EinMittelgebirge ist in derdeutschsprachigen Literatur eine aus derEbene um 200 bis 1000 MeterHöhenunterschied herausragendeMassenerhebung der Erdoberfläche (Gebirge) mit absolutenHöhen, die in der Regel zwischen 500 und 1500 Meter über dem Meer liegen. Im Allgemeinen sind Mittelgebirge durch einRelief mit starkenHangneigungen und etlichen Erhebungen geprägt, die jedoch im Gegensatz zumHochgebirge zumeist eher gerundet und weitgespannt sind. Die natürlicheVegetation weist zumindest geringfügige Unterschiede zur Ebene auf, die sich zumeist in mindestens einerHöhenstufe abgrenzen lassen.[1][2] Werden die vorgenannten Bedingungen nicht erfüllt, handelt es sich um einHügelland, eineRumpffläche oder eineHochebene.
Mittelgebirge gehören zu den großenLandformen, die dasMakrorelief der Erde bilden. Der Ausdruck wird sowohl allgemeinsprachlich als auch in denGeowissenschaften verwendet, etwa in derGeomorphologie (Landformenkunde),[3] derGeologie, derBodenkunde, derKartografie und derKlimatologie. Eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Definition ist aufgrund vielfältiger Abweichungen und Besonderheiten jedoch nicht vorhanden.
Davon abweichend bezeichnet der Begriff manchmal auch mittlere Lagen innerhalb eines Hochgebirges (z. B. beimTiroler Mittelgebirge), siehe hierzuMittelgebirgscharakter.
In derenglischen Sprache, die keinenkonkret verdinglichenden Begriff fürGebirge kennt, verwenden manche Autoren eigene Begrifflichkeiten wie etwa „medium mountains“ (Raymond A. Price, 1981) oder „middle mountains“ (Ives, Messerli u. Spiess, 1997), die jedoch keinen Bezug zu den benannten Mittelgebirgen haben müssen.[4]
FürHöhe und Höhendifferenz gibt es keine gängigen Festlegungen; sie sind (z. B. je nach Region) verschieden. So fordern manche Quellen nur 200 m[5]Reliefenergie, andere bis zu 500 m als Minimum[6] und bis zu maximal 1000 m als Maximum.[1] Anders als Hochgebirge übersteigen Mittelgebirge in der Regel nur in denborealen- undpolaren Zonen dieWald- und Baumgrenze. In Mitteleuropa liegt die Grenze zum Hochgebirge bei etwa 1500 bis1800 m. Dies entspricht der Grenze zwischen denHöhenstufenmontan undalpin.
DasRiesengebirge zwischen Polen und der Tschechischen Republik kann man als Grenzfall zwischen Hoch- und Mittelgebirge einordnen, es ist in mehreren Bereichen über 1500 m hoch und weist dort auch eine typische Hochgebirgsvegetation auf, seine Oberflächenformen ähneln aber überwiegend denen von Mittelgebirgen. Hochgebirgsvegetation findet sich auch auf den höchsten Bergen desErzgebirges und im Gipfelbereich desBrocken, des höchsten Berges imHarz.Schwarzwald,Bayerischer Wald und Harz besaßen eine Eigenvergletscherung und weisen daher glaziale Formen auf.
Mittelgebirge sind oft alteRumpfgebirge oderTafelbergländer. Flachwellige Oberflächenformen herrschen vor; sie weisen bis auf wenige Ausnahmen wegen der geringen Höhe keineglazialen Formen auf. Im Unterschied zu den Hochgebirgen gibt es wegen der geringen Höhe der Mittelgebirge nur wenige oder gar keine unterschiedlichen Höhenstufen der Vegetation. Mittelgebirge werden anhand ihres letzten Entstehungsvorgangs klassifiziert; z. B. werden die deutschen Mittelgebirge alsBruchschollengebirge eingeordnet.
Bei einer entsprechendenExposition der Mittelgebirge zur Hauptwindrichtung sind häufig stark ausgeprägteSteigungsregen zu beobachten. Bezüglich der Temperaturen ist dasGebirgsklima häufig nur geringfügig kühler als die Ebene.
