Maria Innocentia HummelOSF (*21. Mai1909 inMassing, Niederbayern, alsBerta Hummel; †6. November1946 inKloster Sießen) war einedeutscheFranziskanerin, Zeichnerin undMalerin. Weltweit berühmt wurde sie durch ihre Kinderbilder und die nach ihren Entwürfen gefertigtenHummel-Figuren aus Keramik.
Berta Hummel wuchs als drittes von sieben Kindern eines Kaufmanns in Massing an der Rott auf. Sie besuchte von 1915 bis 1921 die Massinger Volksschule. 1921 bis 1926 besuchte sie die katholische höhere Mädchenschule „Marienhöhe“ derEnglischen Fräulein inSimbach am Inn, wo sie intensiven Kunstunterricht erhielt. Ihr vierjähriges Studium an derAkademie für Angewandte Kunst München schloss sie 1931 als Klassenbeste mit der Lehramtsprüfung für Zeichenlehrerinnen ab. In der Studienzeit entstanden Porträts,Karikaturen, Stadtansichten, Blumenwelten,Stillleben und Selbstporträts inexpressionistischem Stil.
Durch dasTraktatDas kleine Geheimnis von P. Cassian Karg vertiefte sich Hummels geistliche Praxis sehr. Sie praktizierte diesekontemplative Gebetsform für den Alltag, eine deutsche Variante desHerzensgebets, so dass sie dadurch zu ihrer Ordensberufung fand.[1]
Nach ihrem Studium trat sie 1931 zunächst als Kandidatin in das Kloster derFranziskanerinnen von Sießen in Oberschwaben ein, das sie durch zwei mit ihr in München studierende Franziskanerinnen kennengelernt hatte. Mit derEinkleidung nahm sie am 22. August 1933 denOrdensnamenMaria Innocentia an; am 30. August 1934 legte sie dieProfess ab. Ab 1931 arbeitete sie als Zeichenlehrerin in einer vom Kloster betreuten katholischen Schule im nahenSaulgau; ab 1931 war sie auch künstlerische Leiterin der klostereigenenParamentenherstellung.
Neben ihren beruflichen Pflichten fand Hummel weiterhin Zeit, ihr zeitlebens bevorzugtes Motiv in Zeichnungen festzuhalten: Kinder beim Spielen und in anderen liebevoll dargestellten, oft humorvollen Alltagssituationen. Erste Ausstellungen und erste Buchveröffentlichungen in katholischen Verlagen waren sehr erfolgreich.
Neben den Kinderbildern schuf Hummel auch christliche Ikonographie in allen Formaten, darunter ein Altarblatt in Massing, einePietà inTuttlingen, ein Bild des hl.Konrad von Parzham in der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt inBad Kötzting sowie Altarbilder in Tuttlingen undRathsmannsdorf. AuchLandschaftsmalereien und ein unvollendeter, expressionistischerKreuzweg im Kloster Sießen sind erhalten.
Hummels künstlerische Karriere fiel in dieZeit des Nationalsozialismus, in der ein idealisiertes heroisches Menschenbild von blonden, blauäugigen Deutschen propagiert wurde und abweichende Auffassungen als „entartete Kunst“ diffamiert wurden. Hummels Porträts kleiner, putziger, rundlicher, niedlicher Kinder, die oft eher süßlich-kitschig erscheinen, wurden daher von dernationalsozialistischen Kunstkritik vehement kritisiert und als „wasserköpfige Wichtel und klumpfüßige Dreckspatzen“ bezeichnet. Etwas wohlwollender war die Kritik in katholischen Veröffentlichungen, die eher das „Kindertümliche“ und eine gewisse Schemenhaftigkeit und Routine bemängelte. Beim breiten Publikum war Hummel jedoch stets sehr erfolgreich.
Der KunsthistorikerMartin Ortmeier kennzeichnete in seiner Festrede zur Eröffnung der Ausstellung „Berta Hummel – Retrospektive zum 100. Geburtstag“ im Museum in Massing am 21. Mai 2009 deren künstlerisches Werk mit dem Oxymoron „früh unvollendet“. Zu ihren populären Werken stellte er fest: „Jedes Kinderbild Berta Hummels ist eine Botschaft vonAnarchie und kindlicherAutonomie im Gegensatz zumhierarchischen, auf Drill und blinden Gehorsam zielenden Bildungsideal der Zeit hohler Autorität, die bis weit in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts hineinreichte.“[2]
ImZweiten Weltkrieg wurden dieOrdensschwestern 1940 aus dem Kloster Sießen vertrieben, um Flüchtlingen Platz zu machen; nur eine kleine Zahl durfte in einem kleinen Teil der Gebäude wohnen bleiben. Hummel verbrachte einige Zeit bei ihrer Familie, konnte aber nach rund sechs Wochen wieder in denKonvent zurückkehren. Sie nahm ihre zeichnerische Arbeit wieder auf, und ihre Einkünfte wurden zur finanziellen Hauptstütze des Klosters. 1944 erkrankte Sr. Maria Innocentia an einerRippenfellentzündung und verbrachte fünf Monate imSanatorium Wilhelmstift inIsny im Allgäu, bevor sie kurz vor Ende des Kriegs wieder nach Sießen zurückkehrte. Hummel erholte sich nie ganz von ihrer Krankheit und wurde im September 1945 mitTuberkulose in eine Kinderheilstätte inWangen im Allgäu eingeliefert. Sie starb am 6. November 1946 im Alter von 37 Jahren im Mutterhaus in Sießen, auf dessen Friedhof wurde sie am 9. November 1946 begraben.
