Medellín [meðeˈʝin] ist dieHauptstadt desDepartamentoAntioquia inKolumbien. Mit mehr als 2,6 Millionen Einwohnern ist Medellín die zweitgrößte Stadt und gleichzeitig mit fast 4,2 Millionen Einwohnern die zweitgrößteMetropolregion Kolumbiens nach der HauptstadtBogotá mit seinerMetropolregion Bogotá (Stand: 2022).[1] Die Stadt ist aufgrund ihres ganzjährig sonnigen und warmen Klimas als „Stadt des ewigen Frühlings“ bekannt.
Medellín gilt heute als eine Vorzeigestadt Lateinamerikas. Gründe hierfür sind die erfolgreiche Integration der zuvor schwer zugänglichen städtischen Randbezirke, deren Anschluss an die Stadt mit preiswertem kommunalen Nahverkehr und Seilbahnen sichergestellt wurde, die Stärkung von Kunst, Kultur und Sport im öffentlichen Raum sowie breite Investitionen in Bildung und Hochschulen. 2012 wurde Medellín vomWall Street Journal zur innovativsten Stadt der Welt ernannt.[2] Noch in den 90er Jahren war die Stadt von einer hohen Kriminalitätsrate geplagt gewesen, nahm seither jedoch eine rasante Entwicklung und ist heute für seine erfolgreiche Stadtentwicklung weltweit anerkannt.
Die Metropolregion von Medellín, die offiziellÁrea Metropolitana del Valle de Aburrá genannt wird, umfasst zehn umliegende Gemeinden (municipios), über die sich heute de facto das Stadtgebiet von Medellín erstreckt.
Medellín liegt im Aburrá-Tal, einem Tal in derZentralkordillere derAnden im nordwestlichen Kolumbien, auf einer Höhe von1538 m. Medellín wird daher auchCapital de la Montaña, Hauptstadt der Berge, genannt.
Die Metropolregion von Medellín besteht aus den folgenden Städten (von Süden nach Norden):
Die Stadt ist berühmt für ihre Gartenanlagen, ihre Blumen und die Vielfalt derOrchideen, die dort heimisch sind. Deswegen hat sie auch den BeinamenCapital de las Flores („Hauptstadt der Blumen“).
Die Gemeinde Medellín hat 2.612.958 Einwohner, von denen 2.570.327 im städtischen Teil(cabecera municipal) der Gemeinde leben. In der Metropolregion Valle de Aburrá leben insgesamt 4.173.692 Menschen (Stand: 2022).[3]
Einheimische nennen Medellín auchBella Villa oderCapital de la Eterna Primavera, Hauptstadt des ewigen Frühlings, da die Temperaturen selten über 30 Grad klettern oder unter 16 Grad fallen. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt 22 Grad.
Im August 1541 befand sichMarschallJorge Robledo an dem heute als Heliconia bekannten Ort, als er in die Ferne sah und etwas erblickte, was er für ein Tal hielt. Er entsandte Jerónimo Luis Tejelo, um das Gebiet zu erkunden, und in der Nacht des 23. August erreichte Tejelo die Ebene des heutigen Aburrá-Tals. Die Spanier gaben dem Tal den Namen „Tal des Heiligen Bartholomäus“. Dieser wurde jedoch aufgrund der textilen Verzierungen der Einheimischen bald in den einheimischen Namen Aburrá geändert, was „Maler“ bedeutet.[4]
1574 bat Gaspar de Rodas dencabildo Antioquias um zehn Quadratkilometer Land, um Viehzucht im Tal zu etablieren und eine Farm zu bauen. Der Cabildo gewährte ihm acht Quadratkilometer Land.[4]
1616 gründete Francisco de Herrera y Campuzano eine Siedlung mit 80 Indigenen und nannte sie Poblado de San Lorenzo, heute „El Poblado“. 1646 ordnete ein Kolonialgesetz die Trennung derIndigenen vonMestizen undMulatten an, so dass die Kolonialverwaltung mit dem Bau einer neuen Stadt in Aná, dem heutigenBerrío-Park, begann, wo die KircheNuestra Señora de la Candelaria de Aná gebaut wurde.[4]
DieIndustrialisierung des Gebietes begann am Ende des 19. Jahrhunderts. Die Stadt entwickelte sich aber erst in den1930er Jahren zu einem wichtigen Industriezentrum. In den1980er Jahren litt das öffentliche Leben der Stadt unter der Drogenmafia desMedellín-Kartells, das eine führende Rolle im weltweiten Handel mitKokain einnahm.
Mit dem Namen der Stadt verbindet sich auch die II. Generalversammlung des LateinamerikanischenEpiskopats vom 24. August bis 6. September 1968, auf der die katholische Kirche des Subkontinents eine historische Wende vollzog und sich zurOption für die Armen bekannte. SieheBefreiungstheologie.
Zuletzt wurde von der Stadtverwaltung eine Aufwertung der ärmsten Stadtteile durch architektonisch anspruchsvolle Bauprogramme unternommen, die der Stadt die vomUrban Land Institute vergebene Auszeichnung „Innovativste Stadt des Jahres“ und den „Lee Kuan Yew World City Prize“ eingebracht hat.[5][6]
Das 2011 eröffneteMuseo Casa de la Memoria erinnert an die Drogen- und Bürgerkriege in Kolumbien seit 1948.
