Martin Pollich (auch Polich und latinisiertMartinus Polichius, auch einfach Mellerstadt genannt, * um 1455 inMellrichstadt; †27. Dezember1513 inWittenberg) war Philosoph, Astrologe, Mediziner, Theologe und Gründungsrektor derUniversität Wittenberg.
Martin Pollich, Sohn der Dorothea Mültner († 1492), wurde im Sommer 1470 an derUniversität Leipzig eingeschrieben, erwarb nach knapp zweijährigem Studium 1472 dasBaccalariat und im Wintersemester 1475 dieMagisterwürde und hielt anschließend Vorlesungen über die logischen Schriften desAristoteles, wobei er derthomistischen Schule folgte. Dann widmete er sich derAstrologie undMedizin. Für das Erzbistum Magdeburg unternahm er 1476 eine Reise nach Rom und begann anschließend ein Medizinstudium. 1482 ist er alsLicentiat bezeugt, vor 1486 wurde er (vermutlich in Mainz) zum Doktor der Medizinpromoviert.
1482 wurde er alsLeibarzt des KurprinzenFriedrich des Weisen erwähnt.[1] 1486 war er Vizekanzler der Universität Leipzig. Obwohl er der Astrologie skeptisch gegenüberstand, widmete sich Pollich von 1482 bis 1490 astronomisch-astrologischen Jahresvorhersagen, wie diePractica Lipsensis, die 1484/85 Vorbild für diePractica ueber die stat augspurg seines Schülers Leonhard Seybold wurde.[2] 1490 wurde er Mitglied der durchKonrad Celtis ins Leben gerufenenSodalitas litteraria Rhenana, wo er Kontakte zu verschiedenen Persönlichkeiten wieBohuslaw von Hassenstein aufbaute. In diesem Kreis erhielt er den Beinamenlux mundi (Leuchte der Welt). Vom 19. März bis zum 30. Oktober 1493 begleitete er Friedrich den Weisen auf einer Pilgerfahrt insHeilige Land nachJerusalem. Mit ihm unternahm Pollich auch 1494 eine Reise nach Holland, um die dortigen „Hohen Schulen“ zu besichtigen. Im selben Jahr wurde Pollich in den Rat der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig aufgenommen.
Als Ende des 15. Jahrhunderts in Europa dieSyphilis grassierte, standen ihr die Ärzte ratlos gegenüber. Als 1497 eine Schrift desvenezianischen ArztesNiccolò Leoniceno mit der überkommenen Vorstellung brach, dass die Konstellation der Planeten die Gesundheit beeinflusste, und stattdessen Wege zu einer rationellen Bekämpfung derFranzosenpest, wie sie damals genannt wurde, wies, nahm Pollich diese Schrift als Textgrundlage in seinen Unterricht auf. Als 1498 sein Kollege in der medizinischen FakultätSimon Pistoris Thesen gegen Leoniceno und Pollich aufstellte, entspann sich ein Gelehrtenstreit, aus dem Pollich zwar als Sieger hervorging, jedoch Anfeindungen aus dem scholastischen Lager erntete, dem er selbst angehört hatte.
Sein einstiger Schüler und Freund, der TheologieprofessorKonrad Wimpina, forderte ihn 1500 mit der StreitschriftPoesie über die neue humanistische Richtung heraus. Pollich ließ sich darauf in eine erbitterte Auseinandersetzung über das Verhältnis der Theologie zur Dichtkunst ein. In den WerkenApologetius undPalillogia hatte sich Wimpina an einen unbekannten humanistischen Literaten gewandt, den er beschuldigte, in seinen Gedichten die Poesie über die Theologie zu heben. Es folgte eine für Pollich wenig förderliche literarische Fehde, und so konnte er in Leipzig seine neuen Ideen nicht durchsetzten.
Der Streit um die Syphilis war die Ursache, dass sich Pollich seinem Dienstherrn Friedrich dem Weisen zuwandte und es 1502 zur Gründung derUniversität Wittenberg kam. Pollich widmete sich mit großem Eifer dem Aufbau der Hochschule. Für die medizinische Fakultät warb erHermann von dem Busche. Für die theologische Fakultät konnte er Hermann Kaiser gewinnen. Somit wurde Pollich Gründungsrektor und zur ersten Stütze der neuen Universität. Die andere Stütze war der Gründungsdekan der theologischen Fakultät,Johann von Staupitz. Durch seinen Einfluss wurdenSiegmund Epp, der Gründungsdekan derArtisten undWolfgang Strählin, der Gründungsdekan der Juristen, an die Universität gezogen.
Um Studenten für die Universität Wittenberg zu gewinnen, ließ Friedrich der Weise Handzettel verteilen, in denen der Erlass derStudiengebühren für drei Jahre verkündet wurde. Zudem verhieß der Kurfürst nach italienischem Vorbild die rechtliche Gleichstellung der Wittenberger Studenten mitAdligen. Aus allen Teilen Europas strömten Studenten nach Wittenberg. Pollich, der zeitlebens Vizekanzler der Universität blieb, hielt Vorlesungen an der medizinischen, philologischen und theologischen Fakultät, kümmerte sich um die Lebensmittelversorgung der Studenten und um die Einrichtung einer Universitätsdruckerei und gründete 1508 eine Apotheke. 1503 wurde er an der theologischen Fakultät als erster zum Doktor promoviert. Bereits 1508 machte er Bekanntschaft mit dem jungen AugustinermönchMartin Luther, der als Magister Artium von Staupitz auf die Dozentur der aristotelischen Ethik von Erfurt nach Wittenberg berufen wurde. Als dieser nach einem Aufenthalt in Rom 1512 die Nachfolge von Staupitz antrat, war Pollich von Luthers Begabung überzeugt und sagte vier Jahre vor dessen reformatorischem Auftreten über ihn: „Der Mönch wird alle Docktors irre machen, eine neue Lehr aufbringen, und die ganze römische Kirche reformieren, denn er legt sich auf der Propheten und Apostel Schrift, und stehe auf Jesu Christi Worte: Das kann keiner, weder mit Philosophie, noch Sophisterei, Skotisterei, Albertisterei, Thomisterei und dem ganzen Tartaret, umstoßen und niederfechten!“ Dies erlebte Pollich nicht mehr. Er verstarb am 27. Dezember 1513 und wurde in der WittenbergerStadtkirche begraben. Ihm wurde dort ein Epitaph errichtet, dessen TextGeorg Spalatin verfasste. Zum Gedenken an den einstigen Gründungsrektor befindet sich am Standort seines einstigen Wohnhauses eine Gedenktafel.
Personendaten | |
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NAME | Pollich, Martin |
ALTERNATIVNAMEN | Mellerstadt, Martin; Polich, Marti; Polichius, Martinus; Mellerstadt, Martinus; Mellerstadt, Martini; Mellerstat, Martini |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Philosoph, Mediziner und Theologe, Gründungsrektor der Universität Wittenberg |
GEBURTSDATUM | um 1455 |
GEBURTSORT | Mellrichstadt |
STERBEDATUM | 27. Dezember 1513 |
STERBEORT | Wittenberg |