DieKirch-Gruppe war – bis zurInsolvenz und nachfolgenden Zerschlagung im Jahr 2002 – nachBertelsmann der zweitgrößte deutscheMedienkonzern. Sie hatte ihren Hauptsitz inMünchen und wuchs über die Jahre aus einem von dem MedienunternehmerLeo Kirch 1955 gegründeten Filmverleih und war bis zuletzt maßgeblich in dessen persönlichem Eigentum. Der Konzern, dessen Unternehmensstruktur zuletzt sehr komplex war, umfasste unter anderem mehrere der größten deutschenprivaten Fernsehsender, darunterProSieben undSat.1, sowie denPay-TV-Sender Premiere World (heuteSky Deutschland).
Die Insolvenz wurde durch eine Interview-Äußerung des damaligenDeutsche-Bank-Vorstandsschefs,Rolf-Ernst Breuer, mit ausgelöst, was jahrelange gerichtliche Auseinandersetzungen zur Folge hatte. Am 14. Dezember 2012 urteilte dasOberlandesgericht München, dass Kirch bzw. dessen Erben eineSchadensersatzleistung durch die Deutsche Bank zustehe, deren Höhe durch ein Gutachten zu ermitteln sei.[1] Im Februar 2014 einigten sich beide Seiten außergerichtlich auf 775 Millionen Euro zuzüglich Zinsen.[2]
Leo Kirch gründete 1955 mit derSirius Film sein erstes Unternehmen zur Verwertung von Filmrechten. Es folgten 1959 dieBeta Film und 1963 dieTaurus Film. Als Filmrechtehändler stieg er zu einem der wichtigsten und einflussreichsten Medienunternehmer Deutschlands auf. DasZDF war über viele Jahre völlig von ihm abhängig und besaß keine eigenen Kontakte zur Filmindustrie inHollywood.[3]
Im Laufe der Jahrzehnte baute Kirch ein komplexes und unübersichtliches Imperium mit zahllosen Tochterunternehmen und Beteiligungen auf. Die Kirch-Gruppe war unter anderem amAxel-Springer-Verlag sowie an den FernsehsendernSat.1,ProSieben,Kabel 1 undDSF beteiligt. Im Jahr 1996 erfolgte die Gründung der Pay-TV-PlattformDF1, die schließlich inPremiere aufging. Nach einer Neustrukturierung gliederte sich die Kirch-Gruppe ab 1999 in drei Dachgesellschaften, die über die KirchHolding GmbH & Co. KG (später TaurusHolding GmbH & Co. KG) miteinander verbunden waren.Wegen Überschuldung (6,5 Mrd. EUR) musste die KirchMedia im April 2002Insolvenz anmelden[4].In den folgenden Monaten wurde die Unternehmensgruppe zerschlagen. Die ProSiebenSat.1 Media AG übernahm derisraelische InvestorHaim Saban,[5] die Rechtehandelsgesellschaft BetaFilm und die Klassiksparte Unitel der ehemalige Kirch-ManagerJan Mojto.[6] Die Insolvenz von Premiere konnte knapp verhindert werden.[7]
Nach Meinung von Leo Kirch verursachte eine bewusste Äußerung über die mangelnde Kreditwürdigkeit des Unternehmens durch denDeutsche-Bank-ManagerRolf-Ernst Breuer in einem Fernsehinterview die Insolvenz. Mit seinem Urteil vom 24. Januar 2006 (AZ: XI ZR 384/03) sprach derBundesgerichtshof Kirch das Recht aufSchadenersatz grundsätzlich zu. Die Höhe des Schadenersatzes sei in einem separaten Urteil festzulegen.
Kirch starb 2011. Seine Erben forderten bis zu 3,5 Milliarden Euro an Schadenersatz. 2012 lehnte der Vorstand der Deutschen Bank einen fertig ausgehandeltenVergleich ab. Die Bank hätte für die Beilegung des Streits gut 800 Millionen Euro zahlen müssen. Schon zuvor waren Verhandlungen über eine außergerichtliche Einigung wiederholt gescheitert.[8]
Am 14. Dezember 2012 verurteilte dasOberlandesgericht München die Deutsche Bank zu einerSchadenersatzzahlung an die Erben. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Breuer mit seiner umstrittenen Interviewaussage zurKreditwürdigkeit des Konzerns Kirch geschädigt habe.[9][10] Die Schadenersatzsumme soll in einem Gutachten ermittelt werden. Die Höhe des möglichen Schadens bezifferte das Gericht bereits auf 120 Millionen bis 1,5 Milliarden Euro.[11]
Am 11. April 2013 wiederholte die Deutsche Bank aus juristischen Gründen ihre Hauptversammlung von 2012.[12]
Nach jahrelangen Auseinandersetzungen wurde der Rechtsstreit zwischen den Kirch-Erben und der Deutschen Bank am 20. Februar 2014 durch einenVergleich beendet. Die Bank zahlte danach 775 Millionen € plus Zinsen, nach Darstellung desManager-Magazins eine Gesamtsumme von rd. 925 Millionen €.[13] Hinzu kommen Kosten für Anwälte und Dritte in Millionenhöhe.
Gläubiger der Kirch-Gruppe haben insgesamt 1.500 Insolvenzforderungen mit einem Volumen in Höhe von rund 5 Milliarden Euro.[14]
Die erste Ausschüttung fand im Februar 2007 mit einer Quote von 8,0 % statt. Weitere sieben Abschlagsverteilungen fanden in den folgenden Jahren statt und resultierten in einer Quote von insgesamt 26 %. Mit der achten Abschlagszahlung erreichte die Auszahlungsquote 1,3 Milliarden.[14]
Insgesamt wurden nach insgesamt 13 Auszahlungen knapp 2 Milliarden Euro an die Gläubiger zurückgezahlt, was einer ungewöhnlich hohen Quote von rund 40 % der ungesicherten Forderungen entspricht. Ende Juli 2018 stimmte das Amtsgericht München der so genannten Schlussverteilung zu. Damit stand das Insolvenzverfahren kurz vor seinem formalen Abschluss. Etwa 10.000 Arbeitsplätze konnten trotz der Insolvenz der Mediengruppe erhalten werden.[15]