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Indischer Nationalkongress

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Indian National Congress
भारतीय राष्ट्रीय काँग्रेस
Indischer Nationalkongress
Partei­vorsitzenderMallikarjun Kharge
Gründung28. Dezember1885
GründungsortBombay,Britisch-Indien
HauptsitzNeu-Delhi
AusrichtungProgressivismus,
Demokratischer Sozialismus,
Sozialdemokratie,
Säkularismus,Sozialliberalismus,Linksnationalismus
Farbe(n) Blau
JugendorganisationIndian Youth Congress
ZeitungCongress Sandesh
SitzeLok Sabha
101 / 543 (18,6 %)
(2024)
SitzeRajya Sabha
29 / 245 (11,8 %)
(2024)
Sitze Landesparlamente
676 / 4036 (16,7 %)
(2024)
Sitze Landesräte
59 / 426 (13,8 %)
(2024)
Hauptminister
5 / 31 (16,1 %)
(2024)
Mitglieder­zahl ~20 Millionen[1]
Internationale VerbindungenSozialistische Internationale
Progressive Allianz
Parteiflagge
Websiteinc.in

DerIndische Nationalkongress (INC,englischIndian National Congress,Hindiभारतीय राष्ट्रीय काँग्रेसBhāratīya Rāṣtrīya Kā̃gres), auchKongresspartei oderKongress genannt, ist eine von derzeit acht „nationalen Parteien“Indiens (Stand 2021, vgl.Liste der politischen Parteien in Indien) und gilt neben derBharatiya Janata Party als eine der beiden großen Parteien des Landes. Sie gilt als sozialliberal und säkular orientiert, während die Bharatiya Janata Party für eine konservative Ausrichtung undHindu-Nationalismus steht.

Die Kongresspartei wurde 1885 gegründet und ist eine der ältesten demokratischen Parteien der Welt. Sie war die führende Bewegung des indischen Unabhängigkeitskampfes. Zahlreiche andere, vor allem regionale Parteien sind aus Abspaltungen entstanden. Lange Zeit war sie die dominierende politische Partei Indiens und aus ihren Reihen kamen die meistenPremierminister undStaatspräsidenten Indiens.[2]

Geschichte

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Delegierte der ersten Versammlung des INC in Bombay 1885

Bis zur Unabhängigkeit Indiens

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Die Kongresspartei ist eine 1885 vonHindus undMuslimen sowie Briten im damaligenBritisch-Indien gemeinsam gegründete indische Partei. Als Ort der Gründung war zunächstPoona vorgesehen. Wegen eines Ausbruchs derPest in Poona wich man jedoch nachBombay aus, wo die eigentliche Gründungsversammlung am 28.–30. Dezember 1885 stattfand.[3] Eine führende Rolle bei der Gründung spielte der schottischeTheosophAllan Octavian Hume. Ziel der neu gegründeten Partei war es, eine stärkereTeilhabe von gebildeten Indern an der politischen Machtausübung in Britisch-Indien zu erreichen.

Nach und nach gewann der Kongress an politischem Gewicht und spielte eine führende Rolle bei der Massenbewegung gegen dieTeilung Bengalens 1905, die von nationalbewussten Indern als ein Versuch der britischen Kolonialherren gesehen wurde, Muslime und Hindus gegeneinander auszuspielen. Auch in derSwadeshi-Bewegung 1905 bis 1911, die der Stärkung des nationalindischen Bewusstseins und der indischen Wirtschaftskraft dienen sollte, war der Kongress aktiv. 1906 wurde die rivalisierendeMuslimliga gegründet, die spezifisch die Interessen der Muslime vertreten wollte. Der Indische Nationalkongress wurde außerdem mit Konflikten zwischen dem moderaten Flügel unter der Führung vonGopal Krishna Gokhale und dem radikalen Flügel unter der Führung vonBal Gangadhar Tilak belastet. Es kam 1907 zur Spaltung der Kongresspartei. Der moderate Flügel berief nun alljährlich eine alternative Versammlung ein, dasAll India Congress Committee, welches fortan zum wichtigsten Entscheidungsgremium des Nationalkongresses wurde. Indischer Nationalkongress und Muslimliga verfassten 1916 gemeinsam im sogenanntenLucknow-Pakt eine Erklärung mit Forderungen nach indischer „Selbstregierung“, wobei zunächst weniger an vollständige Unabhängigkeit, sondern an die Erlangung des Status einesDominions gedacht war. Diese wurde von der britischen Regierung im August 1917 mit einer politischen Absichtserklärung beantwortet, Indien einen allmählichen Übergang zur Selbstregierung zuzugestehen.

