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Lumbalpunktion

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Lumbalpunktion in sitzender Position nach Hautdesinfektion
Typische Nadel zur Lumbalpunktion; die untere Nadel auf dem Bild füllt den Hohlraum der eigentlichen Kanüle beim Stechen aus und wird dann herausgezogen, damit der Liquor herauslaufen kann.
Historische Darstellung einer Lumbalpunktion mit anschließender Antiseren-Gabe, frühes 20. Jahrhundert.

EineLumbalpunktion (vonlateinischlumbus „Lende“) ist einePunktion desDuralsacks im Bereich derLendenwirbel. Dabei wird eine Hohlnadel in denLumbalkanal auf Höhe derLende eingeführt und Nervenwasser (Liquor cerebrospinalis) entnommen. Die Lumbalpunktion ist die häufigste Form derLiquorentnahme. Der Einstichort liegt zwischen den Dornfortsätzen des zweiten bis fünften Lendenwirbels, also deutlich tiefer als das untere Ende desRückenmarks.

Ist eine Lumbalpunktion – etwa bei Tumoren der Wirbelsäule – nicht möglich, kann Nervenwasser durch eineSubokzipitalpunktion (auch Zisternenpunktion; Punktion derCisterna cerebellomedullaris; Einstich zwischen demHinterhauptsknochen und erstenHalswirbel) oder eineVentrikelpunktion (Punktion derHirnventrikel) entnommen werden.

Die ersten Lumbalpunktionen wurden 1885 vonJames Leonard Corning versucht und inKiel 1891 vonHeinrich Irenaeus Quincke angewendet,[1] deren Technik Quincke als Erster exakt beschrieben und bekannt gemacht hat.[2][3] Ebenfalls 1891 wurde Lumbalpunktion vonWalter Essex Wynter[4] durchgeführt.[5] Ab 1898 wurden, beginnend mitAugust Bier, über diesen Zugangsweg zum RückenmarkskanalSpinalanästhesien mit 0,5-prozentiger Cocainlösung durchgeführt.[6]

Diagnostische Anwendung

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Bei Verdacht auf entzündliche und maligne Erkrankungen derHirnhäute oder des Gehirns (Meningitis,Enzephalitis,Neurolues,Multiple Sklerose,Meningeosis carcinomatosa u. a.) sowie bei anderen Erkrankungen können durch dieLiquordiagnostik wichtige Marker ermittelt werden. Beispiele sind der Nachweis von Bakterien, Tumorzellen,Leukozyten (erhöht bei Entzündungen/Infektionen),Glucose (erniedrigt bei bakteriellen Infektionen),Lactat, Blut oder freiesHämoglobin (nach Blutungen), Nachweis von Störungen derBlut-Hirn-Schranke (sieheReiber-Schema) und oligoklonaleImmunglobuline (zum Beispiel bei Multipler Sklerose). Je nach Fragestellung werden die Proben ins Labor, in diePathologie und/oder in dieMikrobiologie versandt.

Bereits mit bloßem Auge lässt sich einiges ablesen. Ein normales Lumbalpunktat ist wasserklar, entzündlicher Liquor ist mehr oder weniger stark getrübt, ein roter oder rot tingierter Liquor ist bei frischen echten (beispielsweise beiSubarachnoidalblutungen) oder artifiziellen (durch die Punktion selbst verursachten) Blutungen zu beobachten, während nach älteren Blutungen unter Umständen eine gelbliche Verfärbung zu sehen ist.

Weiterhin kann eine Liquordruckmessung erfolgen. Hierzu wird an die Punktionskanüle ein steriles Schlauchsystem angeschlossen und mittels Lineal derhydrostatische Druck in cmH2O (Zentimeter Wassersäule) abgelesen.

Vor Erfindung neuerer bildgebender Diagnostik, insbes.Computertomografie,Magnetresonanztomografie, erfolgten Lumbalpunktionen auch zurPneumoenzephalografie, bei der Luft in den Liquorraum geleitet wurde, um mittels Röntgenuntersuchung so Hirnstrukturen darstellen zu können. Diese Untersuchungsmethode ist heute obsolet.

Therapeutische Anwendung

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Zwischen Gehirn und der peripheren Blutbahn gibt es eine Barriere (Blut-Hirn-Schranke), die beim gesunden Menschen für einige Medikamente nicht durchlässig ist. Deshalb werden – neben Lokalanästhestika und anderen analgetisch wirksamen Medikamente, in seltenen Fällen auch Medikamente wie zum BeispielChemotherapeutika über die Rückenmark-Flüssigkeit appliziert (intrathekal). Diese wirken aufgrund der Liquorflussrichtung vor allem im Bereich des Rückenmarks.[7]

Eine Liquorpunktion kann auch zur kurzfristigen Entlastung bei erhöhtem Liquordruck dienen, zum Beispiel beiHydrocephalus malresorptivus nachSubarachnoidalblutung.

