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Islamisches Bankwesen

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DasIslamische Bankwesen (englischIslamic banking;arabisch مصرفية إسلامية,DMGmaṣrifīya islāmīya) ist ein Teilbereich desislamischen Finanzwesens und betreibtislamkonformeBankgeschäfte.

Allgemeines

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Das internationaleBankwesen besteht ausKreditinstituten,Wertpapierdienstleistungsunternehmen,Investmentbanken,Finanzdienstleistungsinstituten und allen übrigen privatrechtlich organisierten banknahen Unternehmensarten, für die derBetriebszweck ganz oder überwiegendFinanzdienstleistungen beinhaltet. Das Attribut „islamisch“ weist auf die religionsbedingten Besonderheiten diesesDienstleistungssektors hin. Bankgeschäfte müssen demnach im Einklang mit den religiösen Regeln desIslam, denRechtsquellen derFiqh und derSunna sowie derSchari'a stehen. Die klassischen westlichen Bankgeschäfte wie insbesondereKreditgeschäft,Passivgeschäft,Investmentgeschäft oder sonstige zinstragende Geschäfte können im islamischen Bankwesen nicht in ihrer üblichen Form genutzt werden.

Derinternationale Kreditverkehr,internationale Zahlungsverkehr und derInterbankenhandel sind vonKapitalverkehrsfreiheit,Dienstleistungsfreiheit undVertragsfreiheit geprägt. Diesen Prinzipien widersprechen alleFinanzkontrakte, die den islamischen Regeln des allgemeinenZinsverbots (arabischRibā), des Verbots derSpekulation (Gharar) und des Verbots desGlücksspiels (maysir,qimār) unterliegen.Die Vertragsfreiheit ermöglicht jedoch westlichen Banken die Aufnahme einerGeschäftsbeziehung auch zu islamisch handelnden Geschäftspartnern. Das allgemeine Zinsverbot verbietet es islamischen Kreditinstituten, zinstragende Bankgeschäfte zu betreiben, die jedoch die Grundlage für das marktüblicheKredit- oderEinlagengeschäft von nicht-islamischen Banken bilden. Um dennoch derartige zinstragende Geschäfte mit islamischen Geschäftspartnern durchführen zu können, wurden von denMarktteilnehmern neue Finanzkontrakte auf Grundlage vonSachdarlehensverträgen entwickelt, die aufgrund vonRechtsgutachten (fatwa) Schari'a-konform sind. Shari’a-konformes Handeln bedeutet,Finanzierungen,Versicherungen,Konsum undInvestitionenstrikt nach den islamischen Glaubensregeln zu gestalten.[1] Für die islamischen Finanzinstitute legen derKoran und die Sunna die religiösen und rechtlichen Rahmenbedingungen fest und bilden auch das soziale und ethische Fundament für das gesamte islamische Finanzwesen.[2]

DasHawala-Zahlungssystem gehört nicht zum islamischen Bankwesen, sondern zum islamischen Finanzwesen. Das liegt daran, dass einerseits keineKreditinstitute involviert sind und andererseits keine bankmäßigenZahlungsverfahren genutzt werden.[3]

Geschichte

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Im islamischen Kulturkreis entwickelte sich ab dem 6. Jahrhundert – also noch in vorislamischer Zeit – dieMudaraba, die bis heute eine wichtige Art des islamischen Bankwesens repräsentiert. Sie entstand alsstille Gesellschaft, bei der einKapitalgeber dasKapital bereitstellt und derUnternehmer dieArbeitsleistung erbringt. Sie gilt als Rechtsvorgängerin der italienischenKommenda (italienischcommendare, „anvertrauen“), die erstmals im Mai 1072 in Venedig auftauchte.[4] Im 11. Jahrhundert scheint auch inÄgypten bereits dieMusharaka vorgekommen zu sein.[5] Im 1299 beginnendenOsmanischen Reich gab es trotz islamischen Zinsverbots ein zinsorientiertes Bankensystem, um die hohenStaatsausgaben finanzieren zu können.[6] Sein Bankwesen beherrschten Griechen, Juden und Armenier.[7] Der jüdische BankierJoseph Nasi zog 1554 nachKonstantinopel, wo er für den osmanischen Hof arbeitete.

