Jütland (dänischJylland [ˈjylanʔ];Adjektiv: „jütisch“ oder „jütländisch“, dänischjysk) ist nach gängiger Lesart der westliche TeilDänemarks, der sich auf derKimbrischen Halbinsel befindet und sich von der deutsch-dänischen Grenze bis zur LandspitzeGrenen nördlich vonSkagen erstreckt. Damit wird das gesamte dänische Festland von Jütland gebildet, während die anderen Teile Dänemarks sich über Inseln erstrecken.
Unter Verweis auf die historische Südgrenze Dänemarks an derEider[1][2] kann jedoch auch die Eider als südliche Grenze Jütlands angesehen werden, indem die Region des südlichen Jütlands zwischen Eider und Königsau zunächst integraler Bestandteil des sich entwickelnden Königreichs Dänemarks war und sich dann ab 1236 in dasHerzogtum Schleswig entwickelte, das als Reichs- und Königslehen Dänemarks über Jahrhunderte weiterhin an Dänemark gebunden war. Alternativ zur Bezeichnung Schleswig findet sich auch der ältere BegriffSønderjylland (≈Südjütland oderSüdliches Jütland). Obwohl die beiden Begriffe Schleswig und Sønderjylland im Prinzip dieselbe Region bezeichnen, wird heute umgangssprachlich meist nur nochNordschleswig als Sønderjylland bezeichnet.
Nach beiden Definitionen werden die vorgelagerten kleinen Inseln wieRømø,Fænø,Læsø,Anholt,[3]Samsø,Endelave oderAlsen Jütland zugerechnet, ebenso wie die große InselVendsyssel-Thy, die Jütland im Norden abschließt, sowie die zwischen Vendsyssel-Thy und dem jütischen Festland liegende InselMors.
Die natürlichen Grenzen Jütlands bilden im Uhrzeigersinn die Seegebiete:
Gebiete auf derKimbrischen (Jütischen) HalbinselRäumliche Geltungsbereiche der dänischen LandschaftsrechteDie dreizehn dänischen Landsting im Mittelalter
Jütland hat seinen Namen von denJüten, einemgermanischen Volksstamm, der wohl ursprünglich einewestgermanische Sprache gesprochen hat.[4] Ein Teil des Stammes scheint zusammen mit denSueben nach Süden abgewandert zu sein. Ein erheblicher Teil wanderte im 5. Jahrhundert mit denAngeln undSachsen nach England (an den Medway) aus. Der zurückgebliebene größere Teil wurde von dennordgermanischenDänen assimiliert, die ihre Heimat im heutigen Südschweden (Schonen) hatten und Jütland von den Dänischen Inseln aus besiedelten. Aus dieser Periode stammt der SiedlungsplatzHvolris beiViborg. Die Jüten/Dänen stießen südwärts bis an dieEider vor, wo sie auf Sachsen und Slawen stießen.
Die Bezeichnung der Halbinsel alsKimbrische Halbinsel geht auf dieKimbern zurück, einen germanischen Volksstamm, der um das 1. Jahrhundert v. Chr. mit denTeutonen in die heutige Schweiz und dann – aufgespalten – durchs Rhônetal nach Frankreich oder über denBrennerpass nach Italien zog.
Im Jahr 811 wird in einem Friedensvertrag zwischenKarl dem Großen undDänemark dieEider als Staatsgrenze festgesetzt, wobei die Grenze zweimal zeitweise an die Linie Eider-Schlei verschoben worden war (vgl.Dänische Mark). Politisch-staatsrechtlich kann somit der Eider bzw. der Linie Eider-Schlei die Funktion einer Grenze Jütlands zuerkannt werden. Im Mittelalter bestanden jeweils inNørrejylland (Norderjütland) undSønderjylland (Süderjütland) regionaleLandstinge. Im 13. Jahrhundert bildete sich dann aus dem Bereich der dreiSysseln des südlichen Jütlands das Herzogtum Schleswig heraus, das alsLehen des Königreiches Dänemark diesem nur noch mittelbar unterstand. Die meiste Zeit nahm der dänische König in Personalunion jedoch auch die Funktion des Herzogs von Schleswig wahr, so dass er in Schleswig sowohl als König (Lehnsherr) als auch als Herzog (Vasall) auftrat. Ab 1460 war er zusätzlich Graf, ab 1474 Herzog des angrenzenden als Reichslehen zumHeiligen Römischen Reich gehörendenHerzogtums Holstein. An der Westküste Schleswigs bildeten sich noch im Mittelalter die Königlichen Enklaven (z. B. Amrum, Westerland-Föhr, Listerland auf Sylt) heraus, die formell nicht Teil des Herzogtums Schleswig waren, sondern direkt Teil des Königreiches Dänemarks gewesen waren. Sprachlich-Kulturell erstreckte sich das Altdänische oder die daraus sich entwickelnden dänischen Dialekte ursprünglich nördlich einer Linie Husum-Schwabstedt-Eckernförde.