Den Norden von Mitteleuropas Montanzone nimmt die bis zu 1602 m (Schneekoppe) hoheMittelgebirgsschwelle ein. Im Westen bei den belgisch-französischenArdennen beginnend, reicht sie über die Mitte Deutschlands,Polens undTschechien hinweg bis zu denKarpaten in Südostpolen und derSlowakei. Neben demRheinischen Schiefergebirge zählen auch z. B.Harz,Rhön,Thüringer Wald,Fichtelgebirge dazu.[7]
Den Osten der Mittelgebirgsschwelle nimmt dieBöhmische Masse ein. Auf ihr liegt ein Großteil der Fläche Tschechiens. An den Außenkämmen liegen Teile der Grenzen Tschechiens zu Deutschland (Erzgebirge undBayerischer Wald/Böhmerwald), Polen (Sudeten) und Österreich (Ausläufer des Böhmerwaldes).
Die Westkarpaten liegen zwischen Polen und der Slowakei sowie zu einem kleineren Teil auch in Tschechien. Einen Großteil der Westkarpaten nehmen die bis zu 1725 m (Babia Góra) hohenBeskiden ein, die das höchste Mittelgebirge in Mitteleuropa sind. Zudem sindGorce undPieninen Teil der Westkarpaten. An der Grenze zwischen Mittel- und Osteuropa liegen die MittelgebirgeWaldkarpaten undBieszczady. DieTatra, insbesondere dieHohe Tatra, an der polnisch-slowakischen Grenze ist bereits einHochgebirge.
DasUngarische Mittelgebirge ist ein alter vulkanischer Rest inmitten derPannonischen Tiefebene. Er steht geologisch aber mit derThermenzone der Alpen und dem subalpinen Vulkanismus desGrazer Beckens in Zusammenhang (markiert vermutlich eine Stoßgrenze der Alpen über dieRhodopenplatte). Es zieht sich vomPlattensee bis nördlichBudapest und ist der Grund für das charakteristische ungarischeDonauknie. Dabei trennt es dieGroße Pannonische Tiefebene von derKleinen.
Südlich der Schwelle schließen sich beidseitig desOberrheingrabens bis 1493 m hohe Schichtstufenländer an, die nach Osten und Westen abfallen.
Das bis 1720 m hoheJuragebirge schließt sich südlich an die Schichtstufenländer an. Es liegt an der Grenze zwischen Frankreich und der Schweiz und wird östlich durch dasMittelland von den Alpen getrennt. Es übersteigt in mehreren Regionen dieBaumgrenze und stellt bereits einen Grenzfall zum Hochgebirge dar. AlsFaltengebirge ist der Jura gleichzeitig mit den Alpen entstanden, in deren Richtung auch die Traufe des Hauptkammes ausgerichtet ist. Letztlich zeigt der Jura also mehr Bezüge zu Alpen und Voralpen als zu den anderen mitteleuropäischen Mittelgebirgen.
Während man die Vorgebirge rund um die Alpen (Voralpen) direkt als deren Untergruppen sieht, gibt es einige Mittelgebirgszüge, die – aus verschiedenen Gründen – nicht zu den Alpen gerechnet werden:
Umgekehrt gehört derKarst, landschaftlich Vorland derDinariden, geologisch noch zum Komplex derSüdlichen Ostalpen. Das Plateau weist trotz seiner orographischen Eigenständigkeit nurmehr entfernt Mittelgebirgscharakter auf.
Mit bis 1886 m noch höher als der Jura ist dasZentralmassiv, das im Süden Frankreichs zentral zwischen Alpen undPyrenäen liegt. Trotz seiner Höhe übersteigt das Massiv seiner mittelmeernahen, milderes Klima begünstigenden Lage wegen nicht die Baumgrenze. Somit stellt das flächenmäßig sehr ausgedehnte Zentralmassiv zwar ziemlich eindeutig ein Mittelgebirge dar, befindet sich jedoch bereits außerhalb der gemäßigten Zone Mitteleuropas.