Modifizierte Anwendung in der Anästhesie

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DieSpinalanästhesie oder Lumbalanästhesie ist eine Form derRegionalanästhesie, bei der durch eine Punktion desSubarachnoidalraums mittels einer Führungskanüle eineSpinalkanüle eingeführt wird und über dieseLokalanästhetika injiziert werden können. Damit wird eine zeitweilige, umkehrbare Funktionshemmung von ausgewähltenNervensegmenten bewirkt. Sie führt (in der genannten Reihenfolge) zurSympathikolyse, Schmerzfreiheit, Empfindungslosigkeit und Hemmung der aktiven Beweglichkeit in Teilen des Körpers. Als Anästhesieverfahren kann sie bei Operationen an der unteren Körperhälfte wie zum Beispiel beiKaiserschnitten oderHüftgelenksoperationen angewendet werden und ersetzt dabei eineNarkose.[8]

Kontraindikationen und Komplikationen

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Patienten, bei denen der Verdacht auf eine Erhöhung desHirndrucks besteht, dürfen nicht punktiert werden. Auch bei Patienten mit einer Störung derBlutgerinnung (beispielsweise aufgrund der Einnahme von Medikamenten, die die Blutgerinnung hemmen) ist eine Lumbalpunktionkontraindiziert. Der Vorgang der Punktion selbst ist meist nur wenig schmerzhaft. Die häufigste unerwünschte Nebenwirkung der Lumbalpunktion ist derpostpunktionelle Kopfschmerz, der seltener auftritt, wenn atraumatische Punktionskanülen verwendet werden. Er tritt bei etwa 3–10 % der Patienten auf. Kennzeichnend für ihn ist, dass er in liegender Position abnimmt. Eine prophylaktische Bettruhe ist nicht wirksam.[9] Der postpunktionelle Kopfschmerz klingt nach einigen Tagen von selbst ab. Häufig kommen auch vorübergehende Schmerzen über der Punktionsstelle und ausstrahlende Schmerzen im Bereich des Gesäßes und der Hüfte vor. Schwererwiegende Komplikationen wie Infektionen und Blutungen sind äußerst selten. In Einzelfällen kann die Dauer des postpunktionellen Kopfschmerzes auch bis zu 3–4 Wochen anhalten. Zudem können Übelkeit und Schwindelgefühl begleitende Nachwirkungen sein.

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Wolfgang Seeger, Carl Ludwig Geletneky:Chirurgie des Nervensystems. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.):Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973,ISBN 3-87185-021-7, S. 229–262, hier: S. 232.
  2. H. Orth, I. Kis:Schmerzbekämpfung und Narkose. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.):Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973,ISBN 3-87185-021-7, S. 1–32, hier: S. 19 f. und 25.
  3. Heinrich Irenaeus Quincke:Die Lumbalpunktion des Hydrocephalus. In:Berliner Medizinische Wochenschrift.Band 28, 1891,S. 929–933. 
  4. Walter Essex Wynter:Four cases of rubercular meningitis in which paracentesis was performed for the relief of fluid pressure. In:Lancet.Band 1, 1891,S. 981–982. 
  5. J. M. Pearce:Walter Essex Wynter, Quincke, and lumbar puncture. In:Journal of Neurology, Neurosurgery, and Psychiatry.Band 57,Nr. 2, Februar 1994,ISSN 0022-3050,S. 179,PMID 8126500,PMC 1072445 (freier Volltext). 
  6. Michael Heck, Michael Fresenius:Repetitorium Anaesthesiologie. Vorbereitung auf die anästhesiologische Facharztprüfung und das Europäische Diplom für Anästhesiologie. 3., vollständig überarbeitete Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg / New York u. a. 2001,ISBN 3-540-67331-8, S. 803.
  7. Eckhard Thiel, Beate Gleissner:Meningeosis neoplastica. In:Deutsches Ärzteblatt.Band 103,Nr. 39, 29. September 2006,S. A2559–A2565 / B2216 / C2137 (Online). 
  8. F. Gerheuser, D. Craß:Spinalanästhesie. In:Der Anaesthesist.Band 54,Nr. 12, Dezember 2005,ISSN 0003-2417,S. 1245–1267,doi:10.1007/s00101-005-0947-6,PMID 16317479 (Review). 
  9. Liquorunterdruck-Syndrom, postpunktionell und spontan: Diagnostik und Therapie (Memento vom 28. Februar 2016 imInternet Archive; PDF) Leitlinie der DGN; abgerufen am 28. Februar 2016.
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu denHinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
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