Hermann Julius Grüneberg (*11. April1827 inStettin; †7. Juni1894 inKöln) war ein deutscher Apotheker, Chemiker und Unternehmer, der als Pionier der deutschenKaliindustrie und Wegbereiter der mineralischenDüngung in der Landwirtschaft gilt.
Grüneberg war das zweite von sechs Kindern des OrgelbaumeistersAugust Wilhelm Grüneberg und dessen Frau Caroline Henriette geb. Breslich ausCammin; einer seiner Brüder warBarnim Grüneberg, der die väterliche Orgelbauwerkstatt fortführte.
Hermann Grüneberg besuchte dieElementarschule an der Johanniskirche und später das Gymnasium und die Friedrich-Wilhelm-Schule in Stettin. Sein Berufsleben begann mit der Ausbildung zumApotheker und der Lehre in der ApothekeZum Pelikan in Stettin. In dieser Apotheke – einer der größten des Landes – arbeitete Grüneberg längere Zeit im Laboratorium unter der Leitung des Chemikers G. Garbe.
Nach geleistetemMilitärdienst erhielt Grüneberg im September 1850 das königlich preußischePatent auf eine Vorrichtung zur Zuleitung und Vertheilung der zur Bleiweißherstellung erforderlichen Substanzen. Der Aufbau einer Fabrik zur Herstellung vonBleiweiß nach seinem Verfahren inSchweden wurde erfolgreich, so dass er ein ähnliches Werk inAlt-Damm bei Stettin errichtete.
Nach dem Studium inBerlin beiEilhard Mitscherlich undGustav Rose, sowie inParis beiBoussingault undGeorges Ville folgten Studienreisen durchDeutschland, in dieSchweiz, durchFrankreich,England undSchottland, wobei er Erfahrungen in circa 130 Betrieben sammelte und notierte. 1860 wurde Grüneberg in Leipzig über die Theorie der Bleiweißproduktionpromoviert. Durch seine Forschungen und Experimente erzielte er wesentliche Verbesserungen in Qualität und Eigenschaften von Bleiweiß.
Der durch denKrimkrieg ausgelöste Mangel anSalpeter zur Herstellung vonSchwarzpulver veranlasste Grüneberg, erstmals künstlichenKalisalpeter durch Zersetzen vonNatronsalpeter mitPottasche in einer von ihm erbauten großen Anlage in Bredow bei Stettin zu produzieren. Durch seine Erfindung wurde ein Fabrikationszweig in Deutschland eingeführt, der den ausländischenBengalsalpeter fast gänzlich ersetzte.
Der Chemiker Hermann Grüneberg und der KaufmannJulius Vorster gründeten am 1. November 1858 die FirmaVorster & Grüneberg inKalk beiKöln, die sich später alsChemische Fabrik Kalk GmbH zu einem der führenden Großunternehmen der chemischen Industrie Deutschlands entwickelte. Im Februar 1859 begann in Kalk die Produktion von Kalisalpeter nach dem Grünebergschen Verfahren.
Im Mai 1859 begann Grüneberg mit Versuchen zurDarstellung des schwefelsauren Kali aus den Staßfurter resp. Anhaltinischen Abraumsalzen (siehe auch:Salzgewinnung am Staßfurter Sattel).[1] 1861 und 1862 wurden von Vorster & Grüneberg Kalifabriken inStaßfurt undLeopoldshall in Betrieb genommen. Am 30. August 1862 wurde das königlich preußische Patent Nr. IV 8062 erteilt. 1865 wurde erstmals Pottasche nach dem sonst nur zurSodaerzeugung angewandtenLeblanc-Verfahren produziert. Auf denWeltausstellungen in Paris undPhiladelphia wurden die Grünebergschen Produkte für ihre besondere Qualität und Reinheit mit Goldmedaillen ausgezeichnet. Auf Ausstellungen inWien, Harlem,Porto,Chemnitz,Metz, Köln und Stettin erhielt die Firma Silber- und Bronzemedaillen, sowie inLondon eineHonorable Mention.
In den folgenden Jahren erhielt Grüneberg kaiserliche Patente zur Darstellung vonStrontiumcarbonat (1878), vonSchönit (1879) und zur Extraktion von Schönit ausKainit (1882).
Ausgehend von den ErkenntnissenJustus von Liebigs war Hermann Grüneberg maßgeblich an der Einführung der mineralischen Düngung in der Landwirtschaft durch Versuche, Vorträge und Veröffentlichungen beteiligt. Gemeinsam mit den französischen Chemikern Boussingault und Ville führte er erstmals Gefäßversuche für die Düngung ein. Die von ihm herausgegebene Düngetafel wurde für Jahrzehnte ein unentbehrliches Hilfsmittel für die Landwirtschaft.
Grüneberg konstruierte denGrünebergschen Apparat zur kontinuierlichenDestillation vonAmmoniak aus bis dahin ungenutzten Quellen – dem bei der Herstellung vonLeuchtgas in den Großstädten anfallendenGaswasser. Der Apparat wurde am 10. Mai 1878 vom Kaiserlichen Patentamt unter der Nr. 5255 patentiert und in circa 100 Anlagen weltweit betrieben.[2] Es folgten Patente fürÖsterreich,Ungarn,Italien,Frankreich,Großbritannien und dieUSA. Vorster & Grüneberg bauten Ammoniakfabriken inRaderberg,Köln-Nippes,Düsseldorf,Dortmund undEssen. Die größten Anlagen wurden inLeipzig,Hamburg,Moskau undSankt Petersburg betrieben.
Hermann Grüneberg war Mitglied desVereins Deutscher Ingenieure (VDI) und Gründungsvorsitzender sowie späteres Ehrenmitglied des Kölner Bezirksvereins des VDI.[3] Gemeinsam mit dem Kölner UnternehmerEugen Langen gründete er denWestdeutschen Verein für Erfindungsschutz, den späteren Deutschen Patentschutzverein. Er war später Mitbegründer und zweiter Vorsitzender desDeutschen Chemieverbandes. Er war Vorsitzender derBerufsgenossenschaft Sektion IV (Rheinland undWestfalen) und Vertreter der chemischen Industrie im rheinischen Eisenbahnrat.
Ein Jahr nach seiner Ernennung zumKommerzienrat verstarb Grüneberg und wurde auf dem von dem Berliner ArchitektenOtto March und dem BildhauerRobert Toberentz gestalteten Familiengrab in der Mittelallee des KölnerMelaten-Friedhofs beigesetzt.[4] An ihn erinnern die Grüneberg-Schule und die Grünebergstraße in Köln-Kalk sowie eine Marmorbüste vonHugo Lederer im Kölnischen Stadtmuseum.
Personendaten | |
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NAME | Grüneberg, Hermann |
ALTERNATIVNAMEN | Grüneberg, Hermann Julius (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Chemiker und Unternehmer |
GEBURTSDATUM | 11. April 1827 |
GEBURTSORT | Stettin |
STERBEDATUM | 7. Juni 1894 |
STERBEORT | Köln |