Kuba ist eineEinparteiendiktatur. Durch dieautoritäre Regierung kommt es regelmäßig zu schwerwiegenden Verletzungen derMenschenrechte. Die Wirtschaft ist schwach und der allgemeine Lebensstandard niedrig. Große Teile der Bevölkerung leben in Armut.
Kolumbus nannte die Insel nach seinem Eintreffen zunächstJuana nach dem PrinzenDon Juan. Im Jahr 1515 ordnete dessen VaterFernando II., König von Spanien, die Umbenennung inFernandina an, denn nach ihm war bisher nur eine Insel derBahamas (heute:Long Island) benannt worden.[6]
Der Name „Cuba“ stammt wahrscheinlich aus der Sprache derKariben oder derTaíno. Die Wörtercoa (= Ort) undbana (= große) bedeuten so viel wie „großer Platz“. Kolumbus schrieb, er sei an einem Ort gelandet, den die indigenen EinheimischenCubao,Cuban oderCibao nannten. Diese Bezeichnungen bezogen sich offensichtlich auf eine Bergregion in der Nähe des Landungsortes im Osten Kubas.
Der kubanische Schriftsteller und EtymologeJosé Juan Arrom beschrieb 1964 folgende Wortherkunft: Demnach existiert in derSprache der Arawak der Begriffkuba-annakan bzw.cubanacán, was so viel wie „Land oder Provinz in der Mitte“ bedeutet. Damit sei quasi als gesichert anzunehmen, dass „Cuba“ so viel wie „Land“ oder „Provinz“ in der Sprache der Einheimischen hieß.[7]
Eine weitere Namensgebungs-Theorie rückt den OrtCuba imAlentejo in Portugal in den Vordergrund; hier sei Kolumbus als unehelicher Spross der portugiesischen Königsfamilie geboren worden.
Die maximale Ausdehnung der Hauptinsel beträgt von West(Cabo San Antonio) nach Ost(Punta Maisí) 1250 Kilometer. Die schmalste Nord-Süd-Ausdehnung beträgt 31 Kilometer. Der Abstand nachKey West (USA) beträgt 154 Kilometer, der Abstand nachYucatán (Mexiko) 210 Kilometer. Da die Umrisse entfernt an ein Krokodil erinnern, wird Kuba auch gern als der „grüne Kaiman“ (spanisch:caimán verde) bezeichnet.
Kuba liegt im Einzugsgebiet vontropischen Wirbelstürmen, die sichjährlich von Juni bis November über dem Atlantik und in der Karibik bilden. Nicht selten trifft dabei ein schwerer Hurrikan kubanisches Festland und richtet schwere Verwüstungen an, welche das wirtschaftlich schwache Kuba besonders hart treffen. Insbesondere die meist in Leichtbauweise errichteten Privathäuser sind den starken Winden schutzlos ausgeliefert. Jedoch besitzt Kuba einen sehr gut funktionierendenKatastrophenschutz, sodass es, im Gegensatz zu den Nachbarinseln, selten zu einer größeren Anzahl von Todesfällen kommt.[9]
DieHurrikansaison 2008, mit drei schweren Hurrikanen, die Kuba trafen, –Gustav,Ike undPaloma – war eine der schlimmsten Naturkatastrophen in den letzten 50 Jahren.[10] Es wurden hunderttausende Wohnungen zerstört, die Infrastruktur stark beschädigt und große Teile der Ernten vernichtet. Die Gesamtschäden werden auf um die zehn Milliarden US-Dollar geschätzt, rund zwanzig Prozent des kubanischen Bruttoinlandsproduktes von 2007. Sieben Menschen kamen ums Leben.[11]
Die höchste Temperatur seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Kuba wurde am 11. April 2024 mit 40,1 °C in derProvinz Granma gemessen. Der vorherige Rekord stammt vom 12. April 2020 aus derselben Provinz, wo 39,7 °C registriert wurden.[12]
Kuba ist seit der Verwaltungsreform von 1976 und ihrer im Januar 2011 in Kraft getretenen Novellierung in 15 Provinzen und das SonderverwaltungsgebietIsla de la Juventud unterteilt:
Diese Provinzen sind, mit Ausnahme desMunicipio especial Isla de la Juventud, wiederum in insgesamt 168Municipios untergliedert, die in etwa einem Landkreis in Deutschland entsprechen. Meist sind sie nach der Stadt benannt, in der sich der Verwaltungssitz des Municipio befindet.
Vor der Reform der Verwaltungsgliederung von 1976 gab es in Kuba sechs Provinzen:Pinar del Río,Havanna undMatanzas im Westen sowieLas Villas,Camagüey undOriente in Zentral- und Ostkuba. Die danach entstandeneProvinz La Habana wurde 2011 in die neuen ProvinzenArtemisa undMayabeque aufgespalten. Die Neueinteilung der Provinzen war Teil einer Verwaltungsreform, welche auch eine klarere Arbeitsteilung derPoder Popular und eine Erweiterung der Kompetenzen der einzelnen Provinzen vorsieht. Außerdem sollte durch die Schaffung neuer regionaler Zentren das Zugehörigkeitsgefühl der dort lebenden Kubaner gestärkt und die Qualität der staatlichen Dienste effizienter gestaltet werden.[13]
Der mit Abstand größteBallungsraum in Kuba und der ganzen Karibik istHavanna mit einer Einwohnerzahl von 2.581.619 (Stand 1. Januar 2005). Damit konzentriert sich ein Viertel der Bevölkerung des Landes in der Hauptstadtregion.Im Jahr 2023 lebten 78 Prozent der Einwohner Kubas in Städten.[14] Die zehn größten Städte Kubas sind:[15]
Kuba hatte zum Ende des Jahres 2023 rund 10 Millionen Einwohner[16], davon über zwei Millionen in der Hauptstadt Havanna.[17] In den Jahren 2021 bis 2023 sank die Bevölkerung um gut eine Million. Davon sind lediglich 120 Tausend auf die Differenz zwischen der Zahl der Geburten und der der Gestorbenen (Geburtenziffer: 8,9 pro 1000 Einwohner[18] vs. Sterbeziffer: 14,7 pro 1000 Einwohner[19]) zurückzuführen. Der Großteil ist der Emigration aufgrund der aktuell herrschenden Wirtschaftskrise verschuldet.[16]
Die Anzahl der Geburten pro Frau lag 2022 statistisch bei 1,4, die der Region Lateinamerika und die Karibik betrug 1,8.[20] DerMedian des Alters der Bevölkerung lag im Jahr 2021 bei 41,2 Jahren.[21] Im Jahr 2023 waren 15,6 Prozent der Bevölkerung unter 15 Jahre,[22] während der Anteil der über 64-Jährigen 16,1 Prozent der Bevölkerung betrug.[23] Kuba war Anfang der 2010er Jahre das erste Land Lateinamerikas, in dem sich der Prozess derAlterung der Bevölkerung beschleunigte.[24]
Bevölkerungsstruktur, Staatsbürgerschaft und Migration
Durch ein spanisches Gesetz, dasLey de Memoria Histórica(Gesetz des Historischen Gedenkens), von dem Kinder und Enkel von Flüchtlingen desSpanischen Bürgerkrieges profitieren, haben 150.000 bis 200.000 Kubaner das Anrecht auf die spanische Staatsbürgerschaft.[25][26]
Auffällig sind dabei die großen regionalen Unterschiede: Während sich in den westlichen Provinzen durchschnittlich 70–80 Prozent als Weiße bezeichnen, sind es in den östlichen Provinzen des Landes deutlich weniger. In Santiago de Cuba bezeichnen sich beispielsweise nur 25,6 Prozent der Einwohner als Weiße, 60 Prozent als Mulatte oder Mestize und 14,4 Prozent als Schwarze. In Havanna ergibt sich ein differenziertes Bild: Dort bezeichnen sich 58,4 Prozent als Weiße, 26,6 als gemischt und 15,2 Prozent als Schwarze.
Mit der Wandlung Kubas zum Quasi-Monopolanbieter für Zucker und der damit benötigten Menge an Arbeitskräften kam eine große Zahl afrikanischer Sklaven auf die Insel, allein sechs bis achthunderttausend im 19. Jahrhundert.[30] Zwischen 1890 und 1930 migrierte allein eine Million Einwanderer nach Kuba, vorwiegend aus Spanien,[31] so dass Kuba um 1930 drei Millionen Einwohner zählte.[30]
Daspräkolumbische Volk derTaíno, das die Insel vor der Ankunft der Spanier besiedelte, ist ausgestorben.
In Kuba wirdSpanisch gesprochen. Jedoch weist die dort gesprochene Variante einige Besonderheiten zur in Spanien gesprochenen Hochsprache und auch zu den im übrigenHispanoamerika gesprochenen spanischenDialekten auf. Ein Großteil dieser Varietäten findet sich jedoch auch in anderen spanischsprachigen Ländern der Karibik, insbesondere in derDominikanischen Republik,Puerto Rico und karibischen Küstengebieten vonKolumbien undVenezuela.[32] Minderheitensprachen, wie beispielsweiseindianische Sprachen, existieren praktisch nicht.[33]
Die grammatikalische Besonderheit, welche die Sprache mit dem übrigen Lateinamerika gemeinsam hat, ist die Nutzung vonustedes (sie) in der 3. Person Plural anstatt vonvosotros (ihr – 2. Person Plural).
Die Aussprache ist ähnlich den übrigen spanischsprachigen Ländern in der Karibik und hat ihre historischen Wurzeln wohl hauptsächlich in den Regionen Spaniens, aus denen die erste größere Einwanderungswelle stammte, nämlich denKanaren und aus Südspanien, und zeichnet sich unter anderem durch den sogenanntenSeseo aus. So werden die im Hochspanisch unterschiedlichen Laute /θ/ (engl.th) und /s/ immer wie /s/ ausgesprochen. Das Verschlucken einiger Konsonanten, wie des /s/ am Silben- und Wortende sowie des /d/ und /b/ zwischen Vokalen ist ebenfalls typisch. Auch wird (vor allem von Ostkubanern) häufig statt /r/ am Silbenende /l/ ausgesprochen:puerta (Tür) gerät dann zupuelta undpor favor (bitte) zupol favol.
Als Kubas Hauptreligionen gelten derKatholizismus und dieSantería, eine Mischreligion (Synkretismus). Sie basiert auf dertraditionellen Religion derwestafrikanischenYoruba und ist stark mitchristlichen Elementen vermischt. Als unpolitische und unorganisierte Form der Religionsausübung erhält die Santería seit einigen Jahren eine staatliche Förderung. Schätzungen zufolge sind etwa 35 Prozent der Kubaner katholischgetauft, darunter auch viele Santería-Anhänger. Nach Angaben des Vatikans seien 60 Prozent der Bevölkerung Katholiken.[34]Schutzpatronin Kubas ist dieVirgen de la Caridad del Cobre (Barmherzige Jungfrau von El Cobre), die in der Santería auch für die Göttin der Flüsse und der LiebeOchún steht.
Neben der katholischen Kirche sind in den letzten Jahren zahlreichekubanisch-protestantische Gemeinden entstanden, auch mehr als 96.000Zeugen Jehovas werden inzwischen gezählt. DasJudentum in Kuba ist eine Religionsminderheit, die im Jahr 2020 etwa 500 Mitglieder zählte.[35]
Britische Karte ab 1680Aktie der Real Compañía de La Havana aus dem Jahr 1747, Kupferstich auf Pergament. Die 1740 in Havanna gegründete Königliche Handelskompanie hatte ein Monopol für Textilien, Porzellan, Getreide und Mehlprodukte für den Export nach Kuba. Ins Mutterland wurden Zucker, Tabak und Lederhäute importiert. In den ersten 20 Jahren wurden von der Kompanie über 5.000 Sklaven importiert.[36]
Kuba und die dort lebendenArawak gerieten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts unter spanische Kontrolle. Innerhalb weniger Jahrzehnte wurden die indigenen Völker durch Gewalt und Krankheit praktisch ausgerottet. Zur Durchführung des sehr arbeitsintensiven Zuckerrohranbaus setzten die spanischen Pflanzer im 17. und 18. Jahrhundert zehntausendeSklaven ein, die vorwiegend ausWestafrikaverschleppt worden waren.
Im 19. Jahrhundert kamen rund sechs- bis achthunderttausend afrikanische Sklaven nach Kuba.[37]
Die Kämpfe der Kolonie um Unabhängigkeit begannen 1868 und dauerten mit Unterbrechungen bis zum Abzug der Spanier im Jahr 1898 an, als die USA intervenierten (Spanisch-Amerikanischer Krieg).
ImZehnjährigen Krieg (1868–1878) und imKleinen Krieg (1878–1879) um die Unabhängigkeit waren die Kubaner noch gescheitert. Am 10. Dezember 1898 erklärte Spanien im Friedensvertrag von Paris den Verzicht auf Kuba und diePhilippinen.[38] Zuvor kämpften der kubanische NationalheldJosé Martí und die OberbefehlshaberMáximo Gómez undAntonio Maceo imUnabhängigkeitskrieg seit 1895 mit einer sehr kleinen Armee gegenüber 200.000 Spaniern.
Die Verfassung von 1901, die 1928 in wesentlichen Teilen reformiert wurde, etablierte das allgemeine Männerwahlrecht.[39]Nach dem Ende des Spanisch-Amerikanischen Krieges besetzten dieUSA die Insel, bis sie schließlich 1902 die formale Unabhängigkeit erlangte.
DieSouveränität war bis 1934 jedoch durch dasPlatt Amendment eingeschränkt, das den USA bei Beeinträchtigung US-amerikanischer Interessen ein jederzeitiges Interventionsrecht in Kuba gab.
Wie auch in anderen Ländern kam in Kuba dasFrauenwahlrecht mit einer Revolution: Die Entmachtung des DiktatorsGerardo Machado führte dazu, dass Kuba das vierte lateinamerikanische Land mit Frauenwahlrecht wurde.[40][41] Nach der Erlangung der formalen Unabhängigkeit sah bereits die (provisorische)Ley Constitucional vom 2. Januar 1934 das allgemeine Männerwahlrecht vor.[39] Am 3. Februar 1934 wurde dasFrauenwahlrecht in die vorläufige Verfassung aufgenommen.[41] Aber erst mit der Annahme der Verfassung von 1940 wurde dasFrauenwahlrecht wirksam; die übrigen provisorischen Verfassungstexte änderten am Frauenwahlrecht nichts.[39]
Ein Überrest der US-amerikanischen Sonderrechte aus demPlatt Amendment ist der gegen den erklärten kubanischen Willen noch heute von den USA aufrechterhaltene Marinestützpunkt Bahía de Guantánamo(Guantánamo Bay),dessen Militärgefängnis infolge derTerroranschläge am 11. September 2001 internationale Bekanntheit erlangte.
Anfang 1959 stürzten die kubanischen Revolutionäre unter der Führung vonFidel undRaúl Castro,Camilo Cienfuegos und des ArgentiniersErnesto Guevara, genanntChe, den kubanischen DiktatorFulgencio Batista und errichteten ab 1961 (Deklaration von Havanna) einensozialistischen Staat. Die damit verbundenenEnteignungen von US-Firmen und US-Bürgern führten zu einem dauerhaftenEmbargo der USA und weiterer westlicher Staaten gegen Kuba. Kuba suchte und fand Unterstützung bei den sozialistischen Staaten Osteuropas, insbesondere der damaligenSowjetunion.
Aufgrund der strategischen Lage Kubas eskalierte 1962 der Konflikt zwischen den USA und der UdSSR in der sogenanntenKubakrise. Noch heute leidet Kuba unter wirtschaftlichen Sanktionen und ist als eines von wenigen Ländern nicht Mitglied in supranationalen Bündnissen.
In mehreren Flüchtlingswellen verließen tausende Kubaner ihre Heimat, von denen sich ein Großteil inFlorida, insbesondere inMiami (sieheLittle Havana), ansiedelte.
Mit dem Ende der kommunistischen Diktaturen in Osteuropa nach denRevolutionen im Jahr 1989 fielen Kubas wichtigste Handelspartner und Geldgeber (Sowjetunion und übrigeRGW-Staaten) weg und Kuba erlebte zu Beginn der 1990er-Jahre eine schwere Wirtschaftskrise, die 1993 ihren Höhepunkt erreichte. Hatte Kuba zuvor fast seine gesamte Zuckerernte in die sozialistischen Staaten Osteuropas verkauft und im Gegenzug zwei Drittel seiner Nahrungsmittel, fast das gesamte Öl und 80 Prozent seiner Maschinen und Ersatzteile von dort bezogen, so waren auf einmal 85 Prozent seines Außenhandels weggebrochen. Die Industrie und das Transportwesen kamen wegen Ölmangels zum Erliegen und infolge drastischer Nahrungsmittelrationierungen kam es erstmals seit vielen Jahren zuUnterernährung auf der Insel. 1992 beschloss die Regierung, als Ersatz für den verlorengegangenen Außenhandel die Tourismusindustrie zu entwickeln.[42]Unter der Führung vonCarlos Lage wurde die Wirtschaft dezentralisiert und privatwirtschaftliche Tätigkeit und Devisenhandel in einigen bestimmten Segmenten des Wirtschaftslebens zugelassen.Joint-Venture-Geschäfte imTourismussektor, die Zusammenarbeit mit neuen Außenwirtschaftspartnern (unter anderemSpanien,Italien,Kanada,Brasilien,Volksrepublik China,Venezuela), die Entdeckung von neuen Erdölvorkommen und die Vermarktung der bedeutendenNickelvorkommen trugen zur Stabilisierung der kubanischen Wirtschaft bei. Allerdings entstanden auch sozialeDisparitäten.
Nachdem durch die notwendig gewordene Wiedereingliederung Kubas in den karibischen Wirtschaftsraum ein gewisser wirtschaftlicher Aufschwung zu verzeichnen war, führten dieHurrikans von 2008, die sich zeitlich mit dem Höhepunkt derglobalen Wirtschaftskrise überschnitten, zu einer erneuten Verschärfung der Krise. Die kubanische Bevölkerung spricht von ihr seitdem als dersegunda crisis de los 90 (zweiten Krise der 90er).[43] 2006 angekündigte Wirtschaftsreformen wurden fünf Jahre später von der kubanischen Nationalversammlung als neue „Leitlinien der Wirtschafts- und Sozialpolitik“(lineamientos de la política económica y social) gebilligt.[44][45] 2012 war die Versorgungskrise aus den Jahren um 2008 überwunden. Die Atmosphäre ist laut demSpiegel-Korrespondenten Jens Glüsing „offener und entspannter“, der wirtschaftliche Aufschwung sei überall zu spüren.[46] Die inflationsbereinigten Gehälter erreichten 2011 jedoch weiterhin lediglich 51 % des Wertes von 1989.[47]
Im Mai 2013 bestätigte derFAO-Generaldirektor José Graziano da Silva in einem Gespräch mit Raúl Castro, dass Kuba das 1996 beim Weltgipfel der FAO in Rom definierte Ziel der Halbierung der Zahl der unterernährten Personen vorzeitig erreicht habe. Kuba befindet sich unter den 16 Ländern, die weltweit bei der Bekämpfung des Hungers die größten Fortschritte vorzuweisen hätten.[48] Die Öffnung der zentralistischen Staatswirtschaft erfolgte jedoch so zurückhaltend, dass keine belebenden Effekte auftraten und sich das Land 2017 gar in einer Rezession befand.[49] Die neue Verfassung, welche Ende Februar 2019 angenommen wurde, erlaubte Privateigentum und in begrenztem Maße auch ausländische Investitionen.[50]
Ende Juli 2006 übertrug der bis dahin langjährige StaatsführerFidel Castro krankheitsbedingt die Präsidentschaft, zunächst vorübergehend, an seinen BruderRaúl. Im Februar 2008 fand die endgültige Machtübergabe statt. Raúl galt, im Gegensatz zu seinem Bruder, als wenigcharismatisch, dafür umso pragmatischer. Auf dem darauffolgenden Parteitag wurden zahlreiche Wirtschaftsreformen auf den Weg gebracht, welche besonders Erleichterungen für die Privatwirtschaft bringen sollte. Deren Umsetzung erfolgte jedoch nur halbherzig, so dass die großen Effekte ausblieben. Gleichzeitig schwächelte in den 2010er Jahren die venezolanische Wirtschaft zusehends, was zu Ausfällen bei den subventionierten Öllieferungen aus dem Bruderstaat führte. 2014 wurden, unter der Präsidentschaft vonBarack Obama, nach monatelangen Geheimverhandlungendiplomatische Beziehungen mit den USA aufgenommen. Zahlreiche Embargobestimmungen wurden gelockert. Obamas Nachfolger im Amt,Donald Trump, nahm diese Lockerungen größtenteils wieder zurück und verschärfte die Embargobestimmungen an anderen Stellen weiter. Außerdem wurden in vielen lateinamerikanischen Staaten befreundete linke Regierungen abgewählt. Eines der devisenbringenden Geschäftsmodelle, der Export von Gesundheitspersonal in Entwicklungsländer, geriet ins Stocken. Dies alles zusammengenommen führte zu zunehmenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten. 2018 wurde die neue kubanischeVerfassung in einem Referendum angenommen, die unter anderen das Recht aufPrivateigentum erlaubte.[51] Gleichzeitig nahm die Reformfreudigkeit unter PräsidentMiguel Díaz-Canel weiter ab, der im April 2018 Raúl Castro im Präsidentenamt ablöste, zuvor wurde die Begrenzung auf zwei Amtszeiten bei höheren Ämtern beschlossen.
