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Kirchentonart

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Dieser Artikel behandelt die historischen Kirchentöne. Für die Verwendung des Begriffs außerhalb seines historischen Geltungsbereichs sieheModale Tonleitern.
Die Modi
Dorisch
Hypodorisch
Phrygisch
Hypophrygisch
Lydisch
Hypolydisch
Mixolydisch
Hypomixolydisch
Äolisch
Hypoäolisch
Ionisch
Hypoionisch
Lokrisch
Siehe auch
Kirchentonart
Modale Tonleitern

DieKirchentonarten (lateinischmodi, toni, tropi), auchKirchentöne,Töne (lateinischToni) oder modernerModi (Mehrzahl vonlateinischmodus, „Maß“, „Einheit“, „Regel“, „Vorschrift“, „Art“, „Weise“, „Melodie“, „Ton“) genannt, bilden dastonale Ordnungsprinzip der abendländischen Musik vom frühenMittelalter bis zum 16. Jahrhundert, mit unmittelbaren Nachwirkungen bis ins 17. und 18. Jahrhundert.[1]

Grundlage des acht bis vierzehn Modi umfassenden Systems ist eine von denGriechen übernommene Tonreihe. Sie beginnt beim großen A (später G, mit dem griechischen Buchstaben Γ bezeichnet) und endet bei a1. Diese Tonreihe ist jedoch nicht alsTonleiter im heutigen Sinne zu verstehen, sondern alsTonsystem, das sich am Vorbild des altgriechischenSystema Téleion orientiert. Von diesem unterscheidet es sich im Wesentlichen dadurch, dass die Anordnung der teils verbundenen, teils getrenntenTetrachorde um einen Ton nach unten verschoben wurde, so dass die Finaltöne (d, e, f, g) der „alten“ Kirchentöne ein Tetrachord bilden. Auch die einzelnen Kirchentöne (Modi) sind keine Tonleitern im heutigen Sinne, sondern skalenartige Ausschnitte aus dem Tonsystem („Oktavgattungen“), die das Tonmaterial von verwandten Melodien enthalten.

Die einzelnen Modi (Richtmodelle) sind ursprünglich durch bestimmte, in denMelodien immer wiederkehrende Wendungen gekennzeichnet, zum Beispiel durch die Wendung, mit der die Melodien desselben Modus endgültig dieFinalis erreichen. Ausschlaggebend für die Zuweisung einer Melodie zu einem Modus sind nicht wie im heutigenDur undMoll die Anordnung der Ganz- und Halbtonschritte, sondern der Zielton (Finalis), derHauptton (Repercussa, Ténor), der Umfang (Ambitus) der Melodie und bestimmte melodische Wendungen.[2]

Die Modi werden zwar auch mit den aus deraltgriechischen Musiklehre stammenden Bezeichnungendorisch,phrygisch usw. belegt; diese haben hier jedoch eine völlig andere Bedeutung und mit dem griechischen System nichts zu tun.

Tonvorrat der Kirchentöne in heutiger Notierung.
Abkürzungen: F = Finalis (Hauptton), R = Repercussa.

Geschichte

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Modalität

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Die vier Hauptkirchentonarten Protus, Deuterus, Tritus und Tetrardus mit ihrem jeweiligen Schlusston D, E, F und G (Finalis) und den beiden jeweiligen insgesamt acht Varianten "authenticus" (I., III., V. und VII. Ton) und "plagalis" (II., IV., VI. und VIII. Ton).

