Fourier war der Sohn eines Schneiders und wurde schon im Alter von 10 Jahren durch den Tod seiner Eltern zumVollwaisen. Seine weitere Erziehung fand zunächst im Pensionat des Organisten derKathedrale von Auxerre Joseph Pallais statt, bis er in die Militärschule von Auxerre wechseln konnte. Dort entwickelte er ein starkes Interesse für die Mathematik und hatte schon im Alter von 14 Jahren den sechsbändigenCours de mathématiques vonÉtienne Bézout studiert. 1783 erhielt er einen Preis für eine Arbeit überCharles BossutsMécanique en général. Im Jahr 1787 entschied sich Fourier, eine geistliche Laufbahn einzuschlagen, und wechselte auf die Schule derBenediktiner-AbteiSaint-Benoît-sur-Loire. Sein Interesse für Mathematik pflegte er jedoch weiter. Mit dem Ausbruch derFranzösischen Revolution im Jahr 1789 verließ Fourier Saint-Benoît-sur-Loire wieder und wurde Lehrer an der Militärschule in Auxerre, wo er seine Schulbildung erhalten hatte. Fourier engagierte sich politisch, unter anderem als Vorsitzender des lokalen Revolutionskomitees in seiner Heimatstadt Auxerre. Dieses politische Engagement führte dazu, dass er während der Zeit derTerrorherrschaft inhaftiert wurde und nur knapp derGuillotine entging. Im Alter von 26 Jahren, im Jahr 1795, wechselte er an dieÉcole normale supérieure in Paris, wo unter anderenJoseph-Louis Lagrange,Gaspard Monge undPierre-Simon de Laplace zu seinen Mentoren zählten, und 1797 wurde Fourier Nachfolger von Lagrange als Professor für Analysis und Mechanik an derÉcole polytechnique in Paris.
Büste Fouriers in Grenoble
Im Jahr 1798 begleitete erNapoleon Bonaparte mit anderen französischen Wissenschaftlern auf dessenÄgyptischer Expedition. Dort übernahm er das Sekretariat desInstitut d’Égypte, organisierte archäologische Expeditionen und arbeitete am Aufbau einer Verwaltung nach französischem Stil in Ägypten mit. Im Jahr 1801 kehrte Fourier zusammen mit den Resten des französischen Expeditionskorps wieder nach Frankreich zurück und wollte seine Professur an derÉcole polytechnique wieder aufnehmen. Jedoch wurde er von Napoleon, der Fouriers organisatorische Fähigkeiten schätzen gelernt hatte, im Jahr 1802 zum Präfekten desDépartements Isère mit Sitz inGrenoble ernannt. Fourier war nicht sehr glücklich darüber, die akademische Welt von Paris verlassen zu müssen, fügte sich jedoch den Wünschen Napoleons. Als Präfekt erwarb er sich Verdienste um die Trockenlegung der Sümpfe beiBourgoin-Jallieu und ließ eine feste Straßenverbindung zwischen Grenoble und Turin ausbauen. In Grenoble arbeitete er wissenschaftlich weiter, unter anderem auch als Mitautor an derDescription de l’Égypte. Dort begegnete er auch dem jungenJean-François Champollion, der ihm als begabter Schüler an derAcadémie de Grenoble vorgestellt wurde. Fourier zeigte Champollion eine Kopie der Inschrift desSteins von Rosette, und dieser zeigte sich davon so beeindruckt, dass er sich die Entzifferung derägyptischen Hieroglyphen zur Lebensaufgabe vornahm. Fourier unterstützte Champollion auch später in dessen Ausbildung, und diesem gelang schließlich in den Jahren 1822 bis 1824 die Entzifferung der Inschrift des Rosetta-Steins.1808 wurde Fourier zumbaron de l’Empire in derNoblesse impériale erhoben. Während derHerrschaft der Hundert Tage 1815 ernannte ihn Napoleon zum Präfekten desDépartements Rhône. Seit 1815 lebte Fourier in Paris und war Sekretär auf Lebenszeit derAcadémie des sciences.
