Die Militärregierung regiertautoritär, es kommt zu vielfältigen Menschenrechtsverletzungen. ImDemokratieindex lag Myanmar deshalb 2021 und 2022 weltweit auf dem vorletzten Platz, noch hinterNordkorea und lediglich vorAfghanistan.
Die Erdbeben heutiger Zeit in Myanmar und den angrenzenden Gebieten Südostasiens sind eine Folge derPlattentektonik und werden vor allem durch die nordwärtsgerichtete Bewegung derIndischen Platte verursacht, die mit derEurasischen Platte kollidiert.
Im Norden liegt das Kachin-Bergland, ein südlicher Ausläufer desHimalaya, und an der Grenze Myanmar–Indien–China liegt derHkakabo Razi. Mit seinen5881 m ist er der höchste Berg Südostasiens. Entlang der Küste amGolf von Bengalen erstrecken sich Sumpfgebiete, dahinter liegt dasArakan-Joma-Gebirge mit bis zu3000 m hohen Bergen, das sich weiter im Norden entlang der Grenze zu Indien imPatkai-Gebirge fortsetzt. Im Osten des Landes liegt das Shan-Hochland mit Erhebungen von bis zu2500 m. In der Mitte des Landes, entlang desIrrawaddy, liegt Zentralmyanmar mit seinen fruchtbaren Böden. Die bedeutendsten Flüsse neben dem Irrawaddy sindThanlwin,Sittaung,Chindwin undMekong.
40 % der Fläche werden vonPrimärwald bedeckt, wobei die Waldfläche jährlich um 1,2 % abnimmt. Vor der Westküste der Malaiischen Halbinsel liegt eine abgesunkene Gebirgslandschaft, derMergui-Archipel mit rund 800 Inseln, eine noch weitgehend unberührte Inselgruppe.
Myanmar befindet sich – mit Ausnahme des äußersten Nordens – im Einflussbereich desindischen Monsuns. Durch das Relief bedingt sind die Ausprägungen des Monsuns in den einzelnen Landesteilen unterschiedlich.
Im Wesentlichen lassen sich drei Jahreszeiten unterscheiden:
Regenzeit von Ende Mai bis Mitte Oktober
kühle Jahreszeit von Ende November bis Ende Februar
Bevölkerungsentwicklung in Millionen Einwohnern[11]
Bevölkerungspyramide Myanmar 2016
Myanmar hatte 2023 54,6 Millionen Einwohner.[12] Das jährliche Bevölkerungswachstum betrug + 0,7 %. Zum Bevölkerungswachstum trug ein Geburtenüberschuss (Geburtenziffer: 16,8 pro 1000 Einwohner[13] vs. Sterbeziffer: 8,7 pro 1000 Einwohner[14]) bei. Die Anzahl der Geburten pro Frau lag 2022 statistisch bei 2,1, die der Region Süd-Asien betrug 2,2.[15] DieLebenserwartung der Einwohner Myanmars ab der Geburt lag 2022 bei 67,3 Jahren[16]. DerMedian des Alters der Bevölkerung lag im Jahr 2021 bei 29 Jahren.[17] Im Jahr 2023 waren 24,4 Prozent der Bevölkerung unter 15 Jahre,[18] während der Anteil der über 64-Jährigen 7,0 Prozent der Bevölkerung betrug.[19]
Ethnolinguistische Karte nach Informationen derCIA (1972)
Bei der letzten Volkszählung 2014 hatte Myanmar 51.486.253 Einwohner,[21] die sich auf folgende ethnische Gruppen aufteilen:Bamar 69 Prozent,Shan 8,5 Prozent,Karen 6,2 Prozent,Rohingya 4,5 Prozent,Mon 2,4 Prozent,Chin 2,2 Prozent,Kachin 1,4 Prozent,Inder 1 Prozent,Han 1–2 Prozent. Insgesamt gibt es rund eine Million Umgesiedelte im eigenen Land. Mit nur 0,1 % der Bevölkerung zählt die Ausländerquote zu den geringsten der Welt.[22][23]
DieShan, die zweitgrößte Volksgruppe, leben hauptsächlich imShan-Staat des Landes, in Gebieten ab etwa 1000 Metern Höhe. Die Karen sind überwiegendChristen. DiePadaung gehören zur Sprachgruppe der Mon-Khmer und leben im südlichen Kachin- und im Shanstaat.
Hauptsächlich imRakhaing-Staat leben etwa 730.000Arakanesen. Andere Quellen geben ihren Anteil an der Gesamtbevölkerung sogar mit 4 % an. Ebenfalls im Rakhaing-Staat leben die muslimischenRohingya, denen der Status als Volksgruppe verwehrt wird.[24] Die Rohingya werden vom Staat nicht als ethnische Gruppe anerkannt, erhalten nicht die myanmarische Staatsangehörigkeit und gelten laut den Vereinten Nationen als „am stärksten verfolgte Minderheit der Welt“.[25] Sie sprechen eine eng mit demBengali verwandteindogermanische Sprache. Viele von ihnen sind auf Grund der massiven Verfolgung nach Bangladesch geflohen.
Die einzelnen Völker sprechen ihre eigenen Sprachen, Englisch ist Handelssprache. Amtssprache ist diebirmanische Sprache.
Animismus: offiziell 0,8 %, aber dominant unter Buddhisten
Die am weitesten verbreitete Religion in Myanmar ist der Buddhismus. Einige der berühmtesten buddhistischen Kunstwerke (Statuen) im asiatischen Raum befinden sich hier. Vorherrschend ist die frühbuddhistischeTheravada-Schule, die im 20. Jahrhundert auch maßgeblichen Einfluss auf die Buddhismus-Rezeption im Westen hatte. So fußen viele der Standardwerke derVipassana-Meditation (zum BeispielNyanaponika: „Geistesschulung durch Achtsamkeit“) auf den Lehren birmanischer Dharma-Meister wie Mahasi Sayadaw, Chanmyay Sayadaw U Janaka, Ledi Sayadaw oder Sayadaw U Pandita. Zu den wichtigsten Heiligtümern zählen vor allem dieShwedagon-Pagode in Rangun, derGoldene Fels südöstlich von Bago und derMount Popa in der Nähe vonBagan.
In der buddhistischen Volksreligion ist derGeisterglaube an dieNats weit verbreitet. Nats haben menschliche Züge, Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse, sind gut, hilfreich oder böse und gehässig, vor allem aber mächtig. Sie können, wenn erzürnt, großes Unheil bringen. Während der ihnen gewidmeten Feste werden sie durchNat-Gadaw, weiblicheMedien (häufig auch Transvestiten) in Trance und Tanz verkörpert. Bei den niederen Nats ist der Bezug zuanimistischen Vorstellungen deutlich, denn sie leben in oder bei alten Bäumen oder Steinen, auf Bergen oder an Flüssen. Häufig haben sie nichtmenschliche Gestalt. Die an Bäumen, Feldern, Gewässern oder in Dörfern errichteten Nat-Schreine(nat-sin) ähneln den Geisterhäuschen(san phra phum) in Thailand.
Zum Christentum bekennen sich nach offiziellen Angaben 4 % der Bevölkerung, vor allem in den Volksgruppen der Chin und der Karen, die einem im Jahre 2007 bekannt gewordenen Regierungsprogramm „zur Zerstörung der christlichen Religion in Myanmar“ zufolge, systematisch vertrieben werden sollen.[26]
Dem Islam gehören vor allem dieRohingya an, die massiver Verfolgung und Vertreibung ausgesetzt sind.
DieAlphabetisierungsrate betrug 2016 geschätzt 75,6 %.[27] Der Bildungssektor ist in Myanmar, das eine ausgesprochene Bildungstradition hat, unter dem Militärregime besonders stark geschrumpft. Mehrere Hochschulen wurden vorübergehend oder ganz geschlossen, vor allem aus Angst vor Studentenaufständen und vor der Kritik einer intellektuellenElite. Lernfreiheit und freie Fächerwahl bestehen nicht, dafür ist es möglich, gewisse Fächer per Fernkurs zu studieren. Auch die Verbreitung von Büchern im universitären Bereich ist stark beschränkt, so kann etwa ein Medizinstudent keine Geschichtsbücher ausleihen. 2015 konnten 93,1 % der Bevölkerung lesen und schreiben.[28] In den letzten Jahren stieg der Bildungsgrad an und die mittlere Schulbesuchsdauer über 25-jähriger konnte von 2,4 Jahren im Jahr 1990 auf 4,7 Jahre im Jahr 2015 gesteigert werden. Im Jahr 2021 lag die Schulbesuchserwartung der aktuellen Generation bei 10,9 Jahren.[6]
Die Gesundheitsausgaben des Landes betrugen im Jahr 2021 5,6 % des Bruttoinlandsprodukts.[29] Im Jahr 2017 praktizierten in Myanmar 8,8 Ärzte je 10.000 Einwohner.[30] Die Sterblichkeit bei unter 5-jährigen betrug 2022 40,1 pro 1000 Lebendgeburten.[31] DieLebenserwartung der Einwohner Myanmars ab der Geburt lag 2022 bei 67,3 Jahren[16] (Frauen: 70,5[32], Männer: 64,2[33]). Die Lebenserwartung stieg von 60,2 Jahren im Jahr 2000 bis 2022 um 12 %.[16]
Myanmar ist seit einigen Jahren eines der Länder mit besonders hoherAIDS-Zuwachsrate, die von derJunta lange bestritten wurde, was das Problem verschlimmerte. Ursachen sind vor allem dieProstitution, besonders in Rangun, und die verbreitete, traditionelleDrogenabhängigkeit, die infolge der durch den jahrzehntelangenBürgerkrieg eingetretenen gesellschaftlichen Zerrüttung noch verschärft wird. Bei der Ernährung der Bevölkerung konnten starke Fortschritte gemacht werden. Während im Jahr 2000 noch 48,1 % der Bevölkerung unterernährt waren, waren es 2015 noch 16,9 %.[34]
Zur Aussprache vonMyanmar gibt der Duden [ˈmi̯anmaːɐ̯] an, also Betonung auf dem ersten a.[36] Im Deutschen ist jedoch die Betonung auf dem zweiten a üblich. Im Englischen variiert die Aussprache vonMyanmar erheblich.[37] Myanmar ist im deutschen Sprachraum auch unter der früheren BezeichnungBirma (in Deutschland und Österreich – Adjektivbirmanisch) resp. Burma (in der Schweiz – Adjektivburmesisch) und imVereinigten Königreich,[38] inAustralien und denUSA nach wie vor auch alsBurma bekannt.