Das älteste erhaltene Zeugnis für die Verwendung des Systems der acht Modi (Kirchentonarten) bei der tonartlichen Ordnung des Repertoires desgregorianischen Gesangs ist das wahrscheinlich kurz vor 800 verfasste Tonar von Centula/Saint-Riquier, dem weitere folgten.[3] Ab dem 9. Jahrhundert wurde das Tonmaterial des gregorianischen Gesangs darüber hinaus theoretisch untersucht und dargestellt, so beispielsweise in demAlkuin zugeschriebenen TraktatMusica Albini.[4][5] Die mittelalterlichen Theoretiker derars musica waren der Auffassung, die Melodien seien den Menschen vomHeiligen Geist übergeben und vermuteten in ihnen eine göttliche Ordnung. Diese Ordnung als Merkmal der Schönheit wurde in den melodischen Modi gesehen. Ihre Darstellung ermöglichte es dem kundigenMusicus, demCantor und derSchola für das Singen und Interpretieren des gregorianischen Gesangs bis in deren Einzeltöne hinein Anweisungen zu geben. Es ging darum, die gewohnheitsmäßige Musikpraxis rational zu fundieren.[6]

Darstellung des Deuterus (III. Modus) mit französischen Neumen und Tonbuchstaben aus der Tonreihe a bis p.
Erste Strophe desJohannes-HymnusUt queant laxis.Diastematische Darstellung mit Tonbuchstaben über dem Text und Solmisationssilben am Rand.
Die Hand als Hilfsmittel beim Erlernen der Modi. Oben die Namen von Noenoeane-Formeln

Bei den Untersuchungen, die vermehrt zwischen dem 10. und dem 12. Jahrhundert durchgeführt wurden, wurde dieBoethius’scheMonochordlehre auf die Modalitätslehre, dieOktoechoslehre,[7] angewandt und dieser entsprechend verändert.[8]

Der vonGuido von Arezzo um 1025 geschriebeneMicrologus erwähnt diese Modalitätslehre zum Beispiel in den beiden Kapiteln

  • VII:Über die Verwandtschaft der Töne nach vier Tonarten und
  • XII:Über die Teilung der vier Tonarten in acht.

Für die vier Tonarten verwendete Guido die griechischstämmigen aufzählenden Bezeichnungen Protus, Deuterus, Tritus und Tetrardus, und zur Unterscheidung der jeweils authentischen (originalen) und plagalen (abgeleiteten) Varianten dieser vier Tonarten die Nummerierung vom ersten bis zum achten Ton.

Es wurden zweierlei Systeme von Tonbuchstaben verwendet:

abcdefghiiklmnop
ΓABCDEFGacdefga
a

Jede gregorianische Melodie kann einem von achtdiatonischen Modi zugeordnet werden, die sich am besten als Melodiefamilien charakterisieren lassen.In jedem Modus gibt es ausgezeichnete Tonstufen, die als herausragend gehört werden und die bei der Melodiebildung wichtige Rollen spielen. Darüber hinaus gibt es Psalmtonformeln, die nicht in dieses Schema passen, wie zum Beispiel denTonus peregrinus.

Die Melodie durchschreitet den Text Wort für Wort, Abschnitt für Abschnitt, dabei werden nach und nach verschiedene Tonstufen wirksam. Sie beherrschen dann ein gewisses, manchmal nur kurzes Stück der Melodie, um wieder von einer neuen Strukturstufe abgelöst zu werden. So entsteht eine Folge von Übergängen zwischen starken und schwachen Stufen, Spannungen und Entspannungen, die schließlich zur finalen Wendung führen.Die Modi konnten auch von leseunkundigen Sängern, die die Melodien mündlich beigebracht bekamen, unterschieden werden; denn die Modi waren für sie erfahrbar durch auswendig gelernte Intonationsformeln oder Noenoeane-Formeln (melodiae,formulae,moduli,neumae regulares oder ähnlich genannt), die in den Klang des jeweiligen Modus einführten.[9] Als Hilfe konnte der Lehrende auch seine Hand einsetzen.[10]