Gandhi mit dem Kongress-Präsidenten Bose (1938)

Unter der FührungMohandas Gandhis, der 1914 endgültig nach Indien zurückgekehrt war, kam es in der Zwischenkriegszeit zu gewaltfreiem Widerstand (Satyagraha) gegen die britische Herrschaft. Der Kongress, der zuvor eher ein elitärer Zirkel von westlich gebildeten Intellektuellen gewesen war, wurde zu einer Massenbewegung. Auf den sogenanntenRound-Table-Konferenzen 1930–32 wurde der Kongress erstmal als direkter Verhandlungspartner und Vertreter indischer Interessen durch die britische Kolonialmacht anerkannt. 1934 formierte sich dieCongress Socialist Party als eigene Untergruppierung der Sozialisten innerhalb der Kongresspartei. Die CSP trennte sich im Jahr 1948, nach der Unabhängigkeit alsSozialistische Partei Indiens von der Kongresspartei.

Mit demGovernment of India Act aus dem Jahr 1935 erhielten die Provinzen Britisch-Indiens eine relativ weit gehendeAutonomie. Bei den Wahlen zu den Provinzialvertretungen errang der Kongress in acht von elf Provinzen die Mehrheit und bildete anschließend die Provinzialregierungen. Bei Kriegsausbruch 1939 erklärte derVizekönigLord Linlithgow den Kriegseintritt Britisch-Indiens auf Seiten des Empire, ohne die gewählten indischen Volksvertreter zu konsultieren. Die gewählten Kongresspartei-geführten Provinzialregierungen traten daraufhin unter Protest zurück. Radikalere Vertreter im Indischen Nationalkongresses sahen den Krieg als Möglichkeit, die Unabhängigkeit Indiens im aktiven Kampf zu erlangen. Der frühere Parteipräsident (1938)Subhash Chandra Bose floh, nachdem die Kolonialregierung ihn unter Hausarrest gestellt hatte, ins Ausland, proklamierte eine Gegenregierung des „Freien Indien“ und baute zunächst vonDeutschland und später vonJapan aus eine indische Auslandsarmee auf.Gandhi bemühte sich um die politische Einheit zwischen Hindus und Muslimen. Im Jahr 1942 rief er dieQuit-India-Bewegung aus, in der die britischen Kolonialherren zum Verlassen des Landes aufgefordert wurden. Zum 15. August 1947 erhielt Indien die Unabhängigkeit; die mehrheitlich muslimischen Landesteile wurden unter dem StaatsnamenPakistan als eigener Staat selbständig.Jawaharlal Nehru, der enge Mitstreiter Gandhis aus den Reihen des Kongresses, wurde ersterPremierminister Indiens.

Nach 1947

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Jawaharlal Nehru, Regierungschef der Übergangsregierung 1947–1950 und erster Premierminister Indiens 1950–1964

Nach der Unabhängigkeit Indiens 1947 kam der schon vorher allmählich begonnene Prozess der Umwandlung des Nationalkongresses von einer breiten Massenbewegung in eine politische Partei zum Abschluss. Zur Zeit der britischen Kolonialherrschaft hatte insbesondere Gandhi immer großen Wert darauf gelegt, möglichst viele gesellschaftliche Gruppen unter dem Dach des Kongresses zu vereinen, um den Anspruch zu untermauern, dass der Kongress für die ganze indische Bevölkerung spräche. Nach der Unabhängigkeit fiel die einigende Klammer, die verschiedene heterogene Bewegungen unter dem Dach der Kongress-Organisation zusammengehalten hatte, nämlich der gemeinsame Widerstand gegen die britische Kolonialherrschaft, weg. Nach und nach begannen sich einzelne Gruppierungen aufgrund programmatischer Differenzen von der Kongresspartei abzuspalten. Den Anfang machte die Congress Socialist Party, die sich 1948 alsSozialistische Partei Indiens neu formierte. Zahlreiche kleinere, häufig regionale Gruppierungen folgten in den folgenden Jahren und Jahrzehnten. Die wichtigsten Oppositionsparteien zur Kongresspartei in den ersten Jahrzehnten der indischen Republik waren die Sozialisten und Kommunisten. Von geringerer Bedeutung waren die 1951 gegründete hindunationalistischeBharatiya Jana Sangh und die 1959 entstandene liberalkonservativeSwatantra-Partei. Die Parlamentswahlen in den 1950er und 1960er Jahren wurden von der Kongresspartei mit sehr großen Mehrheiten gewonnen. Der wesentliche Grund hierfür war das geltende relative Mehrheitswahlrecht, das dazu führte, dass schon relative Mehrheiten zum Gewinn eines Wahlkreises ausreichten und sich die zersplitterte Opposition meist nicht auf gemeinsame Kandidaten einigen konnte. Seit 1947 bis zum Jahr 1977 stellte die Kongresspartei daher ununterbrochen allePremierminister, beginnend mit Jawaharlal Nehru, und alleStaatspräsidenten Indiens und dominierte nicht nur die Politik der indischen Bundesregierung, sondern auch die der meisten Bundesstaaten.

