Martin David (*3. Juli1898 inPosen; †9. April1986 inRotterdam) war ein deutsch-niederländischerRechtshistoriker des Orients undPapyrologe.
Martin stammte aus einer ursprünglich jüdischen Familie. Er war der Sohn des Kaufmanns Abraham David (* 25. März 1867 in Lautenburg; † 22. August 1940 in Den Haag) und dessen Frau Bertha Pinczower (* 21. April 1878 in Klein-Zabre; † 23. Juli 1943 in Sobibor). Nach dem Besuch des Gymnasiums in Posen, zog er während der Zeit desErsten Weltkrieges nachBerlin, wo er ein Studium der Rechtswissenschaftenan derUniversität Berlin begann. Daneben widmete er sich auch den Studien der klassischen und semitischen Sprachen sowie der Kultur der Sprachvölker. Am 20. Dezember 1919 bestand er seine erste juristische Staatsprüfung und wurde anschließend Referendar in unterschiedlichen juristischen Institutionen. Am 9. April 1924 bestand er seine zweite juristische Staatsprüfung zum Assessor. Danach arbeitete er als Richter am BerlinerKammergericht. Zwischenzeitlich hatte er am 16. Februar 1925 an derUniversität Leipzig seine ArbeitDie Adoption im altbabylonischen Recht verteidigt und wurde am 29. Mai desselben Jahres cum laude zum Doktor der Rechte promoviert. Nach einem weiteren Aufenthalt in Berlin, zog er 1927 abermals nach Leipzig, wo sein DoktorvaterPaul Koschaker undBenno Landsberger maßgeblich seine Entwicklung lenkten.
1930 habilitierte er sich an der Leipziger Universität mit der AbhandlungStudien zur heredis institutio ex re certa im klassischen römischen und justinianischen Recht. Damit verbunden erhielt er einen Lehrauftrag für das Römische Recht, Papyrologie und altorientalische Rechtsgeschichte. In dieser Tätigkeit absolvierte er vorrangig Vorlesungen zum römischen Privatrecht und zur römischen Rechtsgeschichte. Daneben bot er Lehrveranstaltungen zur Einführung der Papyrologie, zum altorientalischen Recht, zurGaiuslektüre, zur Lektüre des syrisch-römischen Rechts und zur Interpretation assyrischer Rechtsurkunden an. Zu einem seiner damaligen Schüler gehörte unter anderemHerbert Paul Hermann Petschow und er nahm 1932 als Redner am Deutschen Rechtshistorikertag in Jena teil. Als 1933 in Deutschland dieNationalsozialisten an die Macht kamen und die Juden aus ihren Ämtern gedrängt wurden, wurde auch David die Lehrerlaubnis entzogen. David emigrierte mit seiner jungen Familie in die Niederlande und fand an derUniversität Leiden eine neue Wirkungsstätte, wo er am 7. Oktober 1933 als Privatdozent angestellt wurde.
Nachdem er am 31. Januar 1934 seine Antrittsvorlesung zu dem ThemaVorm en wezen van de huwelijkssluiting naar de oud-oostersche rechtsopvatting (deutsch:Form und Wesen der Eheschließung nach der altorientalischen Rechtsauffassung) gehalten hatte, unterrichtete er vor allem orientalische Rechtsgeschichte und griechisch-ägyptische Papyrologie. Bereits in seiner Leidener Ankunftsphase hatte er 1933 ein Seminar für Papyrologie eingerichtet und gemeinsam mitBernard Abraham van Groningen, sowieJulius Christiaan van Oven errichtete er 1935 das LeidenerPapyrologisch Kabinet, welches 1962 im LeidenerPapyrologisch Institut aufging. Ab 1937 übte David neben seiner Lehrtätigkeit in Leiden, auch eine außerordentliche Assessortätigkeit an derUniversität von Amsterdam aus, wo er bis 1940 über griechische Papyrologie dozierte. Zudem richtete man David in Leiden einen besonderen Lehrstuhl für babylonische, assyrische, jüdische und hellenistische Rechtsgeschichte ein, auf welchen er am 21. Juni 1937 berufen wurde und welche Aufgabe er am 19. November 1937 mit der AntrittsredeDe rechtshistoricus in zijn taak (deutsch:Der Rechtshistoriker in seiner Aufgabe) übernahm. Die innerliche Trennung von seiner deutschen Heimat widerspiegelt sich auch an seiner am 11. September 1939 durchgeführten Einbürgerung in die Niederlande. Der Einfall der deutschen Besatzer in die Niederlande 1940 während desZweiten Weltkrieges bewirkte zunächst die Beurlaubung am 25. November 1940 und am 22. Februar 1941 eine erneute Entlassung aus dem Hochschulbetrieb.