Symbolik

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Seit dem Mittelalter wurde auch immer wieder das Ethos der Modi diskutiert, nach welchem die verschiedenen Modi wegen ihrer erkennbaren Eigenarten teilweise gehäuft für bestimmte Ausdrucksformen oder Zeiten imKirchenjahr eingesetzt werden.Die Kirchentonarten hatten und haben daher auch symbolische Bedeutung, welche teilweise von den gleich benannten (aber strukturell abweichenden)Skalen der Antike übernommen wurde. So wurden etwa Marienverehrungen oft imlydischen Modus verfasst, aber auch der dritteSatz desStreichquartetts op. 132 vonLudwig van Beethoven trägt die Überschrift „Heiliger Dankgesang eines Genesenen an die Gottheit, in der lydischen Tonart“. So galt Beethoven das Lydische auch als Ausdruck desPastoralen, dies drückt sich allerdings lediglich in einem „pastoralen“ F-Dur in der VI. Sinfonie aus (F als lydische Stufe), mit einem gewissen Hang zu doppeldominantischen Kadenzen. In den Ruinen derAbtei Cluny wurden zwei Kapitelle mit je vier Reliefs gefunden, die die acht im Mittelalter verwendeten Kirchentöne in Form von Personen undHexametern darstellen.[11]

Zusammenfassung

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Kirchentonarten wurden zunächst in der frühchristlichenLiturgie verwendet und später sowohl in der West- als auch in der Ostkirche, um das melodische Feld derResponsorien undAntiphonen zu definieren. Die Modi im Gregorianischen Gesang waren für die Entwicklung der abendländischen Musik von fundamentaler Bedeutung. Sie stellten zunächst die Gesamtheit der schon im frühenMittelalter verwendeten Skalen dar und waren vor allem auf die einstimmige Musik fixiert. Sie bilden daher die Grundlage derMelodik.Siehe dazu:Guidonische Hand → Kontext.Guido von Arezzo hat im11. Jahrhundert in seinen Schriften das System der Kirchentöne beschrieben.[12] Bei der Entwicklung der Mehrstimmigkeit traten nach und nach die übrigen modalen Skalen gegenüber Dur und Moll zurück. Darüber hinaus bilden sie aber durch die Quintenreinheit der Confinalis die Grundlage für die spätere Entwicklung derKlauseln undKadenzen und damit auch derfunktionsharmonischen Entwicklung derStufentheorie im18. Jahrhundert. In derU-Musik und auch in derVolksmusik tauchen die Modi ebenfalls auf, so bildet der dorische Modus die „neutrale Skalenbasis“ desJazz. Auch in derRockmusik, etwa beiVan Halen,Uli Jon Roth,Joe Satriani undSteve Vai, finden sich modale Skalen. Genauso bedient sich dieFilmmusik gerne der Skalen oder Akkordprogressionen, welche auf die Kirchenmodalität gestützt sind. Dazu werden auch heute in vielen Kirchengemeinden Lieder gesungen, deren Melodien in den Kirchentonarten stehen (siehe unten „Beispiele“).

Übersicht

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Eine Kirchentonart (Kirchentonleiter) kann auf einem beliebigen Ton beginnen bzw. dorthintransponiert werden, sofern nur dieintervallische Struktur des jeweiligen Modus beibehalten wird.Der Einfachheit halber werden bei den folgenden Notenbeispielen dieStammtöne der C-Dur-Tonleiter zugrunde gelegt:

c – d – e – f – g – a – h

Unterscheidung authentisch und plagal

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Im Mittelalter waren die Modi u. a. durch ihren Tonumfang (Ambitus) bestimmt, so dass man Modi mit gleicher Finalis, aber unterschiedlichem Ambitus inauthentische undplagale differenzierte. Bei den authentischen Modi ist in der Regel kein Ton tiefer als eine großeSekunde unter der Finalis. Bei den plagalen Modi ist der Tonumfang hingegen nach unten verschoben, so dass der tiefste Ton bis zu einerQuarte (hierTetrachord genannt) unter der Finalis liegen kann; die Finalis liegt hier also eher in der Mitte des festgelegten Tonmaterials. Daher sind die plagalen Modi im Unterschied zu den authentischen an ihremPräfix „Hypo-“ (altgriechischunter) erkennbar.