Burma undMyanmar sind eigentlich zwei Varianten derselben Bezeichnung. Die SchreibweisenBurma (englisch ausgesprochen: [ˈbəː(r)mə]) und davon abgeleitetBirma (in Deutschland) entsprechen dembirmanischen NamenBama ['bɐma] mit verhältnismäßigdumpfem „a“ als erstem Vokal.Bama undMyanma sind seit jeher die einheimischen Bezeichnungen der größten Bevölkerungsgruppe, derBamar, für sich selbst und für ihr Land. Der Übergang von „B“ zu „M“ ist fließend. Dazu kommen weitere Varianten je nach Dialekt. Die FormMyanma(r) entstammt derSchriftsprache und findet sich daher eher in historischen Dokumenten, währendBamaumgangssprachlich verwendet wird. Vermutlich entstandBama durch vereinfachte Aussprache ausMyanma.
Das -r inMyanmar wird im Birmanischen nicht gesprochen und auch nicht geschrieben:Myanma. Das -r wurde für die Schreibung im Englischen hinzugefügt, um die Länge der letzten Silbe gemäß der nicht-rhotischenStandardaussprache im Britischen Englisch anzuzeigen. Auch inBurma (englisch ausgesprochen) repräsentiert das r keinen zusätzlichen Konsonanten, vielmehr ähneltur demSchwa. Die Aussprache vonBurma (englisch) ist tatsächlich sehr ähnlich wie die vonBama (birmanisch).
Die Etymologie des Namens ist ungeklärt. Als Bezeichnung des Volkes taucht der Name bereits in Inschriften aus dem 12. Jahrhundert auf:[39] zuerst in einerMon-Inschrift aus dem Jahr 1102 (dort in der FormMirma), dann im Jahr 1190 erstmals in einer burmesischen Inschrift (dort schon in der aktuellen FormMranma [မြန်မာ], die auch heute noch benutzt wird – der scheinbare Wechsel vonr zuy betrifft nur die Transkription, nicht die birmanische Rechtschreibung).
Seit den 1920er Jahren hatte es Bestrebungen gegeben, einen einheitlichen Begriff für alle im jetzigen Myanmar beheimateten Volksgruppen zu finden. So wurde mehrmalsBama durchMyanma ersetzt und umgekehrt.
Die offizielle Umbenennung des Landes in „Republik der Union Myanmar“(Pyidaunzu Thanmăda Myăma Nainngandaw) durch das Militär erfolgte durch das Gesetz Nr. 15/89 vom 18. Juni 1989. Dies war in erster Linie ein Vorhaben mit Außenwirkung. Das Land sollte sich als selbstbewusster Staat präsentieren, der dieKolonialzeit endgültig überwunden hat. Durch das Gesetz Nr. 15/89 wurde auch die offizielle Schreibweise vieler Ortschaften neu bestimmt. Hierfür wurden die Namen in ihrer ursprünglichen Form, also ohne Veränderungen durch kolonialen Einfluss, und nach ihrer Aussprache ins lateinische Alphabettranskribiert. So wurde z. B. dieFreihandelszone am südlichsten Festland-OrtVictoria Point inKawthaung umbenannt.
DieVereinten Nationen übernahmen den neuen Namen des Staates wenige Tage nach der Verkündung durch das Militär. Dem sind mittlerweile viele Staaten gefolgt. DieVereinigten Staaten,Australien sowie weitere Staaten undnichtstaatliche Organisationen halten als Zeichen ihrer Missbilligung des Regimes am NamenBurma fest. Auch die FriedensnobelpreisträgerinAung San Suu Kyi sprach sich 1996 in einem Interview für das MagazinMarie Claire für die Beibehaltung vonBurma aus, zum einen wegen der fehlenden Mitwirkung des Volkes, zum anderen, da der BegriffMyanmar eben nicht die Vielfalt der Volksgruppen im Lande widerspiegele.[40]
Die deutschschweizerischen und österreichischen Zeitungen verwenden vorwiegendBurma, während sich die deutschsprachigen Agenturen auf die BezeichnungBirma geeinigt haben (Stand 2007).[41] Mehrere deutsche Medien, darunterSpiegel undFAZ, verwenden dennoch überwiegend die VarianteBurma (nebenBirma undMyanmar).[42] In der DDR wurde die NamensformBurma verwendet.
Die Einwohner Myanmars bezeichnen ihren Staat meist kurzMyanma Naingngan („Myanmarischer Staat“).
Eine Person aus Myanmar wirdBirmane oderBurmese (unüblichBurmane) beziehungsweiseBurmesin genannt.
Die BegriffeMyanmare beziehungsweiseMyanmarin werden kaum verwendet.[43][44][45][46]
Im 11. Jahrhundert gründete KönigAnawrahta das erste birmanische Reich.
Im 19. Jahrhundert fiel Birma nach mehreren Kriegen unterbritische Herrschaft und wurde am 1. Januar 1886 Teil vonBritisch-Indien. Der letzte König von Birma wurde mit seiner Familie durch die britische Besatzung insExil nachIndien geschickt, wo er auch starb.
1923 war Burma noch eine Provinz Indiens und unter britischer Herrschaft. Männer und Frauen, die Steuern zahlten, erhielten das aktive Wahlrecht. Das passiveFrauenwahlrecht wurde jedoch nicht gewährt.[47][48] Da nur Männer dazu verpflichtet waren, eine Kopfsteuer zu zahlen, gab es viel mehr Steuerzahler als Steuerzahlerinnen, sodass Frauen in der Praxis immer noch am Wählen gehindert waren.[47] Zu dieser Zeit kamen auf zwei Millionen Wähler nur 125.000 Wählerinnen.[49] 1927 gab es eine Vorlage in der gesetzgebenden Versammlung, die auch das passiveFrauenwahlrecht einführen wollte; doch die Briten lehnten sie ab. Dies führte zu Unmut bei den Frauen und einer Demonstration in Ragoon.[50] Doch die Einschränkung auf das aktive Wahlrecht wurden 1929 aufgehoben und somit das passive Frauenwahlrecht auf derselben Basis wie das passive Männerwahlrecht erreicht.[47] Auch die Koppelung an das Bezahlen von Steuern entfiel.[50] Trotzdem saßen nur sehr wenige Frauen in den kommunalen Gremien und der gesetzgebenden Versammlung.[49]
Als 1935 derGovernment of Burma Act in Kraft trat, endete Burmas Zeit als Provinz Indiens. Obwohl es noch unter britischer Herrschaft stand, hatte es nun sein eigenes gesetzgebendes Gremium.[49] Für dieses Repräsentantenhaus hatten Frauen nun das Wahlrecht, wenn sie einen Lese- und Schreibtest bestanden hatten.[47][49] Auf diese Weise stieg die Zahl der Wählerinnen auf 750 000.[49]
Mit derJapanische Besetzung Burmas (1942 bis 1945) wurde die Verfassung aufgehoben. 1943 garantierten die japanische Regierung und der Kaiser Hirohito dem Land die Unabhängigkeit.
Nach der erneuten Besetzung durch die Briten nach Kriegsende und die Entlassung in die Unabhängigkeit 1948 erhielten Frauen das allgemeine Wahlrecht.[47]
Seit der Unabhängigkeit haltenbewaffnete Konflikte in verschiedenen Landesteilen an, wo ethnische Minderheiten gewaltsam für mehr Autonomie oder Unabhängigkeit kämpfen.
Nach einer kurzen demokratischen Phase bis 1962 wurde Birma von verschiedenenMilitärregimen kontrolliert.
Von 1961 bis 1971 war der birmanische PolitikerMaha Thray Sithu U Thant der dritte Generalsekretär derVereinten Nationen. Als es wegen der Weigerung der RegierungNe Win, ihm ein Staatsbegräbnis auszurichten, in Rangun zu Unruhen kam, wurden diese gewaltsam niedergeschlagen.
Am 18. Oktober 1965 verabschiedete der Revolutionsrat ein Gesetz, nach dem alle Wirtschaftsunternehmen verstaatlicht wurden. Wenig später wurden alle christlichen Missionare zum Ende des Jahres 1966 ausgewiesen.
Am 8. August 1988 gipfelten monatelange Unruhen (8888 Uprising) wegen der Wirtschaftspolitik des Militärs unter Führung von General Ne Win in der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten in der Hauptstadt Rangun mit mehreren Tausend Toten. Ein neues Militärregime unter GeneralSaw Maung etablierte sich alsStaatsrat für die Wiederherstellung von Recht und Ordnung (SLORC).
1989 wurde das Land inMyanmar umbenannt.
Als 1990 bei demokratischen Wahlen dieoppositionellesozialistischenNationale Liga für Demokratie (NLD) einen deutlichen Sieg errang, wurden die Wahlen vom Militärregime für ungültig erklärt, und es kam zu einer blutigen Niederschlagung von friedlichen Studentenprotesten. Das Regime blieb an der Macht.
Im November 2005 begann die Regierung mit der Verlegung des Regierungssitzes von Rangun nachNaypyidaw in der Nähe der StadtPyinmana (Region Mandalay), dem früheren Sitz der Könige. Begründet wurde der Schritt offiziell mit der gegenüber Rangun zentralen Lage der neuen administrativen Hauptstadt. Inoffizielle Spekulationen reichten von der Furcht vor einer ausländischen Invasion vom Meer aus, bzw. Eingreifen der USA wie in denIrak, über Einflüsse vonAstrologen auf die Militärmachthaber bis zur Abschottung des Regimes aus Furcht vor möglichen neuen Volksaufständen. Regierungsangestellte, die sich weigerten, ihre Familie zurückzulassen undnach Naypyidaw zu ziehen, kamen ins Gefängnis.
In der Reihe der Kritiker des Regimes erschienen im Dezember 2005 erstmals auch dieASEAN-Staaten. Bereits im März 2005 hatte Myanmar auf die turnusmäßige Übernahme des jährlich wechselnden Vorsitzes innerhalb ASEAN zugunsten derPhilippinen verzichtet. Ein von denUSA imWeltsicherheitsrat eingebrachter Resolutionsentwurf, der das Militärregime zur Einhaltung der Menschenrechte und zur Freilassung aller politischen Gefangenen auffordern sollte, wurde im Januar 2007 mit den Stimmen der VetomächteVolksrepublik China undRussland abgelehnt, obwohl diese der unterdrückten NLD politisch nahe stehen.
