („Peak Oil“) und derGlobalen Erwärmung gewinnen nachwachsende Rohstoffe derzeit wieder stark an Bedeutung. Mögliche Verknappungen derfossilen Energieträger undChemiegrundstoffe lassen eine zunehmende Verwendung nachwachsender Rohstoffe notwendig erscheinen. Weitere Faktoren sind eine größere Rohstoffdiversifizierung und größere Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen und deren Exporteuren. Die Gewinnung vonStrom,Wärme undKraftstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen und Abfallprodukten derLand- undForstwirtschaft sollen zudem zur wirtschaftlichen Stärkung des ländlichen Raumes beitragen.
Die Rolle von Land- und Forstwirtschaft nimmt mit dem weltweit zunehmendem Bedarf an Nahrungs- und Futtermitteln sowie nachwachsenden Rohstoffen zu.Aktuell wird die Forschung an und die Nutzung von Nachwachsenden Rohstoffen vor allem aus Gründen derÖkologie undNachhaltigkeit verstärkt.
Für herausragende journalistische Leistungen im Themengebiet Nachwachsende Rohstoffe wird derMedienpreis Nachwachsende Rohstoffe verliehen.
Beim Einsatz nachwachsender Rohstoffe wird oft zwischen der energetischen und der höherwertigen, stofflichen Nutzung unterschieden. Bei der energetischen Nutzung steht häufig der Energiegehalt der verwendeten Biomasse im Vordergrund. Bei der stofflichen Nutzung dagegen sind die chemische Zusammensetzung und andere Eigenschaften für die weitere Verwendung und Verarbeitung von hoher Bedeutung. Bei einerKaskadennutzung können stoffliche und energetische Nutzung miteinander kombiniert werden, wie bei der Verbrennung vonAltholz. Bei vielen stofflichen Nutzungen fallen zudem Abfälle oderNebenprodukte (Kuppelprodukte), wieSägemehl, an, die noch energetisch verwertbar sind.
Der größte Teil der Ackerfläche wird in Deutschland für den Anbau vonBiokraftstoffen, alsPflanzenölkraftstoff wieBiodiesel,Bioethanol undBiogas verwendet.[10][11]
Biodiesel war 2022 mit 52, 080 Millionen Tonnen weltweit der am häufigsten verwendete Biokraftstoff.[12]
In Deutschland wurden 2023 3,7 Millionen Tonnen Biodiesel produziert.[13]
In Europa wird Biodiesel vor allem ausRapsöl hergestellt, während international vor allemPalm- undSojaöl verwendet werden.Um landwirtschaftliche Überschüsse zu reduzieren, war in derEuropäischen Union (EU) bis 2024 dieFlächenstilllegung von der landwirtschaftlichen Anbaufläche pro Jahr obligatorisch. Anfänglich wurde der Satz der obligatorischen Stilllegung jährlich festgelegt. Im Anbaujahr 1993/94 mussten Landwirtinnen und Landwirte 15 Prozent ihrer Fläche stilllegen. Im Wirtschaftsjahr 1999/2000 wurde sie dann zur Vereinfachung dauerhaft auf 10 % festgelegt. Für das Anbaujahr 2004/05 wurde sie auf 5 % gesenkt. Bis 2024 galt eine Stilllegungsquote von 4 %. Ab 2025 entfällt die Pflichtstilllegung.Die Vorgabe für die Stilllegungsflächen war: Es durften keine Lebens- und Futtermittel darauf angebaut werden.[14]
Da der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen auf diesen Flächen zulässig war, wurden zuerstÖlpflanzen, wie Raps und Sonnenblume, für die Biokraftstoffherstellung in großem Maßstab angebaut.Nach der Durchführungsverordnung der EU-Kommission müssen Landwirte inzwischen dieBrachflächen nutzen für:
Erlaubt ist auch eine Kombination der drei Optionen in beliebigen Anteilen.[15]DieFlächenstilllegung wird mit einer Prämie ausgeglichen.[16]
Bioethanol wird fast ausschließlich aus zuckerhaltigen Pflanzen (Zuckerrohr undZuckerrüben),Mais,Palmöl,Sojaöl,Rapsöl, anderen angebauten Pflanzen wieWeizen undTriticale hergestellt.Bioethanol wird auch aus nachwachsenden landwirtschaftlichen Abfällen und Reststoffen wieStroh und Altspeiseölen und tierischen Fetten (Schlachtabfällen) hergestellt.Insgesamt betrug 2022 in Deutschland der Absatz an Bioethanol.1,19 Mio. tIm Jahr 2023 wurden insgesamt in Deutschland 670.585 Tonnen Bioethanol erzeugt. Dies ist eine Abnahme der Produktionsmenge von mehr als sechs Prozent gegenüber dem Jahr 2022 mit 715.000 t Ethanol. Dabei stammten 2023 aus Futtergetreide 86,7 Prozent und aus Zuckerrübenstoffen 7,1 Prozent.[17][18]
Bioethanol findet in zahlreichen Bereichen Anwendung als Treibstoffzusatz:Bioethanol wird in denKraftstoffen Super Plus, Super E5 (bis zu 6,8 Vol.-% Bioethanol) sowie Super E10 (bis zu 10 Vol.-% Bioethanol) und als Kraftstoffadditiv als Ersatz von fossilem Benzin verwendet. In einigen Ländern sind auch die erneuerbaren Kraftstoffe E85 (bis zu 85 Vol.-% Bioethanol) und ED95 (bis zu 95 Vol.-% Bioethanol) erhältlich.