Die Kirchentonleitern sind jedochnicht identisch mit den gleichnamigenaltgriechischen Tonleitern. Anders als bei den Kirchentönen lagen die plagalen Tonleitern im griechischen System nämlich nicht tiefer, sondernhöher als die authentischen. Dies rührt daher, dass die altgriechische Tonvorstellung „hoch“ dem entsprach, was wir unter „tief“ verstehen, und umgekehrt; entsprechend wurden die griechischen Tonleitern von „oben“ nach „unten“ notiert.

Die heutigen Kirchentonarten
Die acht Oktavgattungen der alten griechischen Musik. Berücksichtigt man die Übereinstimmung von Hypomixolydisch mit Dorisch, so reduziert sich die Zahl der Tonarten auf sieben. Hypodorisch wird üblicherweise auch eine Oktave höher notiert.

Die rechts nebenstehende Übersicht über die Kirchentonarten enthält neben den ursprünglichen acht „alten“ Kirchentönen auch die vonGlareanus 1547 eingeführten „neuen“ KirchentöneÄolisch undIonisch nebst ihren Hypovarianten.

In der neuzeitlichen Musik hat sich das Verständnis der Modi gewandelt. Sie werden heute alsmodale Skalen angesehen und verwendet, deren Tonumfang nach oben und unten prinzipiell unbegrenzt ist, wodurch eine Unterscheidung zwischen authentischen und plagalen Modi hinfällig geworden ist.

Systematik

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Finalis und Confinalis

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Jeder Modus endet üblicherweise auf der sogenanntenFinalis, dem Schlusston oder, wie wir heute sagen würden, demGrundton der Skala.Daneben gibt es einen weiteren besonderen Ton, dieConfinalis, auchaffinalis, der als Nebenschlusston dienen kann. Die Confinalis liegt bei den authentischen Modi eineQuinte oderSexte über der Finalis. Bei den plagalen Modi liegt die Confinalis eineTerz unter der Confinalis des zugehörigen authentischen Modus, es sei denn, dieser Ton fällt auf ein H. In diesem Fall wird er auf ein C hoch verschoben. Analog wird die Stufe G auf A hoch verschoben.

Rezitationston

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Ein besonderer Ton war der Hauptton (Rezitationston lateinischrepercussa, auchReperkussionston,Tenor oderTuba genannt), dem in mittelalterlichen Gesängen besonderes Gewicht zukam. Der Rezitationston wurde entweder für längere Strecken als Tonzentrum bevorzugt, um das der Umfang (Ambitus) der Melodie kreiste, oder auf ihm wurde nach Atemzäsuren wieder eingesetzt.In denPsalmtönen ist der Rezitationston der Ton, auf dem ein Großteil des Psalmtextes rezitiert wird.Bei den plagalen Modi liegt der Hauptton eine Terz oder Quarte über der Finalis, bei den authentischen Modi, mit Ausnahme des phrygischen Modus, entspricht dieser der Confinalis.

Tonumfang

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Der Tonumfang (Ambitus) der einzelnen Kirchentöne war im Rahmen des Systems grundsätzlich auf eine Oktave beschränkt. Allerdings wurde er schon bald aus praktischen Erwägungen um einige Stufen erweitert, die ausnahmsweise verwendet werden durften. Theoretisch wurde unterschieden zwischen dem regulären Ambitus und Tonstufen, die nurper licentiam erlaubt waren. So durften z. B. die authentischen Modi nach der Regel bis zur Oktave über der Finalis ansteigen, nach der Licentia jedoch auch bis zur None oder sogar Dezime. Bei den plagalen Modi war ein Anstieg bis zur Quinte (regula) oder Sexte (licentia) möglich. Bereits regulär war bei den authentischen Modi ein Unterschreiten des Finaltons um eine Sekunde erlaubt, außer bei Lydisch (5. Ton), wo die Finalis als absolute Untergrenze des Ambitus galt. Bei den plagalen Modi war der erlaubte Abstieg durch die Unterquarte oder -quinte begrenzt.[1]

Grenzen der Systematik

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Für manche Kirchentonarten veränderte sich die Position der Confinalis oder des Rezitationstones auch im Verlauf der Jahrhunderte.