Die Kongresspartei unter Indira Gandhi 1966 bis 1984

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Indira Gandhi (1966), Premier­ministerin 1966–1977 und 1980–1984

1966 wurdeIndira Gandhi, die Tochter Nehrus, zur Ministerpräsidentin Indiens gewählt. Sie betrieb eine zunehmend linksgerichtete Politik, die insbesondere im Wirtschaftsbereich zu einer zunehmenden staatlichen Regulierung führte. Sie geriet immer mehr in Konflikt mit den alten Machteliten der Partei (dem sogenannten „Syndikat“), so dass es schließlich, nachdem letztere versucht hatten, Indira Gandhi zu entmachten und aus der Partei auszuschließen, 1969 zu einer Spaltung der Partei in einen größeren, Indira unterstützendenIndian National Congress (Requisition) („Congress (R)“), und einen kleinerenIndian National Congress (Organisation) („Congress (O)“) kam. DieParlamentswahl 1971 wurde eindrucksvoll von Indiras „Congress (R)“ gewonnen, der „Congress (O)“ kam nur auf wenige Mandate. Indira Gandhi blieb weiterhin Premierministerin. Die Indische Wahlkommission erkannte danach Indiras Congress (R) als legitimen Nachfolger der Kongresspartei an und das Suffix „R“ wurde weggelassen.

Die Kongresspartei unter der Führung Indira Gandhis war eine wesentlich zentralistischer und autoritärer geführte Partei als die alte Partei Nehrus. Entscheidungen wurden häufig von der Premierministerin alleine getroffen und es entwickelte sich ein ausgeprägter Personenkult um die Person Indira Gandhis. Aufgrund der Zweidrittelmehrheit, die ihr Kongress 1971 im Parlament erlangt hatte, war sie in der Lage die indische Verfassung ändern zu lassen, was auch mehrfach erfolgte. Dies wurde von ihren Gegnern als Angriff auf die indische Demokratie gesehen. Während ihrer Regierungszeit kam es zunehmend zu außerparlamentarischen Massenbewegungen der Opposition, die in der Wahrnehmung Indira Gandhis die öffentliche Ordnung gefährdeten. 1975 ließ sie daher denAusnahmezustand erklären und regierte 21 Monate lang per Dekret. Nach Suspendierung des Ausnahmezustandes wurden 1977Parlamentswahlen abgehalten, die mit einer schweren Niederlage von Indiras Kongresspartei endeten. Die aus verschiedenen Oppositionsgruppen hervorgegangeneJanata Party errang einen klaren Sieg und bildete anschließend die Regierung – die erste Regierung seit der Unabhängigkeit Indiens, die nicht von der Kongresspartei getragen wurde.

Nach der Wahlniederlage gewannen die innerparteilichen Gegner Indira Gandhis Oberwasser und betrieben ihren Parteiausschluss. Daraufhin kam es 1978 erneut zur Spaltung der Partei in einen Indira-Flügel, denIndian National Congress (Indira) („Congress (I)“) und einen Flügel unterD. Devaraj Urs, demIndian National Congress (Urs) („Congress (U)“). Es wiederholten sich in gewisser Weise die Ereignisse und Indira Gandhis „Congress (I)“ gewann dieParlamentswahl 1980 triumphal, so dass sie anschließend wieder Premierministerin wurde und der Congress (I) 1981 durch die Indische Wahlkommission als die legitime Kongresspartei anerkannt und das Suffix „I“ wieder entfernt wurde.[4]

1984 wurde Indira Gandhi durch zweiSikh-Attentäter ermordet. StaatspräsidentGiani Zail Singh ernannte daraufhin den Sohn Indiras,Rajiv Gandhi, der bisher noch über wenig politische Erfahrung verfügte, zu ihrem Nachfolger im Amt des Premierministers.

