Dieser Artikel behandelt den Genre-Begriff der Kunstwissenschaften; zum Genre der Darstellung von Alltagsszenen siehe auchGenremalerei; zum Versicherungskonzern sieheGen Re.
Bildende Kunst. Genremalerei. Marie-Louise Petiet: Die Wäscherinnen, 1882.
DasGenre (IPA: [ˈʒɑ̃ːʁə][1],anhörenⓘ/?) (von griechisch génos, lateinisch genus [Genitiv generis], französisch genre: Art, Beschaffenheit,Gattung, Geschlecht, Verschiedenheit, Redeweise, Stil, Strömung usw.; Mehrzahl: Genres) bezeichnet eineKlassifikation (Gebiet, Gruppe) künstlerischer Werke, die durch gemeinsame Eigenschaften wie Form, Inhalt, räumlicher Bezug, zeitlicher Bezug oder Stil gekennzeichnet sind. Genres gibt es in verschiedenen künstlerischen Bereichen:Bildende Kunst,Film, Fotografie,Journalismus,Literatur,Musik,[2] Radio, Spiel, Textilindustrie und Theater.
Fotografie. Klassenfoto von 1956 an der ehemaligen katholischen Weinhofschule in Hohenlimburg.
Genres gibt es in vielen künstlerischen Bereichen. Einige Genres gibt es nur in einem einzigen Bereich, wie etwa das Designergenre in der Textilindustrie oder Jump ‘n‘ Runs bei Computerspielen. Andere Genres hingegen ziehen sich durch verschiedene Bereiche. Das Abenteuer beispielsweise tritt als Computerspiel, Film oder Literatur auf und das Drama als Film, Literatur oder Theateraufführung.
Im weiteren Sinne bezeichnet Genre (meist:Bildgattung) in der bildenden Kunst ein thematisch-inhaltliches Gebiet, wie Historie, Landschaft, Porträt oder Stillleben. Im engeren Sinne versteht man unter Genre (auch Alltagsszene,Genremalerei, Sittenbild) eine bestimmte, einzelne Bildgattung, eine Gruppe von Kunstwerken, bei denen hauptsächlich zeitgenössische Szenen aus dem alltäglichen Leben bestimmter Berufsgruppen oder Gesellschaftsschichten wiedergegeben sind.[3] Subgenres sind zum Beispiel Bauernhochzeit, galantes Fest oder Küchenstück.
Die Einteilung derFilmgenres basiert auf Erzählform, Handlung, Schauplatz, Stimmung, Thema oder Zeit und deckt sich weitgehend mit Genres der Literatur. Filmgenres sind zum Beispiel Abenteuer, Dokumentarfilm, Drama, Erotik, Fantasy, Horror, Liebesfilm, Science-Fiction, Thriller oder Western. Das Fernsehen umfasst ähnliche Genres, aber auch spezifische Formen wie Reality-TV, Sitcom, Sportübertragung oder Talkshow.
Genres in der Fotografie unterscheiden sich nach thematisch-inhaltlichen Gebieten. Es sind zum Beispiel Dokumentation, Fahndungsfoto, Hochzeit, Klassenfoto und Mode oder entsprechend den Bildgattungen der Malerei wie zum Beispiel Landschaft, Porträt oder Stillleben.
Journalismus. Enthüllungsjournalismus. Günter Wallraff und Fernando Aranburu beim Literaturfestival Literaktum Donostia – San Sebastián / Nordspanien 2011.
Das journalistische Genre (auchjournalistische Darstellungsform, journalistische Mitteilungsweise) beschreibt die jeweils spezielle methodisch-konzeptionelle Herangehensweise der journalistischen Arbeit. Diese kann eher deskriptiv-kritisch sein, also vorgefundene Zustände offenlegen und kritisieren. Dazu gehören zum Beispiel der Boulevardjournalismus, Enthüllungsjournalismus (Investigativer Journalismus) oder die Kriegsberichterstattung. Oder die Herangehensweise kann eher normativ sein, also Ansichten und Meinungen einer einzelnen Person, einer Journalistin, eines Journalisten oder Medienhauses wiedergeben. Dazu gehören zum BeispielInterview,lösungsorientierter Journalismus (Solutions Journalism) oderWissenschaftsjournalismus (Science Journalism).[4]
Literatur. Sachbuch. Brigitta Hochfelden:Das Buch der Wäsche. 1896.Musik: Orgelkonzert in München 2022.Radio. Interview im französischen Radiosender RFI (Radio France Internationale) 2021.Spiel: SchachTextilindustrie. Designermode. Haute Couture von Elie Saab bei der Fashion Week in Paris im Herbst 2011.
