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Kernspin

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Dieser Artikel beschreibt den physikalischen Begriff Kernspin. Für die oft abgekürzt mit „Kernspin“ bezeichnete medizinische Untersuchung sieheMagnetresonanztomographie.

DerKernspinI{\displaystyle {\vec {I}}} ist der Gesamtdrehimpuls einesAtomkerns um seinenSchwerpunkt.[1] Sein Einfluss auf die Eigenschaften makroskopischer Materie oder Vorgänge kann gewöhnlich vernachlässigt werden, weshalb er auch erst Ende der 1920er Jahre entdeckt wurde. Untersuchungen des Kernspins sind jedoch wichtig zum Verständnis des Aufbaus von Atomkernen.

Da die Atomkerne (auch der leichteste, dasProton) immer zusammengesetzte Teilchen sind, handelt es sich beim Kernspinnicht um einenSpins{\displaystyle {\vec {s}}} im engeren Sinn.

Ausgenutzt wird der Kernspin vor allem für chemische Analysen (Kernspinresonanzspektroskopie) und für medizinische Untersuchungen (Kernspintomographie), beides aufgrund seinermagnetischen Eigenschaften.

Oft ist mit der Bezeichnung Kernspin nur seineQuantenzahlI{\displaystyle I} gemeint, die folgende Werte annehmen kann:

I=0,12,1,32,{\displaystyle I=0,\,{\tfrac {1}{2}},\,1,\,{\tfrac {3}{2}},\,\ldots }

Als physikalischer Drehimpuls hat er dann die Größe

|I|=I(I+1){\displaystyle |{\vec {I}}|=\hbar {\sqrt {I(I+1)}}}

mit derreduzierten Planck-Konstante{\displaystyle \hbar }.

Zustandekommen

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Beispiele für Kernspin im Grundzustand
KernZ{\displaystyle Z}N{\displaystyle N}I{\displaystyle I}
1H10½
2H111
12C660
14N771
90Nb41498
206Tl811250
209Bi83126

Der Spin eines Atomkerns lässt sich als Summe der Drehimpulse seiner Bestandteile –Z{\displaystyle Z}Protonen undN{\displaystyle N}Neutronen – verstehen. Nach demSchalenmodell kann man diesen jeweils einenBahndrehimpuls{\displaystyle {\vec {\ell }}} und einenSpins{\displaystyle {\vec {s}}} zuschreiben. Diese werden nach denquantenmechanischen Regeln derAddition von Drehimpulsen vektoriell addiert:

I=i=1A(si+i){\displaystyle {\vec {I}}=\sum _{i=1}^{A}({\vec {s}}_{i}+{\vec {\ell }}_{i})}

Die Spinquantenzahl von Proton und Neutron ists=12{\displaystyle s={\tfrac {1}{2}}} und dieBahndrehimpulsquantenzahl{\displaystyle \ell } immer ganzzahlig. Darum haben Kerne mit geradzahligerMassenzahlA=Z+N{\displaystyle A=Z+N} immer ganzzahligen Kernspin und solche mit ungerader Massenzahl immer halbzahligen Kernspin.

Energetisch besonders günstig ist ein Zustand, bei dem jeweils zwei Neutronen bzw. Protonen mit gleichem Bahndrehimpuls und entgegengesetztem Spin zu einem Paar mit Gesamtspin 0 koppeln. Wenn ein Kern aus einer geraden Zahl von Protonen und einer geraden Zahl von Neutronen besteht (gg-Kern), gehört im niedrigsten Energiezustand (Grundzustand) des Kerns jedes Proton und jedes Neutron zu einem Paar, dessen Drehimpulse sich zu 0 ergänzen. Daher haben alle gg-Kerne im Grundzustand den Kernspin 0. Wenn eine der beiden ZahlenZ{\displaystyle Z} undN{\displaystyle N} ungerade ist, bestimmt dieses „überzählige“ Teilchen den Kernspin im Grundzustand. Oft lässt sich der Kernspin dann über das Schalenmodell vorhersagen. Bei doppelt ungeraden Kernen sind die Verhältnisse komplizierter.

Siehe auch:Schalenmodell (Kernphysik) → Kernspin und Parität

Magnetisches Moment

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Atomkerne haben im Allgemeinen einmagnetisches Dipolmoment. Dieses ergibt sich zum einen aus der Bahnbewegung derelektrisch geladenen Protonen und zum anderen aus den intrinsischen magnetischen Momenten von Protonen und Neutronen. Das Neutron besitzt zwar keine elektrische Ladung, jedoch ein magnetisches Moment, und dieses ist seinem Spin entgegengesetzt gerichtet. Daher kann das magnetische Moment eines Kerns trotz positiver elektrischer Ladung antiparallel zum Kernspin ausgerichtet sein, z. B. beimSauerstoff-Isotop817O{\displaystyle {}_{\;8}^{17}\mathrm {O} }.

Atomkerne mit KernspinI=0{\displaystyle I=0} sind nach den Regeln der Quantenmechanik kugelsymmetrisch und können daher kein magnetisches Moment haben. Dies betrifft insbesondere alle gg-Kerne im Grundzustand.