Während desMittelalters herrschte zeitgleich imChristentum weitgehend das Zinsverbot (nur nicht für Juden),Juden unter sich mussten das Zinsverbot (hebräischneshek, „Abbiss“) jedoch beachten. Während sich das christliche Zinsverbot allmählich lockerte und innerhalb derkatholischen Kirche von PapstPius VIII. In einem Schreiben vom 18. August 1830 an denBischof von Rennes formal aufgehoben wurde, trat im Islam eine Gegenbewegung ein.

Als erste islamische Bank gilt die 1963 inÄgypten gegründeteMit Ghamr Local Savings Bank. Ihre Gründung ist auf den Ägypter Ahmad an-Naddschār (1932–1996) zurückzuführen, der 1959 beiHeinrich Rittershausen an derUniversität Köln mit einer Arbeit über „Hindernisse direkter Auslandsinvestitionen in Ägypten“ promovierte. Er studierte während seines Deutschlandaufenthaltes das deutscheSparkassenwesen und begann 1963 mit Unterstützung von Rittershausen undGünter Schmölders in dem ägyptischen Ort Mit Ghamr mit dem Aufbau einer zinslosen Sparkasse, die innerhalb von kurzer Zeit 200.000 Sparer überwiegend aus dem ländlichen Raum gewann. Den Sparern wurden für ihre Einlagen anstelle von Zinsen der Anspruch auf zinslose Kredite und im Notfall die Unterstützung aus einem religiösen Spendenfonds geboten. Größere Sparer wurden außerdem an einem Investitionsfonds beteiligt, der ihnen anteilige Gewinne garantierte.[8] Im Jahre 1967 wurde das Projekt allerdings durchGamal Abdel Nasser beendet. Es folgte als Finanzinstitution die 1969 inMalaysia entstandeneTabung Haji.

Ahmad an-Naddschār kehrte nach Zwischenaufenthalten in Sudan und Deutschland 1971 nach Ägypten zurück und wurde Mitglied einer Kommission von Experten aus islamischen Ländern zur Errichtung eines islamischen Bankensystems. 1972 veröffentlichte er sein Buch „Zinslose Banken als Strategie zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung in den islamischen Ländern“. Im Jahr 1972 wurde er Mitglied des Vorbereitungskomitees derOrganisation der Islamischen Konferenz (OIC) inDschidda für die Errichtung derIslamischen Entwicklungsbank.Eine Konferenz der islamischen Außenminister im Februar 1972 in Kairo bereitete alternative Vorschläge zur Behandlung von Finanzangelegenheiten vor.[9] Ahmad an-Naggār fasste 1977 in seinem Buch „Der Weg des islamischen Erwachens. Banken ohne Zinsen“ (Manhaǧ aṣ-ṣahwa al-Islāmīya. Bunūk bilā fawāʾid) den Unterschied zwischen islamischen und gewöhnlichen Banken in drei Punkten zusammen:

  1. Die islamische Bank akzeptiert auch geringeEinlagen, während sich die gewöhnliche Bank für kleine Anlagen nicht interessiert.
  2. Die islamische Bank bemüht sich bewusst darum, die Menschen zu stärken, „ihre Interessen auf dem Weg zu Gott zu verwirklichen“ (taḥqīq maṣāliḥihim ilā ṭarīq Allāh), während eine gewöhnliche Bank nur nachGewinn strebt.
  3. Die islamische Bank betrachtet sich als Teil einer allgemeinen islamischen Organisation, deren Aufgabe der Dienst an der islamischen Gesellschaft ist, während die gewöhnliche Bank keine Beziehung zwischen sich und der umgebenden Gesellschaft sieht.[10]

Dabei übersah er, dass beispielsweiseSparkassen auch kleinsteSpareinlagen annehmen undKreditinstitute allgemein im Rahmen derBeratungshaftung auch für die Wahrung desKundennutzens einzustehen haben.

Pakistan begann noch 1977 mit ersten Vorstößen zurIslamisierung seiner Bankenwelt. Im Jahre 1979 verankerte derIran während derIslamischen Revolution das Zinsverbot in seiner Verfassung, deren gesetzliche Umsetzung bis März 1984 dauerte. Er verstaatlichte im Juni 1979 sein Banksystem, seit März 1985 beruhen hier alle Bankgeschäfte auf islamischem Recht. Im September 1983 setzte derSudan die Shari’a-Gesetze in Kraft, so dass alle Banken vom Zinsverbot erfasst wurden.