Ein Literaturgenre (auch Buchgenre, literarische Form, literarische Textsorte, literarisches Genre, Literaturgattung) bezeichnet die Klassifikation von literarischen Werken, die hauptsächlich nach Form, Handlung, Motiv, sprachlichem Ausdruck oder Sprechsituation klassifiziert sind.[5] Außerdem kann sich die Einordnung nach Marktgesichtspunkten, Lesergruppen und Konsumgewohnheiten richten. Die drei klassischen Genres, die auf Aristoteles und Johann Wolfgang von Goethe zurückgehen, sindEpik,Dramatik undLyrik. In neuerer Zeit bilden Gedicht, Kurzgeschichte und Roman besonders wichtige Genres.[6] Weitere Beispiele sind Biografie, Drama,Liederbuch oder Sachbuch. Subgenres beispielsweise des Romans sind unter anderemFantasy,Kriminalroman, historischer Roman, Liebesroman oder Science-Fiction.
Im Literaturmarketing und in der Verlagsbranche versteht man unter Genreliteratur Werke von Autoren, die sich auf ein bestimmtes Genre spezialisiert haben, um die Bedürfnisse einer bestimmten, relativ eng begrenzten Interessentengruppe optimal und kommerziell erfolgreich bedienen zu können.[7]
EinMusikgenre (auch Genre der Musik, Kompositionstyp, Musikgattung) bezeichnet die Klassifikation von Musikstücken hauptsächlich nach Funktion (Gesellschaft, Kirche, Theater, Unterhaltung usw.), verwendeten Texten (Prosa, Vers usw.), Instrumentation (Orchester, elektronische Instrumente, A cappella usw.), Historie (Epochen, Strömungen, Gruppen usw.) oder Region (abendländisch, afro-amerikanisch usw.).[8] Wichtige Genres sind Blues, elektronische Musik,Jazz, Klassik (klassische Musik), Popmusik und Rock. Diese lassen sich wiederum in zahlreiche Subgenres unterteilen, wie zum Beispiel Barockmusik innerhalb der Klassik, Hard Rock oder Heavy Metal innerhalb des Rock oderBlues,Gospel, Jazz oderRhythm and Blues innerhalb der afro-amerikanischen Blues-Musik.
Ein Radiogenre bezeichnet die Klassifikation von Radiosendungen vor allem nach Inhalt (Hörspiel, Kultur und Literatur, Nachrichten, Talkshow, Sport, Verkehrsfunk usw.), Musikstil (Jazz, Klassik, Pop, Rock, Volksmusik usw.) oder Sendezeit (Morgenshow, Late-Night-Programm usw.).[9] Subgenres des Hörspiels sind unter anderem Kinderhörspiel, Kriminalhörspiel oder Originalton-Hörspiel.
Zu denSpielgenres gehören unter anderem Konstruktionsspiel (Bausteine, Knet usw.), Rollenspiel (Mutter-Vater-Kind, Schule usw.) oder Regelspiel (Sport, Gesellschaftsspiel usw.).[10] Seit Anfang der 70er Jahre gibt esComputer- und Videospiele, die sich zum weltweit sehr bedeutsamen Wirtschaftszweig entwickelten. Bis Mai 2024 wurden von dem beliebten Spiel Minecraft 300 Millionen Exemplare verkauft.[11]Computerspiele werden nach Inhalt, Spielmechanik (Gameplay-Mechanik) und Zielen klassifiziert. Genres sind zum BeispielActionspiel,Abenteuer,Geschicklichkeitsspiel,Jump ’n’ Run (springen und rennen),Simulation,Strategie oderPuzzle.
Das Genre in der Bekleidungsindustrie ist gekennzeichnet durch Preis, Stückzahl, modisches Niveau und Qualität. Die Kategorien reichen vom sogenanntenunteren Genre (auch Stapel-, Verkaufs- oder Konsumgenre) mit einfacher Kleidung bis zumDesignergenre mit exklusiven Materialien, aufwändiger Verarbeitung und avantgardistischem Design, in geringen Stückzahlen und zu sehr hohen Preisen.
Orientierung: Die Klassifizierung hilft, einen Überblick zu erhalten oder künstlerische Werke zu finden.
Erwartungen: Genres benennen Kriterien, um Erwartungen zu beeinflussen, die das Erleben und Interpretieren eines Werkes erleichtern. In einem Krimi erwarten die Lesenden zum Beispiel ein Verbrechen.