InBiogasanlagen bauenMikroben durchanaerobe Vergärung organische Substanzen also unter Ausschluss vonSauerstoff inBiogas ab.Als Rohstoffe werdenBioabfall,Speisereste,Gülle,Mist,Gras,Holz,Mais oderZuckerrüben als auchGlycerin eingesetzt. Nach der ersten Stufe desFermenters einerBiogasanlage und derNachgärung besteht das Roh-Biogas je nach den verwendeten Ausgangsmaterialien vor allem aus unterschiedlichen Anteilen vonMethan (55–75 %) undKohlendioxid (CO2) und Spuren vonSchwefelwasserstoff (H2S),Stickstoff,Wasser, Sauerstoff,Wasserstoff.[19]
Das Roh-Biogas wird zuerst entschwefelt und getrocknet.Für dieEntschwefelung werden Grob- und anschließende Feinentschwefelung durchgeführt.Die Grobentschwefelung kann in mehreren Verfahren erfolgen:[20]
Bei den meisten Biogasanlagen wird das entstandene Roh-Biogas vor Ort in einemBlockheizkraftwerk (BHKW) zurStrom- undWärmeerzeugung genutzt.In Deutschland gab es 2022 9.876 Biogasanlagen, die eineelektrische Leistung von mehr als 5.600Megawatt erzeugten.[22]
Einige Biogasanlagen bereiten das gewonnene Gas zu Biomethan auf.[20]Wird das Biogas zu Biomethan aufkonzentriert und danach ins Erdgasnetz eingespeist, ist davor eine Feinentschwefelung notwendig. Dieadsorptive Feinentschwefelung mitAktivkohle senkt die Schwefelwasserstoffkonzentration dann auf unter 5 mg/m³.
Abhängig vom Aufbereitungsverfahren muss das Gas noch durchAbkühlung unter denTaupunktentfeuchtet und getrocknet werden.
Um Biogas als Biomethan ins landesweiteErdgasnetz einspeisen zu können, ist es notwendig, durch Verfahren derBiogasaufbereitung den Methangehalt im Biogas zu erhöhen und gleichzeitig Kohlendioxid und weitere unerwünschte Bestandteile zu entfernen.Bei der eigentlichen Aufbereitung wird der Methangehalt von 55–75 % auf bis zu 98 % erhöht.Für die Biogasaufarbeitung zur Trennung von Kohlenstoffdioxid und Methan bieten sich folgende Aufbereitungsverfahren an: dieDruckwechsel-Adsorption (engl. PSA – Pressure Swing Adsorption), dieDruckwasserwäsche (DWW), physikalische und chemische Wäschen durchAbsorption (wie dieAminwäsche und dasMembrantrennverfahren).[23]
Ein anderes Aufarbeitungsverfahren ist die Physikalische Absorption (u. a. Genosorb-Wäsche®, Selexol-Wäsche®) in einer Waschkolonne.Im Gegensatz zur Druckwasserwäsche kommt bei diesem Verfahren ein organisches Lösungsmittel (z. B. Polyglykolgemische) zum Einsatz. Gegenüber Wasser kann das Lösungsmittel mehr CO2 aufnehmen. In der Absorptionskolonne durchströmt das Absorptionsmittel das Biogas im Gegenstrom und bindet neben CO2 auch H2S und H2O. Eine Feinentschwefelung kann daher entfallen. Das bei der nachgeschalteten Kühlung des Produktgases kondensierte Wasser muss entfernt werden. Durch Entspannung und Erwärmung der Waschlösung und Luftzufuhr werden die Gase wieder desorbiert. Eine Abgasnachbehandlung ist danach erforderlich.[24]
Wird die Biogasanlage zweistufig gefahren, ist es in der zweiten Stufe möglich, durch ein biologischesPower to Gas Verfahren mithilfe von Strom und Wasserstoff-Beigabe das CO2 im Roh-Biogas zu methanisieren. DieMethanisierung wird von spezialisierten Mikroorganismen durchgeführt. In ihrem Stoffwechsel verwandeln sie den in Flüssigkeit gelösten Wasserstoff und das Kohlendioxid in Methan und Wasser um.[25]
In der Anlage wird ein Teilstrom Roh-Biogas abgezweigt und mitWasserdampf vermischt. Das Gemisch strömt in denDampfreformer der Anlage. Dort wird das Methan reformiert undSynthesegas mit Kohlenmonoxid und Wasserstoff erzeugt.
