Gérard Depardieu wurde als drittes von sechs Kindern einesKlempners geboren. Er wuchs in sehr bescheidenen Verhältnissen inChâteauroux auf, und seine Eltern konnten weder lesen noch schreiben. Nach schulischen Problemen aufgrund von Sprachstörungen galt er als labil und aufsässig. In seiner Autobiografie erzählt er, dass er sich ab dem Alter von zehn Jahren anhomosexuelle Männerprostituiert habe.[1][2][3] Mit dreizehn Jahren begann er eineDruckerlehre, brach diese jedoch bald ab. In seiner Freizeit widmete er sich in einer US-Kaserne demBoxsport. Depardieu geriet mehrmals aufgrund von Diebstählen und Schmuggel mit der Polizei und Zollbehörden in Konflikt. Zusätzliche Geldeinnahmen erzielte er aus dem Verkauf von Schmuck, den er auf Friedhöfen durch das Aufgraben frischer Gräber fand.[1]
Schauspielkarriere
Im Jahr 1964 wurde Depardieu von einem Freund, dem SchauspielschülerMichel Pilorgé, überredet, mit ihm nach Paris zu ziehen. Nach dem Besuch einerMolière-Aufführung beschloss Depardieu, selbst Schauspieler zu werden. AmThéâtre National Populaire wurde sein Talent erkannt, und er erhielt kostenlosen Unterricht. Ab 1966 absolvierte er die École d’Art dramatique vonJean-Laurent Cochet am Theâtre Edouard VII. Eine seiner Mitschülerinnen warClaude Jade. Bald folgten Engagements am Theater sowie kleine Auftritte in Film und Fernsehen.
So rückte Depardieu zum führenden Charakterdarsteller seiner Generation auf. 1991 erhielt er für die Titelrolle inJean-Paul RappeneausCyrano von Bergerac eineOscar-Nominierung. Für den wichtigsten französischen Filmpreis, denCésar, war er sechzehnmal nominiert, was einen Rekord darstellt. Seinen ersten César gewann er für die Hauptrolle inDie letzte Metro. Bis 2022 war er in mehr als 240 Film- und Fernsehrollen zu sehen,[4] davon mehr als 200 Filmrollen, etwa 30 Fernsehrollen und einige Auftritte in Kurzfilmen. In vielen Produktionen wirkte er nach eigenem Bekunden vor allem aus finanziellen Gründen mit und bekannte: „Ich habe auch viel Müll gedreht […] Ich bin immer noch der kleine Rowdy aus Châteauroux, der [gern] gute Geschäfte macht.“.[5] Ein Dutzend Filme produzierte Depardieu selbst, er führte viermal Regie und half zudem in Produktionen befreundeter Regisseure mitGastauftritten aus, etwa inDer Husar auf dem Dach (1995).[6]
Alkoholismus
DieFrankfurter Allgemeine Zeitung berichtete, dass Depardieu zu Dreharbeiten oft unpünktlich und alkoholisiert erscheine und dass er seinen Text nicht beherrsche und dieser ihm z. B. über Kopfhörersouffliert werde.[7] In seinem BuchVivant berichtete Depardieu 2004, der Alkohol mache ihn „völlig alle“. Zugleich enthüllte er, dass er eineLebertransplantation hinter sich habe, aufgrund der er sich wie „wiederauferstanden“ fühle und sein Leben wieder genieße.[8][9][10][11] Im Jahr 2005 bezeichnete Depardieu seine Landsleute als „blöde“, weil einige ihn bei einem Auftritt in einer Talkshow derBBC für betrunken gehalten hatten.[12] 2014 berichtete er, er trinke täglich bis zu 14 FlaschenWein. Daneben nannte erBier,Pastis,Champagner,Wodka undWhiskey als weitere von ihm bevorzugte Getränke. Auf einem Flug derAir France urinierte er im August 2011 im Passagierraum, nachdem ihm während des Starts ein Toilettengang untersagt worden war.[13]