Die Kongresspartei unter Rajiv Gandhi 1984 bis 1991

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Rajiv Gandhi (1989), Premierminister 1984 bis 1989

Rajiv Gandhi trat sein Amt als Premierminister im November 1984 in einer unruhigen Zeit an. Er ließ zunächstParlamentswahlen abhalten, die er mit einer breiten Mehrheit gewann. Anfänglich schlug ihm viel Sympathie entgegen, da er als relativ junger Mann nicht den Typus des Berufspolitikers verkörperte. Auf dieser Sympathiewelle schwimmend erzielte er anfänglich auch einige bemerkenswerte Erfolge (Beruhigung der Lage in den unruhigen Bundesstaaten Assam und Punjab). Diese anfänglichen Erfolge verspielte er jedoch durch eine unstete und inkonsequente Politik, bei der er z. B. die getroffenen Vereinbarungen nicht umsetzte. Schweren Schaden erlitt sein Ansehen durch denBofors-Skandal 1987, bei dem er und seine Umgebung unter Korruptionsverdacht gerieten. Seine Kritiker verließen die Kongresspartei und schlossen sich mit anderen Oppositionellen zu einer neuen Partei, derJanata Dal zusammen, die 1989 dieParlamentswahl gewann. Bei dieser Wahl gewann erstmals auch die hindu-nationalistischeBharatiya Janata Party (BJP) an größerem Gewicht. Rajiv Gandhi ging mit seiner Kongresspartei in die Opposition. Die Janata Dal-Regierung hielt nicht lange durch, so dass 1991 Neuwahlen erfolgen mussten. Während des Wahlkampfes in Süd-Indien erlitt Rajiv Gandhi 1991 dasselbe Schicksal wie seine Mutter. Er fiel einem Attentat zum Opfer. Die Attentäterin war eine tamilische Extremistin.

Die Jahre zwischen 1991 und 2004

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P. V. Narasimha Rao, Premierminister 1991–1996

Die Kongresspartei musste in aller Eile mitten im Wahlkampf 1991 einen neuen Spitzenkandidaten benennen. Die Wahl fiel aufP. V. Narasimha Rao, der nicht derNehru-Gandhi-Familie angehörte. Nach derWahl konnte die Kongresspartei mit Rao als Premierminister eine Minderheitsregierung bilden. Die Regierung Rao führte in Abkehr von der bisherigen Politik der Kongresspartei wichtige Wirtschaftsreformen durch (Deregulierung, Öffnung des indischen Marktes), die zu einer Steigerung des Wirtschaftswachstums führten. Jedoch wurde auch die Regierung Rao gegen Ende von Korruptionsvorwürfen erreicht. Außerdem warf man ihm vor, dass er nicht entschieden genug gegen die Gewalttätigkeiten zwischen Hindus und Muslimen vorgegangen war. Bei derParlamentswahl 1996 erlitt die Kongresspartei derartige Verluste, dass sie keine Regierung mehr bilden konnte. In den Jahren 1996 bis 1998 amtierten daher Minderheitsregierungen der Janata Dal, die durch die Kongresspartei toleriert wurden.