Dieses Gas reduziert in weiterer Folge Eisenoxid zu Eisen. Dann kommt in derWassergas-Shift-Reaktion Wasserdampf in den Reaktor, der das Eisen wieder zu Eisenoxid reoxidiert und Kohlendioxyd und Wasserstoff erzeugt. Dabei wird Wasserstoff mit einem Reinheitsgrad von 99,998 % frei. Der gewonnene Wasserstoff hat eine Reinheit von mindestens 99,7 % und ist somit für den Einsatz in Brennstoffzellen geeignet.Mit diesem Eisen-Wasserdampf-Prozess wird ein Wirkungsgrad von 75 % erreicht.[26][27]
Neben dem bereits genannten Holz und den Rohstoffen zur Biokraftstoffherstellung sind auch andere nachwachsende Rohstoffe energetisch als sogenannte Biogene Brennstoffe nutzbar. Diese Verwendungsweise ist meist weniger hochwertig als die stoffliche Nutzung, so dass vor allem organische Abfälle und Reststoffe (sowieKuppelprodukte) wie zum Beispiel Stroh verwendet werden. Auch eineKaskadennutzung, wie beispielsweise bei der Verbrennung vonAltholz, findet statt. Steigende Energiepreise und die politische Förderung vonErneuerbaren Energien unter anderem der Bioenergien, zum Beispiel in Deutschland durch dasErneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), führten und führen zu einem starken Ausbau. Eine erhöhte Vergütung für den erzeugten Strom und weitere Förderungen machen bisher ungenutzte Biomassefraktionen wirtschaftlich nutzbar. Dabei ergeben sich zum Teil Synergieeffekte zwischenAbfallentsorgung und Energiegewinnung. Hintergrund der Förderungen sind unter anderem Bemühungen zumUmweltschutz,Klimaschutz, zurRessourcenschonung, Verringerung der Abhängigkeit von Energieexporteuren und die Förderung ländlicher Regionen. Bei biogenen Festbrennstoffen findet eine verstärkte Nutzung von Abfällen der Forstwirtschaft (wieSchlagabraum) und der Holzindustrie (wieSägemehl, Verschnitt,Schwarten) statt. Auch Altholz wird inBiomasseheizwerken oderBiomasseheizkraftwerken in erhöhtem Maß genutzt. Hinzu kommt die gezielte Erzeugung vonHackschnitzeln aus Wald- oder ausKurzumtriebsholz. Auch die Erzeugung von biogenen Flüssigbrennstoffen wieBiomass to Liquid (BtL) aus fester Biomasse ist in der Entwicklung sowie Erprobung. Stark an Bedeutung gewinnt die Gewinnung biogener Brenngase (Biogas,Biomethan) inBiogasanlagen. AlsSubstrat wird vor allem feuchte Biomasse eingesetzt, die in Verbrennungen nicht eingesetzt werden kann. Es werden Abfälle, unter anderem aus der Lebensmittelindustrie, oder ungenutzte Pflanzenreste aus der Landwirtschaft, wie Gülle, Mist,Rübenblattsilage und anderes verwendet. In Deutschland werden verstärkt auch nachwachsende Rohstoffe, wie vor allem Mais, speziell für die Verwendung in Biogasanlagen angebaut.
Im Folgenden sind die wichtigsten Kategorien nachwachsender Rohstoffe genannt. Da diese sich unterschiedlich, wie an Herkunft, Inhaltsstoffen oder Verwendung orientieren, überschneiden sie sich teilweise. Da die energetische Nutzung oft eng mit der stofflichen Nutzung verknüpft ist, wird diese teilweise hier auch aufgeführt.