Die Entlassung der jüdischen Mitarbeiter wie David undEduard Maurits Meijers aus dem Hochschulbetrieb in Leiden, veranlasste unter anderemRudolph Cleveringa am 26. November 1940 seine Protestrede gegen die Entlassung seiner jüdischen Mitarbeiter zu halten. Danach verfasste David eine Anzahl von Artikeln zum Altjüdischen Recht, arbeitete mit van Groningen an einem papyrologischen Lehrbuch und redigierte ab 1941 diePapyrologica Lugduno-Batava. 1943 wurde er im KonzentrationslagerBarneveld interniert, war 1944 imDurchgangslager Westerbork und wurde schließlich am 5. September 1944 in dasGhetto Theresienstadt verschleppt. Als dieses am 8. Mai 1945 durch dieRote Armee befreit worden war, kehrte er am 29. Juni 1945 nach Leiden zurück. Hier nahm er am 31. Dezember 1945 seine Lehrtätigkeit als außerordentlicher Professor der vergleichenden Geschichte der Antike wieder auf, beteiligte sich ab 1950 als Redakteur an derTijdschrift voor Rechtsgeschiedenis (deutsch:Zeitschrift für Rechtsgeschichte) und wurde am 23. Juli 1953 ordentlicher Professor der babylonischen, assyrischen, jüdischen, sowie hellenistischen Rechtsgeschichte.
David, welcher am 16. Mai 1953 auch Mitglied derköniglich niederländischen Akademie der Wissenschaften geworden war, erarbeitete ab 1954 bis zu seiner Emeritierung mit dem Utrechter LatinistenHein L. W. Nelson kritische Ausgaben mit philologischen Kommentaren, von zwei der insgesamt vier Bücher umfassendenInstitutionen des Gaius. Mit Nelson gab er zudem ab 1956 eine philologisch kommentierte Ausgabe der römisch-rechtlichen Fragmente derPauli sententiae (eine zu Ende des 3. Jahrhunderts nach Christus geschriebene und im 4. und 5. Jahrhundert bearbeitete Sammlung von Rechtssätzen) heraus. Als 70-Jähriger wurde er am 1. September 1968 aus seiner Professur emeritiert, wozu die offizielle Entlassung per königlichem Beschluss am 20. Dezember 1967 erfolgte. Kollegen, Freunde und Schüler gaben zu diesem Anlass die dreibändigeMiscellanea Papyrologica und die zweibändigeSymbolae juridicae et historicae Martino David dedicatae heraus. 1972 erlitt David einen Schlaganfall, welcher ihn teilweise lähmte. Geistig blieb er aber bis ins hohe Alter aktiv.
David verheiratete sich am 5. November 1930 in Leipzig mit Else Feuchtwanger (* 11. Dezember 1905 in München; † 27. Oktober 1995 in Doorn), die Tochter des Felix Ahron Meir Feuchtwanger (* 19. Januar 1867 in München; † 17. November 1938 ebd.) und dessen Frau Babette Schoyer (* 3. Mai 1875 in Berlin; † 28. April 1965 in Jerusalem). Aus der Ehe stammen zwei Söhne und eine Tochter. Von den Kindern kennt man:
Personendaten | |
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NAME | David, Martin |
KURZBESCHREIBUNG | deutsch-niederländischer Rechtshistoriker des Orients und Papyrologe |
GEBURTSDATUM | 3. Juli 1898 |
GEBURTSORT | Posen |
STERBEDATUM | 9. April 1986 |
STERBEORT | Rotterdam |