Ab Anfang 2020 kam die weltweiteCOVID-19-Pandemie auf, die auch Kuba schwer zu schaffen machte. Nachdem im März dieses Jahres bei den ersten Touristen die Corona-Erkrankung diagnostiziert wurde, schloss man für mehrere Monate die Grenzen. Erst ab November 2020 wurden wieder touristische und Familienbesuchs-Reisen zugelassen. Mit dem Jahreswechsel 2020/2021 wurde die lang erwarteteWährungsreform durchgeführt, wodurch derPeso convertible (CUC) abgeschafft und derPeso Cubano als alleiniges Barzahlungsmittel galt. Dies ging mit einer Lohn- und Preisreform einher. Zuvor wurden im Oktober 2020 jedoch, als Ersatz für die vormaligen CUC-Läden, ein neuer Ladentyp geschaffen, in denen man nur, bargeldlos, in frei konvertierbaren Devisen einkaufen konnte. Entsprechend wurde die neue PseudowährungMoneda Libremente Convertible (MLC – frei konvertierbare Währung) genannt und hat den Nennwert einesUS-Dollars. Entsprechende Bankkonten lassen sich nur mit ausländischen Devisen-Währungen aufladen. Da viele Grundbedarfswaren fast nur noch in diesen MLC-Läden verfügbar waren, aber man seine kubanischen Pesos, die man als Lohn erhält, offiziell nicht in Devisen tauschen konnte, entwickelte sich ein blühender Schwarzmarkt für solche Tauschgeschäfte, wo deutlich mehr als das Doppelte des offiziellen Tauschkurses geboten wurde. Im Juli 2021 kam es dann zu einem der größten Proteste in der jüngeren kubanischen Geschichte. Beginnend in Havannas VorortSan Antonio de los Baños begannen am 11. Juli 2021landesweite Proteste gegen die Regierung und Lebensbedingungen in Kuba.[52] Infolgedessen wurden fast 1400 Menschen bei den Protesten festgenommen. Diesbezüglich wurden im Jahr darauf 381 Urteile wegen „Aufruhr, Sabotage, gewaltsamer Diebstahl, Körperverletzung, Missachtung (der Autorität) und öffentlicher Unruhe“ gesprochen. 36 Demonstranten erhielten Haftstrafen von bis zu 25 Jahren.[53] Auch später kam es zu weiterenProtesten gegen die anhaltende Wirtschaftskrise.
Im Oktober 2022 wurde ein neues Familienrecht in einem Referendum angenommen, das die Zulassung vonLeihmutterschaften, Zulassung zu Samenspenden und die Ehe für Personen desselben Geschlechtes erlaubte.[54]
Die jüngste Geschichte ist von einem neuen Exodus von Hunderttausenden Kubanern geprägt. In den Jahren 2022 bis 2024 emigrierten mehr als 850.000 Kubaner in die USA.[55][56] Darunter sind überdurchschnittlich viele jüngere Kubaner, was den Prozess der Überalterung Kubas beschleunigt. Die Flucht aus dem Heimatland wird unter anderem durch die VisafreiheitNicaraguas ermöglicht (November 2021).[57] Infolge der Wirtschaftskrise fielen 2023 und 2024 die Aufmärsche und die staatlichen Feierlichkeiten zumErsten Mai aus,[58] ein Bruch mit einem Ritual, der zu Zeiten der Castro-Brüder undenkbar gewesen wäre.
Frauenanteil im kubanischen Parlament im Vergleich zu anderen Ländern Lateinamerikas und der Karibik (2011)
Formal ranghöchstes und gesetzgebendes Organ ist das Parlament (Asamblea Nacional del Poder Popular), welches den Staatsrat (Consejo de Estado) und den Ministerrat wählt. Tatsächlich ist das nur zweimal im Jahr zusammentretende Parlament relativ einflusslos und hat vor allem die Aufgabe, Entscheidungen abzusegnen und die Regierung formal zu entlasten. Seit Einführung des Parlaments 1976 gab es bis auf eine Ausnahme in keiner der vielen Abstimmungen von Seiten der rund 600 Abgeordneten eine einzige Gegenstimme zu einem von der politischen Führung vorgelegten Entwurf,[63] auch wenn der neue Präsident Raúl Castro die im kubanischen politischen System übliche Einstimmigkeit in einer programmatischen Rede 2008 als „für gewöhnlich fiktiv“ kritisierte,[64] was er seitdem bei mehreren Gelegenheiten wiederholt hat.[65][66] Im Dezember 2013 stimmte dieLGBT-Aktivistin und PräsidententochterMariela Castro gegen den Regierungsentwurf eines neuen Arbeitsgesetzbuchs, weil sie darin die Rechte vonHIV-Infizierten undTransgendern nicht ausreichend gewürdigt sah.[67]
Die eigentliche politische Entscheidungsmacht liegt ausschließlich im Staats- und Ministerrat. Dadurch, dass in diesen Gremien in der Regel dieselben Personen sitzen, die zugleich auch noch die höchsten Posten in der einzig zugelassenen kommunistischen Partei bekleiden, beschränkt sich die Machtausübung auf wenige Personen. IhreLegitimationsquelle bezieht die kubanische Regierung vor allem aus einem aus Jahrhunderten von Fremdbestimmung herrührendenNationalismus und der Feindschaft gegenüber den USA, welche dieses Gefühl durch ihre Embargo- und Einmischungspolitik weiter verstärken. Der Versuch der USA,oppositionelle Gruppen aufzubauen, setzt kritische Stimmen sofort des Verdachts derKonterrevolution und desLandesverrats aus und legitimiert somit deren repressive Verfolgung.[59]
Wahlen finden unter Kontrolle der Regierung statt: Der Staatsrat setzt für deren Organisation, Ablauf und Auswertung die Nationale Wahlkommission ein, die wiederum die Wahlkommissionen der Provinzen besetzt – eine Kontrollkette, die sich bis zu den für die einzelnen Wahlbezirke verantwortlichen Kommissionen fortsetzt.[68] Jeder Kubaner ab einem Alter von 16 Jahren darf wählen (aktives Wahlrecht) und gewählt werden (passives Wahlrecht). Für Abgeordnete der Nationalversammlung gilt das Mindestalter von 18 Jahren. Auf der untersten Ebene der Munizipialparlamente stehen zwischen zwei und acht Kandidaten pro Parlamentssitz zur Auswahl. Die Wahl zwischen den Kandidaten findet in vom örtlichenCDR organisierten Einwohnerversammlungen offen per Handzeichen statt. Für die Wahl der Provinzparlamente und der obersten Nationalversammlung gibt es pro Parlamentssitz genau einen Kandidaten. Dabei werden jeweils 50 Prozent von der jeweils untergeordneten Volksversammlung bestimmt, die restlichen 50 Prozent direkt vom Volk gewählt.[69]
Die Abgeordneten werden von einem Ausschuss der PCC bzw. der Massenorganisationen ausgewählt. Sie dürfen keinen Wahlkampf betreiben und müssen sich gemäß derVerfassung dem sozialistischen System verpflichten. Den Wählern werden nur wenige Grunddaten der Kandidaten zur Kenntnis gegeben: Name, Alter, Beruf, formales Bildungsniveau.[70] Der Frauenanteil im kubanischen Parlament ist mit 55,7 % im Jahr 2024 auf Rang 2 im internationalen Vergleich nach Ruanda.[71] Im Politbüro, dem höchsten Entscheidungsgremium der Kommunistischen Partei, das die politischen Leitlinien des Staates vorgibt, sind unter den 14 gewählten Mitgliedern beim VIII. Parteitag 2021 jedoch nur 3 Frauen vertreten, was einem prozentualen Anteil von 21,2 entspricht.[72] Ungefähr fünf Prozent der Stimmen werden regelmäßig als weiß (gegen alle Kandidaten) markiert.
Über fast 50 Jahre vereinigte Revolutionsführer Fidel Castro die zentralen politischen Ämter in seiner Person. Er war zuletzt Staatspräsident, Vorsitzender des Staats- und des Ministerrates, Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Die Posten des Staatsratspräsidenten, des Oberbefehlshabers der Streitkräfte und des KP-Generalsekretärs übergab er am 1. August 2006 wegen einer lebensbedrohlichen Darmerkrankung an seinen Bruder Raúl Castro.
Raúl Castro und Brasiliens StaatschefLula da Silva (2008)
Am 24. Februar 2008 wurde Raúl Castro vom Parlament zum Staats- und Ministerpräsidenten gewählt und vertritt seitdem eine Linie der politischen Kontinuität bei gleichzeitiger Konzentration auf Maßnahmen zur Behebung der extrem kritischen wirtschaftlichen Lage. Im April 2011 übernahm Raúl Castro auch das Amt des KP-Generalsekretärs. Neben dem Personalwechsel sehen manche Beobachter auch eine Änderung des Systems von einem „charismatischen Sozialismus“ unter Fidel hin zu einem „bürokratischen Sozialismus“ unter Raúl Castro, der weniger auf die Mobilisierung der Bevölkerung setzt und mehr administrative Effizienz und wirtschaftliche Reformen verspricht.[73] Im Jahr 2013 war für das Frühjahr 2018 ein Wechsel des Staats- und Regierungschefs angekündigt worden; Raúl Castro würde demnach nur das (mächtige) Präsidium der KP verbleiben.[49]Nach seiner Teilgenesung und seinem erklärten Verzicht auf eine Rückkehr in die Führungsverantwortung trat Fidel Castro seit Juli 2010 bis zu seinem Tod im November 2016 gelegentlich wieder in der Öffentlichkeit auf.
Im Dezember 2019 wurde ein neuer Ministerrat ernannt.[74]
Bei einfachen Zivil- und Strafverfahren auf den unteren Ebenen stellen Laien-, sonst Berufsrichter die Mehrheit. Alle Richter werden von der Volksvertretung ihrer jeweiligen Ebene gewählt. Gerichte und Anwaltschaft sind nicht unabhängig.[75] Das kubanische Rechtssystem entspricht nicht westlichen Standards, insbesondere in politischen Verfahren, gewährleistet aber eine funktionierende Gerichtsbarkeit. Das höchste Gericht ist das „Oberste Volksgericht“, dessen Präsident vom Staatsratsvorsitzenden nominiert und von der Nationalversammlung gewählt wird. Seit 1998 istRubén Remigio Ferro Präsident des Obersten Volksgerichts, nachdem er seit 1997 als dessen Vizepräsident und zuvor alsKader im Zentralkomitee der Kommunistischen Partei und in von ihr abhängigenMassenorganisationen tätig war.[76]
DieRechtsanwälte, die direkten Rechtsbeistand für Privatpersonen leisten, d. h. nicht in Behörden oder Unternehmen angestellt sind, sind in Kuba inAnwaltskollektiven (spanischBufetes Colectivos, ‚kollektive Anwaltskanzleien‘) organisiert. Diese entstanden zu Beginn der sozialistischen Herrschaft auf Betreiben von mit den egalitären Zielen der Revolution sympathisierenden Anwälten, um einen öffentlichen Zugang zu Rechtsdienstleistungen zu gewährleisten. Durch ein Gesetz von 1973 wurden diese Kollektive institutionalisiert, wodurch Anwälten, die nicht auf diese Weise organisiert sind, nur noch in Ausnahmefällen eine Vertretung von Privatpersonen möglich ist. Diese Kollektive besitzen eine gewisse organisatorische Unabhängigkeit, Einnahmen und Ausgaben werden jedoch zentral über dieOrganización Nacional de Bufetes Colectivos abgewickelt, welche auch gewisse administrative Vorgaben macht. Diese wird von gewählten Vertretern der Kollektive geleitet, untersteht jedoch der Aufsicht desJustizministeriums. Erklärtes Ziel der Kollektive ist, mit ihrer Tätigkeit zur sozialistischen Entwicklung beizutragen, was in Konflikt mit dem Auftrag, die Interessen der Klienten zu vertreten, stehen kann. Einem 1998 erschienenen Fachaufsatz zufolge ist allerdings kein Fall bekannt, in dem ein Ausschluss aus dem System der Kollektive aus ideologischen Gründen erfolgt sei.[77]
Die Todesstrafe existiert nur noch formal, sie wurde zuletzt 2003 für die bewaffnete Entführung einer Personenfähre ausgesprochen und vollstreckt. Ende Dezember 2010 wurde die letzte zur Vollstreckung anstehende Todesstrafe von Kubas Oberstem Gerichtshof in eine Haftstrafe umgewandelt.[78] Des Weiteren darf die Todesstrafe nicht an unter 20-Jährigen vollzogen werden sowie an Frauen, die zum Tatzeitpunkt oder zum Zeitpunkt des Strafvollzugs schwanger sind.[79]
Die Situation in den kubanischen Gefängnissen gilt als unbefriedigend. Insbesonderepolitische Gefangene berichten regelmäßig von unzumutbaren Haftbedingungen. Nach Berichten ehemaliger Gefängnisinsassen sind primitivste Lebensbedingungen, verweigerte medizinische Versorgung, Isolationshaft, Misshandlungen und teilweise Folter an der Tagesordnung.[80][81] Die Regierung verweigert internationalen Menschenrechtsgruppen und einheimischen unabhängigen Organisationen Zugang zu den Gefängnissen.[82] Zwar behauptet die kubanische Regierung, dass Kuba – abgesehen vomUS-Gefangenenlager Guantanamo – frei vonFolter sei, unabhängige Beobachter wieAmnesty International, dasInternationale Rote Kreuz oder denUN-Sonderberichterstatter über Folter[83] lässt man aber seit Jahren nicht ins Land, um die Situation in den Gefängnissen zu inspizieren.[84]
Im Mai 2012 machte die kubanische Regierung über einen Artikel der TageszeitungGranma erstmals Angaben über die Gesamtzahl der Häftlinge: 57.337.[85] Dies bedeutet einen extrem hohen Anteil von Gefangenen in Relation zur Gesamtbevölkerung (510 pro 100.000), der nach weltweiten Vergleichsstudien nur von sechs Staaten übertroffen wird, darunter die USA und Russland.[86] Mögliche Gründe für die hohe Zahl der Gefangenen gab die Regierung nicht an, stattdessen lobte der Zeitungsartikel das kubanische Strafvollzugssystem als vorbildlich: So bilde die Resozialisierung ein zentrales Element des Systems. Die Regierung betreibt hierzu Programme, die es den Gefängnisinsassen ermöglichen sich fortzubilden, Sport zu betreiben und sich kulturell zu betätigen.[87] Nach Regierungsangaben nehmen im Jahr 2012 mit etwa 27.000 Gefängnisinsassen knapp die Hälfte aller Gefangenen des Landes diese Bildungsprogramme in Anspruch, 24.000 besuchen spezialisierte Kurse. Nach diesen Angaben verrichten auch 23.000 Insassen soziale Arbeit auf freiwilliger Basis.[88] Auch Konzerte finden in den Gefängnissen statt.[89][90] Nach 49 Jahren des Verbots genehmigte die kubanische Regierung der katholischen Kirche 2008 erstmals die Abhaltung von Weihnachtsgottesdiensten in mehreren Gefängnissen.[91] Jugendliche zwischen 16 und 18, die straffällig werden, werden nur in speziellen Jugendgefängnissen untergebracht, in denen ihnen Bildung zusteht um ihre soziale Reintegration zu fördern. Seit 2007 investiert die kubanische Regierung verstärkt in die Gefängnisinfrastruktur, mit dem Ziel, die Haftbedingungen bis 2017 zu verbessern.[92]
Gemäß der Verfassung ist die führende Rolle im Staate der Kommunistischen Partei Kubas (Partido Comunista de Cuba) zugewiesen, welche sie gemeinsam mit den Massenorganisationen ausübt. Sie versteht sich als Avantgarde der kubanischen Nation. Andere Parteien sind nicht zugelassen.
Der PCC hat über 600.000 Mitglieder. Die Parteizugehörigkeit fördert den beruflichen und gesellschaftlichen Aufstieg. Für höhere Positionen in Wirtschaft, Militär und Staat ist eine Mitgliedschaft in der Partei Voraussetzung.[93][94]Am 28./29. Januar 2012 tagte die I. Nationale Parteikonferenz der PCC in Havanna. Grundlage der Konferenz war ein Entwurf vom Oktober 2011, der in über 65.000 Treffen der Parteimitglieder diskutiert worden war. Dabei wurden 78 von 96 Punkten modifiziert und fünf neue in das Dokument aufgenommen.[95] Inhaltlich ging es bei der Konferenz, die sich als Fortsetzung der Politik des VI. Parteitages verstand, um die zukünftige Rolle der PCC in der kubanischen Gesellschaft sowie um ihren internen Arbeitsstil. Die mehr als 800 Delegierten bekräftigten das Festhalten am Einparteiensystem, beschlossen aber gleichzeitig eine Ausweitung der internen Demokratie. Es wurde entschieden, dass die Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Hautfarbe oder religiöser Anschauung bekämpft werden soll. Außerdem werden hohe Regierungsposten auf eine Amtszeit von zweimal fünf Jahren beschränkt. Raúl Castro schloss sich hierbei ausdrücklich mit ein. Zudem werden Partei- und Regierungsämter stärker getrennt werden. Die Partei soll die politische, nicht die juristische Führung des Landes sein. Die Medien sollen mit mehr Informationen versorgt werden und die Verbindung zur Jugend gestärkt werden. In den nächsten Jahren sollen 20 % der ZK-Mitglieder jungen Nachwuchskräften Platz machen. Auch wurde der Korruption der Kampf angekündigt, die ein viel größerer Feind für die Revolution sei als die Sabotageakte der USA.[96][97][98][99][100][101]
Das parlamentarische System in Kuba besteht aus den sogenannten Versammlungen der Volksmacht(Asamblea del Poder Popular). Sie sind in drei Ebenen aufgeteilt: die Nationalversammlung(Asamblea Nacional del Poder Popular), den Volksversammlungen auf Provinzebene sowie auf der Ebene der Municipios (Landkreise). Die Wahlen dazu bezeichnet die kubanische Regierung als „frei, geheim und gleich“. Kubanische Bürger dürfen ab einem Alter von 16 Jahren wählen und ab 18 Jahre gewählt werden.
Auf den beiden oberen Ebenen werden die Kandidaten für das jeweilige Parlament durch eine Wahlkommission, gebildet aus Vertretern der sechs Massenorganisationen, ausgewählt. Diese stehen gemäß Verfassung unter direkter Kontrolle der Kommunistischen Partei (PCC), der die Führungsrolle der Gesellschaft zukommt. Die Wahl selbst sollte nach Willen der kubanischen Regierung per Einheitsstimme für alle Kandidaten(voto unido)[102] – auf ein Parlamentssitz kommt genau ein Kandidat – stattfinden. Eineweiße Wahl(voto en blanco), also die Wahl keiner der auf dem Stimmzettel stehenden Kandidaten, ebenso wie Streichungen oder Anmerkungen werden als ungültig gewertet.[103]
Auf kommunaler (munizipialer) Ebene erfolgt die Kandidatenwahl in Bürgerversammlungen, die durch dieKomitees zur Verteidigung der Revolution(CDR) organisiert werden. Jeder Bürger hat dort das Recht, Kandidaten vorzuschlagen. Abgestimmt über diese Kandidaten wird in offener, nicht geheimer Wahl. Nur wer mindestens 50 % der Stimmen in so einer Bürgerversammlung erhält, wird als Kandidat bei der Wahl zurVersammlung der Volksmacht zugelassen. Oppositionelle Kandidaten sind praktisch chancenlos.[104][105]
DieLegislaturperiode beträgt fünf Jahre auf nationaler und Provinzebene sowie zweieinhalb Jahre auf kommunaler Ebene. Die gewählten Volksvertreter müssen ihren Wählern regelmäßig Rede und Antwort stehen; das Mandat kann ihnen jederzeit wieder entzogen werden.[106][107] Die Wähler können den Kommunalparlamenten jederzeit Vorschläge oder Probleme ihrer Gegend unterbreiten. Laut Angaben des kubanischen Parlaments wurden in der Wahlperiode 2010–12 insgesamt 209.000 dieser Eingaben eingereicht, für mehr als 60 % konnten Lösungen gefunden werden.[108]
Wahlwerbung ist nur den staatlichen Medien erlaubt, nicht jedoch dem einzelnen Kandidaten. Von ihm werden nur Passfoto und Kurzlebenslauf bekannt gegeben, nicht jedoch seine politischen Positionen oder seine Pläne in der Politik. Laut kubanischer Regierung soll dies sicherstellen, dass nicht der Kandidat mit dem meisten Geld gewinnt, sondern die gesamte Bevölkerung entsprechend ihrem Anteil sich in den Parlamenten repräsentiert sieht. Dennoch sind vor allem in höheren Volksvertretungen „Arbeiter, Bauern, Schwarze und niedrige Dienstleistungsberufe“ eher unterrepräsentiert. Und obwohl nur fünf Prozent der kubanischen Bevölkerung Parteimitglieder sind, liegt deren Anteil bei den Abgeordneten der Asamblea Nacional bei fast einhundert Prozent. Tatsächlich dient das Wahlsystem dazu, die Herrschaft der Revolutionselite um die Castro-Brüder zu sichern.[109]
Eine der Regierung und der Kommunistischen Partei gegenüberstehende, organisierte Opposition ist im politischen System Kubas nicht vorgesehen, nicht regierungskonforme Parteien oder Organisationen der Zivilgesellschaft sind illegal.
Die innerkubanische Opposition versucht grundsätzlich, eineTransformation auf Kuba zu erreichen, dabei bestehen jedoch teilweise große ideologische und strategische Meinungsverschiedenheiten unter konkurrierenden Gruppierungen. Zudem besitzt die Regierung wirksame Instrumente der Kontrolle und Repression (siehe AbschnittMenschenrechtssituation).
Zu den prominentesten Vertretern der Opposition gehören gegenwärtig die Menschenrechtsgruppe „Damen in Weiß“, die OrganisationUnión Patriótica de Cuba (UNPACU, zu deren Führungsmitgliedern die ehemaligen politischen GefangenenGuillermo Fariñas undJosé Daniel Ferrer gehören)[112] und die vor allem im Ausland beachtete Journalistin und Bloggerin Yoani Sánchez. Eine große Zahl von Regierungsgegnern ist im Exil aktiv, das durch die von der Regierung nicht mehr behinderte Auswanderung kubanischer Oppositioneller weiter Zulauf erhält. Politische Äußerungen oder Aktionen von Kubanern im Ausland sind jedoch auf der Insel kaum wahrzunehmen.
Als einzige kubanische Institution hat sich die Katholische Kirche Kubas während der Präsidentschaft Raúl Castros in wenigen Einzelfällen als Vermittlerin zwischen Regierung und Opposition eingesetzt. Das wichtigste Beispiel hierfür war die Entlassung Dutzender politischer Gefangener, die 2010 in großer Mehrheit gemeinsam mit ihren Familien ins Exil nach Spanien ausgeflogen wurden. Die Kirche bietet innerhalb der eigenen Gebäude, Veröffentlichungen und Veranstaltungen einen eingeschränkten Freiraum für politische Meinungsäußerungen, die von der Regierungsposition abweichen können. Diese Äußerungen reichen von geduldeten Demonstrationen der „Damen in Weiß“ auf Kirchengelände über eigene Hirtenbriefe der Bischofskonferenz bis zur Ausrichtung gesellschaftswissenschaftlicher Kolloquien.[113][114]
Die Regierung erreicht mithilfe der Massenorganisationen eine starke Mobilisierung der Bevölkerung. Bei wochenlangenDemonstrationskampagnen bringt sie beinahe jeden erwachsenen Kubaner mindestens einmal auf die Straße (Rekord: sieben Millionen Teilnehmer). Für das Verfassungsreferendum 1976 zur Festschreibung des Sozialismus haben die CDR die Unterschriften von fast 93 Prozent der Bevölkerung gesammelt.
