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Most recent common ancestor

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Most Recent Common Ancestor oderLast Common Ancestor (englisch fürletzter gemeinsamer Vorfahr oder auchjüngster gemeinsamer Vorfahr), abgekürztMRCA oderLCA bzw.LGV, ist ein Fachausdruck aus den Biowissenschaften, der im Zusammenhang mit der Erforschung der Verwandtschaftsbeziehungen von Individuen oderTaxa gebraucht wird.

Phylogenetik

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Zwei in ihrer Aussage identische Beispielkladogramme: Die terminalen Taxa A und B haben einen MRCA, die aus A und B bestehendeKlade und Taxon C ebenfalls. A und C sowie B und C alleine haben in dieser Drei-Taxon-Beziehung hingegen keinen MRCA.
Vereinfachtes Kladogramm der gesamten Organismenwelt („Tree of Life“) mit Kennzeichnung der phylogenetischen Position von ‚LUCA‘ und ‚LECA‘.

In derkladistisch geprägtenPhylogenetik bezieht sichMost Recent Common Ancestor auf den letzten gemeinsamen Vorfahr von zweiSchwestergruppen (Adelphotaxa).Vorfahr steht hier nichtim Wortsinn für ein Individuum, sondern für ein hypothetischesTaxon imArtrang, die sogenannteStammart *. In einemKladogramm entspricht eine Stammart dem Punkt, meistKnoten genannt, in dem sich eine Stammlinie (Entwicklungslinie) durch einArtbildungs­ereignis in zwei Schwesterlinien aufteilt (dichotome Verzweigung  **). Ein Taxon, dessen Untertaxa sich alle auf einen MRCA zurückführen lassen, istmonophyletisch bzw. bildet eineKlade. In der kladistisch geprägten, modernen biologischen Systematik werden prinzipiell nur solche Taxa als gültig anerkannt. Ein Taxon, dessen Untertaxa hingegenkeinen MRCA haben, istpara- oderpolyphyletisch. Spezialfälle des MRCA im kladistischen Sinn sind derlast universal common ancestor (Urvorfahr, wörtlich:letzter universeller gemeinsamer Vorfahr), abgekürztLUCA, und derLast eukaryotic common ancestor[1] (wörtlich:letztereukaryotischer gemeinsamer Vorfahr), abgekürzt LECA. LUCA ist die Stammartaller heutigen Lebewesen (Prokaryoten,Protisten,Pilze,Pflanzen undTiere), sowie wahrscheinlich aller ausgestorbenen mehrzelligen Organismen. Er war eine primitiveMikroben­art, denBakterien oder einer noch ursprünglichen Form von Leben (vgl.Ribozyt) zugehörig, und die ersten beiden aus ihm hervorgegangenen Arten waren ebenfalls Mikroben. LECA ist hingegen die evolutionsgeschichtlich deutlich jüngere Stammart aller Organismen mit komplexen Zellen, die einen „echten“Zellkern, umrandet von einem Zellkernmembran besitzen, das heißt, er steht an der Basis jenes Teils des „Baums des Lebens“, der keine Prokaryoten enthält.

3D-Struktur des rekonstruierten SehpigmentesRhodopsin des MRCA der Amnioten (Amniota), der Säugetiere (Mammalia) und derHöheren Säuger (Theria)