Die im August 2003 vom damaligen Premierminister Khin Nyunt verkündete „Road Map“ für den Weg zur Demokratie nahm mit der erneuten Einberufung der Nationalen Versammlung, die eine neue Verfassung erarbeiten sollte, ihren Lauf. Nach knapp zehnmonatigen Beratungen zwischen dem 17. Mai 2004 und dem 3. September 2007 erklärte der Vorsitzende der Kommission für die Einberufung der Nationalen Versammlung,Generalleutnant Thein Sein, dass man sich auf eine neue Verfassung geeinigt habe, die einen ersten Schritt zur Demokratisierung des Landes darstelle. Einen Termin für ein Referendum über den Verfassungsentwurf oder für freie Parlamentswahlen nannte er jedoch nicht.
Proteste in Myanmar, 2007
Am 15. August 2007 wurden sämtliche Subventionen auf Kraftstoffe gestrichen. Die hierdurch auf bis zu 500 Prozent ansteigenden Preise für flüssigen Treibstoff und Gas waren der Anstoß zuProtestdemonstrationen, die sich bis Ende September auf das ganze Land ausweiteten. Sie wurden am 26. September gewaltsam niedergeschlagen. Dabei wurden nach unterschiedlichen Angaben zwischen zehn und mehreren Tausend Mönche und Demonstranten getötet.
Im Februar 2008 setzte die Militärjunta einReferendum über die neue Verfassung im Mai 2008 an. Nach dem Terminplan sollten demokratische Wahlen 2010 stattfinden.[51]
In der Nacht zum 3. Mai 2008 wurden Teile des Landes durch den TropensturmNargis verwüstet. NachUNO-Schätzungen vom 9. Mai starben 63.000 bis 101.000 Menschen und rund eine Million wurde obdachlos. Nach Regierungsangaben vom 24. Juni starben 84.537 Menschen, 53.836 gelten als vermisst. Die Militärjunta verweigerte Helfern den Zugang zumIrrawaddy-Flussdelta und beschlagnahmte Hilfsgüterlieferungen aus dem Ausland.
Ungeachtet der Katastrophe führte das Regime am 10. Mai 2008 das Verfassungsreferendum wie geplant durch. Lediglich in den am schwersten betroffenen Gebieten wurde der Termin um zwei Wochen verschoben. Nach massiver Wahlfälschung und Einschüchterung verkündete das Militär schließlich eine 92,48-prozentige Zustimmung der wahlberechtigten Bevölkerung zur neuen Verfassung.
Am 7. November 2010 fanden die erstenWahlen seit 1990 statt, woraufhin am 4. Februar 2011 der vorherige PremierministerThein Sein zum ersten Präsidenten Myanmars seit 1988 ernannt wurde; dieser ist einThan Shwe nahestehender General. Während die Parlamentswahlen von 2010 noch von der Sozialistischen NLD boykottiert wurden, beteiligte sich die führende Oppositionspartei am 1. April 2012 erstmals seit 1990 wieder bei Parlamentswahlen. Bei denNachwahlen wurden 45 der 664 Sitze in der Volksversammlung neu vergeben. 43 dieser 45 Sitze erhielt die Opposition mit der FriedensnobelpreisträgerinAung San Suu Kyi.
2016 übernahm die Partei von Aung San Suu Kyi die Regierung. Nach einem Jahr stellte derSpiegel fest, sie sei vor allem still und interpretierte es als Hoffnung Kyis auf eine Verfassungsänderung, welche das Militär bei zu forschem Vorgehen mit seinen Vertretern verhindern könne. Es gab zwar etwas mehr Geld für Bildung und Gesundheit, seit Oktober 2016 ging jedoch das Militär im Staat Rakhine gegen die Bevölkerung vor.[52]
Im Herbst 2017 sprach dieNZZ davon, dass das Verhältnis zwischen dem mächtigen Militär und der Regierung schon fast einem getroffenen Pakt ähnle[53] und Anfang 2018 formulierte dieSRF-Korrespondentin, dass es den Anschein machte, als würde die angekündigte Versöhnung weniger das Volk betreffen, sondern es hätte „sich Aung San Suu Kyi mit dem Militär versöhnt“.[54]
Bei der Parlamentswahl im November 2020 erreichte Suu Kyis Partei NLD offiziellen Angaben zufolge die absolute Mehrheit, wobei die Wahlbeteiligung bei über 70 Prozent gelegen haben soll. Die Europäische Union sah die Wahl als frei und fair an, trotz der strukturellendemokratischen Defizite.[55] Die Armee, für die automatisch ein Viertel der Sitze in den Parlamentskammern reserviert ist, sprach dagegen von Wahlbetrug. Am Morgen des 1. Februar 2021 begann das Militär unter OberbefehlshaberMin Aung Hlaing nach anhaltender Kritik an dem Wahlergebnis einen Putsch. Suu Kyi, PräsidentWin Myint und weitere hochrangige NLD-Mitglieder wurden festgenommen. Auch rief das Militär den Notstand aus.[56] Das Militärfernsehen gab bekannt, für ein Jahr die Kontrolle übernehmen zu wollen. Das Vorgehen wurde mit Wahlbetrug begründet.[57]
Es kam daraufhin zu Massenprotesten und politischer Repression. Im Juli 2022 wurden erstmals seit den 1980er Jahren wieder Personenhingerichtet. Bei den Hingerichteten handelte es sich umZayar Thaw,Kyaw Min Yu und Hla Myo Aung und Aung Thura Zaw.[58][59]
Die Machtübernahme des Militärs führte umgehend zum Widerstand der bewaffneten Einheiten der Exilregierung „People’s Defence Force“ und verschiedener ethnischer Milizen, welche die Streitkräfte Myanmars angriffen und die Kontrolle über große Teile des Landes gewinnen konnte. Der Bürgerkrieg führte zu einer humanitären und wirtschaftlichen Krise im Land.[60] Bei der Aufstandsbekämpfung verübte die Militärjunta Kriegsverbrechen wie bei demMassaker von Pazigyi im April 2023. Am 27. November 2024 beantragte ChefanklägerKarim Ahmad Khan im Rahmen desVölkermord-Falls Rohingya vor demInternationalen Strafgerichtshof einenHaftbefehl gegen den Machthaber und militärischen Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit der Deportation und Verfolgung derRohingya im Jahr 2017.[61]
Am 18. September 1988 war die bisherige Verfassung der Sozialistischen Republik von 1974 außer Kraft gesetzt worden. Bis 2010 galt dieses Regierungssystem:
Regierung: Kabinett bestehend aus 33Ministern, überwiegend im Generalsrang, darunter AußenministerNyan Win
Parlament: Volksversammlung mit 485 für vier Jahre gewählten Abgeordneten (derzeit ausgesetzt)
Politische Parteien:Nationale Einheitspartei (NUP), hervorgegangen aus der Burma Socialist Programme Party von GeneralNe Win, Union Solidarity and Development Association (USDA) (regierungsnah, jedoch offiziell ohne Parteienstatus) sowie dieNationale Liga für Demokratie (NLD) und weitere acht Minoritäten-Parteien. Die NLD als wichtigste Oppositionspartei war zeitweise aufgelöst worden.
Seit 1993 wurde über eine neue Verfassung beraten. Mit Verweis auf die fehlende Verfassung hatte die Militärregierung jahrelang freie Wahlen verhindert. Im Regierungsentwurf für eine neue Verfassung wurde als neuer offizieller NamePyidaungsu Thamada Myanmar Naing-Ngan Daw (Republik der Union von Myanmar) vorgeschlagen. Außerdem wurde eine Änderung von Staatsflagge und Staatssiegel geplant. Die Diskussionen hierüber verzögerten die Fertigstellung der Verfassung bis zum 3. September 2007. Die Verfassung wurde im Mai 2008 zur Abstimmung vorgelegt. Diese schreibt immer noch Vorrechte des Militärs fest, etwa, dass ein Viertel der Parlamentsmandate an Militärangehörige vergeben werden müssen.[62] Nach offizieller Lesart wurde diese Verfassung mit 92,48 Prozent Jastimmen angenommen. Erst am 22. Oktober 2010, rund zwei Wochen vor den für den 7. November 2010 angesetzten Wahlen, wurde der o. a. Namensvorschlag umgesetzt, zusätzlich wurden Flagge und Wappen geändert.
Durch ein im März 2010 von der Militärregierung veröffentlichtes Wahlgesetz war die führende NLD-Politikerin und FriedensnobelpreisträgerinAung San Suu Kyi von den Parlamentswahlen am 7. November 2010 ausgeschlossen worden. Das Gesetz besagt, dass Strafgefangene, zu denen in Myanmar faktisch auch politische Gefangene gezählt werden, nicht Mitglieder einer politischen Partei sein dürfen. Gleichzeitig wurde die NLD dazu gezwungen, Aung San Suu Kyi aus der Partei auszuschließen, sollte sie an den Wahlen teilnehmen wollen. Obwohl das neue Gesetz auf internationale Kritik stieß, annullierte die Militärregierung gleichzeitig das Ergebnis der Parlamentswahl aus dem Jahr 1990, da es nicht mehr mit der neuen Verfassung übereinstimme. Die NLD hatte die Wahl im Jahr 1990 mit großer Mehrheit für sich entscheiden können. Erst auf internationalen Druck entließ die Militärregierung Myanmars Aung San Suu Kyi am 13. November 2010 aus ihrem insgesamt 15 Jahre währenden Hausarrest.
Am 7. November 2010 wurden erstmals auf Grundlage der Verfassung von 2010 AllgemeineWahlen 2010 in Myanmar durchgeführt. DieUnion Solidarity and Development Party stellte vom 4. Februar 2011 bis zum 15. März 2016 den StaatspräsidentenThein Sein. Das Amt des Ministerpräsidenten ist bislang unbesetzt, Than Shwe hat somit kein politisches Amt mehr inne. In der Verfassung von 2008 ist das Amt des Ministerpräsidenten nicht mehr vorgesehen. Der Staatspräsident wird durch ein spezielles Wahlkollegium bestimmt, das aus drei verschiedenen Parlamentariergruppen besteht.[63] Es handelt sich somit im weitesten Sinne um ein System parlamentsgebundener Exekutivgewalt.