Marketing: Für Produzentinnen und Vermarkter erleichtern Genres die Zielgruppenansprache und die Platzierung von Werken am Markt.
Kreativität: Genres bieten Kunstschaffenden Rahmenbedingungen, innerhalb derer sie kreativ arbeiten können. Die strikten Genregrenzen können erweitert werden und als Ausgangspunkt für Innovationen und Experimente dienen.
Oftmals werden Genres in Subgenres (auch Kategorien, Strömungen, Untergenres; von lateinisch sub: unter) weiter spezifiziert. Dies führt häufig zu weitreichenden Verästelungen. Bei dem Musikgenre Rock findet sich zum Beispiel das SubgenreHeavy Metal, das wiederum demThrash Metal und dem Brutal Thrash Metal übergeordnet ist. In der bildenden Kunst gibt es zum Genre Porträt das SubgenreHeiligenbildnis, das wiederum demVotivbild und dieses derIkone übergeordnet ist.
Definition, Klassifikation und Relevanz von Genres unterliegen einem stetigen Wandel. Das liegt daran, dass sich historische, kulturelle und soziale Bedingungen ständig verändern.[12] Auflistungen von Genres und Subgenres sind selten gleich. In jeder weiteren Veröffentlichung finden sich neue Genres und andere Unterteilungen. Das liegt zum großen Teil daran, dass die Kriterien für die Klassifizierung unterschiedlich sind. Aber trotz ihrer Dynamik und Wandelbarkeit bleiben Genres ein zentrales Element in der Kunst- und Kulturtheorie.
Gattungen und Genres dienen beide dazu, künstlerische Werke zu klassifizieren. Häufig wird die Gattung als eine übergeordnete, umfassendere Kategorie benannt, der sich mehrere Genres bzw. Untergattungen zuordnen lassen. Im Bereich des Films ist zum Beispiel der Spielfilm eine Gattung und die Genres Abenteuerfilm, Fantasy oder Komödie sind untergeordnet.[13] Aber im englisch- und französischsprachigen Raum werden Genre und Gattung weitgehend synonym gebraucht. Auch in der deutschen Fachliteratur werden in neuerer Zeit beide Begriffe weitgehend synonym verwendet. So erscheint im Interesse einer internationalen Angleichung eine systematische Unterscheidung von Genre und Gattung in der deutschsprachigen Verwendung tendenziell überholt.[14]
↑Eva-Maria Krech, Eberhard Stock, Ursula Hirschfeld, Lutz Christian Anders:Deutsches Aussprachewörterbuch. 1. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin, New York 2009,ISBN 978-3-11-018202-6,S.535.
↑Ludger Alscher u. a. (Hrsg.):Lexikon der Kunst. 1. Auflage.Band2. Stichwörter: Genre, Genrekunst, Kunstgattungen. VEB E. A. Seemann, Buch- und Kunstverlag, Leipzig 1976,S.39 und 784.
↑Christin Fink:Journalistische Genres (Einleitung). In: Deutscher Fachjournalisten-Verband (Hrsg.):Journalistische Genres. UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2016,ISBN 978-3-86764-682-6,S.11 und 12.
↑Rüdiger Zymner (Hrsg.):Handbuch Gattungstheorie. Verlag J. B. Metzler, Stuttgart und Weimar 2010,ISBN 978-3-476-02343-8,S.20.
↑Claus Träger (Hrsg.):Wörterbuch der Literaturwissenschaft. 1. Auflage. Stichwort: Genre. VEB Bibliographisches Institut, Leipzig 1986,ISBN 3-323-00015-3,S.184 und 185.
↑Reinhard Amon:Lexikon der musikalischen Form. Stichworte: Gattung, Stil. Ludwig Doblinger Musikverlag, Wien 2011,ISBN 978-3-902667-27-4,S.141, 364 und 365.
↑Rüdiger Zymer:Gattungen aus literaturwissenschaftlicher Sicht. In: Stephan Conermann, Amr El Hawary (Hrsg.):Was sind Genres? Nicht abendländische Kategorisierungen von Gattungen. EB-Verlag Dr. Brandt, Berlin 2011,ISBN 978-3-936912-96-8,S.10.
↑Filmglossar. Stichwort: Gattung. In: Sehen, vermitteln, lernen. Bundeszentrale für politische Bildung, 23. Mai 2023, abgerufen am 14. Juli 2024.
↑Claus Träger (Hrsg.):Wörterbuch der Literaturwissenschaft. 1. Auflage. Stichwort: Genre. VEB Bibliographisches Institut, Leipzig 1986,ISBN 3-323-00015-3,S.184 und 185.