Kladogramme sind die übliche Darstellungsform der Ergebnisse einer kladistischen Verwandtschaftsanalyse, die heute in der Regel mit Hilfe eines speziell dafür entwickeltenComputerprogrammes durchgeführt wird. Die dafür nötige Datenbasis kann sowohl durch die Erfassungmorphologischer Merkmale und deren Merkmalszuständen als auch durch die Untersuchung des Erbgutes (meist einzelne, ausgewählte Gene oder DNA-Sequenzen dernuklearen odermitochondrialen DNA) exemplarischer Vertreter jener Arten gewonnen werden, deren Verwandtschaft erforscht werden soll. Im resultierenden Kladogramm kann dann leicht abgelesen werden, welche Arten und übergeordneten Taxa auf einen jüngsten gemeinsamen Vorfahren zurückgehen und welche nicht. So lassen sich unter anderem Aussagen darüber anstellen, ob ein bestimmtes Merkmal, das bei mehreren verschiedenen Arten vorkommt, von einem MRCA übernommen wurde, es damithomolog ist, oder ob es bei einer, mehreren oder sogar bei allen der untersuchten Arten jeweils unabhängig –konvergent – entstanden ist. Zudem weist bei morphologisch basierten Analysen jeder Knoten eine bestimmte Kombination von Merkmalszuständen auf, wobei es sich um die für die jeweilige Klade ursprünglichen(anzestrale) Merkmalszustände handelt. Diese entsprechen den Merkmalszuständen beim MRCA dieser Klade. Analog dazu liefern genbasierte Analysen die jeweils anzestralen Basenpaarkonfigurationen der untersuchten DNA-Sequenz für eine Klade. Darüber hinaus können, fußend auf anderweitig ermittelten phylogenetischen Hypothesen, mithilfe spezieller Computerprogramme aus einem Datensatz von DNA-Sequenzen, die ein bestimmtesProtein codieren, anzestrale Zustände dieses Gens rekonstruiert werden. Nachfolgend können die entsprechenden anzestralen Proteinein vitro synthetisiert (exprimiert) und diese schließlich auf ihre Eigenschaften untersucht werden.[2]

Mit Hilfe dermolekularen Uhr kann aus einem molekulargenetischen Datensatz der Zeitpunkt § in der Vergangenheit ermittelt werden, an dem sich zwei Entwicklungslinien getrennt haben (englisch:divergence date), das heißt, der Zeitpunkt, an dem die gemeinsame Stammart einer bestimmten Klade sich in zwei neue Arten aufspaltete. Bei Ermittlung der Divergenzzeitpunkte möglichst vieler Unterkladen in einerKlade können so der zeitliche Verlauf vonadaptiven Radiationen in dieser Klade bestimmt und Rückschlüsse auf Verbreitungswege (d. h. die Paläobiogeographie) gezogen werden.[3]

Populationsgenetik und Genetische Genealogie

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In derPopulationsgenetik bezieht sichMost Recent Common Ancestor auf ein Individuum, das der letzte gemeinsame Vorfahr einer heute lebenden Gruppe von Individuen ist. Im gleichen Sinn wird die Bezeichnung auch in derGenetischen Genealogie verwendet, wobei sich in dieser Disziplin die Untersuchungen weitgehend auf Menschen beschränken.

In Populationsgenetik und Genetischer Genealogie wird der MCRA meist überDNA-Sequenzen des Y-Chromosoms oder mitochondrialer DNA ermittelt.[4] Genauer gesagt, wird, ähnlich wie bei kladistischen Analysen auf molekularer Basis, aus den genetischen Daten einer geeignetenStichprobe mittels eines Algorithmus für die betreffende DNA-Sequenz die Basenpaarkonfiguration des MRCA dieser Stichprobe rekonstruiert. Auf dieser Grundlage lässt sich anschließend zum Beispiel ermitteln, in welcher heute existenten Population die genetische Übereinstimmung mit diesem MRCA am größten ist. Die geographische Region, in der die Population mit der größten Übereinstimmung lebt, kann dann als die wahrscheinliche Herkunftsregion des MRCA betrachtet werden. So lässt sich u. a. herausfinden, in welchen Refugien heute in Europa weit verbreitete Arten dieletzte Eiszeit überlebt haben.[5] Auch die sogenannteOut-of-Africa-II-Theorie über die Herkunft und Verbreitung des modernen Menschen (Homo sapiens) wird von den Ergebnissen einer vergleichenden Untersuchung von DNA-Sequenzen menschlicher mitochondrialer DNA gestützt (siehe auchMitochondriale Eva).