Am 15. März 2016 wurdeHtin Kyaw zum Staatspräsidenten gewählt.[64]
Im Jahr 2011[65] waren in Myanmar Anfänge eines Demokratisierungsprozesses zu verzeichnen. Anlass und Nahziel dieser neuen Politik waren die Lockerung der internationalen Handelsblockaden, die das Land in der Vergangenheit stark isoliert hatten. Unter anderem wurden nach Informationen desEuropäischen Auswärtigen Diensts die große Mehrzahl politischer Gefangener freigelassen, neue Vorschriften im Arbeits- und Investitionsrecht erlassen, die Kontrolle der Medien gelockert und mehr als 120 Gewerkschaften genehmigt.[65] Im Juli 2013 kündigte Thein Sein die Freilassung aller politischen Gefangenen bis zum Jahresende an, die ersten der etwa 150 Gefangenen kamen daraufhin eine Woche später frei.[66] Tatsächlich aber gibt es in dem Land keinMinderheitenwahlrecht da Minderheiten, wie bspw. dieRohingya in dem Land nicht als Staatsbürger anerkannt, sondern im Gegenteil verfolgt und misshandelt werden.
Am1. April 2012 fanden Nachwahlen statt, nachdem zahlreiche Abgeordnete Regierungsämter übernommen und insgesamt 157 Kandidaten von 17 Parteien sich für die Nachbesetzung der freigewordenen 45 Parlamentssitze beworben hatten. Anteilmäßig waren lediglich sechs Millionen Wähler des 54-Millionen-Volks zu diesen Nachwahlen wahlberechtigt. An der Zusammensetzung des Parlaments hat die Nachwahl kaum etwas geändert, da die neu gewählten Abgeordneten mit 45 von insgesamt 664 Abgeordneten nur sieben Prozent aller Mandate innehaben.[67] Die vom Militär dominierteUnion Solidarity and Development Party hat rechnerisch nach wie vor eine klare Mehrheit. Allerdings zogAung San Suu Kyi als Spitzenkandidatin der Partei NLD im Ergebnis der Nachwahlen erstmals in das Parlament ein – nicht ohne sehr kritisch darauf hinzuweisen, dass die neue Verfassung immer noch Vorrechte des Militärs festschreibt, etwa dass ein Viertel der Parlamentsmandate an Militärangehörige vergeben werden müssen.[62] Suu Kyi wurde auch Vorsitzende des Unterausschusses für Rechtsstaatlichkeit.[65] Die NLD gewann laut Medienberichten in 112 von 129 Wahllokalen die meisten Stimmen.[68] Dies wurde vielerorts als Zeichen für eine weitere Demokratisierung gewertet.[67]
Bei der folgenden Wahl am 8. November 2015 gewann die NLD 77 % der Sitze im Parlament.[69] Aung San Suu Kyi konnte jedoch nicht selbst Präsidentin werden, da ihre beiden Söhne britische Pässe haben.[70] Im März 2016 wurdeHtin Kyaw, ein enger Vertrauter von Aung San Suu Kyi, zum neuen Präsidenten gewählt. Aung San Suu Kyi wurde in der Folge zur Außenministerin ernannt.[71]
Menschenrechtsorganisationen werfen Regierung und Militär Menschenrechtsverstöße wieZwangsarbeit, Zwangsräumung von Dörfern,Folter,Vergewaltigungen und Einsatz vonKindersoldaten in den bis heute andauerndenKämpfen gegen Aufständische vor. Auch manche Rebellengruppen sollen Kinder rekrutiert und Zivilisten zur Zwangsarbeit verpflichtet haben.
Vor allem christliche Minderheiten wie dieKaren undChin sind in den zurückliegenden Jahrzehnten Opfer von massiver Verfolgung geworden. Im Weltverfolgungsindex 2020 von Open Doors rangiert Myanmar auf Platz 19 der Länder mit der schwersten Christenverfolgung.[77] Als Ergebnis leben heute mehrere Hunderttausende von ihnen unter menschenunwürdigen Verhältnissen ohne Obdach oder in Flüchtlingslagern im Grenzgebiet zuThailand.[78][79] Ende Juni 2007 hat dasInternationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) öffentlich der Regierung schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Normalerweise äußert das IKRK seine Kritik vertraulich, doch da die Machthaber Myanmars nicht auf die Vorwürfe reagierten, habe man die Vorwürfe publik gemacht. Neben der Misshandlung von Gefangenen wurde vor allem die Verfolgung der Karen kritisiert.[80]
In der jüngeren Vergangenheit geriet vor allem die überwiegend muslimische Minderheit derRohingya in den Fokus der Weltöffentlichkeit. Ihnen wird in Myanmar die Staatsangehörigkeit verwehrt und ihre Bürgerrechte werden stark eingeschränkt. Von den Vereinten Nationen werden die Rohingya als eine der am stärksten verfolgten Minderheiten der Welt bezeichnet.[81][82] Im Mai 2013 ordnete die Regierung „zum Abbau von ethnischen Spannungen“ an, dass die Rohingya imRakhaing-Staat nicht mehr als zwei Kinder haben dürfen, da ihre nach Angaben der Regierung zehnmal so hohe Geburtenrate angeblich die buddhistische Mehrheit in eine Minderheit verwandeln könne. Dem gleichen Ziel diente das Verbot derVielehe für die Muslime in den anBangladesch angrenzenden Ortschaften Buthidaung und Maundaw.[83]
Die MenschenrechtsorganisationHuman Rights Watch berichtete auch 2017 über schwere Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte. Das Militär führe ausgedehnte und systematische Angriffe gegen Rohingya und gehe dabei mit Zwangsabschiebungen, Mord und Vergewaltigung gegen die Zivilbevölkerung vor.[84] Im Zuge von Militäroperationen gegen Rohingya-Dörfer kam es zu hunderten Tötungen und Vergewaltigungen. Brad Adams, Direktor der Asien-Abteilung von Human Rights Watch sprach von einem systematischen Massaker.[85] Aung San Suu Kyi hingegen machte Terroristen für die Gewalt verantwortlich und beklagte einen „Eisberg an Falschinformationen“.[86]
Der Militäraktion gingen Attentate von im Ausland geschulten, islamischen Terroristen voraus. Mitglieder derArakan Rohingya Salvation Army (ARSA), einer radikalen Rohingya-Gruppe, hatten im August 2017 Dutzende Polizeiposten und Sicherheitskräfte angegriffen. Im Oktober forderten Attacken von Muslimen auf Polizisten mehrere Tote.[86][87] Rohingya-Rebellen haben lautAmnesty International allein im Jahr 2017 über 100 Hinduisten getötet, einige Hindus entführt und sie gezwungen zum Islam zu konvertieren. Des Weiteren zwangen die Rohingya die konvertierten Hindus die Buddhisten und die Regierung Myanmars zu beschuldigen. Somit gestaltet sich die Einschätzung der Menschenrechtslage als schwierig, da keine unabhängigen oder neutralen Berichte vorhanden sind.[88][89][90]
Im Dezember 2017 wurden die Reuters-Reporter Wa Lone und Kyaw Soe Oo verhaftet, die an einem Bericht über die Ermordung von zehn Angehörigen der Rohingya-Minderheit gearbeitet hatten. Die Behörden werfen ihnen „illegale Informationsbeschaffung mit dem Ziel der Weitergabe an ausländische Medien“ vor.[91] 2018 wurden sie wegen Verrats von Staatsgeheimnissen zu sieben Jahren Haft verurteilt. Reuters-Chefredakteur Stephen J. Adler erklärte, das Urteil diene dazu, die Berichterstattung zum Schweigen zu bringen und die Presse einzuschüchtern.[92]
In Myanmar sitzen fünf Journalisten in Haft.[93] Im August 2012 wurden die strengen Zensurregelungen gelockert. Veröffentlichungen müssen demnach nicht mehr vorab von der staatlichen Prüfbehörde genehmigt werden, die Zensurbehörde wurde allerdings nicht aufgelöst und publizierte Texte müssen nachträglich auch weiterhin bei der Prüfstelle eingereicht werden.[94] Am 1. April 2013 erschienen erstmals seit 1962 wieder private Zeitungen in Myanmar, zuvor hatte das Informationsministerium acht von 14 Bewerbungen um eine Lizenz stattgegeben.[95][96][97]
Standorte der diplomatischen Vertretungen Myanmars
Aufgrund seiner Lage befindet sich Myanmar seit seiner Unabhängigkeit in einer besonderen Beziehung zu seinen großen Nachbarn Indien und China.[98]
Myanmar unterhält seit 1988 eine besondere Beziehung zur Volksrepublik China, es besteht jedoch keine formelle Allianz. Die Volksrepublik China hat Überlandstraßen zwischen der chinesischen Grenze und dem Zentrum Myanmars in der Mandalay-Ebene finanziert und deren Ausbau logistisch unterstützt. Diese Straßen sind panzertauglich konstruiert und sichern den Chinesen den strategischen Zugang zum Indischen Ozean. Lange Zeit war auch in offiziellen Stellungnahmen die Auffassung verbreitet, China betreibe seit 1994 auf den Großen und KleinenKokosinseln nördlich der indischenAndamanen und Nikobaren einen Stützpunkt fürFernmelde- und Elektronische Aufklärung (SIGINT) und einen Flugplatz.[99]
Nach demDritten Britisch-Birmanischen Krieg im Jahre 1885 wurde Birma vollständig vonGroßbritannien unterworfen und am 1. Januar 1886 Teil vonBritisch-Indien. Der letzte König von Birma,Thibaw Min, wurde mit seiner Familie durch die britische Besatzung ins Exil nach Indien geschickt. Ende der 1930er Jahre wurde die britische Kolonialstreitmacht in Birma, die bisher Teil derBritish Indian Army gewesen war, in einer einzigen Einheit, derBirma-Armee, die aus britischen, indischen und nur einer geringeren Zahl burmesischen Soldaten bestand, zusammengefasst. Der Ausbruch desZweiten Weltkriegs 1939 wurde von birmesischen Nationalisten als Gelegenheit gesehen, Zugeständnisse von der britischen Kolonialmacht im Gegenzug für die Unterstützung der Kriegsbemühungen zu erzwingen. Andere, darunter die antikolonialistischeThakin-Bewegung unterKodaw Hmaing, lehnten jegliche Unterstützung für den Krieg ab und warteten bereits auf eine bevorstehende japanische Invasion, welche Birma von der britischen Herrschaft befreien sollte. Januar 1942 bis Juli 1942 wurde Birma tatsächlich vonJapanerobert und derMarionettenstaat des Ba Maw errichtet. DieBurma Independence Army (BIA) war eineparamilitärische Widerstandsorganisation, die im Laufe des Feldzuges gegen die britischen Truppen an der Seite der Japaner gekämpft hatte. Unter der japanischen Besatzung wurde sie nun alsBurma Defence Army (BDA) neu organisiert, ihr wurde der Status einer nationalen Armee zugewiesen. Die Verbände der BDA, die im August 1942 bis zu 18.000 Mann stark geworden war, standen unter dem Befehl derThirty Comrades, einerElite der birmesischen Widerstandsführer, die von den japanischen Truppen ausgebildet worden waren. Der wichtigste der Thirty Comrades warAung San, der den militärischen Befehl über die Truppen der BDA übernahm. Er verhandelte Anfang 1945 mit den Alliierten und wechselte daraufhin die Seiten.[102] Dennoch versuchten nach Kriegsende die Briten, ihre Kolonialherrschaft wiederherzustellen.
