AlsKonjugation (vonlateinischconiugatio‚Verbindung‘) bezeichnet man in derGrammatik die Bildung derWortformen einesVerbs (Zeitworts), also dieFlexion der Verben. Die Konjugation ist insofern ein Bestandteil derMorphologie von Verben. Der Begriff wird allerdings auch aufHilfsverbkonstruktionen ausgedehnt, die vergleichbare Merkmale ausdrücken, wie sonst Wortformen es tun („periphrastische Konjugation“; zum Beispiel das Perfekt „hat gesagt“ neben der einfachen Konjugationsform für die Vergangenheit „sagte“).
Je nach Sprache kann es sich um unterschiedliche Merkmale handeln, die sich in Verbformen ausdrücken. Die bekanntesten sind:Kongruenzformen mit Merkmalen wie Person, Numerus und/oder Genus; ferner Tempus, Modus,Aspekt sowie Genus verbi. Die Zahl möglicher Kategorien, die in verschiedenen Sprachen der Welt als Verbalmorphologie erscheinen können, ist sehr groß.[1] Da der Begriff „Konjugation“ aber aus der lateinischen Grammatik stammt, stehen die aus europäischen Sprachen bekannten Merkmale bei der Verwendung des Begriffs im Vordergrund.
Da derInfinitiv im Gegensatz zu den Flexionsmerkmalen Tempus, Person/Numerus und Modus steht, wird der Begriff der Konjugation manchmal so verstanden, dass er die Infinitivformen ausschließt. Eine solche Gleichsetzung von „konjugiertes Verb“ und „finites Verb“ findet sich insbesondere in Schulgrammatiken öfter.[2] Die Bezeichnung Konjugation kann aber auch im weiteren Sinn gemeint sein, also als Bestand sämtlicher Verbformen, unter Einschluss der infiniten Formen.
Eine zweite Bedeutung des Wortes ist Konjugation im Sinne einer Verbklasse, die in der Grammatik einer Sprache bestimmte eigene Flexionsformen im Kontrast zu den Formen anderer Verben hat, also z. B. der Gegensatz zwischen starken und schwachen Verben im Deutschen oder zwischen den Konjugationsklassen des Verbs imLateinischen: „a-Konjugation“, „e-Konjugation“ usw. Ein derartiger Reichtum an Flexionsformen ist ein Merkmalflektierender Sprachen.[3]
Die Konjugation im Deutschen richtet sich maßgeblich nach der Einordnung des Verbs in die Klasse derschwachen und in die derstarken Verben.[4] Letztere bezeichnet man mitunter alsunregelmäßig, wobei bei den schwachen Verben ebenfalls Unregelmäßigkeiten vorkommen und es auch Mischformen aus beiden gibt.
Als Konjugation deutscher Verben zählen folgende Merkmale:Person undNumerus (immer kombiniert),Tempus,Modus undGenus Verbi. Nicht in dieses Merkmalsmuster passen dieinfiniten Verbformen, also die desInfinitivs und desPartizips. Sie werden teils in der Bildung zusammengesetzter Prädikate verwendet, treten teils aber auch eigenständig auf (z. B. Infinitivkonstruktion in Nebensätzen, attributives Partizip). Das Problem, dass als Konjugationsformen auch zusammengesetzte Prädikate zählen können (periphrastische Konjugation), die ihrerseits infinite Wortformen des Verbs enthalten, erfordert eine Unterscheidung zwischen Konjugation undWortform, die aber oft nicht präzise gezogen wird.
Die Bildung der Formen erfolgt durch Endungen, durch Änderungen im Verbstamm (starke bzw. unregelmäßige Verben) und durch die Zusammensetzung mit Hilfsverbformen:
Person + Numerus | treten | kaufen |
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1. Person Singular (Sprecher) | ich tret-e | ich kauf-e |
2. Person Singular (Hörer) | du tritt-st | du kauf-st |
3. Person Singular (Person/Sache) | er tritt | er kauf-t |
- * Durch Formengleichheit mit dem IndikativPräteritum wird bei schwachen Verben der Konjunktiv II oft periphrastisch umschrieben:er würde kaufen
Tempus (Zeit) | treten | kaufen |
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Präsens (Gegenwart) | ich trete | ich kaufe |
Präteritum (Vergangenheit) | ich trat | ich kaufte |
Perfekt (vollendete Gegenwart) | ichhabegetreten | wirhabengekauft |
Plusquamperfekt (vollendete Vergangenheit) | erhattegetreten | wirhattengekauft |
Futur I (Zukunft) | erwird treten | wirwerden kaufen |
Futur II (vollendete Zukunft) | erwirdgetretenhaben | erwirdgekaufthaben |
Partizipien | treten | kaufen |
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Partizip I | tretend | kaufend |
Partizip II | getreten | gekauft |
Oft genügt es beim Erlernen einer Sprache, sich ein paar wenige Formen pro Verb zu merken und dann mittels Regeln alle anderen Formen daraus zu bilden. Im Speziellen bezeichnet man mitKonjugation in diesem Sinne auch die Gruppe von Verben, deren Formen mit einheitlichen Regeln gebildet werden können, eineKonjugationsklasse.
Nicht alle Sprachen bilden im gleichen Umfang wie im Deutschen Verbformen mit Hilfsverben.
- Beispiel mit Hilfsverb:ich zerstöre – ich habe zerstört (Deutsch)
- Beispiel ohne Hilfsverb:deleo – delevi (Latein)
Das Lateinische bildet aber eine Verbalperiphrase im Perfekt Passiv:
- deletus est „er ist zerstört worden“.
Im Deutschen ist die Unterscheidung in der Vergangenheitsbildung zwischen starken und schwachen Verben eine Eigenschaft des Verbstamms, die nicht äußerlich ablesbar ist:
- tragen – trug /sagen – sagte
- sehen – sah /flehen – flehte
Im Lateinischen kann die Einteilung der Klassen an verschiedenen sogenannten Themavokalen festgemacht werden:
- a-Konjugation:amare,laudare
- ē-Konjugation:monēre
- i-Konjugation:audire
- kurzvokalische i-Konjugation:capere
- konsonantische Konjugation:regere
Siehe unter:
1842 erschien infranzösischer Sprache ein eigenes Nachschlagewerk für Konjugationsformen, das auch heute noch unter dem Namen seines Autors alsBescherelle bekannt ist.
- ↑Vgl. Balthasar Bickel, Johanna Nichols:Inflectional Synthesis of the Verb. = Kapitel 22 in: Matthew Dryer, Martin Haspelmath (eds.):The World Atlas of Language Structures Online. Max Planck Institut für Evolutionäre Anthropologie, Leipzig 2013. (Online. Abgerufen am 3. Juni 2022.)
- ↑(z. B.Pons Grammatik Französisch S. 58), anders z. B. Duden-Grammatik (2009) S. 429.
- ↑Rudi Conrad (Hrsg.):Lexikon sprachwissenschaftlicher Termini. VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1985, S. 124.
- ↑Eisenberg Peter:Grundriss der deutschen Grammatik: Das Wort. 4. Auflage. Stuttgart 2013,S. 179.