Als erste Bank, die das islamische Zinsverbot bei allen Bankgeschäften berücksichtigte, gilt die 1971 gegründete und imStaatsvermögen befindlicheNasser Social Bank in Kairo, es folgten unter anderem dieIslamische Entwicklungsbank (Islamic Development Bank; Oktober 1975), dieDubai Islamic Bank (1975), dieFaisal Islamic Bank of Egypt (1977), dasKuwait Finance House (1977), dieJordan Islamic Bank (1978), dieFaisal Islamic Bank of the Sudan (1979) oder dieBahrain Islamic Bank (1979).[11] Mit demIslamic Banking System International Holdings entstand 1978 inLuxemburg die erste europäische islamische Bank. Inzwischen etablierten sich 1976 die islamischenFinanzkontrakteMurabaha und 1979 dieTakaful alsLebensversicherung. In derSchweiz öffnete dieDar al-Mal al-Islami 1981 ihre Pforten.[12] Im Juli 1983 eröffnete die erste malaysische Shari’a-konformeBank Islam Malaysia. Der Zusatz „Islamic Bank“ weist seitdem darauf hin, dass eine Bank Schari'a-konforme Bankgeschäfte betreibt und von einem Schari'a-Board überwacht wird. Seit 1985 boten auch 50 konventionelle Banken islamische Finanzprodukte an. Im Februar 1990 entstand inBahrein dieAccounting and Auditing Organisation for Islamic Institutions (AAOIFI), zuständig fürStandardisierung, Prüfung der Konformität zur Shari’a undRechnungslegung der islamischenFinanzprodukte. Im Jahre 1992 sah daspakistanischeBundes-Schariagericht in allen Formen des Zinsennehmens einen Verstoß gegen dieScharia.[13] Im August 2004 entstand mit derIslamic Bank Of Britain die ersteRetail-BankGroßbritanniens.[14] InDeutschland ist seit März 2015 dieKT Bank AG die erste und bislang einzige Bank nach deutschem Recht, die nach islamischen Regeln Finanzprodukte und -dienstleistungen anbietet. Im Jahre 2016 veröffentlichte die AAOIFI 48 Shari’a-Standards, 26Rechnungslegungsstandards und 5Wirtschaftsprüfungsstandards.

Arten islamischer Bankgeschäfte

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Wegen der Erfüllung der islamischen Geschäftsprinzipien sind islamische Bankgeschäfte völlig anders strukturiert als konventionelleBankgeschäfte.

Geschäftsprinzipien

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Islamische Bankgeschäfte müssen die fünf Prinzipien der Scharia erfüllen:[15]

Bankgeschäfte

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Folgende Bankgeschäfte erfüllen diese Voraussetzungen:

  • Girokonten
    • Wadīʿa (وديعة, vonwadaʿa, „anlegen“; auchWadiah): die Bank verwahrt dieBankguthaben des Kundentreuhänderisch, der das Geld jederzeit zurückfordern kann. Anstelle einesHabenzinses hat die Bank die Möglichkeit von kostenlosenDienstleistungen oderGeschenken (hibah). Die Bank darf diese freiwilligen Leistungen jedoch nicht zusagen, weil dies einer Zinszahlung gleichkäme.
      • BeiWadiah-Yad-Amanah-Konten (يد أمانة Yad Amāna) findet ausschließlich eine Verwahrung des Geldes statt. Weder darf die Bank den Betrag anderweitig anlegen oder investieren, noch darf sie für die VerwahrungBankgebühren erheben. Die Bank verspricht zwar, den einbezahlten Betrag sorgfältig zu verwahren, kann die vollständige Rückzahlung jedoch nicht garantieren, wenn z. B. im Falle eines Feuers oder eines Banküberfalls gerade die vom Anleger eingezahlten Geldscheine verbrennen oder gestohlen würden.
      • BeiWadiah-Yad-Dhamanah-Konten (يد ضمان,DMGYad Ḍamān) garantiert die Bank im Gegensatz zuWadiah-Yad-Amanah-Konten die vollständige Rückzahlung der Einlage. Dafür muss sie bei der Wiederanlage der Einlagen die Zustimmung des Kunden einholen und darf alle erwirtschafteten Gewinne behalten, muss jedoch auch entstehende Verluste ausgleichen. Bei dieser Kontenvariante sind Geschenke üblich. Die meistenSparkonten, bei denen Sicherheit im Vordergrund steht, werden in Form vonWadiah-Yad-Dhamanah-Konten geführt.
    • Mudaraba-Konto: derInvestor (rabb al-māl) legt Geld an, die Bank in ihrer Eigenschaft als Unternehmer (mudarib) stellt ihre Expertise für die Investition zur Verfügung. Die Bank tritt alsVermögensverwalter für das angelegte Kapital auf und kann frei entscheiden, wie es angelegt wird. Für den Fall, dass die Bank Gewinn erwirtschaftet, wird er geteilt. Im Verlustfall trägt jedoch der Anleger das alleinige Verlustrisiko. Im Gegenzug kann die Bank keine Zahlungen vom Anleger verlangen, solange sie keinen Gewinn erwirtschaftet. Gewinne und Verluste werden nur zur vereinbarten Endfälligkeit der Anlage bzw. zu bestimmten Terminen, ähnlich den Zinsterminen bei Anleihen fällig. Zwar können negative Ergebnisse entstehen, jedoch agieren islamische Banken bei diesen Konten sehr vorsichtig und investieren so, dass sich das Ergebnis gut vorhersagen lässt (z. B. in dieFinanzierung vonWohnungen).
      • BeiMudaraba-muqayyada-Konten sind der Bank Grenzen auferlegt, innerhalb derer sie investieren darf (z. B. hinsichtlich Geschäftsfeldern oder Anlagedauer).
      • BeiMudaraba muthalaqa sind diese Restriktionen nicht vorhanden.
    • Qard al-Hassan (deutsch„das gute, weil zinslose Darlehen“; vonqard, „Kredit“[16]): ist imEinlagengeschäft der Banken ein zinsloses, einerZweckbindung unterliegendesBankguthaben oder imKreditgeschäft ein zinsloserKleinkredit. Der Anlagetyp ist nur wenig populär und wird kaum angeboten. Er kann Basis für ein Girokonto sein, wobei die Bank durch die erwirtschafteten Gewinne dieBearbeitungsgebühren für das Girokonto ausgleicht.
  • Kreditkarten entsprechen nicht islamischen Prinzipien,Debit-Karten, also Bezahlkarten auf Guthabenbasis, gehen dagegen konform mit den Ideen des islamischen Bankenwesens.
  • Investmentfonds: AlsBenchmark für islamische Investmentfonds dient oft derDow Jones Islamic Market Index mit seinen Unterindices.[17] Er wird seit 1999 ermittelt und umfasst Aktien, die nach Auffassung des „DJIM Shari`ah Supervisory Board“ in Übereinstimmung mit islamischem Recht erworben werden dürfen. Im Dezember 2006 wurde auch durchStandard & Poor’s die Einführung einer Familie islamischer Aktienindices angekündigt. Neben demS&P 500 Sharia für den amerikanischen Aktienmarkt werden auch ein europäischerS&P Europe 500 Sharia und ein japanischerS&P Japan 500 Sharia islamischer Index ermittelt.[18] Ein weiterer viel beachteter Index ist der FTSE Islamic Index. Eines der führenden Beratungsunternehmen für schari'a-konforme Investmentfonds istFailaka Advisors. Jährlich werden mit demFailaka Islamic Fund Awards die besten Investmentfonds ausgezeichnet. Der seit 1996 erscheinende jährlicheFailaka Islamic Funds Report gilt mittlerweile als eine wichtige Messgröße in diesem Spezialbereich der Investmentfonds.
  • Finanzierungsinstrumente

Diese Finanzierungsinstrumente besitzen zahlreiche Unterarten. DieStandardisierung dieser Finanzkontrakte, die Prüfung ihrer Konformität zur Shari’a und dieRechnungslegung überwacht die AAOIFI. Im Jahre 2016 veröffentlichte die AAOIFI 48 Shari’a-Standards, 26Rechnungslegungsstandards und 5Wirtschaftsprüfungsstandards.

Die gelegentlich aufkommende Behauptung, islamische Finanzierungsinstrumente seien schuldnerfreundlicher als konventionelle Finanzierungen, ist unzutreffend. Verlieren dieKreditnehmer (die nur formal keine Kreditnehmer sind) etwa bei Murabaha oder Ijara ihreSchuldentragfähigkeit und können den faktischenSchuldendienst (etwa den Add-on bei der Murabaha oder die Leasingraten beim Ijara) nicht mehr tragen (englischnon-payment), so löst dies auch bei den genannten Finanzkontrakten eineKündigung (Kreditkündigung) aus. Es ist gleichgültig, ob jemandZins undTilgung oder Miete/Leasinggebühr nicht mehr bezahlen kann.