Bereits 1948 wurde Birma aber in die Unabhängigkeit entlassen. Seither haltenbewaffnete Konflikte in verschiedenen Landesteilen an, wo ethnische Minderheiten gegen das Militär gewaltsam für mehr Autonomie oder Unabhängigkeit kämpfen. Nach einer kurzen demokratischen Phase bis 1962 wurde Birma von verschiedenenMilitärregimen kontrolliert. GeneralNe Win war von 1962 bis 1974 als Vorsitzender des Revolutionsrates der Union Staatsoberhaupt, außerdem Premierminister; nach der Einführung einer neuen Verfassung wurde er von 1974 bis 1981 Präsident. GeneralSaw Maung putschte sich am 18. September 1988 mit der Unterstützung Ne Wins an die Macht, entmachtete den wenige Wochen vorher vom Parlament gewählten zivilen StaatspräsidentenMaung Maung und ließ am gleichen Tag dieDemonstrationen der Demokratiebewegung niederschlagen und somit die Militärherrschaft wiederherstellen. Seit April 2011[65] waren in Myanmar die Anfänge eines Demokratisierungsprozesses zu verzeichnen, die Macht des Militärs wurde zurückgedrängt. Im März 2016 wurdeHtin Kyaw, ein enger Vertrauter der bisherigen OppositionsführerinAung San Suu Kyi, zum neuen Präsidenten gewählt. Aung San Suu Kyi wurde in der Folge zur Außenministerin ernannt.[71] Im Hintergrund hat das Militär aber weiter großen Einfluss. Wer das harte Vorgehen der Armee gegen die muslimischeRohingya-Minderheit steuert, ist unklar. Die Vereinten Nationen verurteilten die Vertreibungen im September 2017 als systematisch und damit alsethnische Säuberung.[103]
Die US-Regierung hat am 17. August 2018 vier Befehlshaber der Streitkräfte und der Grenzpolizei von Myanmar mit Sanktionen belegt. Die drei Armeekommandeure Generalleutnant Aung Kyaw Zaw, Generalmajor Maung Maung Soe und Generaloberst Min Aung Hlaing sowie der Kommandeur der Grenzpolizei San Lwin seien für „ethnische Säuberungen, Massaker, sexuelle Attacken und außergerichtliche Tötungen“ verantwortlich, die sich gegen die muslimischenRohingya und andere Minderheiten richteten. Bereits am 26. Juni 2018 hatte auch derRat für Auswärtige Angelegenheiten derEuropäischen Union (EU) Sanktionen gegen sieben verantwortliche Generäle erlassen.[104]
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Verwaltungsgliederung
Myanmar gliedert sich in siebenStaaten, siebenRegionen und einUnionsterritorium. Die Landesteile, die überwiegend von der größten Volksgruppe Myanmars, denBamar, besiedelt sind, heißenRegionen (bis 2008Divisionen), die Bereiche, die überwiegend von Minderheiten bewohnt werden,Staaten. Das Unionsterritorium umgibt die Hauptstadt des Landes.
Die Minderheiten-Staaten bilden zum überwiegenden Teil die Außengrenzen Myanmars; im Uhrzeigersinn beginnend im Südwesten:
Von den siebenRegionen verfügen zwei über Außengrenzen auf dem Festland (eine davon liegt zusätzlich am Meer), von den übrigen fünf liegen zwei im Binnenland und drei am Meer:
Hauptstadt war bis November 2005Rangun, die größte Stadt des Landes. Ab Dezember 2005 wurden die Regierungsbehörden in eine neue Hauptstadt westlich der KleinstadtPyinmana verlegt, ungefähr 320 km nördlich von Rangun gelegen. Am 6. Februar 2006 war der Umzug sämtlicher Ministerien offiziell abgeschlossen. Die neue Hauptstadt bekam am 22. März 2006 den NamenNaypyidaw („Heimstatt der Könige“). Es wird behauptet, dass die Regierung die Hauptstadt vor allem aus Angst vor Aufständen in der Großstadt Rangun erbauen ließ. Mehr als zehn Jahre nach der Ernennung zur Hauptstadt Myanmars gleicht Naypyidaw in weiten Teilen immer noch einerGeisterstadt.[106]
TäglicherÖlverbrauch einiger Länder in Südostasien,Liter pro Tag/Einwohner
Mit einemBruttoinlandsprodukt von 1.527 USD (2020) pro Einwohner gehört Myanmar zu den ärmeren Ländern der Welt, wächst allerdings seit der wirtschaftlichen Öffnung des Landes schnell. 70 % der Beschäftigten arbeiten in derLandwirtschaft; in ihr werden 43 % desBIP erzeugt, während dieIndustrie 20 % und derDienstleistungssektor 37 % beitragen. Vor der Diktatur stand das Land wirtschaftlich sehr gut da und wurde auch „Kornkammer Südostasiens“ genannt, bekannt auch alsKupfer- undEdelsteinlieferant.
Durch die politische Öffnung Myanmars werden ausländische Firmen wieNissan[107] oderCoca-Cola[108] angezogen. Zuvor war Myanmar stark isoliert.
Myanmar kämpfte lange Zeit mit einer starkenInflation; die einheimische WährungKyat verlor im Zeitraum von 1990 bis 2001 durchschnittlich 34,6 % pro Jahr an Wert; in den Jahren 2002/03 beschleunigte sich die Inflationsrate auf durchschnittlich 46,9 %. Durch die wirtschaftliche Öffnung des Landes durch die Regierung konnte die Inflation drastisch gesenkt werden. Im Jahr 2009 betrug sie nur circa 1,5 %, für 2010 wuchs sie jedoch erneut auf 9,6 % an. 2014 betrug die Inflation etwa 5,9 %, im Jahr 2015 etwa 11,5 %.[2] Der inoffizielle Wechselkurs zum US-Dollar spiegelt dies eindrücklich wider: Bis 2007 stieg der Preis für 1 US-Dollar auf 1.300 Kyat, während er 2010 im Mittel unter 1000 Kyat sank. Ende Juli 2011 lag er gar bei 785 Kyat/US-Dollar.[110]
Ein großes Problem des Staates ist der hohe Grad anKorruption. Ein anderes großes Problem sind die exorbitanten Ausgaben für Militär, Polizei und Geheimdienste, die seit Jahren über 50 % des Staatsbudgets ausmachen.
Steigende Lebensmittel- und Treibstoffpreise und die Willkürherrschaft des Regimes sorgen bei den Einwohnern für große Unzufriedenheit, die sich zumeist hinter vorgehaltener Hand, aber auch öffentlich äußert. Stromausfälle sind recht häufig.[111]
DieHandelsbilanz war für das Jahr 2010 mitImporten im Wert von 4,532 Milliarden US$ undExporten im Wert von 7,841 Milliarden Euro stark positiv. Beide Werte sind tatsächlich weitaus höher, da über die Grenzen zu Thailand, China, Indien und Bangladesch im großen Stil geschmuggelt wird. Wichtigste Exportgüter sindErdgas sowie land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, während die Importe zu einem großen Teil aus Konsumgütern, Halbfertigwaren und Investitionsgütern bestehen. Aus dem Land geschmuggelt werden vor allem Drogen, Edelsteine, Holz und Reis, während ins Land vornehmlich Konsumgüter und Treibstoff gelangen. Eine ganze Reihe europäischer und amerikanischer Firmen haben sich wegen zu schlechter wirtschaftlicher Aussichten, wegen übertriebener Bürokratie oder der Menschenrechtslage aus Myanmar wieder zurückgezogen; dagegen expandieren besonders Firmen ausJapan,Korea,Singapur undChina im Land.
Fast die Hälfte der Exporte geht nach Thailand (46,6 %); nächstkleinere Handelspartner sind Indien (12,9 %), China (9 %) und Japan (5,6 %). Größte Importländer dagegen sind China (33,1 %), Thailand (26,3 %) und Singapur (15,2 %). Der größte Importeur myanmarischer Waren in Europa istDeutschland (Stand 2006: 102 Millionen Euro). Der Export nach Birma lag bei 32 Millionen Euro, was nach Meinung des Auswärtigen Amtes mit den schlechten wirtschaftlichen und politischen Bedingungen im Land zusammenhängt. DerOstasiatische Verein, eine deutsche Unternehmerorganisation, ist seit 1997 in Rangun vertreten und plant eine Steigerung der unternehmerischen Aktivitäten.[113]
Myanmar dient China als Transferroute für den Erdöl- und Erdgastransport aus demNahen undMittleren Osten sowie als Lieferant von Strom. Dabei besitzt das Land eine gehobene Relevanz für die chinesische Energiesicherheit, da über den Landweg die verwundbareMalakka-Straße zumindest zu einem Teil umgangen werden kann. Allein seit März 2010 wurden Investitionen der Volksrepublik China von knapp 8,2 Mrd. US-$ beschlossen, wovon rund 3,6 Mrd. US-$ auf den Bau desMyitsone-Wasserkraftprojekts imKachin-Staat entfallen. Letzterer wurde 2011 unilateral von der Regierung Myanmars ausgesetzt, was zu einer deutlichen Abkühlung der bilateralen Beziehungen führte.