Die Jahre 1994 bis 1998 waren zugleich der Tiefpunkt in der Führungskrise der Kongresspartei. Es schien keine überzeugende Persönlichkeit als Kandidat für das Ministerpräsidentenamt in Sicht und der fast 80-jährige ParteipräsidentSitaram Kesri konnte die Partei kaum zusammenhalten. Nach und nach machten sich Teile einzelner Landesverbände als eigene Parteien selbständig (1994All India Indira Congress (Tiwari), 1996Arunachal Congress inArunachal Pradesh, 1997Trinamool Congress inWestbengalen, 1997Tamil Maanila Congress inTamil Nadu, 1997Himachal Vikas Congress inHimachal Pradesh, 1999Nationalist Congress Party inMaharashtra u. a.). Außerdem stand die Kongresspartei unter dem Druck der scheinbar unaufhaltsam im Aufstieg befindlichen hindunationalistischenBJP. Nach der erneut für die Kongresspartei verlorengegangenenParlamentswahl 1998 ließ sichSonia Gandhi, die Witwe von Rajiv Gandhi, eine gebürtige Italienerin und Katholikin, von den Führern der Kongresspartei überreden, die Führung der Partei zu übernehmen, nachdem sie dies in den Vorjahren mehrfach abgelehnt hatte. Sie richtete einen Appell an alle Dissidenten, wieder in die Kongresspartei zurückzukehren, dem auch viele (allerdings nicht alle) folgten. Bei derParlamentswahl 1999 konnte der Stimmenanteil der Kongresspartei wieder gesteigert werden, es reichte jedoch nicht, um aus der Opposition an die Regierung zurückzukehren.

Entwicklung seit 2004

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Manmohan Singh (2006), Premierminister 2004 bis 2014

Im Vorfeld derParlamentswahl 2004 gelang es der Kongresspartei unter Sonia Gandhi, ein Vielparteienbündnis zusammenzuschmieden, das sich formal nach der Wahl alsUnited Progressive Alliance (UPA) einen festen institutionellen Rahmen gab. Die Kongresspartei gewann zusammen mit ihren Verbündeten entgegen den Voraussagen der Wahlbeobachter die Wahl. Zur Überraschung vieler verzichtete Sonia Gandhi, die aufgrund ihrer ausländischen Herkunft vielen Anfeindungen von Seiten der Hindu-Nationalisten ausgesetzt gewesen war, auf das Amt des Ministerpräsidenten und der WirtschaftsfachmannManmohan Singh wurde Premierminister. Bei derParlamentswahl 2009 konnte die Kongresspartei ihren Stimmen- und Mandatsanteil noch weiter ausbauen, so dass Singh insgesamt 10 Jahre amtierte. Seine Regierungszeit war von einem anhaltend hohen Wirtschaftswachstum gekennzeichnet. Erst gegen Ende der zweitenLegislaturperiode sank die Wachstumsrate deutlich ab, was zum Teil auf Versäumnisse der Regierung (mangelnder Ausbau der Infrastruktur, Versäumnisse beim Bildungswesen, ineffiziente Verwaltung) zurückgeführt wurde. In dieser Zeit entzogen auch mehrere Koalitionspartner der Regierung ihre Unterstützung. Das Ansehen der Kongresspartei wurde durch eine Serie von Korruptionsskandalen erschüttert.[5] Die Kongresspartei-Regierung mit dem 80-jährigen Singh an der Spitze wirkte zunehmend altmodisch und ineffizient, während sich der Spitzenkandidat der Opposition,Narendra Modi (BJP), als dynamischer Modernisierer inszenierte. Singh verzichtete schon aus Altersgründen auf eine erneute Kandidatur und die Kongresspartei wollte sich nicht direkt auf einen Spitzenkandidaten festlegen.Rahul Gandhi, der Sohn Sonia Gandhis, war das einzige hierfür noch in Frage kommende Mitglied der Nehru-Gandhi-Familie. Dieser legte sich nur wenig ins Zeug und ließ nach Meinung vieler Beobachter auch die Führungsqualitäten für eine solche Spitzenposition nicht erkennen. DieParlamentswahl 2014 endete für die Kongresspartei mit einer desaströsen Niederlage. Sie erzielte das mit Abstand schlechteste Ergebnis ihrer gesamten Parteigeschichte.Auch bei den Wahlen zu den Parlamenten in verschiedenen Bundesstaaten nach der gesamtindischen Wahl konnte die Kongresspartei ihre Position seither nicht wesentlich verbessern. Fast alle Parteien, die noch in der von der Kongresspartei geführtenUnited Progressive Alliance verblieben waren, verließen diese im Laufe des Jahres 2014.