Am 18. Mai 1998 brach er sich bei Versailles beim Sturz von einem Roller ein Bein;[14] ein Bluttest ergab einen Alkoholgehalt von 2,55 Promille. Zur Strafe wurde ihm der Führerschein für 15 Monate entzogen, und er erhielt eine Haftstrafe von drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.[15]Im Mai 2003 erlitt er einen Verkehrsunfall auf derAvenue de l’Opéra in Paris,[16] und am 28. Juni 2004 wurde er an einer roten Ampel in Paris auf seinem 1300erYamaha-Motorrad von einem Pkw angefahren und musste wegen eines Waden- und Schienbeinbruchs operiert werden.[17] Am 15. August 2012 rammte er einenSmart, unternahm einen tätlichen Angriff auf den Unfallgegner und beging dann Fahrerflucht.[18] Am 29. November 2012 fiel er auf der Place du Général Catroux im17. Pariser Arrondissement betrunken von seinemMotorroller; ein Bluttest ergab einen Alkoholgehalt von 1,8 Promille. 2013 erhielt Depardieu dafür eine Geldstrafe in Höhe von 4000 Euro und ein Fahrverbot von sechs Monaten.[19] Im August 2008 berichtete er in einem Interview von insgesamt 17 Motorradunfällen, in die er bis dahin verwickelt gewesen sei.[20] Trotzdem darf Depardieu Pkw und Motorroller fahren, da er auch eine belgische Fahrerlaubnis erworben hat, die weiterhin Gültigkeit besitzt.[21]
Emigration nach Steuererhöhung, Verhältnis zu Russland
Im Jahr 2012 beabsichtigte die französische Regierung die Einführung einerReichensteuer. Um dieser zu entgehen, verlagerte Depardieu im Dezember 2012 seinen Wohnsitz nachEstaimpuis-Néchin inBelgien[22] und kündigte an, diefranzösische Staatsbürgerschaft aufzugeben, was nach demCode civil nur möglich ist, wenn der Antragsteller zuvor eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat.[23][24] Der französischePremierministerJean-Marc Ayrault sagte, Depardieus Verhalten habe schon „etwas Armseliges“.[25][26] Am 20. Dezember 2012 bot Russlands Präsident,Wladimir Putin, Depardieu dierussische Staatsbürgerschaft an,[27] Depardieu beantragte sie und erhielt sie am 3. Januar 2013 perPräsidentenerlass.[28] Am 7. Januar 2013 räumte Depardieu öffentlich ein: „Zwar besitze ich einen russischen Pass, doch ich bin Franzose.“[29] Seinen Wohnsitz bezog Depardieu offiziell in der russischen StadtSaransk und kündigte an, dort einRestaurant eröffnen zu wollen.[30] Seit 2013 besitzt er auch eine Wohnung inGrosny, die ihm vom Präsidenten der russischen Teilrepublik Tschetschenien,Ramsan Kadyrow, geschenkt wurde.[31]
Ende Juli 2015 verhängte derNationale Sicherheitsdienst derUkraine ein fünfjähriges Einreiseverbot gegen Depardieu, nachdem ihn das ukrainische Kulturministerium als Bedrohung für die nationale Sicherheit des Landes bezeichnet hatte. Im Jahr zuvor soll Depardieu gesagt haben: „Ich liebe Russland und die Ukraine, die ein Teil von Russland ist.“[32] Nach demrussischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 erklärte Depardieu, dass er gegen diesen „Bruderkrieg“ sei. Dieser sei ein „verrückter und inakzeptabler Exzess“ Wladimir Putins, für dessen Verhalten die russische Bevölkerung „nicht verantwortlich“ sei. Depardieu rief zu einem Waffenstillstand auf und kündigte an, den Erlös aus seinen Auftritten Anfang April 2022 imThéâtre des Champs-Élysées ukrainischen Opfern zu spenden.[33] Putins Sprecher,Dmitri Peskow, bot Depardieu eine „Belehrung“ an – dieser müsse „aufgeklärt“ werden, sagte Peskow.[34]
Gegen Depardieu wurden seit 2018 von mehreren Frauen Vorwürfe wegen angeblicher sexueller Übergriffe erhoben.