Arbeitnehmerorganisationen außerhalb des staatlichen Gewerkschaftsbundes sind verboten.
Der Index der menschlichen Entwicklung (HDI) und der UN-Bildungsindex Kubas im Vergleich zu den NachbarländernAnteil der erwerbstätigen Frauen in Kuba, 1953–2008.
Vielebürgerliche und politische Rechte, insbesondere die auf freie Meinungsäußerung, Presse-, Vereinigungs-, Versammlungs- und Bewegungsfreiheit, werden massiv beschnitten. Es gibt keine unabhängige Gerichtsbarkeit. Menschenrechtsvereinigungen sind nicht zugelassen.[120] Die kubanische Verfassung garantiert viele Grundrechte, etwa dieKunstfreiheit, dieMeinungsfreiheit und dieReligionsfreiheit, nur mit der Einschränkung, dass ihre Ausübung nicht gegen die Revolution oder die sozialistischen Ziele gerichtet sein darf.[121] Kuba war und ist das einzige sozialistische Land, in dem dieFreimaurerei nicht verboten ist. Es gibt hier etwa 30.000 Freimaurer.
HIV-Infizierte undHomosexuelle wurden in Kuba lange Zeit diskriminiert und HIV-Infizierte unter Haft gewalttätigen Repressalien ausgesetzt. Zwar habe sich die Situation in den letzten Jahren stark verbessert, dennoch beklagen Betroffene weiterhin Übergriffe der Polizei gegen sexuelle Minderheiten.[122]
Internationale Menschenrechtsorganisationen wieHuman Rights Watch undAmnesty International dokumentieren insbesondere die politisch motivierte Verhaftung und Verurteilung von Regierungskritikern. Von 75 politischen Dissidenten, die nach ihrer Inhaftierung 2003 zu 28 Jahren Haft verurteilt wurden, saßen 2008 noch 55 in den Gefängnissen,[123] unter schlechter medizinischer Versorgung und unter Misshandlungen leidend.[124] Mitte 2010 erreichte dieKatholische Kirche in Kuba unter Verhandlungsführung von KardinalJaime Ortega die Zusage der kubanischen Regierung, alle bis dahin verbliebenen 52, von Amnesty International alsgewaltfreie politische Gefangene geführten Häftlinge freizulassen.[125] Bis Ende 2010 kamen 41 politische Gefangene frei. Bis auf einen wurden alle zusammen mit den engsten Familienangehörigen nachSpanien ausgewiesen, welches sich zur Aufnahme der Dissidenten bereit erklärte.[126] Ende März 2011 wurden die restlichen Gefangenen der im Rahmen desSchwarzen Frühlings 2003 festgenommenenGruppe der 75 freigelassen. Zwei von ihnen wurde gestattet, in Kuba zu bleiben.[127]
Am 24. Dezember 2011 kündigte Präsident Raúl Castro eine Amnestie an, die rund 3000, vor allem nicht politische Gefangene betreffen sollte.[128] Seitdem setzt die kubanische Regierung verstärkt auf Kurzfestnahmen von Regierungsgegnern.[129] Fünf von Amnesty International als gewaltfreie Gewissensgefangene anerkannte politische Gefangene wurden im Januar 2015 entlassen, drei davon auf Bewährung.[130] Ein politischer Gefangener saß zu dieser Zeit noch seine einjährige Haftstrafe wegen „öffentlicher Störung“ ab. Die Repressionen gegen Oppositionelle gingen jedoch weiter.[131]
Unabhängige Journalisten und Menschenrechtsaktivisten werden regelmäßig belästigt, eingeschüchtert und vorübergehend festgenommen.[132] Es wird von Misshandlungen durch Fußtritte und Schläge berichtet. Die Haftbedingungen sind hart und führen zum Teil zu körperlichen Problemen bei den Häftlingen. Oppositionelle werden darüber hinaus regelmäßig sogenanntenActos de Repudio ausgesetzt. Dabei zieht ein organisierter Mob vor dem Haus des Oppositionellen auf und beschimpft ihn und seine Familie stundenlang und lautstark als „Würmer“ (spanisch:gusanos) und Verräter. Teilweise geht dies bis zur straffreien Zerstörung von Eigentum der Betroffenen.[133]
Der institutionelleRassismus des früheren Kubas wurde nach dem Sieg der Revolution abgeschafft. Jedoch wurden rassistische Denkweisen und latente Benachteiligung des schwarzen Bevölkerungsteils seitdem nicht überwunden. In prestigeträchtigen Führungspositionen oder in Berufen, welche Deviseneinkommen versprechen, beispielsweise im Tourismus, sind Weiße überproportional vertreten. Auch bei der Zulassung für privates Kleingewerbe oder bei Geldüberweisungen von emigrierten Verwandten im Ausland sind Schwarze indirekt benachteiligt.[134][135] Die sozialistische Führung zögert, dieses Problem anzugehen, da dieses einen Kernaspekt ihrer revolutionären Legitimität berührt. Infolgedessen veröffentlicht das nationale Statistikamt (ONE) Kubas nur wenig Daten über die zunehmende sozioökonomische Kluft. Eine wissenschaftliche Umfrage belegt jedoch die strukturelle Benachteiligung der afro-kubanischen Bevölkerung.[136] Noch in den 2020er Jahren warenSchwarze größeren Repressionen bis hin zu einer deutlich höheren Wahrscheinlichkeit der Verurteilung zu einer längeren Gefängnisstrafe ausgesetzt.[137]
Seit Ende 2007 wird vereinzelt öffentliche Kritik an den Zuständen geduldet. So hatte Raúl Castro, damals noch Interimsstaatschef, dazu aufgerufen, über die zukünftige Entwicklung des Landes zu diskutieren,[138] die KubanerinYoani Sánchez berichtet in einemBlog aus Kuba öffentlich über die Alltagsprobleme der Kubaner.[139] Dennoch habe sich die Menschenrechtssituation gemäß Amnesty International in einer Stellungnahme vom August 2013, in der sie fünf neue Kubaner als gewaltlose Gewissensgefangene benannte, unter Raúl Castro nicht signifikant verbessert. Die namentlich bekannten politischen Gefangenen stellten nur „die Spitze des Eisberges“ alltäglicher staatlicher Repressionen dar. Die einzige positive Ausnahme sei das im Januar 2013 in Kraft getretene Migrationsgesetz, welches nun auch Regierungskritikern das Reisen ins Ausland erlaube.[140]
Diesozialen Menschenrechte sind in Kuba teilweise gut umgesetzt. So gilt zum Beispiel das Recht auf Bildungfür die Region als vorbildlich, ebenso die Gesundheitsversorgung. Der allgemeine Lebensstandard ist hingegen, gemessen nach dem Standard industrialisierter Länder, auf niedrigem Niveau. Dies betrifft vor allem die Wohnsituation und die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs. Daran trage laut Amnesty allerdings auch das US-Embargo gegen Kuba eine Mitschuld.[132] Der internationale Programmkoordinator des Bevölkerungsfonds der UNO (UNFPA) in Kuba, Jesús Robles, hat im Juli 2011 die Arbeit der kubanischen Regierung bei der Förderung und dem Schutz von Frauen, Jugendlichen und Kindern hervorgehoben.[141] Der Staat garantiert Müttern einen Mutterschaftsurlaub mit Lohnausgleich und dem Recht zur anschließenden Rückkehr in den Beruf. Eltern von Neugeborenen bekommen für das erste Jahr pro Monat einen voll bezahlten Tag freigestellt, um die Gesundheit des Kindes in der Kinderklinik zu überprüfen.[142]
Eines der obersten Ziele der Revolution war dieGleichberechtigung von Mann und Frau. Im Jahr 1953 gingen 13,9 % der Frauen einer Arbeit nach, im Jahr 1980 waren es 31,1 %, im Jahr 2008 bereits 38 % (siehe Diagramm). Der Frauenanteil bei technischen Berufen beträgt 65,7 %, der Anteil an weiblichen Führungskräften 39,1 %.[143] 65 % der Hochschulabsolventen sind weiblich. Dennoch gibt es auch hier einen Unterschied zwischen offiziellem Regierungsdiskurs und gelebter Praxis. Die meisten Frauen sind der belastenden Doppelrolle zwischen Beruf und Haushalt ausgesetzt. Je höher die Führungsebene in der Arbeitswelt oder innerhalb der Regierung, desto niedriger wird der Frauenanteil. Im 15-köpfigen Politbüro war 2012 nur eine einzige Frau vertreten. Unter den einflussreichsten Personen Kubas befindet sich vermutlich keine einzige Frau.[144] Frauenrechtlerinnen beklagen noch heute vorherrschende „Entscheidungsinstanzen, in denen noch immerpatriarchale undmachistische Muster vorherrschten.“[145][146] Diese und andere Probleme werden zwar regelmäßig auf Konferenzen und Tagungen der Massenorganisationen, beispielsweise des Frauenverbandes FMC, angesprochen und diskutiert, jedoch sind die Möglichkeiten, tatsächliche tiefgreifende Veränderungen herbeizuführen, eng begrenzt. Im Zweifel hat insbesondere auf Funktionärsebene die Staats- bzw. Parteiräson Vorrang vor der Interessenvertretung.[147]
Im Januar 2013 trat eine international beachtete Reisegesetznovelle in Kraft, die bisher von hohen bürokratischen Hürden behinderte Auslandsreisen von Kubanern grundsätzlich stark vereinfachte. Die Maßnahme war lange erwartet worden, seit die Regierung im Mai 2011 bekannt gegeben hatte, die bisherigen restriktiven Bestimmungen zu überprüfen.[151] Mit der Reform wurde die für Kubaner bisher für jede einzelne Auslandsreise notwendige und mit hohen Kosten verbundene Ausreisegenehmigung abgeschafft, für die zudem jeweils eine Einladung aus dem Ausland erforderlich war. Außerdem wurde erstmals auch Minderjährigen die Möglichkeit zu Auslandsreisen eingeräumt, der zulässige Höchstaufenthalt im Ausland auf 24 Monate erweitert und zahlreichen aus Kuba geflohenen Kubanern die bisher verbotene Heimreise nach Ablauf gewisser Fristen grundsätzlich gestattet.[152][153] Auch mehrere bisher an der Ausreise gehinderte Oppositionelle konnten das Land ab Februar 2013 für zeitweise Auslandsaufenthalte verlassen, während allerdings anderen die Ausstellung eines Reisepasses auch weiterhin aus politischen Gründen verweigert wurde.[154][155] Ein grundsätzliches Recht auf Ausreise besteht weiterhin nicht. Das Gesetz gab den Behörden die ausdrückliche Möglichkeit, die Ausreise aus nicht näher definiertem „öffentlichen Interesse“ zu versagen. Ein Reisepass ist für weite Teile der Bevölkerung unerschwinglich: Er kostet 100CUC, rund fünf durchschnittliche Monatsgehälter, und muss alle zwei Jahre zum gleichen Preis verlängert werden.[156]
Eine legale Ausreise aus Kuba, egal ob zu touristischen Zwecken oder zur Auswanderung, war nur nach einem aufwendigen Genehmigungsverfahren möglich, das jedoch mit einer Mitte Januar 2013 in Kraft getretenen Novellierung des Migrationsgesetzes für die meisten Kubaner stark vereinfacht und verbilligt wurde.[157] Das kubanische Strafgesetzbuch sieht Haftstrafen von ein bis drei Jahren oder Geldstrafen bei ungenehmigten Ausreisen oder Ausreiseversuchen vor.[158] Bevorzugtes Auswanderungsziel sind die USA.
Insgesamt sind in den Jahren nach dem Sieg der Revolution hunderttausende Kubaner in die USA geflohen. Dies waren in der ersten Welle bis ca. 1962 zu einem hohen Teil Familien der Oberschicht und oberen Mittelschicht Kubas. Danach folgen aber auch viele Angehörige der Mittelschicht und der Arbeiterklasse.[159]
Ein überfülltes Boot mit kubanischen Flüchtlingen während derMariel-Bootskrise 1980
Zu einer großen Emigrationswelle kam es 1980, als über US-amerikanische Sender die Nachricht verbreitet wurde, dass die peruanische Botschaft in Havanna Visa für die Ausreise nachPeru ausstelle, mit denen eine Weiterreise in die USA möglich sei. In Anbetracht des Ansturms von zehntausenden Ausreisewilligen, die zum Teil seit langem über Pässe verfügten, forderte der peruanische Botschafter Polizeischutz an. Als eine Gruppe diesen Polizeischutz durchbrach, in der Botschaft politisches Asyl beantragte und von den Peruanern nicht ausgeliefert wurde, hob die kubanische Regierung die Abriegelung der peruanischen Botschaft auf. Die unhaltbaren Zustände auf dem Botschaftsgelände wurden am 17. April dadurch beendet, dass Fidel Castro in einer Rede die Möglichkeit eröffnete, auch ohne Visum mit dem Schiff vom HafenMariel aus in die USA auszureisen. Die Schiffe wurden bis zur 12-Meilen-Zone vor die US-amerikanische Küste eskortiert. Bis zum 31. Oktober 1980 verließen ca. 125.000 Kubaner das Land.[160] In einer Rede anlässlich des 1. Mai 1980 bezeichnete Fidel Castro, unterstützt durch entsprechende Sprechchöre des Publikums, die Botschaftsflüchtlinge als arbeitsscheuen Abschaum.[161]Juan Carlos Zaldívar verarbeitete die damaligen Ereignisse im Dokumentarfilm90 Miles.[162]
Um diese Einwanderungswelle zu beenden, schloss die US-Regierung unter dem PräsidentenCarter mit der kubanischen Regierung ein Abkommen, das die legale Einreise über festgelegte Quoten regeln sollte, aber von der nachfolgendenReagan-Regierung nicht mehr eingehalten wurde.
Zu einer erneuten großen Auswanderungswelle kam es im August 1994. Am 5. August kam es aufgrund der schwierigen Versorgungssituation während der Spezialperiode, die im Sommer des Jahres 1994 ihren Höhepunkt erreichte, in Havanna zu den alsMaleconazo bekannt gewordenenUnruhen. Zwar deeskalierte die Situation wieder relativ rasch, unter anderem weil der immer noch hochgeachtete undcharismatische Regierungschef Fidel Castro persönlich erschien, um die Situation zu beruhigen, jedoch wies Castro am 7. August die Aufhebung der Küstenüberwachung an und löste damit erneut eine große Massenflucht aus Kuba aus, die auch alsBalsero-(Flößer-)Krise bekannt ist und während der wohl mehr als 33.000 Kubaner in die USA flüchteten.[163]
Die Vereinigten Staaten unter der Regierung vonBill Clinton handelten daraufhin mit Kuba ein Migrationsabkommen aus. Die USA erklärten sich bereit, jedes Jahr 20.000Visa auszustellen, die eine legale Einwanderung ermöglichen. Im Gegenzug verpflichteten sich die USA, alle illegalen Flüchtlinge, die sie auf See aufgreifen, unverzüglich wieder nach Kuba abzuschieben(wet feet, dry feet policy). Die tatsächliche Zahl der ausgestellten Visa lag jedoch meist deutlich darunter. 2007 waren es 15.000.[164]
Seit Ende 2021 verließen wieder massenhaft Kubaner das Land, vor allem in Richtung USA. Es ist inzwischen die größte Auswanderungswelle in der Geschichte des Landes. Bis Ende Juli 2022 registrierten die US-Grenzbehörden bereits rund 160.000 Kubaner und jeden Monat kämen 30.000 bis 35.000 hinzu. Hauptgrund sind die schlechte Versorgungslage und die Perspektivlosigkeit, vor allem für junge Leute auf der Insel. Die Fluchtroute führte überwiegend überNicaragua, welches per legalem Linienflug erreicht wird. Danach geht es mithilfe von Schleppern in RichtungUS-Grenze mit Mexiko.[165] Im November 2021 hatten die Regierung Kubas und NicaraguaVisumfreiheit für Kubaner, die nach Nicaragua einreisen, vereinbart. Schon damals wurde vermutet, dass das mit der Absicht geschah, wiederholt Migration als Ventil nach innen und als Druckmittel gegen die USA einzusetzen.[166] Ab 2023 gab es über das sogenanntehumanitäre Parole-Programm auch eine kontingentierte Möglichkeit einer legalen Migration über einen in den USA lebendenBürgen. Über diesen Weg kamen bis Ende August 2024 rund 111.000 Kubaner.[167] Der neue US-PräsidentDonald Trump beendete das Programm gleich zuBeginn seiner zweiten Amtszeit.[168] Selbst die offizielle Presse kam nicht daran vorbei anzuerkennen, dass es einer der meist geäußerten Wünsche kubanischer Jugendlichen ist, auszuwandern.[169]
Seit 1962 durften kubanische Auswanderer den größten Teil ihres Besitzes weder verkaufen noch ins Ausland mitnehmen, auch bei Überschreitung der genehmigten Dauer eines vorübergehenden Auslandsaufenthaltes wurde zurückgelassenes Eigentum verstaatlicht. Diese Bestimmungen erloschen mit Inkrafttreten des novellierten Migrationsgesetzes Mitte Januar 2013.
Mit der sich an die Corona-Pandemie anschließenden schweren Wirtschaftskrise erreichte die Emigration einen neuen Höhepunkt. Allein zwischen 2021 und 2023 wanderten offiziellen Zahlen zufolge mehr als eine Million Menschen aus, was einen Bevölkerungsrückgang von über 10 Prozent bedeutet.[16] 80 Prozent davon waren Leute im produktiven Alter zwischen 15 und 59 Jahren. Rund 850.000 Kubaner haben sich laut US-Behörden zwischen Oktober 2021 und September 2024 in den USA niedergelassen. Es wird erwartet, dass sich der Trend in der nächsten Zeit fortsetzt.[170]
Die USA unterstützten gegen Ende der 1950er Jahre eine Gruppe von Exil-Kubanern, welche die neue Regierung militärisch beseitigen wollte, und im April 1961 die erfolgloseInvasion in der Schweinebucht durchführten. In Folge wurde seitens der USA eine umfassende Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade gegen Kuba durchgesetzt, die als Reaktion auf Enteignung von US-Bürgern in Kuba dargestellt wurde. Mit dem 1992 erlassenenTorricelli Act wurde eine Verschärfung der Sanktionen vorgenommen, gefolgt von dem 1996 in Kraft getretenenHelms-Burton Act.[171]
DasEmbargo wird von denVereinten Nationen verurteilt. DieUN-Generalversammlung verabschiedet seit 1992 jährlich eine Resolution, welche die Aufhebung aller Sanktionen gegen Kuba fordert[172] – zuletzt im November 2023: 187 Stimmen dafür, zwei Gegenstimmen (USA und Israel), eine Enthaltung (Ukraine).[173]
Im Jahr 2000 wurde von US-Seite das Embargo hinsichtlich des Verbots des Nahrungsmittel- und Medikamentenexport durch denTrade Sanctions Reform and Export Enhancement Act(Gesetz zur Reform der Handelssanktionen und Exportverbesserungen) stark gelockert. Viele andere Handelsbeschränkungen blieben jedoch bestehen.[174] Die bisher für Kuba durch die Blockade entstandenen Schäden werden von Kubas Regierung mit ca. 89 Mrd. US-Dollar angegeben.[175] Von kubanischen Oppositionellen und anderen Kritikern der kubanischen Regierung wird die Wirkung des US-Handelsembargos jedoch stark bezweifelt. Es diene im Gegenteil nur als Vorwand, um die „völkerrechtswidrigen Verhältnisse“ zu rechtfertigen, deren Hauptursache in der „kollektiven Produktionsweise“ liege.[176] Der HistorikerMichael Zeuske geht davon aus, dass die kubanische Regierung, trotz der massiven wirtschaftlichen Schäden, nicht an einer Aufhebung des Embargos interessiert sei, sonst würde es wohl schon längst nicht mehr existieren. Tatsächlich sichere es durch eine Polarisierung des Nationalbewusstseins der kubanischen Bevölkerung bis heute das Überleben der Castro-Regierung.[177] Auch Raúl Castro lehnt eine einseitige Schuldzuweisung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten Kubas an die „Blockade“ ab. Vielmehr seien strukturelle Probleme der staatlichenZentralwirtschaft dafür verantwortlich, wie er zum Beispiel im Dezember 2010 in einer Rede vor der Nationalversammlung anmerkte.[178][179]
Trotz des Embargos sind die USA inzwischen ein wichtiger Handelspartner Kubas, bei den Importen liegen sie inzwischen an sechster Stelle.[180] Der kubanische Staat importiert jährlich Nahrungs- und Futtermittel im Wert einer halben Milliarde Dollar aus den USA. Durch Geldsendungen exilkubanischer Gemeinden in den USA an ihre Familienangehörigen fließen der kubanischen Volkswirtschaft jährlich ca. eine Milliarde US-Dollar zu[176], was in etwa den Einnahmen der kubanischen Tourismusindustrie entspricht. Frühere, zuletzt von Präsident George W. Bush abgesenkte Obergrenzen für Geldsendungen von US-Bürgern an direkte Familienangehörige in Kuba wurden 2009 von Präsident Obama aufgehoben.[181]
Die US-Regierung unterstützt Teile der Opposition in Kuba. Im Jahr 2006 waren 15 MillionenUS-Dollar im Haushalt zur Unterstützung von kubanischen Oppositionsgruppen und exilkubanischen Organisationen in Miami vorgesehen (Quelle:USAID Kuba-Programm), die zum Teil unmittelbar von der US-amerikanischen Interessenvertretung in Havanna an die Zielorganisationen ausgezahlt werden oder über die Exilorganisationen in Miami verteilt werden.[182][183] Im Jahr 2014 wurde bekannt, dass die USA zwischen 2010 und 2012 mittels des Mikroblogging-DienstesZunZuneo versuchten, ein von der kubanischen Regierung nicht kontrolliertes Kommunikationsnetzwerk aufzubauen, das langfristig auch als Werkzeug zur Koordination regierungsfeindlicher Aktionen geplant war.[184]
Im Dezember 2014 wurde eine neue Phase der bilateralen Beziehungen eingeleitet. Man vereinbarte einen Gefangenenaustausch unter anderem zwischen dem USAID-MitarbeiterAlan Gross und den drei noch verbliebenenMiami Five. Des Weiteren wurde eine Neuaufnahme der diplomatischen Beziehungen angekündigt.[185][186]
Ende Mai 2015 gab man bekannt, dass die USA in Havanna in Kürze eine Botschaft eröffnen werden. Kuba wird von derListe der Terrorismus unterstützenden Staaten gestrichen, auf der es bislang stand. Damit entfallen zahlreiche Sanktionen gegen das Land.[187] Am 20. Juli 2015 nahmen beide Länder wieder offizielle diplomatische Beziehungen auf.[188] DieBotschaft der Vereinigten Staaten in Havanna wurde am 14. August 2015 offiziell wieder eröffnet.[189] Seit dem 17. September hat Kuba mit dem bisherigen Leiter der kubanischen Interessenvertretung wieder offiziell einen Botschafter in den USA.[190]
Bündnispartner und Mitgliedschaft in internationalen Organisationen
Ein Plakat nahe Havanna demonstrierte die engen Beziehungen zu Hugo Chávez (2004)
Kuba steht in einem engen Bündnis mit dem vom verstorbenen PräsidentenHugo Chávez geprägtenVenezuela. Das Land liefert Öl unter Weltmarktpreisen an Kuba. Dafür schickt Kuba medizinisches Personal und Helfer für die Alphabetisierung nach Venezuela. 2006 wurden während derOperation Milagro tausende Venezolaner in Kuba operiert. Ein gemeinsames Projekt ist auch dieBolivarianische Alternative für Amerika (ALBA). Gute Beziehungen verbinden Kuba auch mit dem in der Vergangenheit vonEvo Morales regiertenBolivien und mit derVolksrepublik China. Am 29. April 2006 unterzeichneten die Präsidenten der Staaten Kuba, Venezuela und Bolivien denHandelsvertrag der Völker. Im Dezember 2008 trat Kuba derRio-Gruppe bei. Kuba ist auch Mitglied derCELAC. Ebenfalls pflegt Kuba freundschaftliche Beziehungen mitVietnam[191] undNordkorea, mit letzterem insbesondere auch auf militärischem Gebiet.[192][193]
Von Anfang an waren die kubanischen Revolutionäre internationalistisch und global ausgerichtet und wollten die Revolution auf möglichst viele andere Länder ausbreiten. Obwohl Kuba noch selbst ein Entwicklungsland war, engagierte sich die Regierung in afrikanischen, lateinamerikanischen und asiatischen Ländern auf militärischem, medizinischem und pädagogischem Gebiet. Ab Mitte der 1960er-Jahre rückte Afrika ins Zentrum der außenpolitischen Aktivitäten, wo afrikanische Revolutionäre wiePatrice Lumumba,Amílcar Cabral undAgostinho Neto (siehe auchKubanischer Militäreinsatz in Angola) die Kubaner um Unterstützung für ihre Bewegungen baten. So unterstützten sie diplomatisch und mit militärischen Mitteln auch z. B. die südafrikanischen Befreiungstruppen beim Sturz desApartheidregimes. Zu den bedeutendsten, wenn auch trotz hohem kubanischen Blutzoll nicht immer bekanntesten solidarischen Engagements des Landes in Afrika zählen die in Guinea-Bissau (ab 1966) und Angola (ab 1975), die die Grundlagen für die bis heute gutenguinea-bissauisch-kubanischen undangolanisch-kubanischen Beziehungen geblieben sind.