Am 27. Dezember 2011 wurde im StadtviertelComuna 13 San Javier die längste Rolltreppe der Welt eingeweiht.[8] Sie überwindet einen Höhenunterschied von umgerechnet 28 Stockwerken. Sie hat ca. 5 Millionen Euro gekostet.
In der Stadt befinden sich Betriebe derTextilindustrie, der Konfektion, derNahrungsmittel- undTabakindustrie, der Herstellung von Landwirtschaftsmaschinen, der metallurgischen und chemischen Industrie, derZementherstellung, der Möbelindustrie und weitere Industriezweige. Damit steht Medellín inzwischen an zweiter Stelle der nationalen Industrieproduktion und an erster Stelle inSüdamerika in Bezug auf die Textilherstellung. Inzwischen hat sich neben der Industrie aber auch ein sehr breiter tertiärer Sektor entwickelt. Ein weiteres wirtschaftliches Standbein ist die Blumenproduktion. Hauptsächlich werden Orchideen für den Export in die USA, nach Europa oder Asien gezüchtet. Zu Ehren dieses bedeutenden Wirtschaftszweigs veranstaltet Medellín seit 1957 dieFeria de Flores.
Die Linie B im Sektor San Javier der Metro MedellínHaltestelle Loyola der Ayacucho-Tram
Medellín verfügt als einzige Stadt Kolumbiens über eineHochbahn (eröffnet 1995), die sie mit ihrer Umgebung verbindet. DieMetro de Medellín hat zwei Linien mit insgesamt 42 km Schienennetz. Die Stadt betreibt auch sechsSeilbahnlinien zu den Armenvierteln Santo Domingo und San Javier sowie dieAyacucho-Tram, eine spurgeführte Oberleitungstramlinie nach dem SystemTranslohr. Pro Jahr transportieren die Seilbahnen rund 100 Millionen Passagiere. Der Betrieb und sein Ausbau finanziert sich über das UN-Konzept zum Klimaschutz durch Emissionshandel. Da das Seilbahnsystem jährlich etwa 20.000 Tonnen CO2 einspart, ist die Stadt in der Lage, entsprechende Emissionszertifikate zu verkaufen. Die Auswirkungen des Seilbahnsystems werden hinsichtlich Abgasemissionen, Kriminalität und Strukturveränderungen in den einbezogenen Armenviertel positiv bewertet.[9][10]
Der StadtflughafenEnrique Olaya Herrera bedient nationale Verbindungen. Der deutlich größereFlughafen Rionegro liegt etwa 25 km südöstlich der Stadt und bietet zahlreiche internationale Verbindungen, u. a. nach Madrid, Frankfurt und New York. Seit August 2019 ist der Flughafen Rionegro über denTúnel de Oriente verkehrsgünstiger in etwa 17 Minuten ans Stadtzentrum angebunden.[12]
Unter dem ehemaligen BürgermeisterSergio Fajardo Valderrama wurde eine großangelegte Bildungskampagne gestartet, zum Beispiel wurde für sechs Millionen US-Dollar die Bibliothek und umgebende AnlageParque Biblioteca España im Stadtteil Santo Domingo errichtet.
Zu einer besonderen Bedeutung brachte es auch dieDeutsche Schule Medellín inItagüí, die Anfang 2011 einen sowohl in akustischer als auch in architektonischer Sicht hervorragenden Konzertsaal für 600 Besucher erhielt, auf dessen großer Bühne mit einer 2012 fertiggestellten Pfeifenorgel alle Konzerte in Originalinstrumentierung und Besetzung aufgeführt werden können.
Die Statistik berichtet von mehr als 45.000 Tötungsdelikten im Zeitraum 1990–1999.[13] Erst nachdem paramilitärische Milizen vertrieben und Ende 2003 entwaffnet wurden,[14] sank die Zahl drastisch von 6.658 Fällen (1991) auf 778 Fälle (2004) und lag somit unter dem Durchschnitt anderer lateinamerikanischer Großstädte. Dem StadtviertelSierra wurde 2005 derDokumentationsfilmLa Sierra gewidmet. Er handelt von den jugendlichen Kämpfern der BandeBloque Metro, die iminternen bewaffneten Konflikt ihr Stadtviertel zu verteidigen versuchen. Medellín erreichte seinen niedrigsten Stand an Morden im August 2007.
Die Anzahl der Tötungsdelikte stieg danach aber wieder erheblich an und lag 2009 bei 2.189 Fällen.[15] In den Jahren 2016 (533 Opfer), 2017 (579), 2018 (625) und 2019 (591) pendelte sich die Anzahl der Tötungsdelikte auf etwa 600 für ganz Medellín ein, wobei das Zentrum der Stadt und dieComuna 13 San Javier weit an der Spitze stehen.[16][17][18] In den Folgejahren sank sie weiter. 2023 lag sie bei 375 Fällen.[19]
↑Madeleine Galvin, Anne Maassen:Connecting formal and informal spaces: a long-term and multi-level view of Medellín’s Metrocable. In:Urban Transformations.Band2,Nr.1, Dezember 2020,ISSN2524-8162,S.4,doi:10.1186/s42854-020-00008-8 (biomedcentral.com [abgerufen am 14. Februar 2023]).