In der Bevölkerung Myanmars wird das chinesische Engagement als bedrohlich und ausbeuterisch angesehen. Es kursieren Berichte überAusbeutung,Enteignungen, Zerstörung der lokalenInfrastruktur sowie Missachtung desUmweltschutzes,[114] so dass in vielen Gegenden des Landes eine anti-chinesische Stimmung herrscht.[115] Viele der reichsten Unternehmer in Myanmar sind chinesischer Abstammung, was bei den einheimischen Unternehmern auf Missfallen stößt.[116]
An der Grenze zu Laos und Thailand hat Myanmar Anteil am sogenanntenGoldenen Dreieck, in demSchlafmohn angebaut wird, um aus ihmOpium zurHeroinproduktion zu gewinnen. Die Bedeutung Myanmars als Lieferant für den weltweiten Heroinmarkt ist zuletzt (2010) durch große Ernteausfälle und den dadurch bedingten Rückgang der Drogenproduktion inAfghanistan und eine Vergrößerung der Anbauflächen wieder gestiegen.[117] Myanmar nimmt in der Welt eine Spitzenposition bei der Produktion vonAmphetaminen ein, die auf chemischem Weg leichter, billiger und von der Witterung unabhängiger als Mohn produziert werden können. Sie werden in schwer auffindbaren Dschungel-Fabriken tonnenweise hergestellt und vor allem über Thailand und China in die ganze Welt exportiert. Teilweise sollen die Regierungsvertreter daran mitverdienen, indem mit den involvierten aufständischen Ethnien Waffenstillstände gegen Beteiligungen an den Einnahmen aus demDrogenhandel ausgehandelt wurden.
Im März 2011 kam es im Grenzgebiet zu Thailand zu einem schweren Erdbeben (→ Erdbeben in Myanmar 2011). Das Militär hinderte ausländische Hilfskräfte daran, bis an den Ort des Epizentrums zu gelangen, was offensichtlich deswegen geschah, um Ausländern keinen Einblick in die Drogengeschäfte der Armee zu gewähren. Viele Bauern werden zum Opium-Anbau gezwungen. Es gibt andere Gegenden, in denen nicht das Militär das Sagen hat, sondern einzelne Rebellengruppen. Dort kontrollieren diese den Drogenanbau.[118]
Wildereiwirtschaft
Auf Wildtiermärkten in Myanmar wird mit Elfenbein-, Nashorn- und Tigerprodukten gehandelt. Myanmar ist Transit- und Herkunftsland illegalerWildereiprodukte bedrohter Tierarten.[119]
Illegale Arbeit
Illegale Arbeit im benachbarten Thailand ist eine weitere inoffizielle Einkommensquelle. Insbesondere finden Menschen aus Myanmar im Grenzgebiet zu Thailand niedrig entlohnte Arbeit.
DerStaatshaushalt umfasste 2015 Ausgaben von umgerechnet 4,47 Mrd.US-Dollar, dem standen Einnahmen von umgerechnet 2,68 Mrd. US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt sich einHaushaltsdefizit in Höhe von 2,7 % desBIP. Für dasGesundheitssystem gab der Staat 2,3 % des BIP aus (2014).[2]
DieStaatsverschuldung betrug 2016 23,7 Mrd. US-Dollar und damit noch 35,8 % des BIP. Gegenüber dem Jahr 2004 (63,2 %) konnte sie damit stark abgebaut werden.[120][121]
2020 betrug der Anteil der Staatsausgaben (in % des BIP) folgender Bereiche:[122]
LautWeltbank verfügte im Jahr 2018 nur jeder dritte Einwohner Myanmars über einen Stromanschluss.[54]
Dieinstallierte Leistung der Kraftwerke in Myanmar lag im Jahre 2010 bei 3045MW[123] und 2013 bei 3735 MW, davon entfielen aufWasserkraftwerke 2780 MW (74 %).[124] Es gibt Schätzungen, dass das Wasserkraftpotential der vier größten Flüsse in Myanmar –Irrawaddy,Thanlwin,Chindwin undSittaung – bei 100.000 MW liegt.[124] Die Regierung Myanmars hat daher ehrgeizige Pläne, dieses Potential auch auszuschöpfen. Allerdings ist der aktuelle Status bei verschiedenen Projekten unklar, wie z. B. bei derMyitsone-Talsperre oder derTasang-Talsperre.[125]
In Myanmar werden hochwertigeJade und Edelsteine gefördert. Berühmt sind die Taubenblut-Rubine aus den Minen in der Nähe der StadtMogok. Dort kommen auchSpinell,Saphir und einige andere Minerale und Edelsteine in hervorragender Qualität vor. Einzigartig ist das Vorkommen vonPainit.Gold wird ebenfalls gewaschen, wobei eine beträchtliche Menge davon von Pilgern in Form von hauchdünnen Blättchen auf Zedis (Stupas),Buddha-Statuen und denGoldenen Felsen geklebt wird.
Zudem fördert Myanmar täglich etwa 20.000 Barrel Erdöl (Stand 2014) sowie jährlich 13,1 Milliarden Kubikmeter Erdgas (2013). 25.000 Barrel Erdölprodukte wurden täglich verbraucht (2013) und rund 8.500 Barrel Erdölprodukte täglich importiert (2012).[2] Die Ausbeutung und Weiterverarbeitung wird einerseits von der staatlichen Ölgesellschaft MOGE (Myanmar Oil and Gas Enterprise) vorgenommen und andererseits von ausländischen Ölkonzernen wie den französischen KonzernenTotal undElf sowieTexaco,Unocal,Amoco,British Premier of UK,Nippon Oil. Total baut mit Unocal eine Gaspipeline von Myanmar nach Thailand. Zwei Milliarden Dollar sollen dafür veranschlagt sein.[126]
In den zwei Jahren seit dem Putsch der Junta im Februar 2021 sollen einige der weltgrößten Öl- und Gasdienstleistungsunternehmen weiterhin Millionen von Dollar mit Geschäften verdient haben, die das Militärregime stützten. Dies hätten Steuerunterlagen ergeben, die derGuardian einsehen konnte. Nach Angaben desSonderberichterstatters der Vereinten Nationen für Myanmar begehe das Regime täglich Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.[127]
Myanmar bietet ein großes Angebot an Sehenswürdigkeiten. DerShwedagon-Stupa in der früheren Hauptstadt Rangun ist der größte und vermutlich wertvollsteStupa der Welt. Er ist vom Sockel bis zur Turmspitze mit Gold bedeckt.
Weitere Hauptattraktionen des Landes sind die weitläufigen Anlagen der alten HauptstadtBagan imDistrikt Nyaung U mit über 2000 Sakralbauten aus vier Jahrhunderten, derGoldene Fels bei Kyaikto imMon-Staat, derInle-See mit den schwimmenden Gärten, die StadtMandalay als kulturelles Zentrum mit vielen Sehenswürdigkeiten auch in ihrer Umgebung. Eine davon ist die zweitschwerste freihängende läutbare Glocke der Welt, dieMingun-Glocke. Sie wurde 1808 auf Veranlassung KönigBodawpayas angefertigt. Der im Westen gelegeneRakhaing-Staat besitzt den Strand von Ngapali, der für Urlauber eines der beliebtesten Reiseziele ist.
BekamenTouristen früher nurVisa für maximal eine Woche, so öffnete sich das Land vor einigen Jahren aus wirtschaftlichem Druck und wirbt zunehmend für denDevisen bringenden Tourismus. Dafür wurden Flughäfen und Straßen mithilfe vonZwangsarbeitern ausgebaut. VieleMenschenrechtsorganisationen und tourismuskritische Vereinigungen (beispielsweiseTourism Concern) riefen Touristen jedoch lange zum Boykott des Landes auf, da diese ihrer Ansicht nach durch Reisen nach Myanmar das Militärregime unterstützten und ihre Devisen nicht bei der Bevölkerung ankämen. Andere regierungsunabhängige Institutionen in Myanmar dagegen warnen vor einem Boykott, da viele Arbeitsplätze z. B. bei Hotels, Airlines, Restaurants und Souvenirgeschäften vom Tourismus abhängen. Auch sind Touristen eine wichtige Quelle unabhängiger Informationen, die sonst kaum den Weg in und aus dem Land finden.
In den vergangenen Jahren verzeichnete das Land einen starken Zuwachs der Besucherzahlen. In den Jahren 2007 und 2008 besuchten insgesamt 220.000 Touristen Myanmar, 2012 waren es bereits eine Million, 2013 zwei Millionen und im Jahr 2014 über drei Millionen Reisende. Für das Jahr 2015 hatten sich die Tourismusverantwortlichen das Ziel von fünf Millionen Besuchern gesetzt.[128] Dieser Wert wurde mit 4,7 Millionen annähernd erreicht.[129] 2019 waren es 4,4 Millionen Touristen.[130]
Die FirmaAsia World ist der größte Konzern in Myanmar. Er ist in den Bereichen Infrastruktur, Energie, Bau und Transport sowie Import und Export aktiv. Außerdem gehört ihm eine Kette von Supermärkten. Ungefähr die Hälfte aller Investitionen in Myanmar stammen aus Unternehmen, die zu diesem Konzern gehören. Asia World erhielt den Zuschlag bei vielen sino-burmesischen Großprojekten im Land (Tiefseehafen inKyaukpyu, Erdölpipeline, Dammprojekte).