Seit Dezember 2017 war Rahul Gandhi als Nachfolger seiner Mutter Präsident der Kongresspartei. Am 10. August 2019 übernahm Sonia Gandhi erneut die Parteiführung, nachdem Rahul Gandhi infolge des schlechten Abschneidens der Partei bei derParlamentswahl 2019 zurückgetreten war.[6] Am 19. Oktober 2022 wurde der ehemalige MinisterMallikarjun Kharge zum neuen Präsidenten der Kongresspartei gewählt.[7]

Programmatik und Kritik

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Traditionell galt die Kongresspartei als die große integrative Kraft in der indischen Parteienlandschaft. Sie berief sich auf die Prinzipien Mahatma Gandhis. Ihre herausragende Rolle während der indischen Unabhängigkeitsbewegung und die respektable Tradition als älteste indische Partei verlieh ihr bei den Massen große Autorität. Sie betonte von Anfang an densäkularen, religionsneutralen Charakter des indischen Staates – ganz im Gegensatz zum benachbartenPakistan, das sich als „Islamischer Staat“ definierte, und auch im Gegensatz zu den Hindu-Nationalisten, die eine Fundierung des indischen Staates auf der hinduistischen Mehrheitskultur forderten. Außerdem erklärte sie sich zum Anwalt der Unterprivilegierten und der Minderheiten in der indischen Gesellschaft. Lange Zeit wurde daher die Kongresspartei deswegen bei Wahlen von der großen Mehrheit derMuslime und der niederen Kasten gewählt.Sozialpolitisch definierte sich die Kongresspartei als „sozialistische“ Partei und sprach sich anfänglich für eine sehr weitgehend staatlich gelenkte und vom Weltmarkt abgeschottete Wirtschaft aus. Anfänglich galt dieSowjetunion in vieler Hinsicht als Vorbild für die Industrialisierung eines rückständigen Agrarlandes. Erst Anfang der 1990er Jahre kamen von der Kongresspartei geführte Regierungen von diesen Ideen desStaatsmonopolismus und -dirigismus ab und liberalisierten die Wirtschaft. In den 1990er-Jahren kehrten auch viele Muslime und Angehörige niederer Kasten der Kongresspartei den Rücken und begannen, andere Parteien zu wählen. Zudem verlor die Kongresspartei viele Wähler an die wesentlich straffer organisierte und disziplinierteBharatiya Janata Party.

Von vielen Beobachtern wird die Fixierung der Kongresspartei auf die Angehörigen derNehru-Gandhi-Familie als ein wesentlicher Hemmschuh bei der Erneuerung der Partei gesehen.[8][9] Jawaharlal Nehru und seine Tochter Indira Gandhi waren herausragende Führungspersönlichkeiten, die bei aller Kritik am zum Teil selbstherrlichen Regierungsstil die Entwicklung der indischen Gesellschaft vorangebracht hatten. Rajiv Gandhi, der Sohn Indiras, verdankte sein Premierministeramt dagegen praktisch ausschließlich seinem Familiennamen, er war vor dem überraschenden Tod seiner Mutter kaum politisch in Erscheinung getreten und hatte wenig politische Erfahrung. Noch extremer war die Situation bei Sonia Gandhi, die von Geburt her überhaupt nicht aus Indien stammte und nur durch Heirat den klangvollen Namen „Gandhi“ erlangt hatte.Die Fixierung auf die Nehru-Gandhi-Familie führte dazu, dass die innerparteiliche Demokratie in der Kongresspartei nur eingeschränkt funktionierte und sich keine breite Führungselite herausbilden konnte. Zurzeit sind wenig überzeugende Persönlichkeiten in Sicht, die Partei in naher Zukunft erneut zur Regierungsmacht führen könnten. Manche politische Analysten gingen angesichts der schweren Wahlniederlagen 2014–2016 so weit, den Kongress, die älteste politische Partei Indiens, für komplett überholt zu erklären. In der modernen konfrontativen Politik habe eine Partei, die im Konsens alle Bevölkerungsschichten integrieren wolle, keine Existenzgrundlage mehr.[10] Nach einer Serie von Wahlniederlagen hellten sich die Perspektiven für die Partei Ende 2018 wieder deutlich auf, nachdem sie die Wahlen zu den Bundesstaatsparlamenten von drei wichtigen Bundesstaaten (Madhya Pradesh,Rajasthan,Chhattisgarh) gewann.[11]

Nachdem die Kongresspartei bei dergesamtindischen Wahl 2019 eine erneute schwere Wahlniederlage hatte hinnehmen müssen, mehrten sich die Stimmen, die die Abwahl Rahul Gandhis als Parteipräsident forderten. Die Partei stehe vor der Wahl, entweder ihre Führung auszuwechseln, oder ihr Absinken in die völlige Bedeutungslosigkeit zu riskieren.[12]

Wahlsymbole

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Da immer noch ein erheblicher Teil der indischen Wähler Analphabeten sind (bei der Unabhängigkeit Indiens waren es über 80 % der Bevölkerung), haben alle politischen Parteien durch die Indische Wahlkommission Symbole zugeteilt bekommen, die auch auf den Stimmzetteln abgebildet waren bzw. auf den Tafeln der elektronischenWahlgeräte abgebildet sind. Parteien, die wie die Kongresspartei als „nationale Parteien“ anerkannt sind, dürfen landesweit ein und dasselbe Symbol benutzen.