Der wichtigste und am häufigsten genutzte nachwachsende Rohstoff istHolz. Es ist seit derVorzeit als Rohstoff des Menschen nachweisbar und bis heute auch in Industrieländern einer der wichtigsten und vielseitigsten Rohstoffe. In Deutschland machte der Wald 2024 mit 11,5 Mio. ha fast ein Drittel der Landesfläche aus. Fast die Hälfte des deutschen Waldes ist in privater Hand (760.0000 Waldbesitzer). 29 Prozent des Waldes gehören den Ländern, 20 Prozent sind Eigentum von Körperschaften, 3 Prozent gehören dem Bund.[28]
Weitere nachwachsende Rohstoffe wurden in Deutschland 2022 auf etwa 15 Prozent der Ackerfläche (rund 2,49 MillionenHektar) angebaut.[29]
Die gesamteHolzwirtschaft mit etwa 650.000 Beschäftigten gehört zu den wirtschafts- und gesellschaftspolitisch wichtigsten Branchen in Deutschland.Zu ihr gehören die Teilbranchen: Holzindustrie, Holzhandwerk sowie Holzhandel und Zulieferer. Die Holzindustriezweige sind:Forstwirtschaft,Sägeindustrie,Möbelindustrie,Papierherstellung und -verarbeitung, industriellerHolzbau,Holzwerkstoffindustrie und Holzpackmittel.DerHolzhandel bildet das Bindeglied in der Logistikkette zwischen Produzent und Verbraucher.Das Holzhandwerk mit seinenTischlereien undZimmereibetrieben ist durchkleine und mittlere Unternehmen geprägt.Am Ende der Holzwirtschaft steht der Verwertungsweg als moderneHolzenergie.[30]
Von den 70,6 Millionen Kubikmeter Holzeinschlag 2023 in Deutschland wurden55 % Stammholz alsNutzholz undSchnittholz fürBauholz, Verpackungen, undMöbel verwendet. Bei der Herstellung von Möbeln wird Holzwerkstoff vor allem in der Produktion vonSpanplatten (Holzspanwerkstoff), aber auch für Vollholzwerkstoffe (Sperrholz,Schichtholz), Holzfaserwerkstoffe (verschiedeneFaserplatten) undVerbundwerkstoffe (beispielsweiseWood-Plastic-Composite (WPC) ausHolzmehl undKunststoff) eingesetzt.Es werden 20 % Industrieholz für dieZellstoff- undPapierindustrie in Form vonHolzschliff und 20 % energetisch alsBrennholz genutzt.[31] Das Brennholz wird in den letzten Jahren zunehmend durchHackschnitzel oderHolzpellets ersetzt. Neben Privathaushalten nutzen auchBiomasseheizwerke undBiomasseheizkraftwerke große Mengen an Holz.Ca. 5 % des eingeschlagenen Holzes wurde 2023 nicht verwendet.
Teilweise ist eine mehrfache Nutzung von Holz (Kaskadennutzung) möglich, wie zunächst stofflich, beispielsweise als Konstruktionsvollholz Möbel- oder Innenausbau und danach durchRecycling von Altholz bei der Herstellung von neuen Möbeln oder Spanplatten oder schließlich am Ende der Nutzung sollte es der energetischen Verwertung zugeführt werden.[32]
Holzähnliche Werkstoffe wieBambus,Reet undStroh finden Verwendung zurDachdeckung. AusRattan,Peddigrohr undWeidenruten werdenKorbwaren und Möbel hergestellt.
Naturfasern werden durch aufwändige Bearbeitung der Rohstoffpflanzen – den so genannten Faserpflanzen – gewonnen. Der wichtigste Faserrohstoff weltweit ist dieBaumwolle, die vor allem in tropischen und subtropischen Gebieten angebaut wird. Baumwolle wird vorwiegend zur Herstellung vonKleidung sowie für andereTextilien verwendet. Weitere Anteile werden zur Herstellung vonVliesstoffen oderGarnen genutzt.
Wichtige Faserpflanzen ingemäßigten Zonen sind vor allem derGemeine Lein (Flachsfaser) undNutzhanf (Hanffaser). IhreBastfasern können zur Herstellung von Bekleidungstextilien genutzt werden und stellen als Flachs-Lang- und Kurzfasern aktuell auch die Hauptnutzung dar. Flachskurzfasern werden mit einem signifikanten Anteil zur Herstellung von Spezialpapieren verwendet, darunter im Wesentlichen zuZigarettenpapier. Weitere Anwendungen sind die Produktion vonDämmstoffen und Verbundwerkstoffen.Für Verbundwerkstoffe (Naturfaserverstärkter Kunststoff) werden Naturfasern von sechs Grundtypen von Naturfasern genutzt. Sie werden wie folgt klassifiziert:Bastfasern (Jute,Flachs,Hanf,Ramie undKenaf); Blattfasern (Abacá,Sisal undAnanas); Samenfasern (Kokosfasern,Kopra, Baumwolle undKapok); Kernfasern (Kenaf, Hanf und Jute);Gras- undSchilffasern (Weizen,Mais undReis) und alle anderen Arten (Holz, Bambus undWurzeln).[33]
Von dentierischen Fasern istWolle die Wichtigste, die zum größten Teil durch dieSchur vonSchafen aber auch von anderen Haustieren wieLamas,Alpakas oderAngorakaninchen gewonnen wird. Einen weiteren Faserwerkstoff tierischen Ursprungs stellt dieSeide dar, die ebenfalls für Textilien verwendet wird.
