Mesoamerika[1] bezeichnet eine Siedlungslandschaft und einKulturareal inMittelamerika. Das Gebiet Mesoamerikas umfasst großräumige Gebiete der heutigen StaatenMexiko,Belize,Guatemala,El Salvador,Honduras,Nicaragua undCosta Rica. Im älteren Sprachgebrauch ist für etwa dieselbe Kulturregion auch der BegriffAltmexiko gebräuchlich, insbesondere für derenvorkolumbische Geschichte,[2] z. T. aber auch für die indianischen Kulturen der modernen Zeit.[3]
Die Nordgrenze Mesoamerikas liegt ungefähr auf der Höhe des nördlichen Wendekreises mit einer Ausbuchtung nach Süden zwischen den beiden Kordilleren. Die Grenze wanderte mit wechselnden klimatischen Bedingungen. In regenreichen Phasen war Bodenbau möglich, so verschob sich die Grenze in nördliche Richtung. Die Ost- bzw. Südgrenze verlief je nach Zeitraum durch Nicaragua und Costa Rica oder aber durch El Salvador und Honduras. DieNicarao sprachen eine Variante desNawat Zentralamerikas, eine dem von denAzteken gesprochenenNahuatl ähnliche Sprache und werden deshalb zu denNahua gezählt. Sie bildeten zur Zeit der Conquista einen weit nach Osten verschobenen Vorposten, während der Großteil der archäologischen Befunde auf eine weiter im Westen zu ziehende Grenze schließen lässt.
Um 20.000 v. Chr. besiedelten Menschen den mesoamerikanischen Raum. Erste Mammutjäger sind für 10.000 v. Chr. nachgewiesen. Die ältesten archäologischen Funde auf Yucatán datieren von 9000 v. Chr., die Funde vonLos Tapiales (Guatemala) werden auf 8000 v. Chr. datiert.
Um 7000 v. Chr. begann derAckerbau, um 5000 v. Chr. wurde Mais als Kulturpflanze angebaut. Permanent besiedelte Dörfer sind 3500 v. Chr. wahrscheinlich. Jedoch sind sie erst für 2500 v. Chr. im größeren Umfang nachgewiesen. 3400 v. Chr. dienten Mais- und Bohnenkulturen als Nahrungsgrundlage. 3000 v. Chr. wurden ständig bewohnte Dörfer angelegt sowie Töpferei und Weberei entwickelt. Vorfahren derMaya vermischten sich 2500 v. Chr. inGuatemala mit der dortigen Urbevölkerung.
1500 v. Chr. wurde derMaisanbau zur Lebensgrundlage für die Völker Mesoamerikas. Sie nutztenObsidianwerkzeuge, auch Ocos-Keramik wurde an der Pazifikküste nachgewiesen. Um 1200 v. Chr. stieg dieOlmekenkultur auf. Goldverarbeitung ist für 850 v. Chr. nachgewiesen.
Um 400 v. Chr. gab es eineIzapakultur an der mexikanischen Pazifikküste. Erste datierbare Stelen der Maya wurden 125 v. Chr. erschaffen. Das früheste Datum derLangen Zählung (Stele 2 inChiapa de Corzo, Chiapas, Mexiko) ist 36 v. Chr. Um 100 n. Chr. begann der Bau der ersten Stufenpyramide inTeotihuacán.
Die Zeit um 500 ist die Blütezeit derZapoteken. 540 wurdeBonampak gegründet. Kriege zwischenTikal undCalakmul fanden 550 statt. Der Niedergang vonTeotihuacán geschah um 600.
1221 gründetenChichén Itzá,Mayapán undUxmal dieLiga von Mayapán. Die Itzá übernahmen 1224 die Regentschaft über Chichén Itzá von den Tolteken. 1335 wurdeTenochtitlán gegründet. DieMixteken siedelten 1350 beiMonte Albán. Tenochtitlán,Texcoco undTlacopán bildeten 1428 denaztekischen Dreibund. 1441 beendete eine Revolte die Liga von Mayapán. Die Itzá verließen Chichén Itzá, Mayapán wurde zerstört. Bei der Einweihung desTemplo Mayor in Tenochtitlán wurden 1487 innerhalb von vier Tagen mehr als 20.000 Menschengeopfert. 1511 landeten dieSpanier an der KüsteYucatáns, der erste Kontakt von Europäern unterJuan de Grijalva mit denAzteken fand 1517 statt. 1521 eroberte Hernán Cortés Tenochtitlán. 1524 begannen die spanischen Versuche der Kolonisation Yucatáns.1697 wurdeTayasal in Yucatán zerstört.