Trotz eigener wirtschaftlicher Probleme unterstützt Kuba andereEntwicklungsnationen insbesondere im medizinischen Bereich. Im Rahmen derOperación Milagro („Wunder“) werden Augenoperationen für Menschen aus Entwicklungsländern auf Kuba durchgeführt. Bis Mai 2009 wurden 24.000 ukrainische Kinder, Opfer desAtomunfalls in Tschernobyl, in Kuba kostenlos behandelt. Die Kosten dafür wurden auf etwa 350 Millionen US-Dollar allein für die Medikamente geschätzt.[194]
Im Auslandseinsatz waren bzw. sind kubanische Ärzte und Krankenschwestern in der Regel für zwei Jahre (unter Umständen auch per Jahresvertrag) tätig, vor allem in anderen lateinamerikanischen Ländern, u. a. inHaiti,Venezuela,Bolivien, Zentralamerika und seit 2013 – im Rahmen des Programmes „Mais Médicos“ (mehr Ärzte) zur Versorgung ländlicher Regionen – in Brasilien. Dazu kommen Einsätze zur Katastrophenhilfe, u. a. nach den Erdbeben 2005 inKaschmir und 2008 inPakistan.[195] Nach derErdbebenkatastrophe von 2010 und zur Bekämpfung derCholera-Epidemie wurden rund 1200 kubanische Mediziner und Helfer nach Haiti entsandt.[196]Im Oktober 2014 schickte Kuba 165 Ärzte und Krankenpfleger nachSierra Leone, um dieEbola-Seuche zu bekämpfen.[197][198] Jedoch wird die Qualität der kubanischen Massenausbildung an Medizinern international zunehmend infrage gestellt.[199][200]
Kubanische Auslandsengagements stellen eine wichtige Quelle für Deviseneinnahmen dar. Die jährlichen Einnahmen wurden 2015 auf rund 4,6 Milliarden US-Dollar geschätzt.[201] Normalerweise verlangt Kuba für einen im Ausland tätigen Arzt vom Gastgeberland rund 2500 Dollar pro Monat; Brasilien zahlt rund 4000 Dollar monatlich.[202] Die Löhne der kubanischen Beschäftigten werden unmittelbar an die kubanische Regierung überwiesen, die bis zu 93 % der Zahlungen einbehält, so eine Studie der Ärzteorganisation „Solidaridad Sin Fronteras“ (Solidarität ohne Grenzen).[201] In Brasilien verbleiben den kubanischen Ärzten und Pflegern gut 10 % ihres Lohnes.[202] Infolgedessen „desertieren“ mehr und mehr kubanische Mediziner in Brasilien und vor allem aus Venezuela, wo mehr als 10.000 von ihnen eingesetzt sind (Stand 2015). Hunderte, wenn nicht mehr als 1000 von ihnen sind aus dem Dienst in Venezuela nach Kolumbien geflüchtet.[201] Auch die während derCOVID-19-Pandemie in etwa 60 Länder entsandten Ärzte arbeiten unter sklavenähnlichen Bedingungen, da nur ein winziger Teil des von den Gastgebern bezahlten Geldes in ihre Taschen fließt. Die UN bewerten die Einsätze deshalb potenziell als „moderne Sklaverei“. Kuba entgegnete, den Ärzten würden die Ausgaben in den Gastländern und ein zusätzliches Gehalt in Kuba gezahlt. Außerdem fließe das übrige Geld in die Gesundheitsversorgung und Bildung, mit dem Kuba eine gebührenfreie medizinische Hochschule unterhält.[203][204] Haiti sei einer der wenigen Staaten, die für Kubas medizinische Dienstleistungen nicht bezahlen müssen.[205] Insofern die kubanischen Ärzte in Haiti durchweg in von ausländischen Hilfswerken finanzierten Projekten arbeiten, sind es dort jene Hilfswerke, die für die Kosten aufkommen.
Bildung ist in Kuba kostenlos und es besteht eine 9-jährigeSchulpflicht. Kuba hat ein dreigeteiltes Bildungssystem, das aus Grund-, Mittel- und Oberschule besteht.
Bildungsniveau der Werktätigen in Kuba (2005–2010)
Kubas Bildungssystem gehört zu den besten inLateinamerika und dies sowohl vor als auch nach der Revolution.[206] 2001 lagen die kubanischen Schüler der vierten und fünften Klasse bei einem Test derUNESCO weit vor den anderen lateinamerikanischen Ländern. Die Einschulungsquote liegt bei 100 Prozent,Analphabetismus geht gegen null. Nach demUNESCO-Education for All Development Index gehört Kuba zu den hochentwickelten Ländern der Welt im Bildungsbereich mit einer gut ausgebildeten Bevölkerung.[207]
In den letzten Jahren herrscht jedoch ein immer akuter werdender Lehrermangel. Viele Lehrer arbeiten, trotz ihrer guten Ausbildung, genauso wie zahlreiche Ärzte und andere Hochqualifizierte, lieber im Tourismussektor, weil allein das Trinkgeld ein Vielfaches eines kubanischen Gehalts beträgt. Auch verleiht Kuba viele Lehrer, als Ausgleich für verbilligtes Öl aus Venezuela, an verschiedene befreundete Staaten Lateinamerikas, um dort beim Aufbau eines funktionierenden Bildungssystems zu helfen. Diesen Lehrermangel versucht die kubanische Regierung mit sogenannten „Nothilfelehrern“, 16- bis 18-jährigen Schulabgängern, die in Schnellkursen auf ihre Aufgaben vorbereitet werden, und durch Teleklassen, also Unterricht per Videokassette, zu kompensieren. Außerdem sollen schon pensionierte Lehrer wieder in den aktiven Schuldienst gelockt werden.[208] Der Anteil der jungen Notstandslehrer sei inzwischen auf knapp 50 Prozent gestiegen, was einen qualifizierten Unterricht nahezu unmöglich mache.[209] Dennoch gibt es auch in jüngster Zeit immer wieder Ansätze, das Bildungssystem zu erhalten und effizienter zu gestalten.[210]
Studierte Werktätige in Kuba nach Geschlecht
Durch eine Initiative zur Förderung der Kultur werden im Zeitraum 2011–2012 mehr als zwei Millionen Schüler Theater-, Musik-, Zeichen- und anderen künstlerischen Unterricht erhalten.[211] Zudem gab es in den letzten Jahren Lohnerhöhungen für die Lehrkräfte des Landes.[212]
Das Schulwesen steht für Jungen auch im Dienst vormilitärischer Ausbildung, ältere Schüler lernen den Umgang mit Waffen. Die Lehrer müssen jährlich jeden Schüler und auch dessen Eltern nach der politischen Ausrichtung und den politischen Aktivitäten schriftlich beurteilen.
Das Studium auf Kuba ist kostenlos, allerdings müssen alle Studenten nach ihrem Abschluss drei Jahre lang für den Staat einen Sozialdienst ableisten. In Kuba ist der Frauenanteil unter den Studenten höher als in jedem anderen lateinamerikanischen Land. Ebenso schneiden kubanische Studenten in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Sprachen besser ab als ihreKommilitonen in Lateinamerika.[213]
Teil des kubanischen Bildungswesens ist auch, dass Schüler und Studenten regelmäßig in Landinternate geschickt werden, wo sie neben ihrer Ausbildung unbezahlt in der Landwirtschaft arbeiten.
Einwohner pro Arzt in KubaEntwicklung der Kindersterblichkeit (Tode pro 1000 Geburten)[214]
Der kubanische Staat garantiert jedem kubanischen Bürger eine medizinische Versorgung. Die medizinische Behandlung ist für Kubaner grundsätzlich kostenlos, für Medikamente aus der Apotheke müssen die Patienten eine Zuzahlung leisten. Viele Arzneimittel sind nur gegen Dollar erhältlich.[215]
Das kubanische Gesundheitssystem zeichnet sich durch eine gute Vorsorge, eine hohe Ärztedichte (theoretisch 160 Einwohner je Arzt, ein Drittel davon ist jedoch im Ausland tätig[216][217]) und eine hohe Integration (Polikliniken) aus. Jede Siedlung verfügt über einen sogenannten „Familienarzt“. Familienärzte residieren in Gebäuden, die im gesamten Land einem identischen Bauplan folgen. In diesen befinden sich sowohl die Praxis als auch die Wohnung des Arztes, was eine Verfügbarkeit von 24 Stunden gewährleisten soll.
Die Säuglingssterblichkeit ist eine der niedrigsten (2010, 4,5 Säuglinge pro 1000 Geburten) und die Lebenserwartung eine der höchsten auf dem gesamten amerikanischen Kontinent.[219] Laut dem kubanischen Arzt und DissidentenDarsi Ferrer wird diese Zahl allerdings durch eine außerordentlich hohe Zahl vonAbtreibungen vonRisikoschwangerschaften erreicht.[220] 99,9 % der kubanischen Kinder werden in Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitssystems geboren.[221] Nach Angaben von UNICEF entspricht die Abdeckung und Qualität von kinder- und mütterfreundlichen Krankenhäusern in Kuba den weltweit höchsten Standards. Die UN-Kinderrechtskonvention ist laut dem UNICEF-Vertreter für Kuba, José Juan Ortiz Brú, in diesem Land am besten umgesetzt.[222]
Nach einem Bericht der WHO aus dem Jahr 2012 gehört Kuba zu den Ländern mit der weltweit niedrigsten Tuberkuloserate, es kommen 7 Fälle auf 100.000 Einwohner.[223] Auch wurde weiter in den Arbeitsschutz investiert. So sank die Anzahl der Arbeitsunfälle pro 1000 Arbeiter in Kuba von 5,2 im Jahr 1999 auf 1,6 im Jahr 2011.[224][225] Laut einem Ranking der NGOSave the Children ist Kuba das lateinamerikanische Land, das Müttern die besten Bedingungen bietet. Die Studie berücksichtigte Faktoren wie die allgemeinen Bedingungen des Gesundheitswesens, das Bildungsniveau sowie den wirtschaftlichen und politischen Status der Mütter. Des Weiteren wurde der Wohlstand der Kinder beachtet, die Sterblichkeitsrate unter fünf Jahren und der prozentuale Anteil der unterernährten Kinder.[226]
Jedoch gibt es Probleme: Zwar hat Kuba theoretisch eine der höchsten Ärztedichten der Welt, aber viele medizinische Einrichtungen sind baufällig und die medizinischen Geräte oft veraltet und in schlechtem Zustand. Auch fehlen häufig wichtige Medikamente, und die hygienischen Verhältnisse lassen zu wünschen übrig.[227] Es kommt in den Polikliniken zu langen Wartezeiten, weil etwa 40.000 Ärzte im Ausland arbeiten und dem Staat damit pro Jahr 6 Milliarden Euro bringen.[228] Die Zahl der Familienärzte sank zwischen 2009 und 2014 um 62 %, von über 32.000 auf unter 13.000.[229] Die Ärzte sind nicht höher bezahlt als andere Arbeiter und Angestellte und erhalten nur einen Bruchteil dessen, was sie das Ausland kosten, als Lohn ausbezahlt.[230] Ein verlässlicherRettungsdienst existiert nicht.[231] Außerdem mangelt es an Medikamenten wieAntibiotika und an medizintechnischer Ausrüstung inChirurgie undZahnmedizin.[230][232] Vorhandene medizinische Infrastruktur ist nur bedingt nutzbar. In der Ausbildung der Ärzte an modernerHigh-Tech-Medizin gibt es große Defizite.[216]
Die Ausbreitung desSARS-CoV-2-Virus in Kuba stellt das Gesundheitssystem der sozialistischen Karibikinsel auf die Probe, dem es letztendlich offenbar nicht standhielt. Ursprünglich von Touristen und aus dem Ausland zurückreisenden Kubanern auf die Insel gebracht, hat sich das Virus rasch über die ganze Insel verbreitet; Mitte April wurden rund 1.000 Fälle von Infizierungen gezählt.[233] Das Land verfügt über ein breites Gesundheitssystem mit einer sehr hohen Ärztedichte (COVID-19-Pandemie in Kuba). Die oben genannten Probleme werden durch die aktuelle Lage verschärft. Hinzu kommen teils dramatische Versorgungsengpässe, auch bei sanitären Produkten oder der Wasserversorgung. Aufgrund der hohen Altersstruktur gilt rund ein Viertel der Bevölkerung als Risiko-Gruppe. Trotz der kritischen Lage auf der Insel selbst hat Kuba Ärzte-Brigaden zur Bekämpfung der COVID-19-Epidemie in eine Reihe von Ländern entsandt, unter anderem nach Norditalien und in zahlreiche Karibikstaaten.[234] Mitte des Jahres 2021, zum Höhepunkt der Delta-Welle und als noch nur wenige in Kuba geimpft waren, war das Gesundheitssystem in Kuba praktisch zusammengebrochen. Die Krankenhäuser konnten die Massen an Patienten nicht mehr bewältigen und die Friedhöfe kamen mit den Bestattungen nicht nach. Während die offizielle Presse versuchte, die Dramatik herunterzuspielen, waren diesozialen Medien voll von Hilferufen.[235] Obwohl laut offizieller Statistik bis Juli 2022 insgesamt nur rund 8500 Menschen in Folge einer Covid-Infektion starben[236], wies Kubas Statistikamt ONEI für das Jahr 2021 eine Übersterblichkeit von 52 Tausend Personen aus, was ungefähr 50 % entspricht.[237] Auch die Kindersterblichkeit erhöhte sich um etwa den gleichen Faktor.[238]
DieRevolutionären Streitkräfte Kubas(Fuerzas Armadas Revolucionarias – FAR) umfassten 2022 ca. 49.000 Mann.[240] Es bestehtWehrpflicht für Männer. Die Zahl der Angehörigen der regulären Streitkräfte ist seit dem Ende desKalten Krieges stark gesunken. Damals betrug deren Stärke rund 300.000 Mann. Allein im Angola-Konflikt wurden 430.000 kubanische Soldaten eingesetzt. Kein anderes lateinamerikanisches Land engagierte sich militärisch derart stark außerhalb des eigenen Kontinents.[241]
Weiterhin gibt es die rund eine Million Mann[242] starkenparamilitärischenMilizen zur Territorialverteidigung(MTT – Milicias de Tropas Territoriales). Deren Angehörige sind Zivilisten und haben in ihren Wohn- und Arbeitsgebieten Zugang zu Waffen. Sie sind für einenGuerillakrieg gegen mögliche Invasoren ausgebildet und bilden in Kriegszeiten einen Teil der militärischen Streitkräfte, mit der Aufgabe die gegnerischen Kräfte zu binden und damit den Einheiten der regulären Armee Zeit zurMobilmachung zu geben.
Der Armee untersteht ebenfalls dieZivilverteidigung. Eigentlich zur Organisation der Bevölkerung im Verteidigungsfall eingerichtet, bestehen die heutigen Hauptaufgaben darin, die Bevölkerung vor den Folgen von Naturereignissen, insbesondere den jährlich auftretendenHurrikanen zu schützen. Dies geschieht sehr effizient, so dass trotz teilweise immenser Sachschäden normalerweise kaum Menschen zu Schaden kommen.
Entwicklung des realen Bruttoinlandsprodukts pro KopfArbeitsunfälle in Kuba pro 1.000 Arbeiter (1999–2011)
Kuba zählte vor der Revolution, gemäß Pro-Kopf-BIP, zu den reichsten Ländern Lateinamerikas.Seit den 1870er Jahren waren die Einkommen unter den höchsten in Südamerika.[243] SeineInfrastruktur, wie zum Beispiel das Verkehrs- und Telekommunikationsnetz, war auf dem modernsten Stand. Auch das Gesundheits- und Schulwesen konnte sich mit den Staaten der Ersten Welt messen. Kuba war der weltweit größte Exporteur von Zucker, und die Vereinigten Staaten kauften jährlich eine große und garantierte Menge Zucker zu festgesetzten Preisen auf. Jedoch herrschten riesige Ungleichgewichte hinsichtlich der Verteilung des Volksvermögens sowohl zwischen densozialen Schichten als auch zwischen Stadt und Land, insbesondere zwischen der Hauptstadt Havanna und den östlichsten Teilen des Landes.[244] Der Einfluss von US-Direktinvestoren auf die kubanische Volkswirtschaft war zwar nach wie vor recht groß, jedoch stetig rückläufig.
Heute ist Kuba eine der letzten bestehendensozialistischenVolkswirtschaften. Nach dem Ende derSowjetunion kam es mit dem Wegfall des wichtigsten Handelspartners Kubas 1991 zu einer ökonomischen Krise (genanntperíodo especial en tiempo de paz = besondere Periode in Friedenszeiten; kurz:período especial/Sonderperiode), die bis heute andauert. Die RGW-Staaten hatten Kubas landwirtschaftliche Produkte über dem Marktpreis gekauft und Finanzhilfen geleistet, allein die Sowjetunion zahlte zuletzt 5 Milliarden Dollar jährlich.
Wegen der großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten wurde der US-Dollar ab 1993 offizielles Zahlungsmittel neben dem Peso. Seit dem 8. November 2004 war der US-Dollar durch denPeso convertible ersetzt, bis dieser 2021 abgeschafft wurde.
Die desolate Wirtschaftslage zwang die Regierung zu marktwirtschaftlichenReformen, um die Grundversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Es entstand neben der Planwirtschaft ein zweiter Wirtschaftsbereich mit marktwirtschaftlichen Elementen. Erstmals wurden Familien- und Einpersonenbetriebe (trabajo de cuenta propia – Arbeit auf eigene Rechnung) zugelassen, einige Staatsbetriebe wurden nach betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen geführt und Bauern durften einen Teil ihrer produzierten Waren selbst verkaufen. Später wurden diese vorsichtigen Reformen Richtung Marktwirtschaft zwar nicht vollständig rückgängig gemacht, jedoch wurde die Vergabe von Lizenzen deutlich restriktiver gehandhabt. Auch viele bestehende Familienbetriebe konnten die zunehmend restriktiveren Auflagen nicht mehr erfüllen und mussten schließen.[245] Es wurde eine den Streitkräften unterstehende UnternehmensholdingGAESA gegründet, die unter Raúl Castros Präsidentschaft zunehmend an Einfluss gewann und heute einen Großteil von Kubas Devisenwirtschaft kontrolliert, vom Tourismus über den Außenhandel bis hin zu Einzelhandel und Bauwesen.[246] Sie entzieht sich jeglicher staatlicher Kontrolle und gilt als Staat im Staate.[247]
Zur Nutzung ausländischen Investitionskapitals wurdenJoint Ventures mit kubanischen Staatsunternehmen gegründet, wobei letztere ihrerseits aufgrund der strategischen Wichtigkeit vom Militär kontrolliert werden.[248] Die Joint-Ventures mit ausländischen Firmen unterliegen Beschränkungen. Sie dürfen ihre kubanischen Mitarbeiter nicht selbst aussuchen und müssen deren Lohn in Dollar an die Regierung zahlen. Die Mitarbeiter erhalten den normalen kubanischen Lohn in Pesos. Ein Großteil des Lohnes wird so abgeführt.