  • Zwei Ochsen unter einem Joch – das Wahlsymbol der Kongresspartei zwischen 1951 und 1969
    Zwei Ochsen unter einem Joch – das Wahlsymbol der Kongresspartei zwischen 1951 und 1969
  • Eine Kuh mit Kalb – das Parteisymbol von Indira Gandhis Congress (R) bzw. Kongresspartei zwischen 1969 und 1978
    Eine Kuh mit Kalb – das Parteisymbol von Indira Gandhis Congress (R) bzw. Kongresspartei zwischen 1969 und 1978
  • Die rechte Hand – Wahlsymbol des Congress (I) bzw. der Kongresspartei seit 1978 bis heute
    Die rechte Hand – Wahlsymbol des Congress (I) bzw. der Kongresspartei seit 1978 bis heute

Wahlergebnisse

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Glossar: Abspaltungen der Kongresspartei
KürzelHintergrund
Congress (R)„Congress (Requisition)“; nach der Spaltung der Kongresspartei 1969 entstandener größerer Flügel der Kongresspartei unter Führung von Indira Gandhi, 1972 Entfernung des Suffixes „R“
Congress (O)„Congress (Organisation)“; nach der Spaltung der Kongresspartei 1969 entstandener kleinerer Flügel der Kongresspartei unter Führung der alten Machtelite, ging 1977 in derJanata Party auf
Congress (I)„Congress (Indira)“; nach der Spaltung der Kongresspartei 1978 entstandener Flügel unter Indira Gandhi, 1982 Entfernung des Zusatzes „Indira“, bzw. „I“
Congress (U)„Congress (Urs)“; nach der Spaltung der Kongresspartei 1978 entstandener Flügel unterD. Devaraj Urs, 1981 inCongress (S) umbenannt
Congress (S)„Congress (Socialist)“; aus dem Congress (U) durch Umbenennung 1981 hervorgegangen, 1986 größtenteils wieder mit der Kongresspartei vereinigt
Congress (T)„Congress (Tiwari)“, 1994 entstandene Abspaltung unter dem ehemaligen Chief Minister von Uttar PradeshNarayan Dutt Tiwari, vereinigte sich 1998 wieder mit der Kongresspartei

Die folgende Tabelle zeigt die Wahlergebnisse (gewonnene Mandate) bei den gesamtindischen Parlamentswahlen.[13] Im Verlauf ihrer Geschichte war die Kongresspartei mehreren Spaltungen unterworfen. Für die Wahl 1971 und 1980 sind hier die Ergebnisse von Indira Gandhis Kongresspartei (Congress (R) bzw. Congress (I)) aufgeführt.

JahrWahlStimmen-
anteil
Parlaments-
sitze
1951IndienWahl zur Lok Sabha 1951–195244,99 %
1957IndienWahl zur Lok Sabha 195747,78 %
1962IndienWahl zur Lok Sabha 196244,72 %
1967IndienWahl zur Lok Sabha 196740,78 %
1971IndienWahl zur Lok Sabha 197143,68 %
1977IndienWahl zur Lok Sabha 197734,52 %
1980IndienWahl zur Lok Sabha 198042,69 %
1984IndienWahl zur Lok Sabha 198449,10 %
1989IndienWahl zur Lok Sabha 198939,53 %
1991IndienWahl zur Lok Sabha 199136,26 %
1996IndienWahl zur Lok Sabha 199628,80 %
1998IndienWahl zur Lok Sabha 199825,82 %
1999IndienWahl zur Lok Sabha 199928,30 %
2004IndienWahl zur Lok Sabha 200426,53 %
2009IndienWahl zur Lok Sabha 200928,55 %
2014IndienWahl zur Lok Sabha 201419,30 %
2019IndienWahl zur Lok Sabha 201919,70 %
2024IndienWahl zur Lok Sabha 202420,14 %