Zusätzlich waren den verschiedenen Kirchentonarten in früherer Zeit auch jeweils eigene rhythmische, melodische und artikulatorische Aspekte zugeordnet. Einige Varianten der Modi, besonders in ostkirchlichen Formen, enthalten Drittel- und Vierteltöne.

Ändert sich die Tonart innerhalb eines Stückes, bezeichnet man den Modus (oderTonus[13]) auch alsTonus peregrinus („Fremder Ton“).

Die acht alten Kirchentonarten oder Modi

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Westkirchlicher NameOstkirchlicher Name
(gregorianischer Name[14])
FinalisRepercussa
(Ténor)
Tiefster Ton
1. Modus:DorischErster Ton (Protus authenticus)dad
2. Modus:HypodorischZweiter Ton (Protus plagalis)dfA
3. Modus:PhrygischDritter Ton (Deuterus authenticus)e(h) ce
4. Modus:HypophrygischVierter Ton (Deuterus plagalis)e(g) aH
5. Modus:LydischFünfter Ton (Tritus authenticus)fcf
6. Modus:HypolydischSechster Ton (Tritus plagalis)fac
7. Modus:MixolydischSiebter Ton (Tetrardus authenticus)gdg
8. Modus:HypomixolydischAchter Ton (Tetrardus plagalis)gcd

Die vier neuen Kirchentonarten

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Diese entsprechen den späterenTongeschlechternMoll (äolisch) undDur (ionisch). Bemerkenswert ist, dass diese in der heutigen Musik so verbreiteten Skalen im mitteleuropäischen Mittelalter zunächst nur als Varianten von anderen, teilweise transponierten Kirchentonarten angesehen wurden: Im dorischen Modus kann schon im Mittelalter der Ton b vorkommen. Transponiert man diesen Modus diatonisch so, dass sein Grundton a ist, so erhält man die Skala, die später als „äolisch“ bezeichnet wird. Ähnlich erhält man die später als „ionisch“ bezeichnete Skala als Variante der lydischen Tonart mit tiefalteriertem b. Diese Alterationen wurden aber nur in Zweifelsfällen notiert, ansonst musste der Ausführende die richtige Alteration selber finden. Bei der Aufführung von mehrstimmigen Werken des Spätmittelalters, die auf einer lydischen Skala basieren, stößt man darauf, dass die tiefe Alteration des b sogar eher die Regel als die Ausnahme gewesen sein muss. Die ionische (Dur-) und die äolische (Moll-)Skala wurden also schon im Mittelalter benutzt, aber erst in der Renaissancezeit wurden sie in der Musiktheorie als eigenständige Skalen beschrieben. Eine bedeutende Abhandlung über diese Modi ist beiGlarean zu finden (1547).

Westkirchlicher NameOstkirchlicher NameFinalisRepercussa
(Ténor)[15]
Tiefster Ton
  9. Modus:ÄolischNeunter Tonaea
10. Modus:HypoäolischZehnter Tonace
11. Modus:IonischElfter Toncgc
12. Modus:HypoionischZwölfter TonceG

Neuzeitliche Erweiterungen

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Lokrisch

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Hauptartikel:Lokrischer Modus

Zur Vervollständigung wurdenLokrisch und sein plagales GegenstückHypolokrisch als letzte Modi eingeführt. In der Musik des Mittelalters und der Renaissance wird dieser Modus weder theoretisch bezeichnet noch praktisch verwendet. Lokrisch ist der einzige Modus, der auf der fünften Stufe eine dissonante verminderte Quinte enthält. In der Musikpraxis wird diese Skala selten als Basis verwendet.