Im September 2010 kündigte die kubanische Regierung umfassende Reformen an, um mit einer graduellen Ausweitung von Marktmechanismen und selbständiger Arbeit den strukturellen Wirtschaftsproblemen zu begegnen.[249] Dieser von Raúl Castro als alternativlos dargestellte Kurs, der an die Reformpolitik Chinas und Vietnams erinnert, wurde von der Nationalversammlung im Dezember 2010 bekräftigt. Die geplanten Maßnahmen umfassen unter anderem die Entlassung von 500.000 Staatsbediensteten, mehr als zehn Prozent des im Staatssektor beschäftigten Personals, bis März 2011. Arbeitslosengeld in Höhe von bis zu 60 % des Basismonatslohns gibt es nur für langjährig Beschäftigte, jedoch je nach Beschäftigungsdauer maximal fünf Monate. Insgesamt gebe es laut Raúl Castro beim Staat einen Überhang von gut einer Million Beschäftigten. Dennoch fehlen insbesondere in der Landwirtschaft, im Bauwesen und in der Industrie zahlreiche Arbeiter. Auch bei den Akademikern gebe es Fehlentwicklungen. Es wurde zu viel gegen den volkswirtschaftlichen Bedarf ausgebildet, was nun korrigiert werden müsse. Der Zugang zu Universitäten soll erschwert, das Niveau des Hochschulstudiums angehoben werden. Jedoch wird der Mangel an qualifizierten Lehrern beklagt, um Fachkräfte bedarfsgerecht auszubilden. Weiterhin hofft die Regierung, dass zahlreiche der Entlassenen nun in der Privatwirtschaft Anstellung finden. Dazu wurden die Bedingungen für das Arbeiten auf eigene Rechnung gelockert – es dürfen jetzt auch familienfremde Angestellte beschäftigt werden – und die möglichen Branchen auf zum Beispiel Schönheitssalons und Friseure erweitert.[250][251][252][253] Mit Genehmigung der Regierung haben sich bis Mitte 2011 rund 310.000 Beschäftigte selbständig gemacht, die meisten davon in Lebensmittelproduktion und -verkauf.[254] Für den aufstrebenden privatwirtschaftlichen Sektor dienen vor allem Rücküberweisungen von Familienangehörigen aus dem Ausland als Startkapital. Dadurch ergibt sich eine strukturelle Benachteiligung der Afro-Kubaner, welche deutlich weniger Familienangehörige im Ausland haben. So werden die lukrativsten Geschäftszweige wie Restaurants und Unterkünfte insbesondere von „Weißen“ geführt.[255] Während die offizielle Arbeitslosenquote bei rund 2,5 Prozent liegt,[256] schätzen selbst regierungsnahe Gewerkschafter, dass die tatsächlicheErwerbslosenquote beim Zehnfachen, nämlich bei rund 25 Prozent liegen dürfte.[257] Während der halbjährlich stattfindenden Parlamentssitzung im Juli 2014 zeigte sich die Regierung jedoch enttäuscht von den bisherigen Ergebnissen. Das Wirtschaftswachstum hatte nicht ihren Erwartungen entsprochen.[258]
An den geplanten Wirtschaftsreformen gab es von Seiten der Experten zahlreiche Bedenken. Zum einen wurde bezweifelt, dass diese nur halbherzige Öffnung in Richtung Marktwirtschaft bei möglichst gleichbleibender zentralstaatlicher Kontrolle auf Dauer funktioniert. Außerdem stand der geplanten Freisetzung von bis zu 50 Prozent der staatlichen Arbeitsplätze[259] kein adäquates Angebot im Privatsektor gegenüber, in dem sich die entlassenen Arbeiter und Angestellten eine neue Beschäftigung suchen sollen. Dort blieben nämlich nur rund 180 relativ einfache Betätigungsfelder erlaubt, so dass dort Männer wie Frauen zum großen Teil weit unter ihrer Qualifikation arbeiten würden.[145][260]
Kuba ist auf Betreiben der USA aus dem vonIWF undWeltbank beherrschten internationalen Finanzsystem praktisch ausgeschlossen. Auch ein Kooperationsabkommen mit derEU ist bisher nicht zustande gekommen. Kuba hatte 1999 entsprechende Verhandlungen einseitig abgebrochen. Dennoch blieb die EU zunächst einer der wichtigsten Handelspartner Kubas. Im Jahre 2000 stammten mehr als die Hälfte sowohl der Direktinvestitionen als auch der Importe von EU-Ländern.[261] Inzwischen sind Venezuela und China die wichtigsten Handelspartner und Kreditgeber Kubas.[262]
Kuba befindet sich seit etwa 2009 in einer extremen Wirtschaftskrise, bedingt durch dieHurrikansaison 2008 und Kubas ineffiziente Wirtschaft.[263][264] Im Unterschied zu früher werden seit dem Amtsantritt von Raúl Castro auch in offiziellen Diskursen der kubanischen Regierung, insbesondere vom Regierungschef selber, nicht mehr externe Umstände wie US-Blockade oder ungünstiger Weltmarkt als Hauptursache der wirtschaftlichen Probleme genannt, sondern es wird mehr auf strukturelle Probleme der zentral gelenkten Staatswirtschaft verwiesen.[265] Vor allem gelte es, Misswirtschaft undKorruption in den staatlichen Betrieben zu bekämpfen.[266][267] Durch die 2018 auch von Raúl Castro angestrebte und 2019 vom Volk gebilligte Verfassungsänderung sollte es in Kuba im begrenzten Rahmen wieder Formen des Privateigentums geben, zudem sollte damit dieEhe für alle geöffnet werden.[268][269][270]
Offiziell: 1USD = 24 CUP; 100CUP = 4,167 USD 1EUR = 27,25 CUP; 100 CUP = 3,6695 EUR 1CHF = 29,43 CUP; 100 CUP = 4,4996 CHF 1 USD = 1MLC Offizielle Kurse für die Bevölkerung (nur Ankauf):[271](Stand: 16. April 2025) 1 USD = 110,40 CUP; – 1 EUR = 132,52 CUP; – 1 CHF = 143,07 CUP; – Informell:[272](Stand: 16. April 2025) 1 EUR = 375,00 CUP = 1,44 MLC; 100 CUP = 0,27 EUR 1 USD = 362,00 CUP = 1,39 MLC; 100 CUP = 0,28 USD 1 MLC = 260,00 CUP; 100 CUP = 0,38 MLC
In Kuba gab es bis Ende 2020 zwei offizielle Währungen: denPeso Cubano (CUP oder MN fürMoneda Nacional) als die ursprüngliche Währung, in der die staatlichen Löhne ausgezahlt und die wesentlichen einheimischen Grundnahrungsmittel und einfachen Dienstleistungen bezahlt werden, sowie denPeso convertible (CUC), der als Ersatz-Devisenwährung direkt an den Wert desUS-Dollars gekoppelt ist und insbesondere für importierte Waren und höherwertige Dienstleistungen erforderlich ist. Seit dessen Einführung nimmt die Zahl der Artikel des täglichen Gebrauchs zu, die nur noch in CUC und damit zu Preisen verkauft werden, die für Verbraucher ohne direkten Zugang zu Devisen schwer erschwinglich sind.[273] DieNachfrage nach Waren des täglichen Bedarfs für nationale Währung übersteigt auch nach offiziellen Angaben deutlich dasAngebot.[274]
Das seit März 2005 staatlich festgelegte Tauschverhältnis war 1:24 beim Kauf von kubanischen Pesos für CUC und umgekehrt 25:1, wenn man kubanische Pesos in Pesos convertibles eintauschen wollte. In dervolkswirtschaftlichen Gesamtrechnung wird jedoch eine Relation von 1:1 zwischen beiden nationalen Währungen angesetzt.[275] Ende Juli 2013 kündigteRaúl Castro an, die beiden Währungen zusammenzufügen, da deren Dualität die Wirtschaftsreformen behindere.[276] Das Kabinett hat am 22. Oktober 2013 dazu einen Zeitplan für einen Übergangsprozess gebilligt.[277]
Im Laufe des Jahres 2020 wurden Läden eingeführt, in denen man lediglich bargeldlos infrei konvertierbarer Währung einkaufen kann. Im Kuba-Jargon heißen sie „MLC-Läden“, wobei „MLC“ fürMoneda Libremente Convertible, also „frei konvertierbare Währung“ steht. Dazu muss sich ein Kubaner eine ArtGirokarte bei einer kubanischen Bank oder vomAmerican International Services (AIS) besorgen, wo lediglich inDevisen-Währungen, wieUS-Dollar oderEuro, eingezahlt werden kann. Das Angebot in den ehemaligen CUC-Läden, welche noch nicht in MLC-Läden umgewandelt wurden, wurde entsprechend zurückgefahren. Die Preise in den MLC-Läden entsprechen, wenn auch offiziell nicht ausgewiesen, dem US-Dollar. Ausländische Kreditkarten werden entsprechend in dieser Währung belastet. Somit ist der US-Dollar die quasi-offizielle Parallelwährung in Kuba, wenn auch bargeldlos.[278] Da es für Kubaner ohne Auslandskontakte keinerlei Möglichkeit gibt, legal an Devisen zu kommen, um in den MLC-Geschäften einkaufen zu können, existiert ein Schwarzmarkt für den Tausch von Bargeld von kubanischer Währung in Devisen, dessen Kurs deutlich höher ist als der offizielle Tauschkurs von 1:24.[279]
Mit Wirkung vom 1. Januar 2021 wurde der CUC offiziell abgeschafft.[280][281] Die Reform wurde mit einer Lohn- und Preisreform verbunden.[282] Da man in Banken offiziell keine Devisen mehr kaufen konnte, entwickelte sich ein blühender Schwarzmarkt für Devisen, wo diese zeitweise mit bis zum fünffachen des offiziellen Kurses gehandelt wurden. Um diesen, laut Sprachregelung der Regierung, illegalen Devisenhandel auszutrocknen, wurden mit Wirkung zum 4. August 2022 neue Ankaufskurse für Devisen festgelegt. Ausländische Devisen werden demnach vonnatürlichen Personen im Äquivalent zum Kurs von 1:120 zum US-Dollar von Banken aufgekauft.[283]
In den 2020er Jahren verliert der kubanische Peso zunehmend an Wert. Beim Tausch von Devisen erhält man den Peso Bündelweise.
Seit der Währungsumstellung ist der kubanische Peso einem starken Preisdruck ausgeliefert. Die offizielle Inflationsrate betrug 2021 77 %, 2023 wurde sie mit 39 % angegeben. Die informelle Inflation wird jedoch weit höher geschätzt und orientiert sich am Straßen-Tauschkurs für Devisen. Demnach wird der US-Dollar und Euro gegenüber dem Peso im Mai 2024 zum Kurs von ungefähr 1:400 gehandelt. Von offizieller Seite wird dem unabhängigen Portal El Toque, das regelmäßig die kulminierten Schwarzmarktkurse veröffentlicht, vorgeworfen, die Inflation erst zu befeuern.[284]
Im August 2023 wurde verkündet, dass man denbargeldlosen Zahlungsverkehr bis 2024 massiv ausbauen wolle. Handy-Bezahl-Apps wieTransfermóvil sollen dabei eine zentrale Rolle spielen. Offizielles Ziel ist die Begrenzung derInflation sowie Verhinderung vonKorruption undSteuerhinterziehung. Tatsächlich gibt es inflationsbedingt massive Probleme bei der Bargeldversorgung. Bei juristischen Personen, wie zum Beispiel Unternehmen, ist die Abhebung am Geldautomaten auf 5000 CUP pro Tag beschränkt.[285]
Supermarkt 3ra y 70 in Miramar,Havanna. Erster ausschließlich Devisen akzeptierender Supermarkt in Kuba in den 2000er Jahren.
Ende 2024 wurde aufgrund es chronischen Devisenmangels eine zunehmende Dollarisierung des Einzelhandels angekündigt.[286] So ist geplant, im ganzen Land Geschäfte zu eröffnen, in denen man ausschließlich in ausländischen Devisen bezahlen kann. Den Anfang machte im Januar 2025 derSupermercado 3ra y 70 in Havannas StadtteilMiramar. Als Bargeld wird der US-Dollar akzeptiert. Auch eine neue, mit Devisen aufladbarePrepaidkarte,Tarjeta Clásica (klassische Karte) genannt, kann zur Bezahlung benutzt werden. Die weitverbreiteten MLC-Karten funktionieren jedoch dort nicht.[287]
Das Wachstum desBruttoinlandsproduktes (BIP) erholte sich seit der Wirtschaftskrise von 1993 (0,7 Prozent) auf drei Prozent im Jahre 2004. Nach staatlichen Angaben wuchs die Wirtschaft im Jahre 2005 um 11,8 Prozent (Schätzung derCEPAL: 3 %[288]), im Jahr 2006 um 12,5 %. Für das Jahr 2007 gab das kubanische Wirtschaftsministerium ein Wachstum von 7,5 %[289] an, für 2008 werden 8 % prognostiziert. Die offiziellen Zahlen sind für Vergleiche mit anderen Ländern ungeeignet,[290] da Kuba zur Berechnung des BIP eine eigene, international nicht anerkannte, Berechnungsmethode, das „PIP Social Sostenible“ (Nachhaltiges Soziales BIP), anwendet, das freie oder stark subventionierte Leistungen des Staates besonders mit einrechnet. Andere Quellen schätzen das Wirtschaftswachstum im Jahr 2006 geringer ein (7,6 %[239], 8 %[291] und 9,5 %[288]).
Die Produktion ist bis 2009 auf 48 % des Wertes von 1989 gesunken.[292] KubasAußenhandelsbilanz ist stark negativ, das Land muss mehr Güter importieren, als es exportieren kann. Im ersten Quartal 2009 entfielen insgesamt 80 Prozent des Außenhandels auf Importe. DieAuslandsverschuldung und dasHandelsdefizit sind 2009 die höchsten Lateinamerikas. Verbindlichkeiten bei ausländischen Staaten und Investoren können nur teilweise bedient werden.[293][294]
Letztendlich dürften die hohen offiziellen Wachstumsraten seit der Jahrtausendwende hauptsächlich den hohen Subventionen aus Venezuela und dem bis 2008 hohen Nickelpreis geschuldet sein.Julio Borges benannte den Umfang der Subventionen aus Venezuela mit 35 Milliarden Dollar innerhalb von 15 Jahren,[295] zu deren Höchststand sie lautCarmelo Mesa-Lago 12 Prozent des Bruttoinlandproduktes erreichten.[296] Im privaten Konsum der Kubaner kam das Wirtschaftswachstum jedoch kaum an.[297]2011 arbeitete Kuba an der Überarbeitung der Statistik, um in Zukunft vergleichbare Daten liefern zu können.[298]
Im Jahr 2020 betrug das Bruttoinlandsprodukt von Kuba rund 107,35 Milliarden US-Dollar. Durch die Corona-Krise ist jedoch das BIP pro Kopf deutlich gesunken.
Rohöltanks der staatlichen Ölgesellschaft CUPETBohrturm nahe HavannaÖlfeld nahe Havanna
Inzwischen gewinnt dieNickelproduktion an Bedeutung, hier wirken sich die aktuell hohen Stahlpreise günstig aus. Außerdem werden folgende Rohstoffe in größeren oder kleineren Mengen abgebaut: Chrom, Kobalt, Kupfer, Eisen, Mangan, Gold und Silber sowie geringe Mengen an Erdöl und Erdgas.
Nach Schätzungen der staatlichen ÖlgesellschaftCUPET verfügt Kuba vor seinen Küsten über Ölvorkommen von bis zu 20 Milliarden Barrel, was ungefähr den noch vorhandenen Reserven der USA entspricht und fast das Doppelte der Reserven Mexikos ausmacht.[299] DerGeologische Dienst der USA schätzt Kubas Ölreserven auf rund 9 Milliarden Barrel sowie rund 60 Milliarden Kubikmeter Erdgas.[300] Trotz beträchtlicher Investitionen – darunter 2012 in den Einsatz einer Bohrinsel mit über 3,6 Kilometern Bohrtiefe – haben bisherige Probebohrungen verschiedener ausländischer Ölfördergesellschaften noch keine Möglichkeit einer rentablen Förderung des Öls ergeben,[301][302] weswegen nun wieder verstärkt in die Förderung auf dem Festland investiert wird.[303] Die geschätzte Erdölproduktion lag 2014 unter 30 Prozent des Verbrauchs.[303]
Tabakblätter in einem Trockenschuppen in Pinar del RíoManuel Rivera-Ortiz: Tabak-Ernte, Valle de Viñales, Kuba 2002
In der Landwirtschaft warZucker das historisch wichtigste Exportgut, gefolgt vomTabak. Im Jahr 2000 exportierte Kuba 2,9 Mio. Tonnen Zucker, von denen die Hauptabnehmer Russland mit 42 %, die westlichen Industriestaaten mit 31 % und China mit 9 % waren. Die Zuckerproduktion sank jedoch von 9 Millionen Tonnen 1987 auf 2,5 Millionen Tonnen 2006. 2010 hatte Kuba die schlechteste Zuckerrohrernte seit mehr als 100 Jahren, es wurde etwa eine Million Tonnen Zucker produziert[304][305], welche seitdem ständig gesunken sind. 2022 erzielte die kubanische Wirtschaft nur noch Einnahmen von US$ 67,2 Mio. durch Zuckerexport, dem auch noch $15,8 Mio. Importe gegenüberstehen.[306]
Theoretisch ist Kuba ein fruchtbares Land, wo dreimal jährlich geerntet werden könnte. Die Geographie des Landes mit vorwiegend flachem oder hügeligem Land und günstiger Bodenbeschaffenheit bietet fast ideale Bedingungen.[307] Viel Land liegt jedoch brach und Kuba importiert mehr als die Hälfte seiner Lebensmittel, in manchen Jahren sogar Zucker aus Brasilien.[257][308]Kuba gab jährlich bis 2,5 Milliarden US-Dollar für den Lebensmittelimport aus.[304] Im Jahr 2008 mussten 84 % der Lebensmittel importiert werden,[309] auch rund 80 % der Grundnahrungsmittel im Wert von ca. einer Milliarde Dollar, welche über dasLibreta-System für rationierte und subventionierte Waren verteilt werden, darunter Reis, Kartoffeln, Bohnen und Fleisch.[310]
Die vor demZusammenbruch der Sowjetunion und dem damit einhergehenden Ausfall von Treibstoffen und finanziellen Mitteln hochmechanisierte und mit chemischer Unterstützung arbeitendezentralistisch gesteuerteindustrielle Landwirtschaft musste sich Anfang der 1990er Jahre komplett umorientieren. Es fehlte plötzlich sowohl an Treibstoff für die Landmaschinen als auch anDüngemitteln undPestiziden. Die staatliche Produktion landwirtschaftlicher Güter brach ein. Der Not gehorchend, bildete sich zunächst eine zunehmend besser funktionierende, auf privater Basis arbeitendeurbane Landwirtschaft heraus. Sie versorgte 80 % der Bevölkerung mit weitgehend lokal erzeugten Bioprodukten und machte Kuba damit unbeabsichtigt zum weltweiten Führer derÖkologischen Landwirtschaft.[311][312] Die 1992 gegründeteAsociación Cubana de Agricultura Orgánica (ACAO – deutsch: Kubanische Vereinigung für Organische Landwirtschaft) wurde 1999 für ihre dementsprechende Pionierarbeit mit dem alsAlternativen Nobelpreis bekanntenRight Livelihood Award ausgezeichnet.[313] Wenige Monate später ließ die kubanische Regierung die inzwischen 30.000 Personen umfassende ACAO verbieten. Die weitgehend ökologische Landwirtschaft blieb jedoch bis heute bestehen und könnte als Vorbild für die Anpassung derLandwirtschaft in anderen Ländern mitErdölknappheit dienen.[311][312][314]
Das randtropische Klima sorgt für gute Voraussetzungen, bereitet allerdings auch erhebliche Probleme: Durch die vermehrt auftretendenHurrikane mit hoherIntensität und durch die immer wieder vorkommendenDürreperioden werden oft große Teile der Ernte vernichtet.[307] Die Nahrungsmittelproduktion Kubas war insgesamt von 2001 bis 2007 rückläufig. Die Geflügelproduktion beispielsweise hatte sich nach der Überwindung der Hauptschwierigkeiten der Sonderperiode fast halbiert.[315] Nach einem Minus von 6 % im Jahr 2006 konnte sich der Landwirtschaftssektor aber im Jahr 2007 wieder erholen, er war im Jahr 2007 mit einem Wachstum von 22,4 % der am stärksten gewachsene Wirtschaftssektor Kubas bei einem Gesamtwirtschaftswachstum von 7 %. Dies war offensichtlich auf die ergriffenen Maßnahmen zur Reduzierung des Zahlungsrückstandes des Staates gegenüber den Erzeugern, die Anhebung der Abnahmepreise für deren Produkte und günstigen klimatischen Bedingungen zurückzuführen.[316]
Von den 3,5 Millionen Hektar Land wird rund die Hälfte nicht oder mangelhaft genutzt. Nur 32 Prozent der Flächen werden von Kooperativen bearbeitet, der Rest von privaten Bauern. Rund 900.000 Menschen arbeiten als Bauern oder in Kooperativen und es gab um 2015 nur einen Traktor auf fast 15 Beschäftigte. Neben meist 30-jährigen Traktoren kommen auch noch 2016 Ochsen und Pferde zum Einsatz.[308]Um die landwirtschaftliche Produktion anzukurbeln und die Abhängigkeit von den teuren Einfuhren zu mindern, wurden seit September 2008 ungenutzte landwirtschaftliche Flächen an landlose Arbeiter und Bauern vergeben. Für Privatleute gelten die Pachtverträge über zehn Jahre und für Kooperativen 25 Jahre.[317] Die Nutzungsrechte können weder vererbt, noch verkauft werden.[318] Kubanische Experten halten die bisher durchgeführten punktuellen Reformen für unzureichend und fordern stattdessen strukturelle Reformen in Richtung mehr Marktwirtschaft. Die landwirtschaftliche Produktion konnte bis 2012 nicht wesentlich gesteigert und die Importabhängigkeit nicht verringert werden.[319][320]
Im Jahr 2011 wuchs die landwirtschaftliche Produktion (ohne die Zuckerindustrie) um 8,7 %, nach einem Rückgang um 2,5 % im Vorjahr, lag aber weiterhin unter dem Niveau von 2005.[321] Der Plan für die urbane Landwirtschaft wurde mit 105 % übererfüllt. Es wurden 1.052.000 Tonnen Gemüse geerntet. Für 2012 war eine Produktion von 1.055.000 Tonnen geplant.[322]
Wohl mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Anbaufläche lagen um jene Zeit brach. Das bedeutete auch, dass bis 85 Prozent der Nahrungsmittel eingeführt werden mussten, oft aus den USA.[323]
Bis zum Jahr 2016 hatte, trotz der seit acht Jahren gewährten Erlaubnis für Kleinbauern, Ackerland für 20 Jahre zu pachten, die Lebensmittelproduktion kaum zugenommen. Den Bauern fehlte es an Saatgut, Maschinen und Dünger um die brach liegenden Flächen zu bearbeiten, dazu mussten sie weiterhin den größten Teil der Erträge unter Marktpreisen dem Staat verkaufen, dies lautCarmelo Mesa-Lago im Gegensatz zu Vietnam, welches durch eine konsequentere Privatisierung mit 50-jährigen Pachtzeiten und freien Preisen seine Importabhängigkeit beenden konnte.[296] Gut 70 Prozent alleine der Grundnahrungsmittel wurden im Jahr 2016 immer noch importiert.[324] Auch später nahm die Importabhängigkeit nicht ab, sondern weiter zu. So stieg der monatliche Lebensmittelimport allein aus den USA, von Juni 2021 in Höhe von 28 Millionen Dollar, über 23 Millionen Dollar (2022) auf 37 Millionen Dollar. Darunter befanden sich neuerdings auch Zucker und Kaffee, Produkte, für die Kuba vormals Exportnation war.[325] Die landwirtschaftliche Produktion fiel zwischen den Jahren 2019 und 2023 um 35 Prozent.[326]
Der Beginn desMassentourismus auf Kuba wurde Anfang der 1920er-Jahre durch dieProhibition in denVereinigten Staaten ausgelöst. Kuba wurde ein beliebtes Reiseziel der US-Amerikaner, da es nah an Florida lag und keinen Beschränkungen des Glücksspiels und der Prohibition wie in den USA unterlag. Der NobelpreisträgerErnest Hemingway, der von 1939 bis 1960 auf Kuba lebte, hat stark zum „Mythos Kuba“ beigetragen, noch heute dient er als Tourismusmagnet.[327]
Nach dem Sieg der Revolution 1959 reisten in den folgenden dreißig Jahren nur eine geringere Zahl von Gästen, besonders aus derSowjetunion und denOstblockstaaten, nach Kuba. Aufgrund des Embargos ist US-Bürgern, die vor der Revolution den Großteil der Besucher ausmachten, Tourismus in Kuba verboten. Viele US-Amerikaner umgehen dieses Verbot, indem sie über Drittländer nach Kuba reisen. Es gibt nur sehr wenige direkte Verkehrsverbindungen zwischen den USA und Kuba, die hauptsächlich von Exilkubanern für Verwandtenbesuche benutzt werden, die jedoch ebenfalls reglementiert sind.