Fouriers Grabmal auf dem Pariser FriedhofPère-Lachaise im Stil eines altägyptischen Monuments
Nebenbei beschäftigte er sich auch mit der Physik, und zwar mit derWärmeausbreitung inFestkörpern (Fouriersches Gesetz). Eine einschlägige Abhandlung wurde von derPariser Akademie 1807 preisgekrönt. Neben der Herleitung der Gleichungen enthielt sie einen Lösungsansatz mittelsFourierreihen. Das wichtigste Werk in diesem Zusammenhang ist dieAnalytische Theorie der Wärme (1822). In einem Artikel von 1824 beschrieb er zum ersten Mal die wesentlichen Mechanismen eines hypothetisch modellhaftenTreibhauseffekts, dessen Vergleichskriterien zur Atmosphäre er herausarbeitete (ohne jedoch den Begriff zu verwenden).[1] In seinen Artikeln verwies Fourier auf ein Experiment von Saussure, der eine Vase mit geschwärztem Kork auskleidete. In den Kork setzte er mehrere Scheiben aus transparentem Glas ein, die durch Luftabschnitte getrennt waren. Das mittägliche Sonnenlicht konnte an der Oberseite der Vase durch die Glasscheiben eindringen. Die Temperatur wurde in den Innenräumen dieses Gerätes erhöht. Fourier kam zu dem Schluss, dass Gase in der Atmosphäre eine stabile Barriere wie die Glasscheiben hierzu bilden müssten.[2] Um Wärme in der Atmosphäre überhaupt speichern zu können, stellte Fourier fest, dass die tatsächlichen Mechanismen, die die Temperaturen der Atmosphäre bestimmen, Konvektion enthielten, die aber in der Versuchsvorrichtung von Saussure nicht vorhanden war. In den 1820er Jahren berechnete Fourier, dass ein Objekt von der Größe der Erde und in ihrer Entfernung von der Sonne, das nur von der Sonnenstrahlung erwärmt wird, beträchtlich kälter sein sollte als die Erde tatsächlich ist. Er untersuchte verschiedene mögliche Quellen der zusätzlichen beobachteten Hitze in Artikeln, die 1824[3] und 1827[4] veröffentlicht wurden. Während er letztlich vorschlug, dass interstellare Strahlung für einen großen Teil der zusätzlichen Wärme verantwortlich sein könnte, erwog Fourier daneben auch die Möglichkeit, dass die Erdatmosphäre als ein Isolator zum extraterrestrischen Raum fungieren könnte.
Mit derFourieranalyse legte er einen Grundstein für den Fortschritt der modernen Physik und Technik.
The Analytical Theory of Heat. Translated by Alexander Freeman. Edited for the Syndics of University Press, Cambridge 1878 – im Internet-Archive online
Théorie analitique de la chaleur.Band1. Gauthier-Villars, Paris 1888 (französisch,beic.it).
Mémoire sur les températures du globe terrestre et les espaces planétaires, Mémoires de l’Academie royal des Sciences de l’Institut de France, Paris, Band 7, 1827, S. 570–604 (siehe Einzelnachweis 1)
Analyse des équations déterminées. (postum durchNavier hrsg.; Paris 1831).
Die Auflösung der bestimmten Gleichungen. (Analyse des équations Déterminées, Paris 881) . Übersetzt und herausgegeben von Alfred Loewy. Verlag: Wilhelm Engelmann, Leipzig 1902 – im Internet-Archive online
J. Herivel:Joseph Fourier. The man and the physicist. Oxford, Clarendon Press 1975
L. Charbonneau:Catalogue des manuscripts de Joseph Fourier. Cahiers d´histoire et de philosophie des sciences, Band 42, 1994 (Charbonneau schrieb auch seine Dissertation über Fourier)
François Arago:Éloge de Joseph Fourier, Memoirs de l´Academie des Sciences, Band 14, 1838, LXIX (auch in AragoOeuvres, Band 5, Paris 1854)
↑Mémoire sur les températures du globe terrestre et des espaces planétaires, Annales de Chimie et de Physique 1824, leicht verändert 1827 in denMémoires de l’Academie royal des Sciences de l’Institut de France, Band 7, S. 570–604, nachgedruckt und in Fouriers Werken 1890, Band 2,bei Gallica
↑W M Connolley:Translation by W M Connolley of: Fourier 1827: MEMOIRE sur les temperatures du globe terrestre et des espaces planetaires.
↑Fourier, J. B. J.:Remarques Générales Sur Les Températures, in: Du Globe Terrestre Et Des Espaces Planétaires. In: Burgess (Hrsg.):Annales de Chimie et de Physique.Band27, 1824,S.136–167.
↑Fourier, J. B. J.:Memoire Sur Les Températures Du Globe Terrestre Et Des Espaces Planétaires. In:Mémoires de l’Académie Royale des Sciences.Band7, 1827,S.569–604.