Am 27. August 2018 erstattete die SchauspielerinCharlotte Arnould (* 1995) auf der Polizeiwache des südfranzösischen DorfesLambesc gegen Depardieu Anzeige wegenVergewaltigung. Dieser zeigte sich „erschüttert“ und sagte, ihre Anschuldigung „tue ihm sehr weh, weil sie unbegründet sei.“[36]DNA-Proben, mit denen sich ein Geschlechtsakt hätte nachweisen lassen, wurden nicht genommen, sodass Aussage gegen Aussage stand. Die Pariser Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren mangels Beweisen ein. Im August 2020 reichte Arnould abermals eine Anzeige ein, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens notwendig machte.[37][38][39] Die Justizbehörden entschieden am 10. März 2022, dass es „schwerwiegende und übereinstimmende Indizien“ für eine Vergewaltigung Arnoulds gebe. Depardieu bestritt dies und sagte aus, sie habe in alles eingewilligt.[40]
Ende April 2024 teilte die Pariser Staatsanwaltschaft mit, dass im Oktober 2024 ein Prozess gegen Depardieu wegen Vorwürfen sexueller Gewalt an zwei Frauen beginnen werde. Depardieu war zuvor auf einer Pariser Polizeiwache zu Vorwürfen von zwei Frauen vernommen worden, die ihm Übergriffe im Jahr 2021 vorwarfen, bei Dreharbeiten zuJean Beckers FilmdramaLes volets verts. Ähnliche Vorwürfe erhob die Schauspielerin Hélène Darras zu Dreharbeiten mit Depardieu im Jahr 2014, doch wurde wegenVerjährung keine Anklage erhoben.[41] Depardieu bestritt alle Vorwürfe[42] und bezeichnete sich imFigaro als Opfer „medialerLynchjustiz“. Künstler wieCharlotte Rampling undCarla Bruni beklagten, dass für ihn dieUnschuldsvermutung offenbar nicht gelte. Am 13. Mai 2025 wurde Depardieu in diesem Fall schuldig gesprochen: Das Gericht verhängte eine Strafe von 18 MonatenHaft aufBewährung und ordnete eine behördliche Registrierung als Sexualstraftäter an. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.[43]
Depardieu war von 1970 bis 1996 mit der SchauspielerinÉlisabeth Guignot verheiratet, die nach der Scheidung wieder ihren Geburtsnamen annahm. Aus der Ehe gingen die beiden KinderGuillaume undJulie hervor, die ebenfalls Schauspieler wurden. Guillaume starb im Oktober 2008 im Alter von 37 Jahren an einerLungenentzündung aufgrund einerKrankenhausinfektion. Depardieu hat außerdem eine im Januar 1992 geborene Tochter aus einer außerehelichen Beziehung. Das Bekanntwerden dieser Verbindung führte zur Scheidung von Élisabeth Guignot.[44]
Nach der Scheidung 1996 begann Depardieu eine Liebesbeziehung mit der SchauspielerinCarole Bouquet, mit der er von 2003 bis 2005 verlobt war. Seither lebt er mit einer 29 Jahre jüngeren Frau zusammen, einer ehemaligen Literaturstudentin derHarvard-Universität, die ein Weingut in derToskana verwaltet. Von 2001 bis 2006 führte er außerdem eine weitere Beziehung, aus der ein Sohn (* 14. Juli 2006) hervorging. Depardieu benannte sein jüngstes Kind nach seinem verstorbenen FreundJean Carmet.
Weinanbau und Gastronomie
Depardieu ist auch als Weinproduzent tätig. 1989 erwarb er dasWeingutChâteau de Tigné imAnjou.[45] Für das WeingutLa Clef des Terroirs, das Weinbau aufbiologisch-dynamische Weise betreibt, engagierte er den ausBordeaux stammendenÖnologen Bernard Magrez.[46] Weltweit besitzt Depardieu 14 Wein- und Landgüter, unter anderem inBurgund, demMédoc und demDépartement Hérault. Darüber hinaus investierte er imMaghreb, auf der Krim und in Argentinien.[47]
Zudem besitzt er in Paris mehrere gehobeneGaststätten, etwa die WeinbarsLe Bien Décidé (inzwischen geschlossen) undRelais de la Poste in derRue du Cherche-Midi sowie das LuxusrestaurantL’Écaille de la Fontaine imOpernviertel.[48] Das LuxusrestaurantLa Fontaine Gaillon, das Depardieu 2003 ebenfalls im Pariser Opernviertel eröffnete, verkaufte er im Juni 2019.[49] Depardieu investierte ferner in eine Fischhandlung,Moby Dick,[50] und ein Feinkostgeschäft mit japanischenDelikatessen,[51] beides in der Rue du Cherche-Midi in Paris.
Im Oktober 2004 erschien DepardieusMein Kochbuch.