Asia World gehörtHtun Myint Naing, besser bekannt unter dem Namen Steven Law, der aus der Familie eines Drogenbarons stammt und als reichster Mann Myanmars gilt.[116] Steven Law steht, neben verschiedenen anderen, dem Militär nahestehenden Personen, seit 2008 unter US-amerikanischen Sanktionen. Im Mai 2016 wurden die US-Sanktionen gegen Steven Law verschärft.[131]
Der Ursprung des fast ausschließlich in derMeterspur errichteten Eisenbahnnetzes geht auf die britische Kolonialzeit zurück. Die erste Eisenbahnlinie wurde 1869 zwischen Rangun und dem nordwestlich gelegenenLetpadan eröffnet. 1889 folgte die Linie von Rangun nachMandalay, die später noch weiter nordwärts bisMyitkyina verlängert wurde.[132] Im Zweiten Weltkrieg ließen die Japaner von Kriegsgefangenen die sogenannteTodeseisenbahn vonThanbyuzayat nach Thailand errichten. Diese Strecke erlangte durch den FilmDie Brücke am Kwai große Berühmtheit. Sie wurde aber bereits kurz nach Ende des Krieges demontiert. Heute hat das Streckennetz eine Länge von 5031 km (Stand 2008).[2] Grenzüberschreitende Linien existieren nicht. Rückgrat des Netzes ist die vonMawlamyaing über Rangun und Mandalay nach Myitkyina verlaufende Nord-Süd-Strecke. Innerhalb dieser Strecke kommt dem 622 km langen Abschnitt zwischen Rangun und Mandalay eine besondere Bedeutung zu, die sich unter anderem in seinem teilweise zweigleisigen Ausbau und dem Einsatz moderner und auch nach westlichen Gesichtspunkten komfortabler Expresszüge ausdrückt. Von der Nord-Süd-Strecke führen Stichstrecken unter anderem nachLashio,Shwenyaung,Bagan undPyay.
Fehlende Investitionen haben zum Verschleiß der Strecken geführt, so dass diese sich heute weitgehend in einem schlechten Zustand befinden. Der Verkehr wird von der staatlichen GesellschaftMyanma Railways mit Diesellokomotiven abgewickelt. Dampflokomotiven wurden außerordentlich lange, bis etwa 2005 in großer Zahl eingesetzt. Die eingesetzten Züge erreichen oftmals nur Reisegeschwindigkeiten von 30 km/h oder weniger. Selbst die zwischen Rangun und Mandalay verkehrenden Expresszüge benötigen für die 622 km etwa 16 Stunden. Fahrpläne existieren zwar, sie sind aber für den täglichen Betriebsablauf kaum von Bedeutung, da Verspätungen von bis zu mehreren Stunden aufgrund des mangelhaften Streckenzustandes und wegen Unfällen an der Tagesordnung sind. Ebenso kommen aber auch Abfahrten mehrere Stunden vor dem Plan vor. Bei großen Verspätungen lässt die Bahngesellschaft auch schon einmal Züge ausfallen, um die Wagen- und Lokumläufe wieder zu ordnen. Angesichts einer Netzlänge von fast 4000 km ist die Zahl der täglich eingesetzten Zugpaare mit etwa 100 vergleichsweise gering.
Myanma Railways hat seit 1988 folgende wichtige Strecken gebaut:
Der Straßenverkehr hat sich in Myanmar zum wichtigsten Verkehrsträger entwickelt. Das Straßennetz ist insgesamt 34.377 km lang (Stand 2010), davon sind 358 km Autobahnen.[2] In Myanmar herrscht seit 1970 Rechtsverkehr. Nur ein geringer Anteil des Straßennetzes ist asphaltiert. Der Straßenverkehr wird oft durch die schwierigen klimatischen Verhältnisse behindert. Während der Regenzeit werden zahlreiche Straßen unterspült, in der Trockenzeit weicht die Hitze den Asphalt auf.
Myanmar verfügt derzeit über zwei internationale und 16 lokale Flughäfen, die von nationalen Fluggesellschaften bedient werden.[136] Der größte Flughafen ist derInternationale Flughafen Rangun. Auch die Stadt Mandalay besitzt eineninternationalen Flughafen. Aufgrund des desolaten Straßennetzes und der Größe des Landes ist das Flugzeug das mit Abstand schnellste Verkehrsmittel im Land. Der Sicherheits- und Qualitätsstandard wird teilweise jedoch als rückständig beschrieben. 2011 wurde ein Kooperationsvertrag mit der deutschenFritz Werner Werkzeugmaschinen AG geschlossen, einige der wichtigsten Flug- und Seehäfen auszubauen bzw. zu modernisieren.[137]
Myanmar verfügt über eine gemessen an der Größe des Landes relativ hohe Anzahl von Fluggesellschaften. Insbesondere seit dem Ende der reinen Militärdiktatur 2010 gab es viele private Neugründungen.
Mit Stand Juni 2015 betreiben folgende myanmarische Airlines Linien- und Charterflüge:
Ziele außerhalb Myanmars werden aktuell nur von Myanmar Airways International angeflogen, die anderen Gesellschaften bedienen die über dreißig Flugziele innerhalb Myanmars.
Die reiche Kultur Myanmars ist von buddhistischen Traditionen ebenso wie von ethnischer Vielfalt und seit dem 19. Jahrhundert von kolonialen Einflüssen geprägt.
Die frühesten schriftlichen Zeugnisse der burmesischen Sprache sind Steininschriften, die älteste stammt aus dem Jahr 1113. Die klassische Literatur in burmesischer Sprache ist vomTheravada-Buddhismus geprägt, der seit dem 11. Jahrhundert Staatsreligion des ersten burmesischen Reichs war. Zentren der Gelehrsamkeit waren die Klöster. Dort wurden seit dem 12. Jahrhundert viele Texte aus dem indoarischenPali, der südindisch-ceylonesischen Form desPrakrit, ins Burmesische übersetzt, wozu vor allemJatakas über das vorgeburtliche Leben Buddhas gehörten. Diese frühen anonymen Übersetzungen und burmesischen Texte, die in Palmblätter geritzt oder mitSpecksteinstift auf Papier geschrieben wurden, waren anders als die Pali-Texte zunächst nur in Prosa verfasst. Die Sprache zeigt daher noch das Ringen um den sprachliche Ausdruck, aber wenig persönliche Anteilnahme. Das Pali behielt daher eine gewisse Bedeutung in der formgebundenen religiösen und höfischen Literatur. Daneben wurde längere Zeit das ältere, aber mit dem Burmesischen verwandtePyu verwendet.[138]
Daspwe-Theater behandelte die religiösen Themen in verschiedenen Formen, wobei der fromme Zuhörer zum Mitererlebenden der Erlösung wird. Als Marionettentheater überlebte daspwe bis ins 20. Jahrhundert, hat aber heute nur noch touristische Bedeutung.[139]
Rama (burmesisch: Yama) und Sita (Me Thida) im NationaleposYama Zatdaw
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts verfassteShin Aggathammadi moralische Lehrgedichte(gyo) – der Buddhismus verbietet seinen Anhängern die Beschäftigung mit Literatur um ihrer selbst willen. Erstmals schrieb er aber Verse in burmesischer Sprache. Auch die religiösen Werke vonShin Mahasilavamsa stammen aus dieser Zeit. Auf den Jatakas basierten auch religiöse Epen(pyo), so auch zum Teil das NationaleposYama Zatdaw, eine burmesisch-buddhistische Version desRamayana. Seit dem 15. Jahrhundert nahm die Bedeutung der weltlichen Literatur zu, das Burmesische wurde zur Nationalsprache und die Reimdichtung entwickelt sich und musste sich von den indischen Versformen emanzipieren, die sich angesichts der gänzlich andersartigen Sprachstruktur des Burmesischen als „Prokrustesbett“ erwiesen. So entwickelten sich über 50 Gedichtformen, darunter dasyadu, ein lyrisches Gedicht mit festem Reimschem, das die Natur oder die Liebe zum Thema hat, jedoch stets sinnbildhaften oder magischen Charakter trägt.[140]
Seit dem 16. Jahrhundert stieg trotz der kriegerischen Konflikte zwischen beiden Staaten zeitweise der Einfluss derThai-Literatur und des Thai-Theaters. Unter derKonbaung-Dynastie im 18. und 19. Jahrhundert blühte die höfische Dichtung, in der die regierenden Fürsten in Preisgedichten verherrlicht wurden, immer mit der Einschränkung, dass Macht und Prunk als moralisch verwerflich galten. Auch wurden historische Texte in derGlaspalast-Chronik(hmanman yasazwindawgyi) 1829–32 aus früheren Quellen zusammengestellt. Demgegenüber trat die Prosaliteratur in den Hintergrund, obwohl das mündliche Erzählen eine große Kunstfertigkeit erreichte. Das von Europa beeinflusste Theater, insbesondere die Dramen von U Ku, wurde in den 1870er Jahren populär.
Unter der britischen Kolonialherrschaft (1885–1948) entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts neue Genres wie Romane, Fortsetzungsromane in Zeitschriften, Novellen und Kurzgeschichten. Ein Grund für das späte Aufkommen der Romanliteratur war die kritische Haltung des buddhistischen Klerus zur profanen Literatur allgemein und die damit verbundene Einschränkung der geistigen Freiheit.[141]James Hla Kyaw (1866–1919) schrieb den ersten burmesischen RomanMeinma Thamee (1914).Theippan Maung Wa (1899–1942) begründete die burmesische Kurzgeschichte. In den 1930 Jahren verbreiteten sich Zeitungen und Zeitschriften wieGanda Lawka, in denen sozialkritische Themen aufgegriffen und eine egalitäre Gesellschaft gefordert wurden. 1937 wurde der BuchclubNaga gegründet, der sozialistische Literatur publizierte.
Thakin Kodaw Hmaing
Als größter burmesischer Schriftsteller und Dichter gilt der nationalistische FührerThakin Kodaw Hmaing (1876–1964), der die klassische buddhistische Literatur gut kannte und selbst noch in Pali schrieb. Mit neun Jahren erlebte er die Absetzung des burmesischen Königspaares durch die Engländer, was ihn sein Leben lang prägte. Mit seiner kunstvollen Poesie und mit geistreichen Satiren in Form gelehrter religiöser Kommentare („Über Pfauen“, „Über Hunde“, „Über den roten Drachen“) polemisierte er 30 Jahre lang gegen die Kolonialherrschaft. Auch der MarxistThein Pe Myint (1914–1978) kritisierte in seinen Werken sowohl die Kolonialherrschaft als auch das Mönchtum. Als einer der wenigen nationalistischen Aktivisten weigerte er sich, in den 1940er Jahren mit den japanischen Okkupanten zusammenzuarbeiten.