Nach der Auflösung des Ostblocks und der wirtschaftlichen Krise in Kuba suchte die Regierung neue Devisenquellen für Kuba. Mit Hilfe international tätiger Tourismusunternehmen wurden seit Anfang der 1990er-JahreJoint Ventures gegründet, die Hotels und touristische Einrichtungen hauptsächlich in den Haupttourismusgebieten errichteten und betreiben. Die hohenTrinkgelder in Devisen lockten viele hochqualifizierte Kubaner in Jobs des Tourismusgewerbes. Touristikmitarbeiter werden auch speziell an Universitäten des Landes mit eigens eingerichteten Studiengängen ausgebildet.
Der heutige Pauschaltourismus konzentriert sich auf wenige Gebiete, insbesondereVaradero, die Region Havanna, dasValle de Viñales,Cayo Coco und die Nordküste beiHolguín (Playa Guardalavaca).Durch die hohe Anzahl an Ärzten und ein entwickeltes Gesundheitssystem bietet Kuba gute Voraussetzungen fürGesundheitstourismus. Touristen verbinden ihren Ferienaufenthalt mit einer medizinischen Behandlung oder Reisen für Spezialbehandlungen wie Augenoperationen und Zahnarztbehandlungen nach Kuba.
Heute hat der Tourismus eine Spitzenstellung in der Wirtschaft des Landes bekommen und ist die wichtigste Einnahmequelle für Devisen geworden. Um die zuletzt sinkenden Touristenzahlen wieder zu steigern, wurden verschiedene Maßnahmen, wie Senkung der Landegebühren auf den Flughäfen, Senkung der Kerosinpreise auf Weltmarktniveau sowie eine schnellere Abfertigung der Touristen bei der Einreise beschlossen.[328][329] Obwohl die Mehrzahl der Hotels staatlich verwaltet werden, gehen Schätzungen davon aus, dass etwa zwei Drittel der Einnahmen aus dem Tourismus direkt ins Ausland abfließen. Dies liegt u. a. daran, dass ein Großteil der touristischen Konsumgüter importiert werden muss.[330]
Im Jahr 2010 stieg die Zahl der ausländischen Besucher gegenüber dem Vorjahr um 4 % auf 2,5 Millionen (2009 2,4 Mio.) Touristen. Den mit Abstand größten Anteil unter den Touristen stellen die Kanadier mit 945.000 Besuchern im Jahre 2010.[331] Danach kommen offensichtlich – von der offiziellen Statistik nicht separat ausgewiesen – Reisende aus den USA, zumeist Kubanoamerikaner auf Familienbesuch, mit rund 400.000 Besuchern, die höchste Zahl seit dem Sieg der Revolution 1959.[332]
Bis 2019 stieg die Zahl der Touristen auf 4,3 Millionen jährlich, um mit der Corona-Pandemie, wo sich Kuba komplett nach außen abschottete komplett einzubrechen.[333] Doch auch danach erholte sich der Tourismus nur sehr langsam und blieb mit 1,6 Millionen Besuchern 2022 deutlich hinter den Erwartungen zurück. Als Hauptgrund gilt die fortschreitende Versorgungskrise, unter der das Land seit Jahren leidet.[334]
Kubas Industrie ist international überwiegend nicht wettbewerbsfähig. Der Bedarf an Industriegütern kann nicht durch eigene Produktion gedeckt werden.[335] Die Industrieproduktion war 2006 nur halb so groß wie 1989.[336]
Kuba verfügt über eine hochentwickelte Biotechnologie, die z. B. in der Landwirtschaft aus Mangel an Energie sowie synthetischenDüngern und Pflanzenbehandlungsmitteln biologische Anbaumethoden fördert. Die kubanische Pharmaindustrie vermarktet weltweit zahlreiche kubanische Patente auf Medikamente. Kuba zählt zu den ersten Ländern, in denen Impfstoffe gegenMeningitis B und C,Hepatitis B, ein therapeutischer Impfstoff gegenLungenkrebs[337] und ein Medikament für die Behandlung von Geschwüren des Diabetikerfußes[338] entwickelt wurden. Medizinische Produkte sind mit einem Volumen von 350 Millionen US-Dollar (2007) zum zweitwichtigsten Exportgut Kubas geworden.
Weiterhin existiert eine moderne Produktionsstätte fürSolarmodule.
Kuba erreicht eine hohe Lebenserwartung bei einem mittleren BIP pro Kopf
Die Löhne und vor allem die Renten gelten für die Masse der Kubaner als sehr gering, so dass die meisten sich bemühen müssen, iminformellen Sektor etwas dazu zu verdienen oder aus der Produktion ihrer Betriebe zu stehlen.[340] Innerkubanischen Berechnungen zufolge benötigte eine kubanische Durchschnittsfamilie im Jahr 2002 rund das Doppelte ihres regulären Einkommens zum Überleben.[341] Auch Kubas Präsident Raúl Castro bemerkte 2007 in einer Rede, dass das Gehalt eines Kubaners klar unzureichend sei, um sämtliche Notwendigkeiten des täglichen Lebens zu erfüllen.[342] Das durchschnittliche Monatseinkommen für Berufstätige stieg von 2011 bis 2016 gemäß offiziellen Angaben von 455 Pesos auf 640 Pesos pro Monat[343][344], d. h. von rund 19 US-Dollar auf 26 US-Dollar. Dabei profitierte vor allem medizinisches Personal von kräftigen Lohnerhöhungen.[345] Die Mindestrente für Berufstätige betrug 2005 etwa 150 Pesos (ca. 7 US-Dollar) je Monat.[346] Kubaner, die nicht von regelmäßigen Dollar-Überweisungen ihrer Verwandten aus dem Ausland profitieren, was auf mehr als die Hälfte der Bevölkerung zutrifft, sind vonArmut bedroht.[59][347]
Es existiert eine ArtBezugsscheinsystem,Libreta genannt, das denrationierten Bezug von subventionierten Waren, hauptsächlich Lebensmittel, erlaubt. Diese reichten in der Vergangenheit jedoch nur für ca. 10 bis 14 Tage eines Monats. Mit der Zeit wurden die über dieLibreta bereitgestellten Waren stetig reduziert, und selbst diese reduzierte Belieferung konnte der Staat in den 2020er Jahren nicht mehr garantieren.[348] Der Rest des täglichen Bedarfs muss auf dem freien Markt oder sogar in Devisenläden gekauft werden, was aber bei einem Durchschnittseinkommen von umgerechnet ca. 15 Euro je Monat äußerst schwierig ist.[349]
DasEntwicklungsprogramm der Vereinten Nationen bezeichnete Kuba in den letzten 10 Jahren basierend auf demIndex der menschlichen Entwicklung als Land mit „hoher menschlicher Entwicklung“. Insbesondere im Bereich der Bildung und Gesundheit konnte Kuba Erfolge vorweisen. Außerdem hat Kuba demzufolge im Vergleich zum Rest Lateinamerikas und Teilen der restlichen Welt eine niedrigere Kindersterblichkeitsrate (nur 5,5 von 1000 Kindern sterben[214]), höhere Lebenserwartung (79,3 Jahre – 4,6 Jahre mehr als durchschnittlich in Lateinamerika) und praktisch keinen Analphabetismus.[350]
Kubas hohe Einstufung im HDI, von der Regierung gerne zitiert, stößt in der Wissenschaft auf Kritik. Kubas Berechnungsmethoden zumBruttoinlandsprodukt sind international nicht anerkannt, vor allem weil die Umsätze in den zwei Landeswährungen nicht korrekt verrechnet werden. Dies macht die Berechnung des kaufkraftbereinigtenBruttonationaleinkommens pro Kopf der Bevölkerung schwierig. DasUNDP, welches den HDI und den deutlich detaillierterenHuman Development Report (HDR) herausgibt, hat deshalb ein eigenes Verfahren entwickelt, die Kaufkraftparität zu schätzen.[351] Der kanadische ÖkonomArchibald Ritter hält Kubas Statistiken im HDR für „undurchsichtig“.[352] Der Wirtschaftswissenschaftler und SoziologeHans-Jürgen Burchardt warnt davor, allein aus diesen Studien Rückschlüsse auf den wahren Lebensstandard der kubanischen Bevölkerung zu schließen, da die Regierung, trotz unbestreitbarer Erfolge im Sozialbereich, die darin enthaltenen Statistikwerte gezielt optimieren würde.[353] Auch dasInternational Journal of Epidemiology stellte sich die Frage, warum zum Beispiel dieKindersterblichkeit auf dem Niveau der Industriestaaten sei, die Zahl der Totgeburten jedoch deutlich über deren Niveau liege, und vermutet, dass Fälle von dem einen, im HDR vertretenen Index zum anderen verschoben werden.[354]
Ende Januar 2006 erhielt Kuba vom UN-Welternährungsprogramm ein Zertifikat, in dem ihm bestätigt wird, das einzige Land Lateinamerikas und der Karibik ohneunterernährte Kinder zu sein. Nur zwei Prozent würden Eisenmangelerscheinungen zeigen. 2011 wurde das auch von UNICEF bestätigt.[355] Dennoch ist Kuba nicht frei vonHunger. Zudem kann durch die im Land herrschendeZensur im Einzelfall nicht unabhängig geprüft werden, ob die von der Regierung gemachten Angaben auch stimmen. Insbesondere während der Versorgungskrise in den 1960er-Jahren sowie während der Sonderperiode in den 1990ern waren größere Teile der Bevölkerung von einer schlechten Ernährungslage betroffen. Die Finanzkrise 2008 hat dieses Phänomen wieder gehäufter auftreten lassen. Vor allem ältere Menschen in den Städten mit niedrigen Renten und ohne Zugang zu Landwirtschaft oder zum Dollar gehören zum gefährdeten Personenkreis.[356] Insgesamt dürfte sich die Anzahl der Kubaner, die sich maximal eine Mahlzeit pro Tag leisten können, nach Schätzungen des Historikers und KubakennersMichael Zeuske um 2012 zwischen 30 und 35 Prozent bewegen.[357] Im Jahr 2024 mussten die Kubaner im Durchschnitt mehr als 70 Prozent ihres Einkommens allein für den Einkauf von Lebensmitteln aufwenden.[358]Mangelernährung ist eine sich häufende Todesursache. Die gemeldete Rate stieg vom Jahr 2022 auf 2023 um fast 75 %.[359]
Auch in anderen Bereichen stagnierte das Wohlstandswachstum oder fiel relativ hinter andere lateinamerikanische Länder zurück (Telekommunikation, Automobilversorgung, Elektrizitäts- und Nahrungsmittelversorgung).Viele Häuser sind alt, renovierbedürftig und überfüllt. Es herrscht akute Wohnungsnot.[360] Manche Wohngegenden gleichen entsprechenden Problemvierteln von Städten in anderen lateinamerikanischen Staaten, wie den brasilianischenFavelas oder den argentinischenVillas Miserias, in denen teilweise sogar die ärztliche Versorgung fehlt.[361] MarodeTrinkwasserversorgungssysteme, begünstigt durch starke Regenfälle und hohe Temperaturen, führten im Sommer 2012 zum ersten Ausbruch derCholera seit 130 Jahren. Die Krankheit galt in Kuba eigentlich als ausgerottet.[362][363] Während die offizielle Berichterstattung über das wahre Ausmaß der Epidemie sehr zurückhaltend ist,[364] werden unabhängige Journalisten, die sich dieses Themas annehmen, strafrechtlich verfolgt.[365]
Noch immer sind viele Konsumgüter rationiert und selbst mit den Lebensmittelkarten oft nicht verfügbar. Selten ist vor allem Fleisch. Weitaus stärker wirkt jedoch der Zugang zu Devisen vor allem über Tourismus und Verwandte im Ausland, meist in den USA. Viele Waren des täglichen Bedarfs und erst recht nahezu alle höherwertigen Produkte, wie elektronische Geräte, sind nur in staatlichen Devisenläden erhältlich.[366] Kubaner, die keine Verwandten im Ausland haben, die sie regelmäßig durch Geldsendungen unterstützen oder auch sonst keinen Zugang zuDevisen haben, können sich dies kaum leisten. In Kuba wird dies inoffiziell alsökonomischeApartheid bezeichnet.[273] Die tiefe Wirtschaftskrise in Folge der Corona-Pandemie hat diese Entwicklungen verschärft und die Frage nach der Anpassung der staatlichen Sozialpolitik an die neuen Realitäten nur noch dringlicher gemacht.[367]
Für Funktionäre der Kommunistischen Partei und Offiziere der Streitkräfte existieren ein unabhängiges, privilegiertes Versorgungssystem, eigene Clubs und spezielle Urlaubsorte, wo sie und ihre Familien preiswert Urlaub machen können.[368]
Neben dem Staat betreibt auch diekatholische Kirche Kubas ein soziales Netz im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Soziale Hilfe außerhalb des Staates wird jedoch nicht gern gesehen und möglichst unterbunden. Ausnahmen gelten nur für die politische Entwicklungshilfe der zahlreichen Solidaritätsvereine außerhalb Kubas, die bereit sind, mit dem Staat zusammenzuarbeiten. Ende Februar 2024 musste die kubanische Regierung dasUN-Welternährungsprogramm um Hilfe bei der Lieferung für Milchpulver bitten.[369] Wegen der anhaltenden Wirtschaftskrise kommt es seit 2021 öfters zuProtesten gegen die Regierung.
ZumStaatshaushalt machen die kubanischen Behörden keine international vergleichbaren Angaben. Nach veröffentlichten Schätzungen der US-amerikanischenCIA umfasste der Haushalt 2016 Ausgaben von umgerechnet 58,59 Mrd.US-Dollar, dem standen Einnahmen von umgerechnet 52,37 Mrd. US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt sich einHaushaltsdefizit in Höhe von 7,7 % desBIP.[370] Kuba hat eine der höchstenStaatsquoten weltweit.
DieStaatsverschuldung betrug – ebenfalls nach CIA-Schätzung – zum Jahresende 2016 32,7 % des BIP (im Vergleich zu 34,6 % im Vorjahr).[370] KubasBonität wurde vonMoody’s Ende 2015 unverändert mitCaa2 bewertet.[371] Die letzten offiziellen Angaben zur Staatsverschuldung stammen von 2008 und sind aufgrund der Angabe in nicht-konvertierbaren kubanischen Pesos (die im Ausland keinen Wert haben) nicht verwertbar: 11,6 Mrd. Pesos oder 19,1 % des kubanischen BIP.[372] Nach Recherchen der Europäischen Union betrug der Schuldenstand Kubas 2008 (ohne die Schulden gegenüber der ehemaligen Sowjetunion in Höhe von geschätzten 28 Mrd. US-Dollar) 31,7 Mrd. US-Dollar, von denen 20 Milliarden von Kuba nicht mehr bedient werden.[372] Bezüglich derAuslandsverschuldung konnte Kuba im Jahr 2013 mit Mexiko, Russland, China und Japan eine ArtUmschuldungsabkommen abschließen, wobei allein im Falle Russland rund 29 Milliarden US-Dollar Schulden erlassen wurden.[373]
2020 betrug der Anteil der Staatsausgaben (in % des BIP) folgender Bereiche:[374]
Die kubanische Infrastruktur wurde durch die Sonderperiode zu Beginn der 1990er Jahre schwer getroffen. Durch die Auflösung der Sowjetunion und des Ostblockes waren kurzfristig keine Ersatzteile mehr verfügbar und Treibstoff konnte nur noch auf demWeltmarkt gegenDevisen beschafft werden. Der öffentliche Verkehr mit Zügen und Bussen musste deshalb stark eingeschränkt werden. Durch die wirtschaftliche Erholung Kubas hat sich die Situation inzwischen wieder weitgehend normalisiert.
Die staatliche EisenbahngesellschaftFerrocarriles de Cuba betreibt das einzige noch für den Personenverkehr in Betrieb stehende staatliche Eisenbahnnetz auf einer karibischen Insel. Es gehört zu den ältesten weltweit (seit 1836) und umfasst über 4500 Kilometer (ohne Strecken für Zuckertransport).
Kuba verfügt über ein gut ausgebautes Straßennetz, darunter eine Autobahn, die durch den geringen Motorisierungsgrad aber nur schwach befahren ist. Die Straßen sind jedoch in einem teilweise sehr schlechten Zustand. In Kuba herrschtRechtsverkehr.
Überlandbusse werden durch das UnternehmenAstro betrieben, zu dem auch dieViazul-Busse für Touristen gehören.
Seit der Revolution durften Kubaner privat keine Automobile besitzen; ausgenommen waren Fahrzeuge, die vor der Revolution 1959 bereits im Land waren. Bedingt durch diese besondere Lage befinden sich sehr viele Oldtimer, meist amerikanische, im Land.[375] Im April 2011 wurde der Gebrauchtwagenhandel liberalisiert,[376] und seit 2014 dürfen Kubaner auch Neuwagen kaufen. Der Staat behält jedoch das Importmonopol und bietet die Fahrzeuge zu einem Vielfachen des Preises an, wie er beispielsweise in Europa üblich ist.[377]
Die kubanischen FluggesellschaftenCubana,Aerogaviota undAerocaribbean betreiben vomFlughafen Havanna José Martí als Drehkreuz aus ein dichtes Netz aus Inlandsflügen, sowie Auslandsflügen z. B. nachKanada,Mexiko undSpanien.Nach einer 55-jährigen Unterbrechung gibt es seit dem 31. August 2016 wieder Linienflüge zwischen Kuba und den USA.[378]
Bis 2013 soll der Hafen vonMariel zum größten Containerhafen der Karibik ausgebaut werden.[379] Der Bau erfolgt durch ein Joint-Venture mit dem brasilianischen UnternehmenOdebrecht und dem kubanischen Unternehmen Almacenes Universal S.A.Die Gesamtinvestitionen betragen 600 Millionen US$.[380]Die Hafeneinfahrt soll eine Breite von 700 Metern erhalten, die es erlaubt, zwei große Containerschiffe gleichzeitig aufzunehmen. Außerdem wird der Hafen für Schiffe mit bis zu 15 Metern Tiefgang zugänglich sein (Im Vergleich dazu: Der Hafen von Havanna ermöglicht nur 11 Meter Tiefgang). Am Ende der Ausbauarbeiten soll das Terminal eine Kapazität von 850.000 bis 1 Million Container verwalten können (Hafen Havanna: 350.000 Container). Dieser Ausbau soll es Mariel ermöglichen, große Containerschiffe zu empfangen, die über den Panamakanal von Asien her nach Kuba fahren. Auch soll Mariel optimale Bedingungen für US-amerikanische Container bieten. Mariel soll damit den Hafen von Havanna für Frachtaufgaben ablösen, in Zukunft wird dieser nur noch touristisch genutzt werden.[381]
Eine Photovoltaik-Anlage im Valle de Viñales („Viñales-Tal“).