1240 wurde Jütland namengebend für dasJütische Recht (Jyske Lov). Es galt auf der Halbinsel von Skagen im Norden bis an dieKieler Förde-Levensau-Eider-Linie im Süden einschließlich angrenzender Inseln sowieFünen,Fehmarn undHelgoland. Einige Bestimmungen des Jyske Lov finden südlich der Grenze noch heute Anwendung, sofern sie nicht durch z. B. Bestimmungen des BGB verdrängt worden sind. Bis zur Regierungszeit von KönigFriedrich I. im 16. Jahrhundert hatten auch die Gesetze des Danehofes noch unmittelbar Gültigkeit in Schleswig.[5] Auch rechtlich kann das südliche Jütland bzw. das Herzogtum Schleswig somit dem Bereich Jütlands zugeordnet werden.
Während desErsten Weltkrieges fand am Nordende der Halbinsel dieSchlacht von Jütland oder Skagerrakschlacht statt. Sie war eine der größten Schlachten in der Geschichte des Seekrieges. Sie wurde ausgefochten zwischen derRoyal Navy und derkaiserlichen deutschen Marine und führte zu schweren Verlusten auf beiden Seiten.
Im dänischen Jütland setzt sich das schleswig-holsteinische Landschaftsbild nach Norden fort, mitMarschen an der Nordseeküste im Westen, einemEndmoränenrücken (Geest) in der Mitte und lehmigem Hügelland, das aus denGrundmoränen derEiszeit besteht, im Osten. Die Küstenstreifen der Nordosthälfte sind dabei vergleichsweise jung, da sich Jütland aufgrund derpostglazialen Landhebung entlang einer Diagonalen immer noch 10 mm im Jahr hebt und im Südwesten senkt.
Nördlich vonEsbjerg findet sich im Westen eineAusgleichsküste mit hohenSanddünen. VomLimfjord wird Jütland in ostwestlicher Richtung durchschnitten. Mitten durch Jütland verläuft in nord-südlicher Richtung dieWasserscheide des JütischenHöhenrückens, beiDollerup beginnend und über dieHüttener Berge sich fortsetzend bis nach Holstein. Auf ihm bildete sich wohl schon in derSteinzeit die Hauptverkehrsader in Nord-Süd-Richtung heraus, derOchsenweg (dän. Hærvejen).
Jütland wird geografisch in nicht immer exakt definierte Gebiete unterteilt. Dabei finden topografische Gegebenheiten, Unterschiede derjütischen Dialekte, dieMentalität der Bevölkerung, wirtschaftliche Struktur und tradierte Verwaltungsgrenzen gleichermaßen Berücksichtigung. Die Abgrenzungen in Nord – Mitte – Süd überschneiden sich dabei mit der Teilung in West – Ost, so dass Regionen je nach Betrachtungsweise zwei verschiedenenHimmelsrichtungen zugeordnet werden können.