Zudem kann die rekonstruierte Basenpaarkonfiguration eines MRCA auch in der Populationsgenetik und der genetischen Genealogie als Grundlage für den Einsatz der molekularen Uhr herhalten, mit deren Hilfe ermittelt werden kann, wann in der Vergangenheit der betreffende MRCA gelebt hat.[4]

Anmerkungen

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* 
Richard Dawkins benutzt in seinem populärwissenschaftlichen BuchThe Ancestor’s Tale, das eine Reise entlang der menschlichen Stammlinie beschreibt, für die MRCAs der verschieden inklusiven Kladen, denen der Mensch angehört (Primaten,Säugetiere,Amnioten usw.), den Ausdruckconcestor (in der deutschen Version als „Mitfahre“ übersetzt).[6]
** 
in der Kladistik spaltet sich eine Stammart per Konvention stets in zwei neue Arten auf
§ 
Das Wort „Zeitpunkt“ steht in diesem Zusammenhang genaugenommen für einen Zeitraum, da, in menschlichen Zeitmaßstäben betrachtet, die Artbildung eher ein über mehrere Generationen andauernder Prozess als ein einzelnes Ereignis ist. Ins Verhältnis gesetzt zu den großen Zeitspannen in derErdgeschichte und in der Evolutionsgeschichte einer relativ inklusiven Klade, kann aber dieser Zeitraum als Zeitpunkt und die Artbildung als Einzelereignis aufgefasst werden.

Einzelnachweise

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  1. Joran Martijn, Thijs J. G. Ettema:From archaeon to eukaryote: the evolutionary dark ages of the eukaryotic cell. Biochemical Society Transactions. Bd. 41, Nr. 1, 2013, S. 451–457,doi:10.1042/BST20120292
  2. z. B. das anzestrale Rhodopsin der Amnioten, Säugetiere (Mammalia) undHöheren Säugetiere (Theria), siehe Constanze Bickelmann, James M. Morrow, Jing Du, Ryan K. Schott, Ilke van Hazel, Steve Lim, Johannes Müller, Belinda S. W. Chang:The molecular origin and evolution of dim-light vision in mammals. Evolution. Bd. 69, Nr. 11, 2015, S. 2995–3003,doi:10.1111/evo.12794; siehe auch Constanze Bickelmann:Visual pigment evolution and the paleobiology of early mammals. Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades doctor rerum naturalium (Dr. rer. nat.) im Fach Biologie, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, 2011,urn:nbn:de:kobv:11-100191633
  3. siehe z. B. eine Arbeit über die Phylogenie der PflanzenfamilieRapateaceae: T. J. Givnish, T. M. Evans, M. L. Zjhra, T. B. Patterson, P. E. Berry, K. J. Sytsma:Molecular evolution, adaptive radiation, and geographic diversification in the amphiatlantic family Rapateaceae: evidence fromndhF sequences and morphology. Evolution. Bd. 54, Nr. 6, 2000, S. 1915–1937,doi:10.1111/j.0014-3820.2000.tb01237.x
  4. abBruce Walsh:Estimating the time to the most recent common ancestor for the Y chromosome or mitochondrial DNA for a pair of individuals. Genetics. Bd. 158, Nr. 2, 2001, S. 897–912 (PDF).
  5. zum Beispiel derBuchfink, siehe Cortland K. Griswold, Allan J. Baker:Time to the most recent common ancestor and divergence times of populations of common chaffinches (Fringilla coelebs) in Europe and North Africa: insights into Pleistocene refugia and current levels of migration. Evolution. Bd. 56, Nr. 1, 2002, S. 143–153,doi:10.1111/j.0014-3820.2002.tb00856.x.
  6. Richard Dawkins:Geschichten vom Ursprung des Lebens. Ullstein, Berlin 2008, Fußnote S. 22,ISBN 978-3-550-08748-6
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