Hans Stark (*14. Juni1921 inDarmstadt; †29. März1991 ebenda) war ein deutscherSS-Untersturmführer und Leiter der Aufnahmeabteilung imKZ Auschwitz-Birkenau.
Von 1927 bis 1931 besuchte er die Volksschule in Darmstadt und anschließend von 1931 bis März 1937 das Realgymnasium in Darmstadt. Die Schulleistungen im Gymnasium waren zunächst durchschnittlich, in den letzten Jahren vor dem Schulabgang ließen sie jedoch nach. Deswegen kam es häufig zu Auseinandersetzungen mit dem Vater, einem Polizeiinspektor, der als sog.Zwölfender nach zwölf Jahren Dienstzeit mit einem Versorgungsschein aus derReichswehr ausschied. Dieser soll damals die Auffassung vertreten haben, dass sein Sohn in ordentliche Zucht gehöre, wofür er denReichsarbeitsdienst und denMilitärdienst als geeignete Erziehungseinrichtungen ansah. Das Einstellungsalter für den Arbeits- und Wehrdienst betrug jedoch 17 Jahre – dagegen war ein Eintritt in dieSS-Totenkopfverbände mit 16 Jahren möglich. So gab der Vater seine schriftliche Einwilligung für den Eintritt in dieSS.
Stark trat am 1. Dezember 1937 als Staffelmann in die 2.SS-Totenkopfstandarte „Brandenburg“ inOranienburg beiBerlin ein. Im zweiten Monat der Ausbildung, also im Januar 1938, hatte er im Alter von nur sechzehneinhalb Jahren die Aufgabe, als Außenwache Häftlinge imKZ Sachsenhausen zu bewachen. Nach Ablauf der sechs Monate wurde er Ende Juni 1938 nach einem kurzen Urlaub zumKZ Buchenwald versetzt. Dort hatte er einen ReiterzugPferde zu betreuen und wurde später auch im Wachdienst eingesetzt. Nach einem Jahr Dienstzeit wurde er am 1. Januar 1938 zum SS-Sturmmann und am 1. August 1939 zum SS-Rottenführer befördert. Bei Ausbruch desZweiten Weltkrieges war er weiterhin Rottenführer. Er wurde als Rekrutenausbilder vom September bis Dezember 1939 in Buchenwald eingesetzt. Dann wurde das Rekrutenregiment zumKZ Dachau verlegt. Hier blieb er bis 1940. Anschließend kam er zum Wach- und Ehrenbataillon nachPrag. Am 1. Juni 1940 wurde er zumUnterscharführer befördert. Im August 1940 wurde er als Gruppenführer zum SS-Regiment „Westland“ nachMünchen versetzt. Hier zog er sich durch einen Sturz vom Pferd einen doppelten Unterschenkelbruch zu. Er lag 6 Wochen im Lazarett und wurde dann – bei weiterer Behandlungsbedürftigkeit – „garnisonsverwendungsfähig“ geschrieben und entlassen. Er kam deshalb für den Einsatz bei einem aktiven Frontregiment nicht in Frage und wurde zum Wachbataillon Dachau zurückversetzt. Hier war er von November bis Dezember 1940 als Außenwache eingesetzt.
Am 15. Dezember 1940 kamen er und etwa 20 bis 40 Unterführer nachAuschwitz. Zunächst war er dort alsBlockführer in Block 7 (dem späteren Block 22) angestellt und anschließend in derpolitischen Abteilung der Lager-Gestapo imKZ Auschwitz-Birkenau bis 1943. In dem von ihm kontrollierten Block waren vornehmlich polnische Schüler und Studenten im Alter bis zu 25 Jahren inhaftiert. Im Mai 1941 kam er in die Politische Abteilung, wo ihm bald die Leitung der Aufnahmeabteilung übertragen wurde. Dort soll über seinem Schreibtisch der Spruch „Mitleid ist Schwäche“ gehangen haben. Hans Stark war einer der brutalsten SS-Leute in Auschwitz. Alle Juden, die auch ‚Stark‘ hießen, soll er sofort getötet haben. Neugeborene soll er in einem Kübel mit kaltem Wasser ertränkt und andere Häftlinge (unbewiesenermaßen) lebendig in ein Feuer geworfen haben. Stark hat bewiesenermaßen regelmäßig an Erschießungen teilgenommen und an den erstenVergasungen mitgewirkt.
Da Stark seine Schulausbildung beenden wollte, ließ er sich von Weihnachten 1941 bis März 1942 beurlauben. Er legte am 13. März 1942 als Externer am Liebig Obergymnasium in Darmstadt, heute Justus-Liebig-Schule, seine Abiturprüfung ab, sein Aufsatzthema lauteteDie Befreiung Deutschlands von den Ketten desVersailler Vertrages durchAdolf Hitler. Anschließend nahm er seine Tätigkeit in Auschwitz wieder auf. Er wurde am 1. September 1942 zum Oberscharführer befördert. Im Sommer 1942 beantragte er einen Studienurlaub, der ihm vom 1. Dezember 1942 bis zum 31. März 1943 gewährt wurde. Er wurde am 8. Dezember 1942 an derJohann Wolfgang Goethe-Universität inFrankfurt am Main immatrikuliert und studierte ein Semester Rechtswissenschaften.