Nutzungen

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Genutzt wird der Kernspin – genauer: das mit ihm verbundene magnetische Moment – in derKernspinresonanz. Im äußerenMagnetfeld hängt dieEnergie des Kerns davon ab, wie der Kernspin (und das damit verbundene magnetische Moment) zu diesem Feld ausgerichtet ist. Bei starken Magnetfeldern von einigenTesla ergibt sich dadurch eine Aufspaltung des Energieniveaus des Grundzustands des Kerns in der Größenordnung von 10−25J oderμeV, entsprechend einerPhotonenfrequenz um 100 MHz (entspricht einer Radiofrequenz im Bereich derUltrakurzwelle). Entsprechendeelektromagnetische Strahlung kann überResonanz von den Atomkernenabsorbiert werden.

Strukturanalyse

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Hauptartikel:Kernspinresonanzspektroskopie

Bei der chemischenStrukturanalyse perKernspinresonanzspektroskopie (engl.nuclear magnetic resonance, NMR) werden die Effekte beobachtet, die die umgebendenElektronen und benachbartenAtome auf den Kernspin haben. Beispielsweise erzeugen Elektronen in der Nähe ein zusätzliches Magnetfeld, welches das äußere Feld entsprechend verstärkt oder abschwächt. Dadurch verschieben sich die Frequenzen, bei denen dieResonanzbedingung erfüllt ist.

Medizin

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Hauptartikel:Magnetresonanztomographie

Die Magnetresonanztomographie oder Kernspintomographie nutzt die Kernspinresonanz aus.Kernspintomographen im medizinischen Einsatz messen in der Regel die Verteilung vonWasserstoff-Atomkernen (Protonen) im Körper. Anders als beimRöntgen können damit Veränderungen imGewebe zumeist gut sichtbar gemacht werden. FürdreidimensionaleSchnittbilder werden Magnetfelder mit einemGradienten (also einem kontinuierlichen Anstieg der Stärke) verwendet, so dass aus der Frequenz, bei der die Resonanzbedingung erfüllt ist, auf die räumliche Lage geschlossen werden kann.

Makroskopische Wirkungen

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Als Drehimpuls ist der Kernspin in derselben Einheit{\displaystyle \hbar }gequantelt wie der Drehimpuls derHülle, hat aber wegen seines über 1000-fach kleineren magnetischen Moments auf die magnetischen Eigenschaften von Atomen oder makroskopischen Stücken Materie nur äußerst geringfügige Auswirkungen. Bei sehr tiefen Temperaturen hingegen sind in einzelnen Fällen die Auswirkungen derFreiheitsgrade (Einstellmöglichkeiten) der Kernspins deutlich sichtbar:

  • Diespezifische Wärme von Wasserstoffgas (H2) zeigt bei Temperaturen unter 100 K einen speziellen Temperaturverlauf. Dieser lässt sich nur dadurch erklären, dass die beiden Kerne (Protonen) der Gasmoleküle je einen Kernspin 1/2 besitzen, den sie in 3/4 der Moleküle parallel gestellt haben (Orthowasserstoff), in 1/4 der Moleküle antiparallel (Parawasserstoff). In beiden Fällen ist der Gesamtspin der beiden Kerne (und des Moleküls) ganzzahlig, jedoch fehlen im Orthowasserstoff alle Rotationsniveaus mit ungeradem Moleküldrehimpuls, im Parawasserstoff die mit geradem. Diese Einstellungen bleiben in den Gasmolekülen trotz der zahlreichenStöße untereinander über Wochen erhalten. Durch diese Entdeckung wurde erstmals nachgewiesen, dass das Proton den Kernspin 1/2 hat.
  • DieBose-Einstein-Kondensation, die flüssiges Helium in einensuperfluiden Zustand überführt, findet nur beim häufigen Isotop Helium-4 statt, nicht jedoch beim seltenen Helium-3. Der Grund ist, dass ein Helium-4-Kern einen Kernspin von 0 hat, der das ganze Atom zu einemBoson macht, während ein Helium-3-Kern einen Kernspin von 1/2 hat, der das ganze Atom zu einemFermion macht. Das wirkt sich aus in derSymmetrie bzw. Antisymmetrie desquantenmechanischen Zustandes des flüssigen Heliums gegenüber Vertauschung zweier Atome und führt zu dem beschriebenen Unterschied im makroskopischen Verhalten der beiden Isotope.

Literatur

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Siehe auch:Kernphysik,Teilchenphysik undQuantenmechanik

Einzelnachweise

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  1. Ruben P. de Groote, Gerda Neyens:Spins and Electromagnetic Moments of Nuclei. In:Handbook of Nuclear Physics. Springer Nature Singapore, Singapore 2022,ISBN 978-981-15-8818-1,S. 1–36,doi:10.1007/978-981-15-8818-1_42-1 (springer.com [abgerufen am 18. April 2024]). 
Normdaten (Sachbegriff):GND:4163636-3 (GND-Explorer,lobid,OGND,AKS) |LCCN:sh85093111
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