Nationaler Energieversorger ist der StaatsbetriebSistema Eléctrico Nacional, an dessen Netz 96 % der kubanischen Haushalte angeschlossen sind.[382] Die Steckdosen weisen 110 Volt auf. In vielen Bereichen (z. B. Krankenhäuser, Touristen-Hotels) wird auch 220 Volt verwendet.
Kraftwerk am Stadtrand von Cienfuegos.
Die Energieversorgung beruht fast ausschließlich auf fossilen Brennstoffen.Nahezu die Hälfte wird nur mit Schweröl erzeugt. Nimmt man die Erzeugung durch lokale Diesel- und andere Verbrennungsmotoren hinzu, steigt der fossile Anteil auf 86 %. Dazu kommen noch einmal knapp 10 % aus Gaskraftwerken. Der Anteil erneuerbarer Energie ist demnach sehr gering.Die eigene Erdölförderung war während der sowjetischen Überversorgung vernachlässigt worden, so dass diese nicht mehr wettbewerbsfähig war und Kuba auf teure Importe angewiesen war.[383] Die Energieeffizienz leidet stark unter den veralteten Kraftwerken und Stromnetzen. DieStromerzeugungskosten für den kubanischen Staat liegen bei 15,75 Eurocent (Stand 2014). Zum Vergleich liegen die Stromgestehungskosten z. B. der Windenergie in Deutschland je nach Standortgüte zwischen 4,5 ct/kWh auf sehr guten und 10,7 ct/kWh auf sehr schlechten Standorten.[384]
Die maximale Gesamtleistung aller Kraftwerke Kubas beträgt 5852,5 MW, der Strombedarf zuSpitzenlastzeiten liegt bei ca. 2500 MW. Im Jahr 2010 wurden 17.395,5 GWh Strom erzeugt.[385] Die Energieversorgung des Landes gilt als marode und veraltet, weswegen es zu regelmäßigen Stromabschaltungen kommt.[386]
Erste Projekte zur Nutzung derWindenergie,Wasserkraft undPhotovoltaik laufen.[387] Seit Februar 2007 speist eine vom französischen Windkraftanlagenhersteller Vergnet gelieferte, 3,4 Mio. Dollar teure Pilotanlage östlich vonNueva Gerona auf derIsla de la Juventud insgesamt 1,65 MW ins Netz ein. Aufgrund der hohen Gefahr durch Tropenstürme können die je 275 kW starken Generatoren automatisch zu Boden gesenkt werden.[388]
Symbol der Energiekrise: Eines von zwei in der Bucht von Havanna stationierten türkischen Karpowership-Kraftwerksschiffen (Januar 2025)
Die im Jahre 2006 ausgerufene „Energierevolution“(Revolución energética) hatte auch eine Senkung des Stromverbrauchs zum Ziel. Dafür wurdenGlühlampen durchEnergiesparlampen ersetzt. Außerdem wurden über 2,5 Mio. veraltete Kühlschränke gegen modernere Modelle ausgetauscht. Der Kaufpreis von mehr als einem durchschnittlichen Jahresgehalt kann über einen 10 Jahre laufenden, einkommensabhängig verzinsten Kredit abgezahlt werden. Die Zahl der Stromausfälle war seit dieser Zeit zurückgegangen.[389] Seit Mitte 2016 treten jedoch wieder vermehrt großflächige Stromabschaltungen auf, nachdem Venezuela wegen der dort herrschenden extremen Wirtschaftskrise die Lieferung subventionierten Öls um 40 Prozent reduzierte.[390] Im Zuge einer Wirtschafts- und Finanzkrise häuften ab 2021, insbesondere im Sommer, wieder die Stromabschaltungen. Diese Krise wurde durch einen Brand in einem Großtanklager für Rohöl und Brennstoffe inMatanzas nochmals verschärft.[391]
Am 18. Oktober 2024 fiel im gesamten Land der Strom aus, nachdem mit demAntonio Guiteras das größte Kraftwerk des Landes wiederholt vom Netz ging. Tags zuvor hatte die Regierung Einschränkungen des öffentlichen Lebens und nicht notwendiger Arbeit angekündigt, um Energie zu sparen. Auch die Schulen wurden geschlossen.[392] Tags darauf brach Kubas Stromnetz erneut zusammen.[393]
Das kubanische Telefonnetz befindet sich ähnlich wie nahezu sämtliche andere Infrastruktur in einem schlechten Zustand. Der Telekommunikationsverkehr unterliegt starken Kontrollen.[394] Die Handynetzabdeckung betrug 2013 über 75 Prozent.[395]
Für dasTelekommunikationsnetz ist das staatliche TelekommunikationsunternehmenETECSA verantwortlich. DasMobilfunknetz wird von der TochtergesellschaftCubacel (Kennung C_Com) betrieben und deckt fast die gesamte Insel ab. Es werden dieGSM-Frequenzen von 850 und 900 MHz sowie das vor allem in Nordamerika verbreiteteTDMA verwendet. Im März 2017 wurde auch dasUMTS-Netz in Betrieb genommen. Die Netzabdeckung umfasste zunächst hauptsächlich Havanna, die Provinzhauptstädte und einige touristisch relevante Regionen.[396]
Öffentliche Telefone auf dem Cementerio Santa Ifigenia.
Die Durchdringung der kubanischen Bevölkerung mit Telefonen oder Handys ist schwach ausgeprägt. 2007 gab es bei einer Einwohnerzahl von 11,2 Millionen nur rund 910.000 Telefonanschlüsse in Privathand, Handys gab es nach offiziellen statistischen Angaben 330.000.[397] Für Ende 2008 wurden ca. 480.000 aktive Handyverträge gemeldet.[398] Mitte 2013 gab es in Kuba je 1,7 Millionen aktive Handys sowie 1,2 Millionen private Telefonanschlüsse[399] Mitentscheidend hierfür waren der Wegfall staatlicher Beschränkungen (Kubaner können seit Ende 2008 ohne bürokratische Hürden einen Mobilvertrag eröffnen), Tarifsenkungen (günstigereSMS und kostenfreie Anrufe aus dem In- und Ausland)[400], sowie die vereinfachte Möglichkeit, kubanische Handykarten via Internet aus dem Ausland aufzuladen.
Der Zugang zum Internet hat sich seit der Normalisierung der Beziehungen zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten im Jahr 2014 stark verbessert. Im Juli 2015 wurde der Preis für eine Stunde Internetzugang von 4,50 CUC auf 2 CUC reduziert. Zusätzlich dürfen Kubaner seitdem auch die ETECSA WiFi HotSpots nutzen und sind nicht mehr nur auf die veralteten ETECSA Internet-Terminals angewiesen.[401] 2016 hatten offiziellen Zahlen zufolge 32,4 % der Bevölkerung Zugang zu Internetdiensten.[402] 5 % der Haushalte haben einen Internetanschluss.[403]
Seekabel von Venezuela
Eine seit 2008 geplante unterseeischeGlasfaserkabelverbindung zwischen Venezuela und Kuba nahm Mitte 2012 ein Jahr verspätet ihren Betrieb auf. Obwohl es laut Mitarbeitern der staatlichen Telekommunikationsfirma ETECSA funktionsfähig war, wurde das venezolanischen Angaben zufolge 70 Millionen Euro teure Kabel zunächst fast zwei Jahre lang nicht genutzt.[404] Als Grund wurde Korruption genannt.[405] Auch Zusammenhänge mit demArabischen Frühling werden vermutet, wonach das kubanische Regime plötzlich wieder unregulierte Internetzugänge fürchte.[406]
Im Januar 2013 wurde die Inbetriebnahme des Unterseekabels auch für den Internetverkehr bestätigt, nachdem es zunächst für die Durchleitung des internationalen Telefonverkehrs benutzt wurde.[404][407] Seit dem 4. Juni 2013 können Kubaner in 118 Internetcafés der MarkeNauta Internetzugang mit einer Geschwindigkeit von mindestens 2 MBit für 2 CUC pro Stunde in Anspruch nehmen. Der Import von WiFi-Routern wurde erleichtert.[408][409][410]
Das Kabel hat rund 3000-fache Bandbreite der Satellitenkanäle, mit denen Kuba bisher an das weltweite Datennetz angeschlossen war, verläuft zwischen der venezolanischen StadtCamuri auf dem Meeresboden und erreicht Kuba inSiboney beiSantiago de Cuba.[411][412] Es ist 1602 Kilometer lang – das Elffache der kürzestmöglichen Entfernung zum kontinentalen Festland (Florida: 144 km). Die kubanische Regierung lehnte es „aus Sicherheitsgründen“ ab, ihren Internetverkehr über die USA zu leiten, obwohl Internet und Telekommunikation von den Embargobestimmungen ausgenommen sind.
Kuba gehört zu den ersten Staaten auf der Welt, welche die Forderung nach einer umweltverträglichen wirtschaftlichen Entwicklung in die Verfassung aufnahmen.[413] Eine umfassende Umweltschutzgesetzgebung in Verbindung mit Umwelterziehungsprogrammen und zahlreichen Umweltschutzprojekten[414] trugen dazu bei, dass Kuba das einzige Land war, das vomWWF im Jahr 2003 eine „nachhaltige Entwicklung“ bescheinigt bekam, das heißt, Kuba verfügte über einen entwickelten Lebensstandard bei gleichzeitiger ökologisch nachhaltiger Entwicklung.[415][416] Dennoch hat die ökonomische Entwicklung im Zweifel eindeutig Priorität gegenüber der Umweltpolitik.[417]
Im Jahr 2011 flossen 10,4 % der Gesamtinvestitionen in den Umweltschutz, die Investitionssumme hierfür erhöhte sich von 233 Mio. Pesos im Jahr 2006 auf 452 Mio. im Jahr 2011. Hauptziele der Investitionen sind der Schutz der Gewässer (68,4 %) und die Wiederaufforstung (16,5 %).[418]
Bedingt durch die Ölknappheit nach der Auflösung der Sowjetunion war Kuba gezwungen, viele Rationalisierungen und Einsparungen vorzunehmen. Die starke Verringerung des Individualverkehrs, die Ersetzung von Maschinen in der Landwirtschaft durch Ochsenkarren, Austausch von veralteten Motoren in Fahrzeugen oder neue Wege bei der Energieerzeugung, zum Beispiel durch Solarenergie, haben die ökologische Bilanz stark verbessert.[419] Die im Jahre 2005 begonnenen Einsparmaßnahmen und Verbrauchsreduzierungen von Strom, vor allem durch staatliche Kampagnen, bspw. zum Austausch vonGlühlampen durch Energiesparlampen, sind erfolgreich. Hinzu kommt eine allgemeine Rohstoffknappheit, die zu einer äußerst geringen Verwendung von Verpackungsmaterialien führt. Der umfangreiche Einsatz von Chemie in der Landwirtschaft wurde durch den Mangel an importierten Düngemitteln eingeschränkt.
Die Fläche natürlichen Waldes hat entgegen dem weltweiten Trend seit 1990 zugenommen. Im Jahr 2007 pflanzten die Kubaner 136 Millionen Bäume. Im Jahr 2012 sind 27,3 Prozent ihrer Insel wieder bewaldet. Bis 2015 soll die Waldfläche 29,3 Prozent der Insel einnehmen. Im Jahr 1959 waren im Vergleich dazu 13,6 Prozent bewaldet.[420][421][422]
Die Erfüllung der imProtokoll von Montreal eingegangenen Verpflichtung, bis Ende 2007 50 Prozent der Substanzen zu eliminieren, die der Ozonschicht schweren Schaden zufügen, konnte im September 2007 mit 74 Prozent Abbau nachgewiesen werden.
Die Ende 1980 von den Vereinten Nationen als eine der weltweit am stärksten verschmutzten und nicht mehr zu rettenden klassifizierte Hafenbucht von Havanna wurde nach Angaben der kubanischen Regierung erfolgreich gesäubert, wobei 17.000 Fass verwertbares Erdöl aus dem Wasser der Hafenbucht geborgen werden konnte.[423]
BesondereUmweltprobleme verursacht der Nickelbergbau im GebietMoa an der Nordostküste durch ungenügend behandelte kontaminierte Rückstände. Das Alter vieler Betriebe bedingt einen geringen Umweltschutzstandard und eine mangelhafte Entsorgung von Industrieabfällen.
Auf Kuba stehen insgesamt 211 Gebiete unter besonderem Naturschutz. Damit sind 20 Prozent der Oberfläche Kubas ökologisch geschützt.[424] Das System der Schutzgebiete in Kuba ist gut entwickelt und in unterschiedliche Kategorien eingeteilt:
Schutzgebiete für das Management von Ressourcen (Area Protegida de Recursos Manejados).
Insgesamt existieren in Kuba 73 Naturreservate mit unterschiedlichem Schutzstatus, wie z. B. 14 Nationalparks und sechs Biosphärenreservate[425]Im Osten Kubas, in den Provinzen Holguín und Guantánamo, befindet sich das berühmteste Naturschutzgebiet der Insel, der NationalparkParque Nacional Alejandro de Humboldt, benannt nach dem deutschen NaturforscherAlexander von Humboldt, der im Winter 1800–1801 fast drei Monate auf Kuba verbrachte.[426]
Das 5000 km² große Feuchtgebiet auf derZapata-Halbinsel mit Dutzendenendemischen Tier- und Pflanzenarten wird von Experten der UNO-Umweltbehörde für Lateinamerika und die Karibik als das bestgehütete in der Region geschätzt.
In Kuba sind zahlreiche Musikstile und Tänze entstanden, die zum Teil international Verbreitung fanden. Zu ihnen gehören derSon, derMambo, dieSalsa, derDanzón, dieRumba, derCha-Cha-Cha und die alte und neue Trova (Nueva Trova).
Durch die Übersiedlung vieler Süd- und Mittelamerikaner in die USA während des Zweiten Weltkrieges kam es sehr schnell zu einer leichten Vermischung aus kubanischen Rhythmen und demJazz. Nach 1945 wurde kubanische Musik auch in Westafrika sehr beliebt und beeinflusste dasHighlife.
Gegen Ende der 1990er-Jahre wurde durch den FilmBuena Vista Social Club vonWim Wenders eine Kuba-Welle ausgelöst. Neben der bis dahin schon international verbreiteten modernen kubanischen Musik wurde wieder die Musik der 1940er-Jahre zum Exportschlager. Der Film berichtet über die Arbeit vonRy Cooder mit einer Gruppe von kubanischen Musikern, die fast alle bereits das Rentenalter erreicht hatten. In der Folge veröffentlichten die beteiligten Musiker teils eigene Solo-Alben, die internationale Verkaufserfolge wurden.
Um das Jahr 2005 herum hatte weltweit derReggaeton, moderne kubanische Musik meist jugendlicher Gruppen, einen kurzen, heftigen Boom. Seinen Ursprung hat der Reggaeton in Puerto Rico und Panama. Einige dieser Hits mit meistschlüpfrigen Texten tauchten seinerzeit sogar in europäischen Charts auf. Nur wenige Monate später war zumindest der globale Hype wieder vorbei. Stilelemente des Reggaeton wurden allerdings in der Folge immer wieder verwendet und beeinflussten vor allem in der Mitte der 2010er zahlreiche internationale Hits.
In der klassischen Musik ist dasSauto Teater in Matanzas zu erwähnen, wo der italienische OpernstarEnrico Caruso, der spanische GuitaristAndrés Segovia und der kubanische Geiger und KomponistJosé White auftraten.
Vor der Revolution gab es auf Kuba keine eigenständigeFilmproduktion. Die wenigen Filme, die auf Kuba produziert wurden, ahmten den Stil US-amerikanischer Produktionen nach.
1959 wurde das Kubanische FilminstitutInstituto Cubano del Arte e Industria Cinematográficos (ICAIC) gegründet, das zunächst überwiegend Dokumentar-, Zeichentrick- und Lehrfilme produzierte. Sein Gründungsdirektor warAlfredo Guevara, ein enger Vertrauter Castros seit gemeinsamer Studienzeiten, der bis zu seinem Tod 2013 die zentrale Figur der kubanischen Filmkultur blieb.[427] Der poetische KurzfilmPM, der das Nachtleben Havannas dokumentierte, wurde 1961 von der revolutionären Zensur verboten und löste eine den gesamten Kulturbetrieb betreffende Debatte aus, die Fidel Castro mit seinen „Worten an die Intellektuellen“ beendete, in denen er ihre künstlerische Freiheit den Interessen seiner Regierung unterordnete.[428] Der 1964 in Kuba gedrehte FilmIch bin Kuba war eine sowjetisch-kubanische Koproduktion mitMicheil Kalatosow als Regisseur, die kubanischen Filmschauspieler und Mitarbeiter des Films begründeten später einen eigenständigen kubanischen Filmstil. Regisseure wieTomás Gutiérrez Alea (Der Tod eines Bürokraten –Muerte de un Burócrata, 1964) undHumberto Solás (Lucia, 1968) führten nicht nur unter Cineasten zu einer internationalen Anerkennung des kubanischen Films. 1977 produzierte das ICAIC innerhalb eines Jahres 10 abendfüllende Filme und 61Kurzfilme. Aufgrund der Wirtschaftskrise zu Beginn der 1990er Jahre wurde die kubanische Film- und Fernsehproduktion zurückgefahren, so dass in den 1990er-Jahren fast nur noch vom Ausland, besonders von Spanien finanzierte Filme hergestellt wurden.Bemerkenswert ist der für einenOscar nominierte FilmErdbeer und Schokolade (1993) nach einer Kurzgeschichte vonSenel Paz, der gekonnt das Thema Homosexualität in der kubanischen Gesellschaft thematisiert. Erst neuerdings gibt es wieder eine eigenständige kubanische Filmproduktion, die mit Streifen wieSuite Habana (Regie:Fernando Pérez, 2003) die Traditionen des kubanischen Films fortsetzt.
José Martí (1853–1895): Das LiedGuantanamera von JoséJoseito Fernández Diaz nach einem Gedicht des kubanischen Nationaldichters über ein Mädchen aus der Provinz Guantánamo ist ein Klassiker derFolkmusik.
Die kubanische Küche ist eine Fusion aus spanischer, afrikanischer und karibischer Küche. Die Rezepte haben viele Gewürze und Techniken mit der spanischen und afrikanischen Kochkunst gemeinsam, mit einigem Einfluss aus dem Karibikraum in Würze und Aroma. Es gibt aber große Unterschiede z. B. zur mexikanischen Küche. Dagegen existiert ein kleiner, aber erwähnenswerter Einfluss der chinesischen Küche.
Auf Grund historischer Gegebenheiten wurde die kubanische Bevölkerung nicht gleichmäßig auf der Insel verteilt. Die afrikanischen Sklaven stellten die Mehrheit in den Zuckerrohrplantagen, jedoch waren sie in den meisten Städten in der Minderheit. Die Tabakplantagen waren hauptsächlich von armen spanischen Bauern, meist von den Kanarischen Inseln, besiedelt. Im östlichen Teil der Insel siedelten außerdem eine große Zahl französischer, haitianischer und karibischer Immigranten, hauptsächlich während der haitianischen Revolution, sowie Saisonarbeiter für die Zuckerernte, während dies im westlichen Teil nicht so der Fall war. Stattdessen waren bis in die 1950er-Jahre dort hauptsächlich europäische Einwanderer ansässig. So entwickelte sich die kubanische Küche unter lokalen Gegebenheiten und den spezifischen demografischen Einflüssen.
Historisch bedingt sind in vielen Rezepten Gewürzmischungen beschrieben. Die Grundlage der meisten Gerichte ist Reis mit schwarzen oder roten Bohnen,congrí odermoros y cristianos („Mauren und Christen“) genannt, deren Zutaten in der Regel problemlos in den staatlichen Geschäften erhältlich sind. Die Versorgungslage mit anderen Nahrungsmitteln gestaltet sich mitunter schwierig, da die staatlichen Geschäfte nur ein sehr eingeschränktes Angebot haben und oft von Engpässen betroffen sind, und auf den freien Bauernmärkten hohe Preise verlangt werden. Viele Kubaner in den Städten versorgen sich mit knappen bzw. teuren Lebensmitteln, wie zum Beispiel Fleisch, über Beziehungen zur Landbevölkerung oder halten sich Kleintiere auf Balkonen oder Dächern. Insofern variiert die kubanische Küche heute auch stark zwischen Land und Stadt.
Touristen, die in den Häusern einheimischer kubanischer Familien (casas particulares) untergebracht sind, bietet sich nach Absprache die Möglichkeit, die kubanische Küche zu versuchen. Kubanische Restaurants bieten in von Touristen frequentierten Gegenden oftmals eineMenükarte an, deren Preise in den zwei Währungen CUC und Moneda Nacional ausgeschrieben sind. Dort angebotene Speisen sind öfters nicht erhältlich und das Angebot deutlich eingeschränkter als in der Speisekarte angegeben. Die „Standards“moros y cristiano und diverse Varianten aus Hühnchenfleisch sind aber in der Regel erhältlich. Alternativen dazu sindPaladares (dt. „Gaumen“), privat, oftmals in Privatwohnungen, betriebene Restaurants, die reichhaltige und abwechslungsreiche Küche anbieten, allerdings zu Preisen, die nur für Ausländer bezahlbar sind und an westeuropäisches Niveau heranreichen.
In kubanischen Städten sind kleine Verkaufsstände auf Straßen verbreitet, die eine Vielzahl an belegten Brötchen, Pizza oder lateinamerikanische Snacks anbieten. Auch aus Erdgeschossfenstern von Wohnungen wird so verkauft. So bekommt man eine kleine, einfache aber äußerst sättigende Pizza für einen Preis von etwa 5 Pesos (ca. 20 Euro-Cent).
DerSport hat in Kuba einen hohen Stellenwert. Sportarten wieBaseball oderBoxen waren und sind sehr populär. In heutigen Tagen wird der Sport staatlicherseits stark gefördert.
Im April 2017 durchquerte der ÖsterreicherJacob Zurl als Erster die Hauptinsel Kuba in Längsrichtung im autobetreuten Non-Stop-Langstrecken-Radrennstil.
Die kubanischen Massenmedien sind Staatseigentum nach Kapitel VI Art. 52. der Verfassung von 1976. Das gesamte Medienwesen dient entsprechend auch der Propaganda des Staates. Die Lenkung und Kontrolle der über die Medien verbreiteten Inhalte obliegt der Abteilung für Ideologie des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas, die von Rolando Alfonso Borges geleitet wird.[430] Durch die Wirtschaftskrise von 1993 bedingt, ist das Angebot, das es an Printmedien (Zeitungen und Bücher) und Kinos auf Kuba gab, sehr stark eingeschränkt worden, während andere Medien wie Fernsehen und Internet, wenn auch nicht in gleichem Maße, zugenommen haben.