Neben dem Einsatz von Pflanzenölen als Energieträger finden Pflanzenöle stofflich Verwendung.Die wichtigsten Pflanzenöle sind:Palm- undPalmkern-,Kokos-,Soja-,Raps-, Baumwoll-,Erdnuss-,Sonnenblumen- undOlivenöl.
Pflanzenöle dienen in derOleochemie als Rohstoff für die unterschiedlichsten Produkte. So werden beispielsweiseKokos- und Palmöl fürTenside (zum BeispielZuckertenside) genutzt, die in derWaschmittel, Pflege- und Reinigungsmittelindustrie, aber auch im Bereich derKosmetika undPharmaprodukte Verwendung finden.FürFarben,Druckfarben undLacke werden Pflanzenöle vor allem alsAdditive undBindemittel verwendet. Ein bereits historisch bedeutsamer Anwendungsbereich, der seit dem 19. Jahrhundert vom Erdöl eingenommen wurde, stellenBiogene Schmierstoffe dar, zu denen etwaHydraulik-,Motor-,Sägeketten-,Schal-,Schneidöl undMetallverarbeitungsöle gehören.[34]
Fettsäuren von Pflanzölen werden mitDiolen zuBio-Kunststoff polymerisiert.[35]
Weitere Produkte sind der BodenbelagLinoleum, für den vor allemLeinöl verwendet wird, sowieFaktis alsKautschukadditiv undWeichmacher für Kunststoffe. Mit moderner Technologien ist es zudem heute möglich,Polyole für die Herstellung der KunststoffePolyurethan undPolyester auf der Basis von Pflanzenölen zu produzieren.[36]
Die weltweit bedeutendsteZuckerpflanze istZuckerrohr, während in gemäßigten Klimazonen dieZuckerrübe dominiert.Stärke wird aus verschiedenenGetreidepflanzen (wieWeizen,Triticale,Mais,Reis) und anderen Feldfrüchten gewonnen (wieManiok,Kartoffeln). Da Stärke einPolysaccharid aus Zuckermonomeren ist, kann bei vielen Anwendungen sowohlZucker als auch Stärke eingesetzt werden.
Der größte Teil der technischen Stärke wird in derPapierindustrie alsPapierstärke eingesetzt. Als Rohstoff der chemischen Industrie wird Stärke beispielsweise für die Herstellung von Wasch- und Reinigungsmittel,organischen Säuren, Pharmaka und Kosmetika genutzt. Stärke dient zudem direkt als Rohstoff für die Herstellung für Biokunststoffen, wieThermoplastischer Stärke. Auch indirekt, nachfermentativer (biotechnischer) Umsetzung von Stärke oder Zucker, können aus den Zwischenprodukten Biokunststoffe wiePolylactid (PLA) undPolyhydroxybuttersäure (PHB) erzeugt werden. Zucker wird zudem in derBauchemie alsAbbindeverzögerer undEinschalungsmittel genutzt.
Große Mengen Zucker sowie Stärke werden zuBioethanolvergoren, das neben Biodiesel und Pflanzenölkraftstoff ein wichtiger Biokraftstoff ist. Bedeutende Herstellerländer sind Brasilien und die Vereinigten Staaten mit den Rohstoffen Zuckerrohr sowie Maisstärke. In derZuckerindustrie in Brasilien wird fast die Hälfte des geernteten Zuckerrohrs zu Bioethanol verarbeitet. Heute ist in vielen Ländern die Nutzung eines Anteils an Biokraftstoff oder konkret von Bioethanol in Kraftstoffen verpflichtend.
Eine wachsende Bedeutung wird für die Verwendung von Stärke, Zucker (und anderen nachwachsenden Rohstoffen) in derWeißen Biotechnologie (Industrielle Biotechnologie) erwartet. Bereits heute werden Stärke und Zucker (auch in Form vonMelasse) fürfermentative undbiokatalytische Prozesse, beispielsweise zur Herstellung von Bioethanol (siehe oben), aber auch höherwertige Verbindungen, wieGrundchemikalien, Plattformchemikalien oderpharmazeutischen Produkten, eingesetzt.
Aus einigen Pflanzen und Tieren könnenInhaltsstoffe und Materialien mit besonderen Eigenschaften gewonnen werden. Zu diesen Stoffen gehören vor allemKautschuk,Harze undWachse,Gerbstoffe, Rohstoffe für die pharmazeutische Industrie und verschiedeneFarbstoffe.