Zahlreiche Zeichnungen von Hummel sind anfangs als schwarz-weiße, eventuell koloriertePostkartendrucke, später als Farbdrucke im selben Format DIN A6 erschienen. Diese Zeichnungsdrucke haben mitunter eine Zeile handschriftlichen Text zum Motiv, zumindest eine Weihnachtswunschkarte enthält einen großflächigen, gezeichneten Glückwunschtext. Anfänglich waren die Texte teilweise inSütterlin-Schrift geschrieben, nachdem immer weniger Menschen diese Schrift lesen konnten, wurden andere Schriftbilder verwendet.
Postkarten von Hummel wurden herausgegeben zumindest von folgenden Verlagen:[3]
Signaturen lauten typisch auf „Hummel“ oder „M.I.Hummel“ – mit einem J-förmigen Buchstaben „I“ und einem Überstrich über dem „u“.
Die Schriftart kann als mit Blockbuchstaben abgewandelteKurrent-Handschrift charakterisiert werden.
Nach einem Treffen mit Hummel und der Oberin des Klosters Sießen im Jahre 1934 erhielt Franz Goebel (Mitinhaber derPorzellanfabrik W. Goebel inRödental) die Lizenz, Hummels Zeichnungen in Figuren umzusetzen. 1935 wurden die ersten farbig glasierten Feinkeramik-Kleinplastiken vorgestellt, die von den bei Goebel tätigen PlastikernArthur Möller undReinhold Unger geschaffen wurden.
Im Laufe der Jahre entstanden über 400 verschiedene Figuren. Diese waren von einem Sachverständigengremium des Klosters und der Familie Hummel in Zusammenarbeit mit Modelleuren, Malern und der Goebel-Geschäftsführung auf Übereinstimmung mit Stil und Intention der Künstlerin überprüft. Ein Teil der Erlöse geht immer noch an die Franziskanerinnen von Sießen, die dadurch verschiedene Projekte finanzieren können.
In Deutschland soll jeder zweite Haushalt eine Hummel-Figur besessen haben. Die Figuren fanden auch weltweit eine große Anhängerschaft. Schon auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1935 gingen sie zu Tausenden in die Vereinigten Staaten, und nach 1945 brachten US-amerikanische Soldaten Hummel-Figuren als Mitbringsel aus Deutschland nach Hause. Der 1977 gegründeteGoebel Collectors’ Club, heuteM. I. Hummel Club, hatte in den Vereinigten Staaten über 200.000 Mitglieder (in Europa: ca. 60.000), und die ehemalige amerikanische First LadyBetty Ford besaß eine ansehnliche Sammlung. Beim jährlichenHummel Festival an wechselnden Orten der Vereinigten Staaten treffen sich etwa 30.000 Sammler; beiLook-Alike-Wettbewerben werden Kinder prämiert, die einer Hummel-Figur ähnlich sehen.
Ende Oktober 2008 wurde die Herstellung der Hummelfiguren bei der Firma Goebel wegen fehlender Wirtschaftlichkeit eingestellt. Im Januar 2009 übernahm Jörg Köster, geschäftsführender Gesellschafter derHöchster Porzellanfabrik, zusammen mit privaten Investoren die Fabrikation der Hummel-Figuren. Unter der FirmaManufaktur Rödental wurden seit dem 9. Februar 2009 Hummel-Figuren im alten angemieteten Produktionsgebäude in Rödental mit 30 Fachkräften wieder hergestellt.[4] 2012 erzielte die Manufaktur einen Umsatz von 5,5 Millionen Euro. Am 22. August 2013 meldete der Geschäftsführer der Manufaktur Rödental GmbH Insolvenz an.[5]
Ab dem 1. November 2013 stand das Unternehmen unter neuer Leitung. Die Geschichte und Tradition der weltweit bekannten Hummel-Figuren wurde weiter in Rödental fortgeführt und von derHummel Manufaktur GmbH gefertigt. Im September 2017 meldete auch diese Firma Insolvenz an.[6] Am 22. Dezember 2017 wurde bekannt, dass der Kulmbacher UnternehmerBernd Förtsch dieHummel Manufaktur übernehmen und das Unternehmen nun einemRestrukturierungsprozess unterziehen wolle. Der Fokus sollte zukünftig auf dem Direktvertrieb und einem umfassenden Community-Konzept zur Einbindung der großen Sammlergemeinde liegen.[7] Die Jahresproduktion handgemachter Figuren sollte von 55.000 auf 20.000 zurückgefahren werden und es sollte zudem nichts mehr gefertigt werden, was kleiner ist als zehn Zentimeter oder einen geringeren Preis hat als 100 Euro.[8]
Im Münchner StadtteilMoosach[11] und inMassing wurden Straßen nach Berta Hummel benannt.
Personendaten | |
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NAME | Hummel, Maria Innocentia |
ALTERNATIVNAMEN | Hummel, Berta (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Franziskanerin, Zeichnerin und Malerin |
GEBURTSDATUM | 21. Mai 1909 |
GEBURTSORT | Massing, Niederbayern |
STERBEDATUM | 6. November 1946 |
STERBEORT | Kloster Sießen,Bad Saulgau |