Im Evangelischen Gesangbuch findet sich ein neuzeitliches Beispiel für die Verwendung des Lokrischen: die 1986 vonHans Georg Bertram verfasste Melodie des Liedes 533Du kannst nicht tiefer fallen. Beim Begleiten dieses Liedes merkt man, dass der verminderte Dreiklang über dem Grundton zum Ausweichen in eine andere Tonart zwingt.

Westkirchlicher NameFinalisRepercussa
(Ténor)
Tiefster Ton
Lokrischhkeineh
Hypolokrischhkeinef

Heptatonia Prima und Secunda

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Sieht man die Kirchentonarten als ein System verschiedenerheptatonischer (also siebenstufiger) Modi, die auf derselben Skala basieren, so lässt sich analog dazu ein ebenfalls siebenstufiges System auf Basis derakustischen Skala bilden, das auch alsHeptatonia Secunda bezeichnet wird. Dementsprechend können die Kirchentonarten und deren Modi auch alsHeptatonia Prima bezeichnet werden.

Modi in der Mehrstimmigkeit

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Da die Kirchenmodi von ihrem Tonumfang (Ambitus) her auf ungefähr eine Oktave beschränkt waren, wurde für den mehrstimmigen Gesang ein solches Dispositionsschema verwendet (idealtypisches Beispiel für den 1. Modus, Dorisch):[16]

StimmeAmbitus und Finalis (fettgedruckt)Modus
Cantus (Sopran)d′ – a′ - d′′Dorisch
Altusa –d′ – a′Hypodorisch
Tenord – a – d′Dorisch
BassusA –d – aHypodorisch

Cantus und Tenor singen in Dorisch, Altus und Bassus in Hypodorisch. Sowohl Dorisch als auch Hypodorisch haben dieselbe Finalis. Sie unterscheiden sich lediglich im Ambitus. Cantus und Tenor werden als „herrschende Stimmen“ bezeichnet. Dementsprechend passen sich die Stimmen Altus und Bassus unter Berücksichtigung derKontrapunktregeln als „dienende Stimmen“ den beiden anderen an.

Der Ambitus der Stimme konnte im Rahmen bestimmter „Lizenzen“ auch über- oder unterschritten werden.


Beispiele

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Auch in den heutigenKirchengesangbüchern – z. B. im katholischenGotteslob (GL) von 2013 bzw. 1975 (GL1975) oder imEvangelischen Gesangbuch (EG) – findet sich eine Reihe von Liedern, die in den alten Modi stehen. DasSigel „ö“ (für „ökumenisch“) kennzeichnet dabei Fassungen, die durch dieArbeitsgemeinschaft für ökumenisches Liedgut erarbeitet worden sind.

1. Ton (Dorisch)

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Rorate, Gregorianische Melodie (lateinisch gesungen)
OstersequenzVictimae paschali laudes, Gregorianische Melodie (lateinisch gesungen)
  • Victimae paschali laudes (Dem Osterlamm, das geopfert wurde; Ostersequenz, GL 320, 11. Jahrhundert)
  • Herr, send herab uns deinen Sohn (GL 222, 1608)
  • Gottes Lamm, Herr Jesu Christ (GL1975 161, 1945)
  • Wir danken dir, Herr Jesu Christ (EG 107, GL 297, 1560)
PfingstsequenzVeni Sancte Spiritus, Gregorianische Melodie (lateinisch gesungen)
Sequenz der TotenmesseDies irae

2. Ton (Hypodorisch)

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3. Ton (Phrygisch)

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Te Deum (gregorianische Melodie)

4. Ton (Hypophrygisch)

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Das Weizenkorn muss sterben

5. Ton (Lydisch)

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6. Ton (Hypolydisch)