Während seines Studiums richtete er, so seine eigene Angabe, ein Versetzungsgesuch an den SS-ObergruppenführerAugust Heißmeyer. Nach Beendigung des Studienurlaubs meldete er sich am 1. April 1943 beim Leiter der Politischen Abteilung, SS-UntersturmführerMaximilian Grabner, wieder zurück. Ihm wurde von Grabner mitgeteilt, dass er mit Wirkung vom 1. April 1943 zu einem Ausbildungslehrgang nach Dachau kommandiert sei. 4 Tage später begann er seinen Dienst in Dachau. Der Lehrgang einer „Führerausbildung“ an einerSS-Junkerschule dauerte bis zum 25. Mai 1943. Mit Wirkung vom 15. Mai 1943 wurde er zur SS-Panzergrenadierdivision „Das Reich“ versetzt. Im November 1944 erfolgte seine Beförderung zum SS-Untersturmführer. An der Ostfront wurde er zweimal verwundet und geriet nach derSchlacht um Berlin Anfang Mai 1945 in sowjetische Gefangenschaft, aus der er jedoch flüchten konnte.
Nach Kriegsende tauchte Stark zunächst unter. 1948 stufte ihn dieSpruchkammer Darmstadt in die Gruppe der Minderbelasteten ein, und auf seine Berufung hin wurde er 1950 im Zuge derEntnazifizierung als „Mitläufer“ eingestuft. Er nahm ein Studium der Landwirtschaft und Pädagogik auf und legte den Abschluss für die Lehrerlaufbahn ab. Zunächst lehrte er an der Landwirtschaftsschule inLövenich beiKöln und später in Darmstadt.
Im Zuge der Untersuchungen der NS-Verbrechen im KZ Auschwitz-Birkenau wurde Stark 1959 erstmals verhaftet und von demLudwigsburger KriminalobermeisterAlfred Aedtner vernommen. Wenige Wochen später wurde er aus der Untersuchungshaft entlassen, weil er dem Untersuchungsrichter treuherzig erzählte, er sei in Auschwitz lediglich Pferdepfleger desLagerkommandantenRudolf Höß gewesen. Zur Untermauerung dieser Legende fand sich sogar ein Photo, wie er als angeblicher „Pferdepfleger“ das Pferd des SS-Kommandanten am Zügel hielt.
Stark war Angeklagter im1. Auschwitzprozess. Am 20. Dezember 1963 begann der Prozess gegen Angehörige der Wachmannschaften des KZ Auschwitz-Birkenau vor dem Schwurgericht beimLandgericht Frankfurt am Main imRömer. In dieser Zeit pendelte Stark wöchentlich zwischen Darmstadt und Frankfurt. Er galt nur wegen „geringfügiger Vergehen“ angeklagt, bei denen nach Ansicht des Schwurgerichts„kein Fluchtverdacht und keine Verdunkelungsgefahr bestanden“. Diesen Eindruck konnte Stark drei weitere Monate aufrechterhalten, bis der Zeuge Josef Kral (Häftlingsnummer Nr. 17.401 im KZ Auschwitz-Birkenau von Juni 1941 bis Mai 1943) Stark mit folgender Aussage belastete:
„Ich habe gesehen, wie Stark mit einem Schaufelstiel zwei Häftlinge erschlagen hat. Und einen Häftling namens Isaak hat er erschossen. Er hat den Isaak erst gezwungen, einen Kameraden und dann seinen eigenen Vater, Isaaks Vater, in einer Wassergrube zu ertränken.“
Stark gab im Prozess zu, Menschen erschossen undZyklon B in die Gaskammern geworfen zu haben.[1] Er wurde 1965 zur Höchststrafe von 10 Jahren Freiheitsentzug verurteilt. In dem Urteil heißt es:
„Bei weiteren Vergasungen jüdischer Menschen im Mai 1942 nahm Stark häufig vor den Vergasungen jüdische Frauen beiseite. Wenn dann die anderen jüdischen Menschen in den Gaskammern waren, stellte er die Frauen im Hof des kleinen Krematoriums an die Wand. Dann schoß er einer oder zwei Frauen in die Brust und in die Füße. Wenn dann die anderen Frauen zitterten und auf die Knie fielen und Stark anflehten, sie am Leben zu lassen, schrie er sie an: „Sarah, Sarah, los, steh!“ Dann erschoß er sie alle nacheinander.[2]“
In seinem Schlusswort machte er folgende Aussage:
„Ich habe an der Tötung vieler Menschen mitgewirkt, das habe ich von Anfang an und ohne Einschränkung bekannt. Ich habe mich nach dem Kriege oft gefragt, ob ich dadurch zum Verbrecher geworden bin. Ich habe keine für mich gültige Antwort gefunden. An den Führer hatte ich geglaubt, ich wollte meinem Volke dienen. Ich war damals von der Richtigkeit meines Tuns überzeugt. Heute weiß ich, daß die Ideen, an die ich geglaubt habe, falsch sind. Ich bedaure meinen damaligen Irrweg sehr, aber ich kann ihn nicht ungeschehen machen.[3][4]“
Die Verurteilung zu zehn Jahren Haft erging nach Jugendstrafrecht, da er zur Tatzeit noch minderjährig (nach damaligem Recht jünger als 21) war. Stark wurde jedoch bereits 1968 aus der Haft entlassen.
Personendaten | |
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NAME | Stark, Hans |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher SS-Unterscharführer |
GEBURTSDATUM | 14. Juni 1921 |
GEBURTSORT | Darmstadt |
STERBEDATUM | 29. März 1991 |
STERBEORT | Darmstadt |