Lumbalpunktion in sitzender Position nach HautdesinfektionTypische Nadel zur Lumbalpunktion; die untere Nadel auf dem Bild füllt den Hohlraum der eigentlichen Kanüle beim Stechen aus und wird dann herausgezogen, damit der Liquor herauslaufen kann.Historische Darstellung einer Lumbalpunktion mit anschließender Antiseren-Gabe, frühes 20. Jahrhundert.
EineLumbalpunktion (vonlateinischlumbus „Lende“) ist einePunktion desDuralsacks im Bereich derLendenwirbel. Dabei wird eine Hohlnadel in denLumbalkanal auf Höhe derLende eingeführt und Nervenwasser (Liquor cerebrospinalis) entnommen. Die Lumbalpunktion ist die häufigste Form derLiquorentnahme. Der Einstichort liegt zwischen den Dornfortsätzen des zweiten bis fünften Lendenwirbels, also deutlich tiefer als das untere Ende desRückenmarks.
Bereits mit bloßem Auge lässt sich einiges ablesen. Ein normales Lumbalpunktat ist wasserklar, entzündlicher Liquor ist mehr oder weniger stark getrübt, ein roter oder rot tingierter Liquor ist bei frischen echten (beispielsweise beiSubarachnoidalblutungen) oder artifiziellen (durch die Punktion selbst verursachten) Blutungen zu beobachten, während nach älteren Blutungen unter Umständen eine gelbliche Verfärbung zu sehen ist.
Weiterhin kann eine Liquordruckmessung erfolgen. Hierzu wird an die Punktionskanüle ein steriles Schlauchsystem angeschlossen und mittels Lineal derhydrostatische Druck in cmH2O (Zentimeter Wassersäule) abgelesen.
Vor Erfindung neuerer bildgebender Diagnostik, insbes.Computertomografie,Magnetresonanztomografie, erfolgten Lumbalpunktionen auch zurPneumoenzephalografie, bei der Luft in den Liquorraum geleitet wurde, um mittels Röntgenuntersuchung so Hirnstrukturen darstellen zu können. Diese Untersuchungsmethode ist heute obsolet.
Zwischen Gehirn und der peripheren Blutbahn gibt es eine Barriere (Blut-Hirn-Schranke), die beim gesunden Menschen für einige Medikamente nicht durchlässig ist. Deshalb werden – neben Lokalanästhestika und anderen analgetisch wirksamen Medikamente, in seltenen Fällen auch Medikamente wie zum BeispielChemotherapeutika über die Rückenmark-Flüssigkeit appliziert (intrathekal). Diese wirken aufgrund der Liquorflussrichtung vor allem im Bereich des Rückenmarks.[7]
Eine Liquorpunktion kann auch zur kurzfristigen Entlastung bei erhöhtem Liquordruck dienen, zum Beispiel beiHydrocephalus malresorptivus nachSubarachnoidalblutung.
DieSpinalanästhesie oder Lumbalanästhesie ist eine Form derRegionalanästhesie, bei der durch eine Punktion desSubarachnoidalraums mittels einer Führungskanüle eineSpinalkanüle eingeführt wird und über dieseLokalanästhetika injiziert werden können. Damit wird eine zeitweilige, umkehrbare Funktionshemmung von ausgewähltenNervensegmenten bewirkt. Sie führt (in der genannten Reihenfolge) zurSympathikolyse, Schmerzfreiheit, Empfindungslosigkeit und Hemmung der aktiven Beweglichkeit in Teilen des Körpers. Als Anästhesieverfahren kann sie bei Operationen an der unteren Körperhälfte wie zum Beispiel beiKaiserschnitten oderHüftgelenksoperationen angewendet werden und ersetzt dabei eineNarkose.[8]
Patienten, bei denen der Verdacht auf eine Erhöhung desHirndrucks besteht, dürfen nicht punktiert werden. Auch bei Patienten mit einer Störung derBlutgerinnung (beispielsweise aufgrund der Einnahme von Medikamenten, die die Blutgerinnung hemmen) ist eine Lumbalpunktionkontraindiziert. Der Vorgang der Punktion selbst ist meist nur wenig schmerzhaft. Die häufigste unerwünschte Nebenwirkung der Lumbalpunktion ist derpostpunktionelle Kopfschmerz, der seltener auftritt, wenn atraumatische Punktionskanülen verwendet werden. Er tritt bei etwa 3–10 % der Patienten auf. Kennzeichnend für ihn ist, dass er in liegender Position abnimmt. Eine prophylaktische Bettruhe ist nicht wirksam.[9] Der postpunktionelle Kopfschmerz klingt nach einigen Tagen von selbst ab. Häufig kommen auch vorübergehende Schmerzen über der Punktionsstelle und ausstrahlende Schmerzen im Bereich des Gesäßes und der Hüfte vor. Schwererwiegende Komplikationen wie Infektionen und Blutungen sind äußerst selten. In Einzelfällen kann die Dauer des postpunktionellen Kopfschmerzes auch bis zu 3–4 Wochen anhalten. Zudem können Übelkeit und Schwindelgefühl begleitende Nachwirkungen sein.
↑Wolfgang Seeger, Carl Ludwig Geletneky:Chirurgie des Nervensystems. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.):Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973,ISBN 3-87185-021-7, S. 229–262, hier: S. 232.
↑H. Orth, I. Kis:Schmerzbekämpfung und Narkose. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.):Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973,ISBN 3-87185-021-7, S. 1–32, hier: S. 19 f. und 25.
↑Heinrich Irenaeus Quincke:Die Lumbalpunktion des Hydrocephalus. In:Berliner Medizinische Wochenschrift.Band28, 1891,S.929–933.
↑Walter Essex Wynter:Four cases of rubercular meningitis in which paracentesis was performed for the relief of fluid pressure. In:Lancet.Band1, 1891,S.981–982.
↑Michael Heck, Michael Fresenius:Repetitorium Anaesthesiologie. Vorbereitung auf die anästhesiologische Facharztprüfung und das Europäische Diplom für Anästhesiologie. 3., vollständig überarbeitete Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg / New York u. a. 2001,ISBN 3-540-67331-8, S. 803.
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