Kautschuk stellt ein natürlichesElastomer dar, das vor allem aus demMilchsaft des südamerikanischenKautschukbaumes (Hevea brasiliensis) gewonnen wird. Bei Latex handelt es sich um flüssig gehaltenen Kautschuk, er wird zum Beispiel zur Herstellung von Textilien, Schaumanwendungen (Matratzen) oderKondomen verwendet.[37]
Russischer Löwenzahn kann Naturkautschuk in der Reifenindustrie, inDichtungen oderSchaumstoffen ersetzen.[9]
AusArzneipflanzen können eine Reihe von Pflanzenwirkstoffen (Phytopharmaka) gewonnen werden, die bisher nicht oder nicht wirtschaftlich synthetisch herstellbar sind. Daher wird eine Vielzahl von Arzneipflanzen angebaut und genutzt, um deren Inhaltsstoffe fürMedikamente, Genussmittel und Drogen nutzen zu können, wie zum BeispielTabak,Cannabis undHopfen oder illegale Drogen wieKokaMorphin undOpium.[38]
AuchGenussmittel undDrogen werden dieser Gruppe zugeordnet.
Färberpflanzen liefern Farbstoffe zum Färben von Textilien, für Malfarben und andere Anwendungen. Sie spielten eine wichtige Rolle als nachwachsende Rohstoffe, bevor es im 19. Jahrhundert gelang, Farbstoffe synthetisch herzustellen. Im Mittelalter begann man in Europa, Färberpflanzen, wie beispielsweiseFärberwaid für Blau,Färberkrapp für Rot undFärberresede für Gelb, anzubauen. Vor allemIndigo aus der indischenIndigopflanze wurde bis in das späte 20. Jahrhundert industriell genutzt, umJeans zu färben. In der Malerei wurden vor allem Farblacke verwendet, bei denen der Pflanzenfarbstoff auf ein Substrat wieKreide oderBleiweiß aufgezogen wurde, um anschließend wie einPigment vermalt werden zu können. Pflanzenfarben können aber auch ohne Substrat lasurartig aufgetragen werden.[39]
BiobasiertePlattformchemikalien sind Grundchemikalien, die sich als Synthesebausteine für zahlreiche weitere Chemikalien eignen. Sie werden aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt.Die wichtigsten Plattformchemiklien sind:Aceton;Adipinsäure;Bernsteinsäure;Ethanol;2,5-Furandicarbonsäure;Furfural;Glycerin;Hydroxymethylfurfural;3-Hydroxypropionsäure;Isophoron;Isopren;Lävulinsäure; (R)-Milchsäure; (S)-Milchsäure;Oxalsäure;Sebacinsäure;Sorbit;Xylit.Die Größe des Marktes für biobasierte Plattformchemikalien wird im Jahr 2024 auf 15,41 Milliarden US-Dollar geschätzt.[40]
Bioethanol ist ein wichtiger Bestandteil für dieGetränke- undLebensmittelindustrie. DerTrinkalkohol wird unter anderem zur Herstellung vonLikören undSpirituosen, alsLebensmittelzusatzstoff, zur Herstellung vonEssig, zurExtraktion vonAromen und zurKonservierung von Lebensmitteln verwendet.
Bioethanol findet zunehmend Abnehmer in der chemischen Industrie. Bioethanol wird unter anderem alsLösungsmittel,Enteisungsflüssigkeit sowie inFarben undLacken verwendet. Erneuerbares Ethanol ist außerdem wichtige Komponente inGummi, in pharmazeutischen und kosmetischen Produkten, sowie inDesinfektions- undArzneimitteln.
Zunehmend ist Bioethanol als erneuerbarer Rohstoff für die Herstellung biobasierter Chemikalien gefragt. Aus erneuerbarem Ethanol kann zum BeispielEthylacetat hergestellt werden, das alsLösungsmittel breite Anwendung bei der Herstellung von Farben, Klebstoffen, Kosmetika, flexiblen Verpackungen und vielem mehr findet. Bedeutende Produkte sind auchAcetaldehyd,Essigsäure,Butanol undEthylen. Diese werden direkt verwendet oder können in weiteren Konversionen z. B. zu den KunststoffenPolyethylen und Gummi umgewandelt werden.