Dieethnischen Religionen Mittelamerikas sind bis heute stark von den alten Hochkulturen geprägt. Dabei sind zahlreiche unterschiedlicheSynkretismusformen mit demChristentum entstanden.S. A. Tokarew nennt in diesem Zusammenhang für Mesoamerika zwei Regionen mit jeweils selbständigen Kultzentren, dievor dem Eintreffen der Europäer bestanden.[5] Gemeinsam war ihnen die Verbindung zwischen archaischen Formen – wie sie in den religiösen Vorstellung der weniger urbanen Völker der Region vorkommen –, mit den komplizierten Formen des von lokalen Eroberern eingeführten Staatskultes mit seinen teils bizarren theologischen Systemen, die mitunter massenhafte Menschenopfer praktizierten und die neben der bäuerlichen Volksreligion bestanden, bis die Trägerstaaten untergingen. Diese zwei alten Kultzentren waren:
Von dieser historischen Grundlage ausgehend sieht man heute von Norden nach Süden fortschreitend folgende religiöse Regionen mit ihren jeweils spezifischen archaischen Vorstellungen, hochkulturellen Einflüssen und christlich-katholischen Synkretismen.
EinCurandero (Mitte mit gelbem Hut) bei der Heilung eines Mädchens; hier relativ naiv dargestellt als peruanischerAltaraufsatz (Retabel) im volksreligiös-christlichen Rahmen
Alle nordmexikanischen Indianer sind heute formell Katholiken, von einigen kleineren Ethnien wie denHuichol und denTarahumara einmal abgesehen. Allerdings haben selbst diese Gruppen christliche Vorstellungen und Rituale integriert. Vor allem bei den uto-aztekischen Indianern des Nordens finden sich traditionelle Elemente, die in Ausmaß und Erscheinungsform jedoch von Gruppe zu Gruppe stark schwanken. In den meisten dieser Gruppen gibt es einenCurandero (wörtlich: „Heiler“) genanntenMedizinmann, derGeistheilungen und Fruchtbarkeitsmagie durchführt und überhaupt Beistand in Situationen leistet, in denen übernatürliche Hilfe vonnöten scheint. Der Curandero ist wie der Glaube an Hexerei praktisch im gesamten iberoamerikanischen Bereich verbreitet.
Nach der Herrschaft dieser alten Hochreligionen beendete das Christentum zumindest formell die Phase der traditionellen Glaubensvorstellungen. Vor allem in ländlichen und abgelegenen Gebieten ist für diese Völker aber ein recht oberflächliches bis synkretistisches Verhältnis zum Christentum typisch, wie es bereits für Nordmexiko beschrieben wurde. Insgesamt ist es den mittelamerikanischen indigenen Ethnien gelungen, ihre kulturelle Identität zu erhalten, und traditionelle Praktiken wie Heilmagie und Zauberei sowie die Verehrung von Naturphänomenen sind immer noch weit verbreitet.[6]
Geologische und meteorologische Auswirkungen auf die Kulturen der Region
Die Ausprägung der einzelnen Kulturen ist unter anderem auch von topographischen Unterschieden abhängig:Zum einen variieren die Höhenlagen: Das Gebiet lässt sich einteilen in dieTierra caliente (bis 800 m), dieTierra templada (800–2000 m) sowie dieTierra fría (2000 bis Siedlungsgrenze bei 3000 m). Zum anderen bewirkt die Lage zwischen den Ozeanen eine Regenzeit im Sommer und Herbst und eine Trockenzeit im Winter und Frühling. Zudem fangen die Jahreszeiten von Süd nach Nord versetzt an. Diese Heterogenität im Landschaftsbild auf engstem Raum bietet sehr gute Voraussetzungen für arbeitsteilige Spezialisierung und wirtschaftlichen Austausch.
Allerdings ist die für dieAnden charakteristische inselartige Aufteilung von ethnischen oder politischen Einheiten auf verschiedene Klimazonen zur optimalen Ausnutzung derer Potentiale in Mesoamerika nicht vorhanden gewesen.
↑Der Begriff „Mesoamerika“ wurde eingeführt von:Paul Kirchhoff –Mesoamérica, sus límites geográficos, composición étnica y carácteres culturales. In:Acta Americana 1, Washington D.C. 1943, Seite 92–107
↑Beispielsweise bei: Ferdinand Anders, Maarten Jansen:Altmexiko. Mexikanische Zauberfiguren. Alte Handschriften beginnen zu sprechen. Linz 1986; Susanne Luber:Zwölf Wind und Drei Feuerstein. Vom Leben in Altmexiko, seiner Zerstörung und Neuentdeckung. Ausst.-Kat. für Eutiner Landesbib. 1992/93. Bremen 1992; Gudrun Wolfschmidt:Kultur, Kunst und Naturanschauung in Alt-Mexiko. Bamberg 1976.
↑Luis Suárez:Alt-Mexiko im 20. Jahrhundert. Reportagen aus der Welt der Indianer. Bearb. von Monika Fischer. Ost-Berlin 1967.