Die Unterteilung inWestjütland/Vestjylland undOstjütland/Østjylland folgt in etwa dem jütischen Höhenrücken. Er markiert auch ungefähr die Dialektgrenze zwischen West- und Ostjütisch. Historisch betrachtet war Westjütland eine von Armut geprägte Region, deren Landwirtschaft aber aufFreibauerntum fußte, während der wohlhabende Ostteil von Gutswirtschaft und städtischem Handel geprägt war. Bei Jens Peter Trap wurde zur Abgrenzung die LinieDollerup–Padborg vorgeschlagen.[7]
Die 2007 gebildetendänischen Kommunen lassen sich annäherungsweise zuordnen. In der Übersichtstabelle sind Doppelnennungen möglich.Nebenhimmelsrichtungen gehören immer beiden Himmelsrichtungen an.
Jütland bildet jedoch einen Obergerichtsbezirk, für den das Westliche Landesgericht(Vestre Landsret) mit Sitz in Viborg zuständig ist. Bis zur Anpassung des Wahlgesetzes infolge der Kommunalreform bildete ganz Jütland einen von drei Oberwahlbezirken in Abgrenzung zuHovedstaden (Kopenhagen undFrederiksberg) undØerne (die Inseln Fünen, Seeland,Lolland,Falster u. a.). DasDänische Amt für Statistik erhält eine doppelte Gebietsunterteilung aufrecht, wodurch statistische Informationen sowohl unter den Verwaltungseinheiten (Regionen, Kommunen) als auch unter geographischen Gesichtspunkten abrufbar sind.
Historisch bestand Jütland aus mehrerenSysseln, die wiederum in mehrereHarden unterteilt waren. Später wurden dieÄmter eingeführt, so dass mehrere Harden ein Amt bildeten.
Das weltbekannte UnternehmenLego hat seinen Sitz inBillund. BedeutendeWirtschaftszweige sind unter anderem derTourismus, vor allem an der Nordseeküste, sowie dieFischerei und Nahrungsmittelproduktion. Wichtige Industrie- und Hafenstädte wieKolding,Horsens oderAarhus sind besonders an der Ostsee oder an Fjorden zu finden. InEsbjerg, der fünftgrößten Stadt Dänemarks, befindet sich der bedeutendste Nordseehafen des Landes, von dem bis 2014 mehrmals wöchentlich eine Auto- und Personenfähre nachHarwich (Großbritannien) verkehrte.
In Jütland werden neben dem Standarddänischen traditionell die jütländischen Dialekte Vest-, Øst- undSønderjysk gesprochen, die sich teilweise wieder in kleinere Unterdialekte aufteilen. Sønderjysk wurde bis in das 18. und 19. Jahrhundert noch bis zu einer Linie Husum-Eckernförde gesprochen (genannt sei z. B. dasAngeldänische). Nach dem Sprachwechsel zum Deutschen findet sich das Sønderjysk auf deutscher Seite inzwischen nur noch in grenznahen Orten.
Die deutsche Minderheit in Nordschleswig spricht zudem Deutsch (Nordschleswigdeutsch), die dänische in Südschleswig entsprechend Südschleswigdänisch, im ländlichen Bereich Südschleswigs findet sich noch Niederdeutsch sowie in Teilen Nordfrieslands zwischen Eider und Wiedau nordfriesische Dialekte.
Neben seinen Naturschönheiten hat Jütland zahllose Zeugnisse der Erd- und Frühgeschichte zu bieten.Megalithanlagen, aufgelassene Klöster, Museen, Schlösser und Herrenhäuser, hunderte Dorfkirchen aus dem 12. und 13. Jahrhundert lohnen einen Besuch.
↑Troels Fink:Geschichte des schleswigschen Grenzlandes. Munksgaard, København 1958, S. 23.
↑Vgl. Jens Peter Trap:Danmark. 5. Ausgabe, Band 6,1Hjørring amt, Kopenhagen 1961.
↑Anholt gehörte im Mittelalter zur LandschaftHalland.
↑Günter Neumann, Martin Eggeler:Jüten. In: Heinrich Beck,Dieter Geuenich,Heiko Steuer (Hrsg.):Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Band 16. de Gruyter, Berlin/New York 2000,ISBN 3-11-016782-4, S. 91ff.
↑Karl N. Bock:Mittelniederdeutsch und heutliges Plattdeutsch im ehemaligen Herzogtum Schleswig. Kopenhagen 1948, S. 42/43.