Bankenarten

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In islamisch geprägten Staaten gibt es drei verschiedene Bankengruppen:[22]

In islamischen Staaten mit strenger Shari’a-Anwendung dürfen die westlichen Geschäftsbanken ausschließlich Shari’a-konforme Finanzprodukte anbieten.

Dokumentation

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Aus Sicht der internationalen Großbanken handelt es sich bei den Fremdfinanzierungen umKreditgeschäfte. Die nicht-islamischen Kreditinstitute stufen dieseFremdfinanzierungen alsKredite ein, die islamischen Geschäftspartner alsKreditnehmer und die Transaktion als Kreditgeschäft mitKreditrisiko. Die islamischen Geschäftspartner werden mit einemRating versehen. DenKreditverträgen werden die Standardverträge derLoan Market Association unter Beteiligung internationalerAnwaltskanzleien zugrunde gelegt. Die Konformität mit dem islamischen Recht wird einerseits durch die AAOIFI und andererseits durch islamischeRechtsgutachten (fatwa) von Rechtsgelehrten (ʿUlamā') sichergestellt. Die nachIFRS bilanzierenden internationalen Großbanken dürfen diese Geschäfte nach dem Bilanzierungsgrundsatz vom Vorrang desInhaltes über dieForm (englischsubstance over form,wirtschaftliche Betrachtungsweise nach IFRS 9, 10) wie verzinsliche Kredite verbuchen.

Rechtsrisiken können für nicht-islamische Banken aus der mangelnden Durchsetzbarkeit der Verträge entstehen. Rechtsrisiken sind im Bankwesen derEU-Mitgliedstaaten seit Januar 2014 Bestandteil deroperationellen Risiken und gehören damit nicht zu den bankbetrieblichen Risiken. DieLegaldefinition des operationellen Risikos in Art. 4 Abs. 1 Nr. 52Kapitaladäquanzverordnung (englische Abkürzung CRR) bezieht die Rechtsrisiken ausdrücklich ein. Art. 194 Nr. 1 CRR verlangt für alleKreditsicherheiten, dass Kreditinstitute dieRechtswirksamkeit und Durchsetzbarkeit in „allen relevanten Rechtsräumen“ überprüfen und zur kontinuierlichen Durchsetzbarkeit diese Prüfung bei Bedarf wiederholen.Rechtsgutachten (englischlegal opinions) sorgen bei Vertragserstellung dafür, dass Rechtsrisiken ausgeschlossen werden, und bestätigen, dass die Verträge zum Zeitpunkt der Überprüfungrechtmäßig (englischlegal),gültig (englischvalid),rechtsverbindlich (englischbinding) unddurchsetzbar (englischenforceable) sind.

Bedeutung

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Ernst & Young zufolge hatte die Branche 2013 einGeschäftsvolumen von 778 Milliarden US-Dollar und ist seit 2009 jährlich um 17 % gewachsen. In verschiedenen muslimischen Ländern wieSaudi-Arabien,Kuwait undBahrain läge derMarktanteil bei 48,9 %, 44,6 % und 27,7 %. 21 islamische Banken weisen eineMarktkapitalisierung von über USD 1 Milliarde auf.[23]

Seit 2006 bieten auch deutsche Banken islamische Finanzierungsinstrumente an, vor allem dieDWS Investments, die Fondsgesellschaft derDeutsche Bank Gruppe. Sie offeriert zahlreiche Fonds und „Sukuks“, die entweder bankeigen gemanagt oder zusammen mit Partnern wie derIthmaar-Gruppe inBahrain gesponsert werden. Der größte schari'a-konforme Fonds, den die Deutsche Bank islamischen Kunden anbietet, war zu Jahresbeginn 2007 der „DWS Noor Islamic Funds“ mit gezeichneten Werten von total 2 Mrd. USD. DieCommerzbank dagegen hat ihren im Jahr 2000 aufgelegten „Alsukoor-Fonds“ Ende 2005 wieder aufgelöst, da er laut Eigendarstellung angeblich zu wenig Interessenten fand und eigentlich nur auf Wunsch einer saudi-arabischen Familie gegründet worden sei. DieUBS, größte Schweizer Bank und führender Vermögensverwalter der Welt, liquidierte Ende 2006 ihre erst Ende 2002 gegründete islamische Tochterbank „Noriba“ inManama. Deren Geschäfte seien aus Kostengründen wieder in die Zentrale bzw. den Regionalbereich Mittlerer Osten inGenf integriert worden. Da zur selben Zeit sowohl UBS als auch Commerzbank dem Drängen derUSA nachgaben und sich aus politischen Gründen von allen Kunden imIran trennten, vermuteten Schweizer Fachjournalisten jedoch politischen Druck derBush-Regierung als wirklichen Grund und beklagten die Abwanderung des Fachpersonals zur Deutschen Bank. Anders als inGroßbritannien gab es in Deutschland bis 2010 keine islamische Bank, sondern „islamische Fenster“ konventioneller Banken. 2010 eröffnete in Mannheim dieKT Bank, zunächst alsZweigstelle und zur Drittstaateneinlagenvermittlung an dasMutterunternehmenKuveyt Türk Katılım Bankası inIstanbul, mehrheitlich im Besitz desKuwait Finance House. Im März 2015 erteilte dieBaFin der KT Bank die Lizenz alsEinlagenkreditinstitut.[24] Somit ist dieKT Bank die erste islamische Bank in Deutschland und der gesamtenEurozone. Am 3. Oktober 2006 hat dieEidgenössische Bankenkommission (EBK) derFaisal Private Bank Switzerland in Genf als erster rein islamischer Privatbank des Landes eineBanklizenz erteilt, welche der Eigentümer 2012 zurückgab, um das Geschäft alsFamily-Office weiterzuführen.