So alt wie die Kunststoffindustrie selbst sind BiobasierteZellulosewerkstoffe wieZelluloid,Cellophan oderZelluloseacetat. Um bekannte Massenkunststoffe wiePolyethylen (PE),Polypropylen (PP) oderPolyethylenterephthalat (PET) in ihren Anwendungen mit ähnlichen Eigenschaften langfristig zu ersetzen, wurde in den vergangenen Jahrzehnten eine Reihe neuerbiobasierter Polymere als biobasierte Varianten („Drop-In Biobasiert“) im Produktionsmaßstab in den Markt eingeführt: bioabbaubare Polyester wiePolymilchsäure (PLA),Polyhydroxyalkanoate (PHA, PHB, PHBV) undPolybutylensuccinat (PBS),Poly(butylenadipat-co-terephthalat) (PBAT), oder leistungsfähige Polymere wiePolytrimethylenterephthalat (PTT),Polyamide#Bio-basierte Polyamide (PA 4, PA 5.10, PA 6, PA 10.10, PA 10.12, PA 11,) oder Polyurethanvarianten auf Wasserbasis (BWPU).[41][42][43]
Ein vergleichbarer aromatischer Bio-Polyester zu dem in asiatischen Gegenden produzierten, biologisch abbaubaren und kompostierbarenPoly(butylenadipat-co-terephthalat) (PBAT) lässt sich inzwischen auch aus nachwachsenden Rohstoffen wie biobasiertem1,4-Butandiol (BDO),Sebacinsäure anstelle vonAdipinsäure (AA) und2,5-Furandicarbonsäure (FDCA) herstellen.[44]
Nachwachsende Rohstoffe tierischer Herkunft sind heute weniger präsent als pflanzliche, haben aber historisch wie aktuell eine große Bedeutung.
In der Antike wurde der FarbstoffPurpur aus großen Mengen vonPurpurschnecken gewonnen und war nur den höchsten Würdenträgern vorbehalten. Ein weiterer Farbstoff istKarmin, der wie aus derCochenilleschildlaus gewonnen wird. Diese Farbstoffe und andere Rohstoffe wieElfenbein,Leder,Fischleder,Felle,Bienenwachs undHorn waren wichtigeHandelsgüter. Historisch wichtig war auch die Verwendung von Tierdarm und Tierhaaren für Waffen, Mess- und Musikinstrumente. Der vom 18. bis zum beginnenden 20. Jahrhundert sehr bedeutende kommerzielleWalfang lieferte Rohstoffe wieFischbein,Ambra,Walrat,Tran undGlycerin, die als Chemiegrundstoff, Brennstoff, Schmiermittel, Vorläufer verschiedener Kunststoffe und Rohstoff zur Sprengstoffherstellung (Nitroglycerin/Dynamit) verwendet wurden. Sie bildeten im 19. Jahrhundert die Grundlage der Entwicklung der heutigenpetrochemischen Industrie.
Die wichtigsten Rohstoffe tierischen Ursprungs sindtierische Fette, Öle,Wachse und Bindemittel, Leder,Felle verschiedenerPelztierarten und tierische Fasern wieWolle,Seide undBorsten.Schafwolle wird vermehrt auch als Baustoff (Dämmstoff) eingesetzt. Weniger bekannt ist die Verwendung von Schafwolle als Langzeitdünger. Hierfür wird die unbehandelte Rohschafwolle beispielsweise zu Düngepellets (Schafwollpellets) gepresst.
Gülle undMist werden weltweit als Düngemittel genutzt.Guano stellt dabei einen Grenzfall zu den mineralischen Rohstoffen dar. Ganze Klassen von Wirkstoffen auch tierischer Herkunft entstammen den Giften vonSchlangen,Bienen undFröschen.Insuline undHormone wieÖstrogen waren vor deren gentechnischen Herstellung nur aus tierischen Quellen, wieBauchspeicheldrüsen vonSchweinen, zu gewinnen.
Im Rahmen derTierkörperverwertung hergestellteTiermehle undKnochenschrote werden seit einigen Jahren nicht mehr anWiederkäuer verfüttert, sondern häufig verbrannt. Die früher essentielle Herstellung vonKnochenleimen ist heute Nischenanwendungen vorbehalten.Talg hingegen dient nach wie vor alsChemiegrundstoff in derorganischen Chemie und Industrie derOleochemie, umBiogene Schmierstoffe,Tenside, Fette für Kosmetikartikel, Reinigungsmittel undSeifen herzustellen.[35]
Federn, die in großen Mengen bei derGeflügelverarbeitung anfallen, werden vor allem als Füllmaterialien fürKissen undDecken genutzt – zukünftig könnten sie zudem alsKeratinquelle zur Herstellung von Biokunststoffen verwendet werden. AuchChitinpanzer vonKrebsen, die als Abfallprodukt in derKrustentierverarbeitung anfallen, und perspektivisch auch vonInsekten, können alsChitosan für verschiedene Anwendungen, darunter die Biokunststoffproduktion, gebraucht werden.
Aus menschlichen Quellen ist heute neben der medizinischen Verwendung und Weiterverarbeitung etwa vonBlut undBlutprodukten Menschenhaar fürPerücken oder modischeHaarverlängerungen von gewisser wirtschaftlicher Bedeutung.
