Friedrich Salomon Krauss (*7. Oktober1859 inPožega,Österreich-Ungarn; †29. Mai1938 inWien) war ein österreichischerEthnologe,Sexualforscher undSlawist.
Krauss – aus einer jüdischen Kleinhändlerfamilie stammend – studierte von 1877 bis 1881Klassische Philologie und Geschichte beiTheodor Gomperz an derUniversität Wien, wo er 1882 zumDr. phil. promoviert wurde. Zu seinen ersten Veröffentlichungen zählt die ÜbersetzungArtemidor von Daldis’Oneirokritika (griech. „Traumdeutung“), auf die sichSigmund Freud in seinerTraumdeutung (1900) bezieht.
Im Auftrag desKronprinzen Rudolf und der Anthropologischen Gesellschaft in Wien führte Friedrich Krauss eine Forschungsreise inBosnien,Herzegowina,Slowenien,Kroatien undDalmatien durch. Während seinerFeldforschungen von 1884 bis 1885 sammelte Krauss – gemeinsam mit Gewährsmännern – an die 200.000 Verse derGuslarenlieder dermoslemischen Slawen. Die unerwartet große FüllesüdslawischerFolklore undVolkserzählungen veröffentlichte Friedrich Krauss in zwei Bänden.
Von 1891 bis 1901 war Krauss als Sekretär derIsraelitischen Allianz in Wien tätig. Er war Herausgeber derAnthropophyteia. An der Kriegsinvalidenschule lehrte er von 1914 bis 1919. Er arbeitete alsGerichtsdolmetscher fürsüdslawische Sprachen und übersetzte Werke der AutorenBranislav Nušić undSvetozar Ćorović.
1908 unterstützte Krauss redaktionell die Gründung derZeitschrift für Sexualwissenschaft, dieMagnus Hirschfeld jedoch nur ein Jahr lang im Leipziger Verlag Georg H. Wigand herausgeben konnte.[1]
Krauss prägte den Begriff derParaphilie, der Abweichung der sexuellen Präferenz. Vom 16. bis 23. September 1930 beteiligte er sich – gemeinsam mit insgesamt zweitausend Teilnehmern – in Wien am 4. Kongress der Weltliga für Sexualreform.[2]
- Sitte und Brauch der Südslaven. Wien 1885.
- Volksglaube und religiöser Brauch der Südslaven. Münster 1890.
- Böhmische Korallen aus der Götterwelt: Folkloristische Börseberichte vom Götter- und Mythenmarkte. Wien 1893.
- Streifzüge im Reiche der Frauenschönheit. Schumann, Leipzig 1903.
- Die Braut muss billig sein. Ein bosnisch Singspiel. A. Schumann’s Verlag, Leipzig 1903.
- Die Anmut des Frauenleibes. Schumann, Leipzig 1904.
- Die Frauen im Schönheitsspiegel der Völker mit gegen 3000 Abbildungen nach Originalphotographien, Deutsche Verlagsgesellschaft, Leipzig 1906.[1]
- Slavische Volksforschungen. Abhandlungen über Glauben, Gewohnheitsrechte, Sitten, Bräuche und die Guslarenlieder der Südslaven, vorwiegend auf Grund eigener Erhebungen. Leipzig 1908.
- mit Tamio Satow:Das Geschlechtsleben des japanischen Volkes. 2 Bände. Leipzig 1932.
- Volkserzählungen der Südslaven. Märchen und Sagen, Schwänke, Schnurren und erbauliche Geschichten. Hrsg.: Raymond L. Burt undWalter Puchner. Wien 2002,ISBN 3-205-99457-4.
- Die Quälgeister bei den Südslawen. I. Mora; II. Vukodlak, derWerwolf. In:Das Ausland 63 (1890), S. 329–333 und S. 410–414.
- 1903–1904:Kunst. Halbmonatsschrift für Kunst und alles andere. Zeitschrift der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs. Gemeinsam herausgegeben mit Arthur Brehmer.
- 1904–1913:Anthropophyteia. Jahrbücher für folkloristische Erhebungen und Forschungen zur Entwicklungsgeschichte der geschlechtlichen Moral. Erschienen sind 10 Bände, die ergänzt wurden:[3]
- 1906–1907:Historische Quellenschriften. 4 Bände.
- 1907–1929:Beiwerke. 9 Bände.
- Der Volksmund. Alte und neue Beiträge zur Volksforschung. Deutsche Verlagsactiengesellschaft, Leipzig.
- Raymond L. Burt: Friedrich Salomo Krauss (1859–1938). Selbstzeugnisse und Materialien zur Bibliographie des Volkskundlers, Literaten und Sexualforschers. VÖAW, Wien 1990,ISBN 3-7001-1693-4.
- Christoph Daxelmüller:Friedrich Salomo Krauss. In:Wolfgang Jacobeit,Hannjost Lixfeld,Olaf Bockhorn (Hrsg.):Völkische Wissenschaft. Gestalten und Tendenzen der deutschen und österreichischen Volkskunde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Böhlau, Wien 1984.
- Gerlinde Haid:Krauss, Friedrich Salomo. In:Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff.,ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 3, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2004,ISBN 3-7001-3045-7.
- Ines Köhler-Zülch:Friedrich Salomo Krauss. In.Enzyklopädie des Märchens. Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung. 8/1996, S. 352–358.
- Nikolaus Mikoletzky: Krauss, Friedrich Salomo. In:Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980,ISBN 3-428-00193-1, S. 714 f. (Digitalisat).
- Wytrzens: Krauss Friedrich Salomon. In:Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 4, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1969, S. 227.
- Krauss, Friedrich Salomon. In:Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 14:Kest–Kulk. Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica. Saur, München 2006,ISBN 3-598-22694-2, S. 338–350.
- ↑Volkmar Sigusch:Geschichte der Sexualwissenschaft. Campus, Frankfurt am Main / New York 2008, S. 71 und S. 110.
- ↑Volkmar Sigusch:Geschichte der Sexualwissenschaft. Campus, Frankfurt am Main / New York 2008, S. 101.
- ↑Volkmar Sigusch:Geschichte der Sexualwissenschaft. Campus, Frankfurt am Main / New York 2008, S. 562.
Personendaten |
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NAME | Krauss, Friedrich Salomon |
ALTERNATIVNAMEN | Krauss, Friedrich Salomo |
KURZBESCHREIBUNG | österreichisch-kroatischer Ethnologe, Sexualforscher und Slawist |
GEBURTSDATUM | 7. Oktober 1859 |
GEBURTSORT | Požega (Kroatien) |
STERBEDATUM | 29. Mai 1938 |
STERBEORT | Wien |