DerKapitalmarkt unterscheidet sich vom Geldmarkt vor allem durch dieFristigkeit der Handelsobjekte. Diese Einteilung führte im Jahre 1909 derÖkonomArthur Spiethoff ein.[2] Sie betrifft auf dem GeldmarktLaufzeiten oderFälligkeiten von weniger als zwei Jahren, wobei die Abgrenzung unterschiedlich vorgenommen wird. Diemittlere Fristigkeit (2–4 Jahre) wird in derFachliteratur entweder dem Geldmarkt[3] oder dem Kapitalmarkt zugeordnet.[4]
Während Arbeits- und Bodenangebot stark vonNatureinflüssen abhängen (Witterung,Bodenbeschaffenheit), wird das Geldangebot ausschließlich von wirtschaftlichen Erwägungen beeinflusst.[5]
Geld ist imBankensystem bilanziell einPassivum, denn es steht in Form vonBargeld bei der Zentralbank und alsSichteinlagen beiGeschäftsbanken auf der Passivseite der Bilanzen.[6] Geldangebot ist also bilanziell die Bereitschaft des Bankensystems, Geld darstellende Passiva zu akzeptieren und damit zuerzeugen.
Angeboten, also „produziert“, wird Geld in modernen Volkswirtschaften von der Zentralbank und den Geschäftsbanken.[7] Entsprechend unterscheidet man beim Geldangebot zwischen Zentralbankgeld und Geschäftsbankengeld. DasZentralbankgeld besteht ausBargeld und Reserven, dasGeschäftsbankengeld entsteht im Rahmen derGiralgeldschöpfung.[8] Die Zentralbank kontrolliert das Geldangebot direkt (Zentralbankgeld) oder indirekt (beim Geschäftsbankengeld) durch Zinssätze, Offenmarktgeschäfte und dieMindestreserven.[9]
Geldnachfrage ist dieGeldmenge, die auf dem Geldmarkt von denWirtschaftssubjektennachgefragt wird. Der (latente) Geldbedarf wird erst zur Geldnachfrage, wenn die Wirtschaftssubjekte als Marktteilnehmer auf dem Geldmarkt auftreten und dort Geld (Bargeld, Buchgeld) nachfragen.
DieUS-amerikanische Zentralbank (FED) steuert die Geldmarktzinsen neben der quantitativen Methode derDiskontpolitik über ein Zielband für dieFederal Funds Rate. Die Schweizerische Nationalbank verfolgt eine ähnliche Strategie. Ihre quantitative Steuerung erfolgt über die o. g. Rückkaufvereinbarungen, eine direkte Steuerung des Zinses über einZielband für denDreimonats-Libor.
Innerhalb des Zinskorridors richtet sich der Geldmarktzins nach dem Verhältnis von Zentralbankgeldangebot und Zentralbankgeldnachfrage, wobei sich der zu entrichtende Geldmarktzins nach der kürzest möglichenKündigungsfrist richtet, an dem der Geldmarktkredit zurückgezahlt werden muss.
Die Makroökonomie untersucht unter anderem dasMarktgleichgewicht. Die Erkenntnisse hierüber lassen sich auch auf den Geldmarkt übertragen, wo speziell vom Geldmarktgleichgewicht die Rede ist. Das Geldmarktgleichgewicht stellt sich auf dem Geldmarkt ein, wenn die Geldnachfrage mit dem Geldangebot übereinstimmt:[11]
oder umgekehrt einGeldüberhang vor. Geldlücke oder Geldüberhang erzeugen inflatorische oder deflatorische Wirkungen und werden deshalb im Rahmen derGeldpolitik von den Zentralbanken durch Steuerung des Geldangebots beseitigt.
Geldmärkte funktionieren wie jeder andereMarkt. Zu unterscheiden ist zwischen der Allokations-, Informations-, Bewertungs- und Koordinationsfunktion:
DieAllokationsfunktion betrifft die Verteilung von Geldangebot und -nachfrage. Die Geldallokation gilt als effizient, wenn diejenigen Geldnachfrager die angebotenenFinanzierungsinstrumente erhalten, die mit dem Geldeinsatz den höchstenNutzen erzielen können.[12] Effizienzmaßstab ist der Geldmarktzins.
DieInformationsfunktion hat für die Funktionsfähigkeit der Geldmärkte entscheidende Bedeutung, weil die Marktteilnehmer ihreEntscheidungen auf der Grundlage verfügbarer Informationen treffen müssen. Geldanbieter müssen Zugang zu Informationen über ihrKreditrisiko beispielsweise durch denJahresabschluss der Geldnachfrager erhalten.[13]
Die Bewertungs- und Preissetzungsfunktion der meist außerbörslich gehandeltenFinanzkontrakte entfaltet sich vor allem durchRatings derRatingagenturen über die Geldanbieter[14] sowie über dieRisikoklassen der Finanzkontrakte.
DieKoordinationsfunktion sorgt dafür, dass die dezentral erstellten und meist nicht miteinander harmonierendenWirtschaftspläne der Geldmarktteilnehmer so weit wie möglich in Einklang gebracht werden.[15]
Neben diesen Transaktionen mit der jeweiligen Zentralbank können Geschäftsbanken ihren Bedarf an Zentralbankgeld auch über den Geldmarkt optimieren. Hat eine Geschäftsbank Bedarf an Zentralbankgeld, der die ihr von der Zentralbank gewährteFazilität übersteigt, versucht sie diesen Bedarf auf dem Geldmarkt zu decken, indem sie überschüssiges Zentralbankgeld anderer Geschäftsbanken imInterbankenhandel leiht.
Alle Marktteilnehmer sind einem Ausfallrisiko ausgesetzt, das darin besteht, dass der Geschäftspartner (Kontrahent) seine Vertragspflicht nicht mehr erfüllen kann (Herstatt-Risiko). DiesesSettlement-Risiko wird über die Einräumung von gegenseitigenKreditlinien überwacht. Die Marktteilnehmer sind also nur bis zu einem festgelegten Höchstbetrag bereit, einem anderen Geld zur Verfügung zu stellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Transaktionen im Interbankenhandel meist ohne Kreditsicherung (Blankokredit) durchgeführt werden. Außerdem resultiert aus Geldmarktaktivitäten einZinsänderungsrisiko, das aber auf Grund der kurzen Fristen vergleichsweise gering ist. Der Geldmarkt ist ein wichtiges Instrument zur Steuerung desLiquiditätsrisikos, wobei Geldmarktaktivitäten auch eigenständige Liquiditätsrisiken begründen können.
↑Arthur Spiethoff,Die äußere Ordnung des Geld- und Kapitalmarktes, in:Gustav von Schmoller (Hrsg.), Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, Heft 2, 1909, S. 17 ff.
↑Joachim von Spindler,Geldmarkt – Kapitalmarkt – Internationale Kreditmärkte, 1960, S. 34
↑Karl Friedrich Hagenmüller,Kapitalmarkt, in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, Band II, 1962, Sp. 3008
↑Wolfgang Heller,Theoretische Volkswirtschaftslehre, 1927, S. 144