Die Zentralkette derItalienischen Halbinsel, derApennin, ist auf seiner ganzen Länge, vom Übergang zu denMeeralpen, bis zum Übergang nachSizilien, weitgehend ein Mittelgebirge, gewinnt aber im Zentralabschnitt in denAbruzzen (Gran-Sasso-Massiv 2912 m) auch stückweise Hochgebirgscharakter.
Alle Gebirge in Deutschland mit Ausnahme derAlpen und desAlpenvorlandes sind Mittelgebirge. Mehr als die Hälfte von ihnen zählt zur DeutschenMittelgebirgsschwelle. Ein weiterer, nicht unbeträchtlicher Teil im Süden bildet dasSüddeutsche Schichtstufenland, während nur die (westliche)Pfalz demNordfranzösischen Schichtstufenland zugerechnet wird.
Im Laufe derErdgeschichte entstanden Gebirge; ab dann unterlagen sie langfristigen Entwicklungen (z. B. Erosion). Die Gesteine der deutschen Mittelgebirge sind zusammen mit denkaledonischenGebirgen sowie dem ebenfallsvariszischenUralgebirge die ältestenEuropas. Ihr heutiges Aussehen hat sich im Laufe der Jahrmillionen völlig verändert, unterschiedliche Hebungs- und Senkungsphasen wechselten sich ab, die heute oberflächlich antreffbaren Mittelgebirge (die Schichtstufen ausgenommen) repräsentieren vertikal wie horizontal die Reste der variszischen Gebirge, welche sich zum Großteil unter den sedimentären Schichten (Deckgebirge) Europas fortsetzen.
Ab demKarbon, also vor rund 350 Millionen Jahren bildeten sich in Mitteleuropa dievariszischen Gebirge durch die Kollision mehrerer kontinentaler Platten, sowieSubduktion von ozeanischer Kruste. Schon während der Entstehung begann die Abtragung des Gebirges alsexogener Einfluss, bereits imPerm waren größere Beckenstrukturen innerhalb des ehemaligen Gebirges entstanden.
In der Zeit derTrias, welche vor etwa 225 Millionen Jahren begann, befand sich das heutigeMitteleuropa zeitweise über, zeitweise unter dem Meeresspiegel (siehe auchTransgression undRegression). Daher finden sich in den deutschen Mittelgebirgen heute verschiedeneSedimentschichten: Zumeist wechseln sich Buntsandstein als terrestrische undKeuper sowieMuschelkalk als marine Sedimentschichten ab. Zur Zeit desJura wurde insbesondere Kalk und in derKreidezeit hauptsächlich Kreide abgelagert.
ImTertiär kam es zuralpidischen Gebirgsbildung, wodurch starke Kräfte auf die Rümpfe der variszischen Gebirge wirkten. Da die Gesteine bereits gefaltet waren, führten weitere Spannungen zu einer Anhebung sowie Rissen und Brüchen, wodurch wiederumBruchschollen entstanden. Diese Bruchschollen wurden teilweise unterschoben und daher angehoben (Horstscholle, z. B.Harz,Oberpfälzer Wald), eine Absenkung (Grabenbruch, z. B.Oberrheingraben) oder schoben sich übereinander (Pultscholle, z. B.Erzgebirge). Dadurch finden sich die verschiedensten Formen in den deutschen Mittelgebirgen, was auch auf die Abtragung der Sedimente aus demMesozoikum (Trias, Jura, Kreide) zurückzuführen ist. In einigen Mittelgebirgen sind die Sedimente relativ gut erhalten, in anderen wurden sie völlig abgetragen. Bestimmender Faktor ist dabei die geografische Lage und die damit verbundene Stärke exogener Vorgänge. Auch eine vulkanische Prägung einiger Regionen fand im Tertiär statt z. B. die aktiven Vulkane derKuppenrhön, desKaiserstuhls oder desVogelsbergs fallen in diese Zeit. Die wichtigsten deutschen Mittelgebirgen sind der Schwarzwald und der Bayerische Wald.