Die kubanische Presse steht unter alleiniger Kontrolle der Regierung, derKommunistischen Partei Kubas und der kommunistischen Massenorganisationen (Gewerkschaften, Frauenföderation etc.). Den größten Verbreitungsgrad haben folgende kubanische Zeitungen, die alle auch über eine teilweise mehrsprachige Internet-Version verfügen. Die Zeitungen und Zeitschriften haben trotz ihrer nur allmählich wieder steigenden Auflagen sehr viele Leser, da sie in der Regel in der Nachbarschaft systematisch untereinander ausgetauscht werden und eine faktische Monopolstellung innehaben. Folgende Zeitungen und Zeitschriften seien genannt:
Granma (Zentralorgan der Kommunistischen Partei Kubas PCC)
Unabhängiger Journalismus wird konsequent verfolgt. Insbesondere Berichte über die Lage auf Kuba oder deren Weitergabe an ausländische Medien ist strengstens untersagt. Kritische unabhängige Journalisten publizieren ihre Texte auf ausländischen Websites wie CubaNet. Auf der anderen Seite bemüht sich die Regierung auch zu verhindern, dass sich Bürger aus kubakritischen Quellen informieren können,Radio Martí, ein Radiosender der US-Regierung in spanischer Sprache, wird ständig gestört und Websites werden gefiltert.
Es gibt auf Kuba fünf staatliche Fernsehkanäle (Cubavisión, die beiden BildungskanäleCanal Educativo 1 und 2,Tele Rebelde undMultivisión), die peranaloger Antenne von der gesamten Bevölkerung empfangen werden können. Nahezu alle kubanischen Haushalte verfügen über, allerdings mitunter sehr alte, Fernsehgeräte. Für den Empfang im Ausland sendet der überSatellit ausgestrahlte KanalCubavisión Internacional ein 24-Stunden-Programm.
Im Juni 2013 startete der Testbetrieb vondigitalem Fernsehen nach chinesischerDTMB-Norm mit 45.000 Haushalten in Havanna. 2016 ging es in den landesweiten Regelbetrieb über. Zum Empfang ist einReceiver oder ein entsprechend ausgestattetes TV-Gerät notwendig.[433] Im Mai 2023 begann man in Havanna mit der Abschaltung der ersten zwei analogen Sender. Zu diesem Zeitpunkt lag die landesweite Abdeckung von digitalemSD-Empfang bei 77 Prozent, dieHD-Abdeckung bei 48 Prozent. Das frei werdende 700-MHz-Frequenzband solle für den Ausbau des 4G-Mobilfunks genutzt werden. Außerdem erhofft man sich erhebliche Stromeinsparungen.[434]
Seit Juli 2005 strahlt der Satellitensendertelesur sein Programm für Lateinamerika aus, an dem Kuba mit 19 % Einlage beteiligt ist. In Kuba selbst wurde zunächst nur Tageszusammenfassung des Programms auf dem SenderCanal Educativo 2 gezeigt. Seit Januar 2013 wird das Programm in zwei Zeitfenstern von 8 Uhr morgens bis 16:30 Uhr nachmittags sowie von 20 Uhr bis 1 Uhr nachtslive gesendet.[435]
Satellitenempfang und der Besitz vonEmpfangsschüsseln sind in Kuba für Privatleute verboten. Für touristische Einrichtungen wie Hotels werden eine Auswahl internationaler Satellitenprogramme, darunter beispielsweise dieDW-TV oderCNN, in ein nationalesFernsehkabelnetz eingespeist, das von der staatlichen FirmaTelecable betrieben wird. Das spanischsprachigeCNN en Español wurde im Januar 2011 aus der Senderliste gestrichen.[436]
Neben zahlreichen Radiosendern mit gemischten Programmen und reinen Musiksendern gibt es unter anderen den nach eigenen Angaben ältesten 24-Stunden-NachrichtensenderRadio Reloj (Radio Uhr) mit ständigerZeitansage. Ausländische Sender können, soweit technisch möglich, frei empfangen werden (mit Ausnahme des ständig gestörten US-SendersRadio Martí).
Internetbenutzer pro 1.000 Einwohner in Kuba, 2002–2011
Bis zum Abkommen zwischen den USA und Kuba zur Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen im Jahr 2014 war das Internet in Kuba, auch aus Angst vor Verlust desMedienmonopols seitens des Staates, nur unter starken Restriktionen zugänglich.[437] Als Teil dieses Abkommens sagten die USA zu, das Embargo für den Export von Ausrüstung und Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation zu beenden.[438] Der Mitte 2015 im US-Kongress eingebrachte Cuba DATA Act soll die gesetzliche Basis für das Engagement von amerikanischen Telekommunikationsfirmen in Kuba schaffen.[439] Mit Sprint und Verizon haben seitdem bereits zwei US-Unternehmen Sprach- und Datendienste für Kuba angekündigt.[440]
Die Anfänge des kubanischen Internets reichen zurück ins Jahr 1994, als mit Hilfe derUNESCO einBackbone für die ganze Insel installiert wurde, der nur für die Anbindung der Ärzte an nationale und internationale medizinische Datenbanken gedacht war und staatlicher Kontrolle unterliegt. Private Internetzugänge sind auch heute in Kuba praktisch nicht vorhanden. Ausnahmen bilden lediglich die schon genannten Ärzte, Wissenschaftler und regierungstreue Journalisten. Ansonsten sind die Kubaner bislang gezwungen, öffentliche Zugangsmöglichkeiten zu nutzen. Diese werden seit 2015 stark ausgeweitet. Neben den bis zu 10 Dollar pro Stunde teuren Hotelanschlüssen gibt es seitdem zunehmend die Möglichkeit, sich in einen der WLAN-Hotspots einzuwählen.[441] Deren Zahl begann bei 35 und belief sich gegen Ende 2015 auf rund 60.[442] Bei Kosten von zwei Dollar pro Stunde liegt der Tarif jedoch weiterhin jenseits dessen, was sich ein kubanischer Durchschnittsverdiener mit 25 Dollar Monatseinkommen leisten kann.
Internetnutzung an einem WLAN-HotSpot in Havanna
2011 wurde Kuba überALBA-1 von Venezuela aus an das internationaleGlasfasernetz angeschlossen. Zuvor lief die Kommunikation über langsame Satellitenverbindungen. Offiziell in Betrieb ging das Kabel jedoch erst zwei Jahre später. Seitdem verbessern sich die Zugangsmöglichkeiten der Kubaner zum Internet langsam, aber stetig. War es zuvor nur in Touristenhotels möglich, für sechs bis zehnkonvertible Pesos (CUC) ins Internet zu gehen, oder für 1,50 CUC pro Stunde an Computern der Post internationale E-Mails zu schreiben, wurden nun zahlreiche Internetcafés der staatlichen TelekommunikationsfirmaETECSA eingerichtet, in denen man für 4,50 CUC pro Stunde ins Internet gehen konnte. 2014 wurde der mobile E-Mail-DienstNauta eingerichtet, der es erlaubte, via den mobilen DatendienstGPRS internationale E-Mails zu versenden und empfangen. Mitte 2015 wurde Nauta umWLAN-HotSpots in mehreren großen Städten erweitert, an denen je nach Ausbaustufe 50 bis 100 Menschen gleichzeitig online gehen können. Im Juli 2015 wurden die Zugangspreise von 4,50 CUC auf 2 CUC pro Stunde reduziert. Angesichts des kubanischen Durchschnittsverdiensts von 20 bis 25 CUC monatlich bleiben diesprohibitive Preise für den Großteil der kubanischen Bevölkerung, die damit weiterhin vom World-Wide-Net abgeschnitten ist.[443] Ein Angebot von Google, Kuba kostenlos mit W-LAN-Antennen zu versorgen, wurde von der Regierung abgelehnt. Ziel sei es demnach nicht, die Kubaner mit Internet zu versorgen, sondern die Revolution zu unterminieren.[444] Trotzdem ist vor allem seit der Öffnung der WLAN-HotSpots die Zahl der Internetnutzer in Kuba stark gestiegen. Vor allem Kubaner mit Verwandtschaft in den USA sowie eine wachsende Anzahl von Beschäftigten in der Tourismusbranche haben Zugang zu Devisen und können sich den Internetzugang mit eigenen Tablets, Smartphones oder Laptops leisten.
Im Jahr 2014 hatten in Kuba basierend auf Daten der ITU 27 Prozent der Bevölkerung Zugang zum Internet.[445] Der Großteil davon hat allerdings nur Zugriff auf E-Mail-Dienste und staatliches Intranet. Zugang zum internationalen World-Wide-Web hatten Schätzungen zufolge 2015 lediglich 5 % der Bevölkerung,[446] was die mit niedrigste Rate in ganz Lateinamerika ist. Es kamen 2011 rund 7 Computer auf 100 Einwohner, die allermeisten davon stehen jedoch in staatlichen Einrichtungen und lediglich 60 % sind an das Netz angeschlossen.
Am Welttag gegenInternetzensur (12. März) listete die MenschenrechtsorganisationReporter ohne Grenzen Kuba (unter anderem in den Jahren 2009, 2010, 2011, 2015) als eines der zwölf Länder, die als Feinde des Internets gelten.[447][448][449]
Kuba brachte im Februar 2007 die Betaversion der eigenen Suchmaschine 2x3 heraus. Abrufbar sind 150.000 offizielle Seiten, von der staatlichen Presse bis hin zu Fidel Castros Reden. Im Dezember 2010 startete das kubanischewikibasierendeOnline-LexikonEcuRed mit rund 20.000 Artikeln, die die offizielle kubanische Sicht auf die Welt zeigen.[450]
Die Regierung unter Raúl Castro hat angekündigt, dass trotz der zwischenzeitlichen Aufhebung des Verbots zum Kauf von Computern für Privatpersonen die Beschränkungen des Internetzugangs nicht so schnell beseitigt werden. Gründe seien vor allem die beschränkten technischen und ökonomischen Kapazitäten. Die meisten Haushalte hätten ja noch nicht einmal einen Telefonanschluss.[451] 2008 wurden die Beschränkungen für den Kauf und die Nutzung von Mobiltelefonen gelockert.[452]
Die kubanischen Gesetze drohen mit einer Haftstrafe von bis zu 20 Jahren für das Posten von illegalen Inhalten auf ausländischen Websites. Der illegale Zugang zum Internet wird mit fünf Jahren Haft bestraft.[453] Für die praktische Durchführung derInternetzensur zeichnet die renommierteInformatik-Universität (UCI) verantwortlich.[454]
Trotz aller Restriktionen entwickelte sich das Internet in den letzten Jahren zunehmend auch innerhalb Kubas zu einem Medium für den Austausch regierungsunabhängiger Informationen, vorwiegend per E-Mail. Gleichzeitig entwickelte sich ab ungefähr 2007 eine regimekritischeBloggerszene. Zu den international bekanntesten Bloggern gehörenYoani Sánchez, ihr EhemannReinaldo Escobar undClaudia Cadelo. Zwar wurde seitens der kubanischen Behörden toleriert, dass diese Blogs im Ausland zu lesen sind, jedoch war der Zugriff auf diese Blogs bis Februar 2011 innerhalb Kubas gesperrt. Weitere Blogs sindHavana Times, herausgegeben vom US-AmerikanerCircles Robinson, mit zahlreichen jungen und älteren Autoren aus Kuba,Voces Cubanas[455], herausgegeben von Reinaldo Escobar, undLa Joven Cuba[456][457].
Mit der Ausdehnung des Engagements auf die kubanische Öffentlichkeit bekamen die Blogger jedoch auch zunehmend Probleme mit dem Sicherheitsapparat. Die Spanne der Repressionen reichte von Bedrohungen, über kurzzeitige Festnahmen, bis hin zu sogenanntenActos de Repudio[458] (wörtlich „Akte der Ablehnung“, tatsächlich geht es jedoch umEinschüchterung[459]).[454]
Später änderte sich die Strategie der kubanischen Regierung: So wurden rund tausend regierungstreue „revolutionäre“ Blogger installiert, um den dissidenten Bloggern zu begegnen. Unter anderem werfen sie Yoani Sánchez und ihren Kollegen vor, von der US-Regierung bezahlt zu werden. Auch werden häufig Gerüchte über das Privatleben der Blogger veröffentlicht, mit dem Ziel, diese zu schädigen.[460] Den USA wird vorgeworfen, einen sogenannten „Cyberkrieg“ gegen Kuba zu führen. Dieser würde nicht „Bomben und Gewehrkugeln, sondern mit Informationen, Kommunikation,Algorithmen undBytes“ geführt. Dies sei „eine neue Form derInvasion, die von der entwickelten Welt ausgeht“. Die „Cyberdissidenten“ um Yoani Sánchez würden als Teil dieses Krieges aufgebaut.[461][462]
Ende 2011 wurde in Kuba einKlon vonFacebook namensRed Social (soziales Netzwerk) freigeschaltet. Dieses ist ausschließlich im kubanischen Intranet erreichbar und soll vor allem Studenten eine Alternative zu ausländischen sozialen Netzwerken im Internet wie Facebook oderTwitter bieten, die, obwohl auch von offiziellen Stellen in Kuba selbst reichlich genutzt, als Teil des sogenannten „Cyberkrieges“ gegen das revolutionäre Kuba bezeichnet werden. Zweck dürfte es sein, den Informationsfluss besser zu kontrollieren und den Zugang zu den in diesen Netzwerken vorhandenen freien Informationen zu erschweren bzw. zu verhindern.[463]
Auch der als Fidel Castro nahestehend geltendeIgnacio Ramonet, autorisierter Biograph Castros, kritisierte den beschränkten Zugang der kubanischen Bevölkerung zum Internet: „Ohne eine hinreichend breite Auffahrt inswww droht die Insel den Anschluss an die internationale Entwicklung zu verlieren“, so der Herausgeber derLe Monde diplomatique.[463]
Seit dem 9. Februar 2015 ist die US-amerikanische Online-VideothekNetflix auch in Kuba verfügbar.[464]
2024 wurde Kubas Internet als das langsamste und teuerste in Lateinamerika geführt.[465]
Buena Vista Social Club Deutschland/USA/UK/Frankreich/Kuba 1999: Dokumentarfilm vonWim Wenders über kubanische „Soneros“-Musiker der 1930er-, 1940er- und 1950er-Jahre. Im Mittelpunkt das Konzert der gleichnamigen Truppe alter, aber eher jung spielenden Männer, die Ry Cooder wieder ins Rampenlicht gebracht hat.
Erdbeer und Schokolade, Mexiko/Kuba/Spanien 1994: international preisgekrönter Spielfilm. 'Prisma-online' schreibt: „Nach der gleichnamigen Kurzgeschichte des bekannten kubanischen Schriftstellers Senel Paz – der auch das Drehbuch schrieb – entstand unter der Regie vonTomás Gutiérrez Alea ein beeindruckendes Bild der kubanischen Gesellschaft, das eine Freundschaft zeigt, die auch sozialpolitische Tabus (dazu zählt dieHomosexualität in Kuba immer noch) überwinden kann.“[466]
Havanna, Spielfilm 1990: MitRobert Redford alsJack Weil, verliebter Pokerspieler in den Wirren vor der Revolution.
Soy Cuba –Ich bin Kuba Sowjetunion/Kuba 1964: Ästhetisch anspruchsvoller Propagandafilm vonMichail Kalatosow: Fünf Episoden aus dem Leiden und Kampf des kubanischen Volkes zur Zeit der Revolution.
Harald Neuber:Kubas unentdeckte Wende. Wie die innere Reformdebatte Fidel Castros Revolution seit 1990 verändert hat. Frankfurt/Main, 2013,ISBN 978-3-631-62761-7.
↑Estudiosy Datosde la Población Cubana. (PDF) Oficina Nacional de Estadística e Información (ONEI), 16. Juli 2020, S. 7, abgerufen am 8. Juli 2021 (spanisch).
↑Rolando García Quiñones, Alina Alfonso León:El envejecimiento en Cuba: políticas, progresos y desafíos. Friedrich-Ebert-Stiftung, Santo Domingo 2020, S. 2.
↑Origins and Destinations of the World’s Migrants, 1990-2017. In:Pew Research Center's Global Attitudes Project. 28. Februar 2018 (pewglobal.org [abgerufen am 30. September 2018]).
↑Cuban Studies Institute: Real Compañía de Comercio de La Habana. In: Cuban Studies Institute. 11. März 2020, abgerufen am 6. Februar 2023 (amerikanisches Englisch).
↑Michael Zeuske:Insel der Extreme - Kuba im 20. Jahrhundert, Rotpunktverlag, Zürich 2000 [2. aktualisierte Auflage, 2004], S. 18.
↑abcJan Suter:Kuba. In: Dieter Nohlen (Hrsg.):Handbuch der Wahldaten Lateinamerikas und der Karibik (=Politische Organisation und Repräsentation in Amerika. Band 1). Leske + Budrich, Opladen 1993,ISBN 3-8100-1028-6, S. 511–536, S. 515.
↑Jad Adams:Women and the Vote. A World History. Oxford University Press, Oxford 2014,ISBN 978-0-19-870684-7, Seite 330.
↑abJune Hannam, Mitzi Auchterlonie, Katherine Holden:International Encyclopedia of Women’s Suffrage. ABC-CLIO Inc., Santa Barbara, Denver, Oxford 2000,ISBN 1-57607-064-6, S. 77.
↑Nach Massenprotesten im vergangenen Jahr: Fast 400 Menschen in Kuba zu Haftstrafen verurteilt. In:Der Spiegel. 13. Juni 2022,ISSN2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 13. Juni 2022]).
↑Bernd Pickert:Visafreiheit für Kubaner in Nicaragua: Migration als Druckmittel. In:Die Tageszeitung: taz. 24. November 2021,ISSN0931-9085 (taz.de [abgerufen am 23. Mai 2022]).
↑Tjerk Brühwiller:Nichts zu feiern. Die Krise verhagelt Kuba den Maifeiertag. In:Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29. April 2024, S. 3.
↑Sobre la Lucha Ideológica (PDF), Beschluss „Über den Ideologischen Kampf“ des II. Parteitags der PCC von 1980, Seite 1, abgerufen am 30. März 2012 (spanisch)
↑Raymond Michalowski:All or Nothing. An Inquiry into the (Im)Possibility of Cause Lawyering under Cuban Socialism. In: Austin Sarat, Stuart Scheingold (Hrsg.):Cause Lawyering – Political Commitments and Professional Responsibilities.Oxford University Press, Oxford 1998,ISBN 0-19-511319-5,S.523–545 (online).
↑Maja Liebing und Annelen Micus (Amnesty International):Die Diskussion um die Menschenrechte in Kuba wird sehr emotional geführt. In: Cristina Eßler et al.:Kuba. 50 Jahre zwischen Revolution, Reform – und Stillstand? S. 331 ff.
↑CONSTITUCIÓN DE LA REPUBLICA DE CUBA. Abgerufen am 15. Mai 2010 (spanisch, "Capítulo XII -ÓRGANOS LOCALES DEL PODER POPULAR – artículo 112o, artículo 114o").
↑Hansing, K.; Hoffmann, B.:Cuba’s New Social Structure: Assessing the Re-Stratification of Cuban Society 60 Years after Revolution. In:GIGA Working Paper Series.Nr.315. GIGA - German Institute for Global and Area Studies, Hamburg Februar 2019.
↑Hansing, K.; Hoffmann, B.:Cuba's New Social Structure: Assessing the Re-Stratification of Cuban Society 60 Years after Revolution. In:GIGA Working Paper Series.Nr.315. GIGA - German Institute for Global and Area Studies, Hamburg Februar 2019.
↑Julio Borges:Cuba Has Hijacked Venezuela, New York Times, 10. April 2019 ; "Important government decisions are being made in Havana, not in Caracas. The Castro regime’s tentacles extend to several Venezuelan governmental institutions"
↑abPatrick Symmes:Grün aus Versehen. Angeblich ist Kuba das einzige Land der Welt, das nachhaltig wirtschaftet. Stimmt das? In:GEO-Special - Kuba S. 82–96, Februar/März 2009,ISBN 978-3-570-19864-3
↑Daniela Kälber: „Urbane Landwirtschaft als postfossile Strategie: Agricultura Urbana in Kuba.“ In:Christa Müller (Hrsg.):Urban Gardening – Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt.oekom, 2011,ISBN 978-3-86581-244-5. Julia Wright:Sustainable Agriculture and Food Security in an Era of Oil Scarcity: Lessons from Cuba. Routledge, London 2012,ISBN 978-0-415-50734-9. E. Piercy, R. Granger und C.I. Goodier:Planning for peak oil: learning from Cuba’s ‘special period’. In:Proceedings of the ICE - Urban Design and Planning. Band 163, 2010, Nr. 4, S. 169–176.Richard Heinberg:What Will We Eat as the Oil Runs Out? In: Marcin Gerwin (Hrsg.):Introduction to Food Sovereignty: Food and Democracy (PDF; 1,8 MB). Polish Green Network, 2011.
↑Andreas Schöps:Der kubanische Ferntourismus in der Transformation. Massentourismus auf Kuba. In:Praxis Geographie Ferntourismus Herausforderungen und Chancen. Westermann, September 2016,ISSN0171-5178,S.25.
↑Raimund Krämer:Die Metamorphosen der Macht und die Rückkehr des Caudillo. Kapitel 6:Die kubanischen Eliten. In: Ette/Franzbach: Kuba heute, S. 230 ff.
↑Elmar Kulke, Lech Suwala (Hrsg.):Kuba. Bericht zur Hauptexkursion 2009. (=Arbeitsberichte des Geographischen Instituts der Humboldt-Universität zu Berlin, Band 160) Geographisches Institut HU Berlin, Berlin 2010, S. 132.
↑Michael Stürzenhofecker:Kuba: Mit CD-Roms gegen Rauls Repressionen. In:Die Zeit. 12. März 2014,ISSN0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 21. Oktober 2024]).
↑Ted Henken, Sjamme van de Voort:From Cyberspace to Public Space? in: Philip Brenner et al. (Hrsg.):A Contemporary Cuba Reader: The Revolution under Raúl Castro, Rowman & Littlefield, 2014, S. 102 (englisch)