Filmografie
1967: Le beatnik et le minet
1970: Le cri du cormoran, le soir au-dessus des jonquet
Nachdem die französische KultusministerinRima Abdul Malak, „angewidert“ von Depardieus respektlosem und sexistischem Umgang mit Frauen, ein Disziplinarverfahren der Ehrenlegion gegen ihn angekündigt hatte, hat Depardieu im Dezember 2023 seine Mitgliedschaft in der französischen Ehrenlegion selbst „zur Verfügung“ gestellt.[52]
2013: Ehrenbürgerschaft der russischen StadtGrosny[56]
2016: Valley of Love – Tal der Liebe, César-Nominierung für den besten Darsteller
Deutsche Synchronstimme
Zu Beginn seiner Karriere hatte Depardieu keine feste Synchronstimme, er wurde unter anderem häufiger vonChristian Brückner,Wolfgang Pampel oderThomas Danneberg synchronisiert. Ab den 1980er Jahren hat sichManfred Lehmann als Standardstimme durchgesetzt und ist es seit dieser Zeit beinahe ausnahmslos.[57] Der SynchronregisseurOsman Ragheb besetzteTorsten Münchow in seiner ersten Synchronrolle auf Depardieu inDie Gaspards, da man eine Synchronstimme neben Manfred Lehmann suchte.[58] Münchow wurde zuletzt inWelcome to New York besetzt.
Musik
1980:Gérard Depardieu –Ils Ont Dit Moteur … Coupez! RCA Victor – PL 37381, France 1980.[59][60]
Depardieu, voll im Leben. (OT:Depardieu – vivre aux éclats.) Dokumentation, Frankreich, 1999, Kino: 71 Min., Fernsehen: 52 Min., Buch: Jean-Claude Esguevives, Jean-Claude Guidicelli, Serge Toubiana, Regie: Jean-Claude Guidicelli, Produktion: Pmp – Morgane, arte France.[62]
Gérard Depardieu – Mein Leben. Dokumentation, Deutschland, 2008, 43 Min., Regie: Andreas Schlosser und Andreas Strasser, Produktion: Ilona Grundmann Filmproduction,ZDF,arte, Erstsendung: 23. November 2008 bei arte,Inhaltsangabe.
Reise durch den Kaukasus. Gérard Depardieu auf den Spuren vonAlexandre Dumas. Dokumentarfilm, Frankreich,Aserbaidschan, 2012, 55 Min., Buch und Regie: Jean-Pierre Devillers, Stéphane Bergouhnioux, Produktion:arte France, Erstsendung: 4. Mai 2014 bei arte,Inhaltsangabe vonARD. Depardieu unterwegs mit dem ComiczeichnerMathieu Sapin.
Schlemmen mit Gérard Depardieu. (OT:À pleines dents!) Dokumentarfilm-Reihe in fünf Teilen à 44 Min., Frankreich, 2015, Buch und Regie: Stéphane Bergouhnioux und Sébastien Fallourd, Produktion: Les Films d’Ici,arte France, Reihe:Schlemmen mit Gérard Depardieu, Erstsendungen: 12. – 16. Oktober 2015 bei arte,Filmportal von arte. (Memento vom 4. März 2016 imInternet Archive)
Begegnung mit Gérard Depardieu. Gespräch, Frankreich, 2015, 27:35 Min., Regie: Olivier Père, Produktion:arte France, Reihe:Filmgrößen, Erstsendung: 16. März 2017 bei arte.
Unterwegs mit Gérard Depardieu – Japan. (OT:Gérard de par le monde: Japon.) Dokumentarfilmreihe in fünf Folgen à 27 Min., Frankreich, 2018, Buch und Regie: Sébastien Fallourd, Produktion: Nompareille Productions,arte France, Reihe:Unterwegs mit Gérard Depardieu – Japan, Erstsendungen: 3.–7. September 2018 bei arte.
↑Marc Zitzmann:MeToo-Skandal um Gérard Depardieu: Was dem Schauspieler zur Last gelegt wird. In:FAZ.NET. 12. April 2023,ISSN0174-4909 (faz.net [abgerufen am 9. August 2023]).
↑Michael Williams, Michael Williams: Depardieu crash delays ‘Asterix’. In: Variety. 20. Mai 1998, abgerufen am 14. August 2022 (amerikanisches Englisch).
↑Christian Schubert:Streit um Steuern. Depardieu will französische Nationalität zurückgeben. In:FAZ.net, 16. Dezember 2012: „85 Prozent seines Einkommens zahlt Schauspieler Gérard Depardieu an Steuern. Deshalb ist er nach Belgien gezogen – und gibt jetzt auch seinen französischen Pass zurück.“
↑Gérard Depardieu: Ukraine verhängt Einreiseverbot. In:Der Spiegel. 29. Juli 2015,ISSN2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 14. August 2022]).
↑Kreml will Gérard Depardieu nach Wutrede gegen Putin in Sachen Ukraine »aufklären«. In:Der Spiegel. 1. April 2022 (spiegel.de [abgerufen am 1. April 2022]).