In Europa ist die wirtschaftliche Bedeutung gemäß einer Untersuchung derEuropäischen Zentralbank gering.[25]

Siehe auch

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Literatur

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Weblinks

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Einzelnachweise

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  1. Katrin Geilfuß,Islamic Banking in Deutschland, 2009, S. 6
  2. Sven Gußmann,Islamic Finance - Welche Herausforderungen bestehen für den Finanzplatz Europa?, 2014, S. 1
  3. YCT Expert Team,Commerce Solved Papers, 2021, S. 238
  4. Hans Hattenhauer,Europäische Rechtsgeschichte, 1999, S. 268 f.
  5. Shlomo Dov Goitein,From the Mediterranean to India, in: Speculum (29), April 1954, S. 181 ff.
  6. Amr Mohamed El Tiby Ahmed,Islamic Banking: How to Manage Risk and Improve Profitability, 2011, S. 3
  7. Karl Kaser,Balkan und Naher Osten: Einführung in eine gemeinsame Geschichte, 2011, S. 165
  8. Ursula Hohmeyer,Paradies mit Fehlern: In der Welt zu Hause - 50 Jahre unterwegs, München 2010, S. 15 f
  9. Abdullah Saeed,Islamic Banking and Interest, 1999, S. 13
  10. Aḥmad an-Naǧǧār,Manhaǧ aṣ-ṣahwa al-Islāmīya. Bunūk bilā fawāʾid. Al-Fikr al-ʿArabī, Kairo, 1977, S. 44
  11. Abdullah Saeed,Islamic Banking and Interest, 1999, S. 15
  12. Michael Mahlknecht,Islamic Finance, 2008, S. 69
  13. Mahmood-ur-Rahman Faisal vs. Government of Pakistan, 44 P. L. D., 1992, 1
  14. Michael Mahlknecht,Islamic Finance, 2008, S. 86
  15. Navideh Maleki,Islamische Schiedsgerichtsbarkeit, Band 3, 2016, S. 104
  16. Michael Gassner/Philipp Wackerbeck,Islamic Finance: Islam-gerechte Finanzanlagen und Finanzierungen, 2007, S. 61
  17. Dow Jones IMI
  18. FAZ vom 20. Dezember 2006,Schariakonforme Variante des S&P 500, S. 21
  19. Uni press,Ausgaben 132-139, 2007, S. 21
  20. Michael Gassner/Philipp Wackerbeck,Islamic Finance: Islam-gerechte Finanzanlagen und Finanzierungen, 2007, S. 84 ff.
  21. Said Wais Ashrafnia,Scharia-konforme Finanzinstrumente, 2016, S. 82
  22. James J. Lynch,Banken und Moral: Die vierte Dimension im Finanzmanagement, 1996, S. 112
  23. Ernst & Young,World Islamic Banking Competitiveness Report 2014–15, 2015
  24. SPIEGEL ONLINE vom 22. März 2015,Scharia-Bank erhält Lizenz in Deutschland
  25. Europäische Zentralbank,Islamic Finance in Europe, in: Occasional Paper Series, 146, Juni 2013, S. 9
Normdaten (Sachbegriff):GND:4272560-4 (GND Explorer,lobid,OGND,AKS)
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