Nach dem Ender der britischen Kolonialherrschaft dominierte ein sozialrealistisch-gesellschaftskritischer Stil, der sich an die Umgangssprache anpasste. Die Autoren waren stets von der Zensur bedroht, bis unter der Militärherrschaft seit 1962 regimekritische Werke ganz verboten wurden und der Stil desSozialistischen Realismus gefördert wurde.[142] Viele Autoren gingen ins Exil oder benutzten einen verschleiernd-metaphorischen Stil. InLetters from Birma (1997) entwarfAung San Suu Kyi ein Bild der Gesellschaft und Kultur dieser Zeit und skizziert ihre politischen Vorstellungen. Mit den Demokratisierungstendenzen ab 2011 wurden auch ethnische Konflikte, Menschenrechtsfragen und die Militärherrschaft thematisiert. Im Ausland bekannt wurden in jüngerer Zeit vor allem engagierte Autorinnen aus Myanmar:Zwe Thandar Aung ist eine feministische Autorin,Nu Nu Yi (* 1967) porträtiert das Leben von Unterprivilegierten und von LGBTQs in buddhistischen Pilgerstätten.Ma Thida (* 1966) schreibt politische Bücher und berichtet über ihre Haftzeit. Der drückenden Zensur entgehen junge Autoren vor allem dadurch, dass sie digital veröffentlichen.
In jüngster Zeit werden Volkserzählungen auch der Minderheiten gesammelt, wobei die sprachliche Vielfalt ein Problem darstellt. Viele Werke werden nicht ins Burmesische übersetzt.[143] Um kulturelle Eigenständigkeit bemühen sich insbesondere die im Norden an der Grenze zu China lebendenKachin, deren Untergruppen Bücher in mehreren Sprachen veröffentlichen, u. a. inJinghpaw (Jingpo), das in Myanmar von etwa einer Million Menschen gesprochen wird, sowie in Zaiwa und Rawang. Wegen ihrer Autonomiebestrebungen gerieten sie immer wieder in bewaffnete Konflikte mit dem burmesischen Staat.[144] DieMon im Südosten des Landes verfügen über eine reiche Volksliteratur sowie über mittelalterliche Chroniken. Ihre Schrift wurde zur Grundlage der burmesischen Schrift.
Zu einemhsaing waing-Orchester gehörende Musikinstrumente in der hinteren Reihe von links: waagrechte Fasstrommelpa’má, Kegeloboehne, Trommelkreishsaing waing, hängender Gongmoung, Buckelgongkreiskyi waing. Zur Kammermusik gehörende Instrumente: in der mittleren Reihe dreisaitige Fiedeltayaw,Paarbecken, Bambusschlaggabelwalet-hkok, Bambusflötepalwei, Handzimbelnsi, Messingplattekyizi,Krokodilzithermí-gyaùng, vorne Bambusxylophonpattala, Bogenharfesaung gauk. Aquarell eines unbekannten Malers von 1897.
Die klassische burmesische Musik unterscheidet sich trotz der frühen Einflüsse aus Indien und China und ab dem 18. Jahrhundert aus Thailand in Melodie und Rhythmus deutlich von der Musik der Nachbarländer. Zu den ersten Instrumenten, die mit der Ausbreitung des Buddhismus im 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. aus Indien kamen, gehörtenvina genannte Stabzithern und Bogenharfen. Die alte Bogenharfesaung gauk hat als einzige dieser einst über Asien verbreiteten Instrumentengattung in Myanmar überlebt und genießt bis heute als Nationalinstrument höchste Wertschätzung. Diesaung gauk ist ein Instrument für die Gesangsbegleitung in der feinen höfischen Kammermusik in geschlossenen Räumen, deren Tradition in der LiedsammlungMahagita zusammengefasst ist. Ein großer Teil dieser Sammlung von etwa 500 heute bekannten Liedern geht aufMyawaddy Mingyi U Sa (1766–1853), den bedeutendsten Komponisten undsaung-gauk-Spieler derKonbaung-Zeit zurück. Zur Kammermusik zählen auch kleine Instrumentalensembles, in denen außerdem das Bambusxylophonpatala (verwandt mit dem thailändischenranat und dem kambodschanischenroneat), die Längsflötepalwei und dasHackbrettdon-mìn eingesetzt werden.
Die klassische laute Musik für draußen, für Festveranstaltungen, Tänze und Geisteranbetungsrituale(Nat Pwe) bieten diehsaing-waing-Ensembles. Sie bestehen aus dem namensgebenden Melodieinstrument, einem Kreis von 21 gestimmten Trommeln; einem Kreis mit 21 Buckelgongs (kyi waing oderkyi naung); ein weiteresGongspiel(maung zaing), ebenfalls in einem Holzgestell; der Kegeloboehne (abgeleitet von persischsurnai) und diverse Trommeln als Rhythmusinstrumente. Bei zwei weiteren, in ländlichen Regionen bei Festen und religiösen Prozessionen gespielten Ensembles stehen große Trommeln im Vordergrund: das Ensemble der bis zu drei Meter langen Bechertrommelozi und der Fasstrommeldhopat. Beide Gruppen verwenden außerdem Buckelgongs,Paarbecken und Bambusklappern.
Die verschiedenen Volksgruppen haben eigene Instrumente und eine eigene traditionelle Musik. DieMon verwenden ein aus alter Zeit stammendes Zupfinstrument, die dreisaitige Stabzithermí-gyaùng saung, die sich von hier weiter in Südostasien verbreitet hat. Nach dem Aussehen wird sieKrokodilzither genannt.
Als erstes westliches Musikinstrument wurde Ende des 19. Jahrhunderts das Klavier (burmesischsandaya) eingeführt, bis 1920 hatte es zu einem großen Teil die Liedbegleitung von dersaung gauk übernommen. Ähnlich erfolgreich war die Violine(tayaw), später kam dieHawaii-Gitarre hinzu. Alle musikalischen Übernahmen aus dem Ausland, ob es sich um Melodien, Tonskalen (diepentatonische Stimmung stammt aus Thailand) oder Instrumente handelte, wurden grundsätzlich den einheimischen Hörgewohnheiten angeglichen und trugen zur Erweiterung der eigenen Musik bei.
Westliche klassische Musik konnte sich nicht durchsetzen. Einer Rückbesinnung auf die eigene Tradition seit Beginn der nationalen Unabhängigkeitsbewegung in den 1920er Jahren steht die Begeisterung für westliche Popmusik bei der jüngeren Generation gegenüber. Deren weit verbreitete, lautstarke und teilweise auch gelungene Nachahmung mit auf Burmesisch verfassten bzw. übersetzten Texten lässt sich als Ausdruck eines Freiheitswillens verstehen. Die Popmusik wird von der Regierung politisch kritisiert und von der älteren Generation moralisch verurteilt.
Seit 1993 findet das staatlich finanzierteSokayeti-Festival der darstellenden Künste jährlich im Oktober/November statt. In zweieinhalb Wochen werden Wettbewerbe in den Sparten Gesang, Instrumentalmusik, Gesangskomposition, Tanz und Marionettentheateryoke thé durchgeführt.[145] Seit 2007 findet die Veranstaltung nicht mehr wie zuvor in Yangoon, sondern am neuen Regierungssitz in Naypyidaw statt.[146]
Das größte und wichtigste Fest in Burma ist das burmesische NeujahrsfestThingyan, das dem thailändischenSongkran entspricht. Im Volksmund auch als Wasserfest bezeichnet, wird es an drei hintereinanderfolgenden Tagen im April – dem heißesten Monat – mit viel Wasser gefeiert. Mit Wasserpistolen, Wassereimern und sonstigen mit Wasser gefüllten Behältern ziehen die Burmesen auf Ladeflächen von LKW oder zu Fuß durch die Stadt und machen jeden nass. Es gibt auch Umzüge, bei denen zu kräftigen Rhythmen getanzt wird.[147]Im Jahr 2024 wurde „Myanmars traditionelles Neujahrsfest Atā Thingyan“ von derUNESCO in dieRepräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.[148]
Das farbenfrohePhaungdaw U-Fest wird zu Ehren Buddhas im Herbst auf demInle-See gefeiert. Dabei wird eine Buddha-Statue auf einer geschmückten Barke über den See gefahren.
Die Festivaldaten sind häufig vom Mondkalender bestimmt und ändern sich daher von Jahr zu Jahr.
Thant Myint-U:The Hidden History of Burma: Race, Capitalism, and the Crisis of Democracy in the 21st Century. W. W. Norton & Company, New York 2019,ISBN 978-1-324-00329-8 (englisch).
Michael Aung-Thwin, Maitrii Aung-Thwin:A History of Myanmar Since Ancient Times – Traditions and Transformations. 2. Auflage. Reaktion Books, London 2013,ISBN 978-1-78023-172-3 (englisch).
Ute Köster, Phuong Le Trong, Christina Grein (Hrsg.):Handbuch Myanmar. Gesellschaft – Politik – Wirtschaft – Kultur – Entwicklung. Horlemann, Angermünde 2014,ISBN 978-3-89502-361-3.
Hans-Bernd Zöllner:Konflikt der Welt-Anschauungen: Die „Zwei Birmas“ seit Beginn der Kolonialzeit. regiospectra, Berlin 2011,ISBN 978-3-940132-30-7.
↑Origins and Destinations of the World’s Migrants, 1990–2017. In:Pew Research Center’s Global Attitudes Project. 28. Februar 2018 (pewglobal.org [abgerufen am 30. September 2018]).
↑Duden online:Myanmar. Hinweis: Die dort eingebundene Audio-Datei gibt nicht genau die angegebene Lautschrift [ˈmi̯anmaːɐ̯] wieder. Die Sprecherin spricht am Ende einfach ein langes a, als ob der letzte Buchstaber nicht vorhanden wäre: [ˈmi̯anmaː]. Diese Art der Aussprache ist im Deutschen ebenfalls unüblich, genauso wie die Betonung auf dem ersten a.
↑Vgl.How to Say: Myanmar: In diesem Beitrag der BBC werden zunächst vier verschiedene englische Aussprachen aus diversen Aussprache-Wörterbüchern zitiert. Anschließend wird als Empfehlung der BBC eine andere, fünfte Aussprache angegeben.
↑Beispielhaftes Suchergebnis im Archiv von Spiegel Online: Die Suche in Texten ab 2005 ergab am 16. August 2022 fürBurma 1517 Treffer, fürBirma 238 Treffer, fürMyanmar 1082 Treffer.
↑Tonya L. Cook, Patricia J. Shannon, Gregory A. Vinson, James P. Letts, Ehtaw Dwee:War trauma and torture experiences reported during public health screening of newly resettled Karen refugees: a qualitative study. In:BMC International Health and Human Rights.Band15,S.8,doi:10.1186/s12914-015-0046-y,PMID 25881236,PMC 4414007 (freier Volltext) – (englisch).
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