Für die Zukunft wird eine wachsende Bedeutung des Konzepts derBioraffinerie erwartet. Biomasse sowie nachwachsende Rohstoffe sollen in diesen Anlagen einer vollständigeren und höherwertigen Nutzung zugeführt werden. So sollen Grundchemikalien, Kraftstoffe, Biopolymere und anderes gewonnen werden.[45]
InDeutschland ist als staatlicher Projektträger auf Bundesebene beim damaligen Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), heuteBundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), dieFachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) eingerichtet worden, um bundesweit Forschung, Entwicklung und Markteinführung im Bereich Nachwachsende Rohstoffe zu unterstützen. Ein weiterer Schwerpunkt der FNR ist außerdem das umfassende Beratungs- und Informationsangebot in den Bereichen nachwachsende Rohstoffe und Bioenergie. Auf Länderebene sind Ansprechpartner zu nachwachsenden Rohstoffen bei den jeweiligen Forst- sowie Landwirtschaftsministerien, den Direktionen für ländliche Entwicklung sowie teilweise bei den lokalenIndustrie- und Handelskammern zu finden.
In Bayern sind unter anderem dasKoNaRo – Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe und das Centrale Agrar-Rohstoff-Marketing- und Energie-NetzwerkC.A.R.M.E.N. e. V. aktiv.Es gibt zahlreiche Interessenverbände, die sich für eine stärkere Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen verschiedener Art und zu verschiedenen Zwecken einsetzen. DieArbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) und derDeutsche Forstwirtschaftsrat (DFWR) setzen sich vor allem für die stoffliche, aber auch für die energetische Nutzung von Waldholz ein.
DerBundesverband BioEnergie e. V. (BBE) engagiert sich für die Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen als Energieträger.
DasJohann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei mit Hauptsitz inBraunschweig forscht fachgebietsübergreifend mit dem Ziel der nachhaltigen Weiterentwicklung der ländlichen Räume, der Land-, Forst- und Holzwirtschaft sowie der Fischerei. Dabei bezieht es sozioökonomische, ökologische und technologische Aspekte mit ein.
DasDeutsche Biomasseforschungszentrumgemeinnützige GmbH (DBFZ) ist eine Einrichtung fürangewandte Forschung derBundesrepublik Deutschland mit Sitz inLeipzig. Gegenstand der Gesellschaft ist nach eigener Aussage „die anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung im Bereich der energetischen und integrierten stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe in der Bioökonomie unter besonderer Berücksichtigung innovativer Techniken, der wirtschaftlichen Auswirkungen und der Umweltbelange“.
DasFraunhofer-Institut für Holzforschung(WKI), „Wilhelm-Klauditz-Institut“ ist eine Einrichtung derFraunhofer-Gesellschaft. Das Institut hat seinen Sitz inBraunschweig, Seine Aktivitäten sind die angewandten Forschungen im FachIngenieurwissenschaften im Gebiet derWerkstoffkunde zuzuordnen. Forschende des Fraunhofer WKI entwickeln gemeinsam mit dem Verband Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen e. V. (vdnr) neue Dämmstoffe, Materialien und Bauteile zum Beispiel aus Holz, Flachs, Zellulose, Jute, Hanf, Kork, Schafwolle, Schilf, See- und Wiesengras und Stroh oder Systeme sowie Pilzmyzel.[46]
Das Sächsische Netzwerk Biomasse e. V. wurde bereits im Jahr 2004 als „Verein zur Förderung von Biomasse und nachwachsenden RohstoffenFreiberg e. V.“ gegründet. Die Mitglieder des Vereins, überwiegend Landwirtschaftsunternehmen, betreiben über 30 unterschiedliche Anlagen zur Erzeugung von Bioenergie und informieren Interessierte durch Anlagen- und Feldbesichtigungen, Veranstaltungen und Beratungen.[47]
Das Kompetenznetzwerk Biogas mit Sitz inWeimar befasst sich im Rahmen von Biogasanlagen mit: Rohgas- / Holzgasprojekte, Biogas-Direktvermarktung, Umstellung auf Biogasaufbereitung zur Einspeisung in das Erdgasnetz. Im Einzelnen informiert sie die Biogasbetreiber über: Prozessbiologie, Projektentwicklung, Behördeningenieurleistungen, Prozess- und Anlagenbetreuung, Optimierung und Sanierung.[48]
DieCharta für Holz vertritt die Interessen der Holzwirtschaft auf Bundesebene. Die Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette Forst-Holz zielt darauf, den Werk- und Baustoff Holz weiterzuentwickeln und neue markttaugliche Produkte wie Bauen mit Holz, Hochleistungswerkstoffe, Holzprodukte, Holz als klimafreundlicher Rohstoff, Waldprävention für die zukünftige Bioökonomie zu entwickeln.