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Ecce lignum Crucis
  • Ecce lignum crucis (Seht das Kreuz; GL 308,2, 9. Jahrhundert)
  • Nun bitten wir den Heiligen Geist (GL 348, EG 124)
  • Österliches Halleluja (GL 175,2)
  • Kyrie XVII C, Advent und Fastenzeit (GL 117)

7. Ton (Mixolydisch)

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IntroitusPuer natus est, Gregorianischer Gesang

8. Ton (Hypomixolydisch)

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PfingsthymnusVeni creator spiritus

Siehe auch

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Literatur

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Weblinks

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Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. abWillibald Gurlitt, Hans Heinrich Eggebrecht (Hrsg.):Riemann Musik Lexikon, Sachteil, Mainz: Schott 1967, S. 455 f
  2. Karl Heinrich Wörner:Geschichte der Musik. Göttingen 1965, S. 80.
  3. Hartmut Möller, Rudolph Stephan (Hrsg.):Die Musik des Mittelalters. Laaber 1991, S. 152 f.
  4. Lateinischer Text aus Martin Gerbert (Hrsg.):Scriptores ecclesiastici de musica sacra potissimum. 3 vols. Typis San-Blasianis, St. Blaise 1784; reprint Olms, Hildesheim 1963, Band 1, S. 26–27
  5. Margaretha Landwehr von Pragenau:Schriften zur ARS MUSICA. Wilhelmshaven 1986, S. 7 ff.
  6. Margaretha Landwehr von Pragenau:Schriften zur ARS MUSICA. Wilhelmshaven 1986, S. 97–103, Capitum XIX (Neunzehntes Kapitel) aus Aurelian von Réomé:Musica Diciplina. Siehe auch Aurelians Unterscheidung vonMusicus undCantor im Capitulum VII, S. 94–97. Der GegensatzMusicus-Cantor wurde gerade im 8. und 9. Jahrhundert von Theoretikern – aufbauend auf dem Schlusskapitel des ersten Buches von Boethius’De [institutione] musica libri quinque – häufig erörtert.
  7. Begriff des 12. Jahrhunderts
  8. Joseph Smits van Waesberghe:Musikerziehung. Lehre und Theorie der Musik im Mittelalter. Leipzig 1969, S. 90
  9. Terence Bailey:The Intonation Formulas of Western Chant. Toronto 1974
  10. Joseph Smits van Waesberghe:Musikerziehung. Lehre und Theorie der Musik im Mittelalter. Leipzig 1969, S. 122f., siehe auch Abb. rechts
  11. Über das Ethos der Kirchentöne
  12. Brief Guidos an den Mönch Michael über einen unbekannten Gesang (Memento desOriginals vom 22. Oktober 2013 imInternet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lml.badw.de
  13. Vgl. etwa Karl-Werner Gümpel:Zur Interpretation der Tonus-Definition des TonaleSancti Bernardi (=Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Jahrgang 1959, Nr. 2).
  14. Luigi Agustoni,Johannes Berchmans Göschl:Einführung in die Interpretation des Gregorianischen Chorals, Band 1: Grundlagen, Kapitel 1.3.2:Die acht Modi des Oktoechos. Gustav Bosse Verlag, Kassel (1995)
  15. Markus Gorski: Kirchentonarten II. In: lehrklänge.de. Abgerufen am 12. Januar 2018. 
  16. Bernhard Meier:Alte Tonarten, dargestellt an der Instrumentalmusik der 16. und 17. Jahrhunderts. Bärenreiter, Basel 1992, S. 20–25
Tonarten
Kirchentonarten

Ionisch (Dur) |Dorisch |Phrygisch |Lydisch |Mixolydisch |Äolisch (nat. Moll) |Lokrisch

Plagaltonarten

Hypoionisch |Hypodorisch |Hypophrygisch |Hypolydisch |Hypomixolydisch |Hypoäolisch |Hypolokrisch

Normdaten (Sachbegriff):GND:4195058-6 (GND Explorer,lobid,OGND,AKS)
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