Siehe auch

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Weblinks

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Commons: Indischer Nationalkongress – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Indian National Congress. Encyclopaedia Britannica, abgerufen am 11. Juli 2015 (englisch). 
  2. Praveen Rai, Sanjay Kumar:The Decline of the Congress Party in Indian Politics. In:Economic & Political Weekly.Band 52,Nr. 12, 25. März 2017,ISSN 2349-8846 (englisch). 
  3. John Stewart Bowman:Columbia Chronologies of Asian History and Culture. Hrsg.: John Stewart Bowman. Columbia University Press, 2000,ISBN 0-231-11004-9,S. 300 (englisch,eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 10. Januar 2017]). 
  4. R.F.A. No. 2011 OF 2005. (PDF) Karnataka High Court in Bangalore, 11. Oktober 2013, S. 11–13, abgerufen am 18. April 2016 (englisch, Gerichtsurteil mit kurzer Rekapitulation der Geschichte). 
  5. India's corruption scandals. BBC News, 18. April 2012, abgerufen am 16. Oktober 2015 (englisch). 
  6. CWC meeting: Rahul's resignation accepted, Sonia Gandhi becomes Congress interim president. 10. August 2019, abgerufen am 12. November 2019 (englisch). 
  7. Gandhi-Dynastie erstmals seit 24 Jahren nicht an Spitze von Indiens Kongresspartei. Abgerufen am 19. Oktober 2022. 
  8. Klaus Julian Voll: The Congress party: Social democracy or family business? Heinrich-Böll-Stiftung, 31. März 2014, abgerufen am 18. Mai 2015 (englisch). 
  9. Sitaraman Shankar: The need for reform in Indian National Congress party. al Jazeera, 16. August 2016, abgerufen am 28. April 2017 (englisch). 
  10. Keshava Guha: The party's over: Why India doesn't need the Congress anymore. scroll.in, 27. Mai 2016, abgerufen am 28. April 2017 (englisch). 
  11. Milan Vaishnav: India’s Congress Party Rises from the Dead. foreignpolicy.com, 14. Dezember 2018, abgerufen am 8. März 2019 (englisch). 
  12. View: Rahul Gandhi can’t be fixed, Congress needs to accept this. The Economic Times, 1. Juni 2019, abgerufen am 1. Juni 2019 (englisch). 
  13. Election Results – Full Statistical Reports. Indian Election Commission (Indische Wahlkommission), abgerufen am 12. Oktober 2014 (englisch, Wahlergebnisse sämtlicher indischer Wahlen zur Lok Sabha und zu den Parlamenten der Bundesstaaten seit der Unabhängigkeit). 
IndienPolitische Parteien in Indien
Parteien in der
Lok Sabha
(Wahl 2024)

Nationalparteien:Bharatiya Janata Party |Indischer Nationalkongress |Communist Party of India (Marxist) |Aam Aadmi Party |Communist Party of India |Communist Party of India (Marxist-Leninist) Liberation

Regionalparteien:Samajwadi Party |All India Trinamool Congress |Dravida Munnetra Kazhagam |Telugu Desam Party |Janata Dal (United) |Shiv Sena (Uddhav Balasaheb Thackeray) |Nationalist Congress Party (Sharadchandra Pawar) |Shiv Sena |Lok Janshakti Party (Ram Vilas) |Rashtriya Janata Dal |YSR Congress Party |Jharkhand Mukti Morcha |Indian Union Muslim League |Janata Dal (Secular) |Jana Sena Party |Rashtriya Lok Dal |Jammu & Kashmir National Conference |Viduthalai Chiruthaigal Katchi |AJSU Party |Nationalist Congress Party |United People's Party, Liberal |Sikkim Krantikari Morcha |Apna Dal (Sonelal) |Asom Gana Parishad |Hindustani Awam Morcha |Bharat Adivasi Party |Kerala Congress |Marumalarchi Dravida Munnetra Kazhagam |Rashtriya Loktantrik Party |Revolutionary Socialist Party |Shiromani Akali Dal |All India Majlis-e-Ittehadul Muslimeen |Zoram People’s Movement |Azad Samaj Party (Kanshi Ram) |Voice of the People Party (Meghalaya)

Normdaten (Körperschaft):GND:63359-8 (GND Explorer,lobid,OGND,AKS)
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