Ernst Christof Friedrich Zündel (anglisiertErnest Zundel,PseudonymeChristof Friedrich,Mattern Friedrich; *24. April1939 inCalmbach; †5. August2017 ebenda) war eindeutscher Autor und Publizistgeschichtsrevisionistischer Schriften sowieHolocaustleugner.
Zündel absolvierte eine Lehre als Grafiker und emigrierte 19-jährig nachKanada, um der Einberufung zumWehrdienst zu entgehen. In den 1960er Jahren wurde er ein Anhänger des kanadischenNationalsozialistenAdrien Arcand. In den 1970ern begegnete Zündel verschiedenen internationalen Holocaustleugnern, unter anderemThies Christophersen, dessen PublikationDie Auschwitzlüge er ins Englische übersetzte und vertrieb.
1974 veröffentlichte er ein Buch überNazi-UFOs, die angeblich von unterirdischen Stützpunkten inNeuschwabenland in derAntarktis aus agieren würden. Später räumte er ein, dass er diese Dinge veröffentlicht hatte, ohne selbst daran zu glauben: Ihm ging es einzig darum, das Interesse der Medien zu wecken, um sich in Interviews öffentlich antisemitisch äußern und den Holocaust leugnen zu können.[1]
1976 gründete Zündel denSamisdat-Verlag (Samisdat Publishers) inToronto. Mit Hilfe von Spenden verbreitete er zahlreiche holocaustleugnende Schriften und veröffentlichte in unregelmäßigen Abständen denGermania-Rundbrief. In den 1980er Jahren tat sich Ernst Zündel schwerpunktmäßig mit der Produktion von Videofilmen hervor, mit denen erPropaganda betrieb. Unter anderem entstand in der Folgezeit derin Deutschland indizierte[2] VideofilmEin Deutscher und ein Jude untersuchen Auschwitz, in welchem Zündel mitDavid Cole, einem jungen Mannjüdischer Abstammung, durch dasKZ Auschwitz I streift und dem Zuschauer darlegt, welche Teile der historischen Darstellung des Holocaust seiner Ansicht nach nicht stimmen können. In dem nach einem Prozess gegen ihn in Kanada gedrehten und in Deutschland ebenfalls indizierten Videofilm[3]Die Folgen der Auschwitz-Lüge für Ernst Zündel ließ er sich selbst porträtieren und nutzte dabei die Gelegenheit, holocaustleugnende Behauptungen weiterzuverbreiten.
Ab 1990 mietete Zündel Sendezeit von einem US-amerikanischenKurzwellen-Sender und verbreitete seine holocaustleugnenden undantisemitischen Ansichten weltweit in deutscher Sprache. In dieser Zeit diente ihm einer der damals führendenNeonazi-AktivistenBela Ewald Althans als Verbindungsperson in Deutschland.
Gegen Zündel wurden in Kanada mehrere Prozesse wegen seiner holocaustleugnenden Aktivitäten angestrengt. Im Prozess von 1988 in Toronto traten als Zeugen für ihn unter anderemJ. G. Burg,David Irving undFred A. Leuchter auf. Leuchter, der aus diesem Anlass nachAuschwitz undMajdanek reiste, um dort Untersuchungen in diversenGaskammern durchzuführen, konnte im Prozess allerdings nicht die Position Zündels stärken und musste einräumen, die BerufsbezeichnungIngenieur in Kanada zu Unrecht zu führen.
1991 wurde er vom Amtsgericht in München wegen der Leugnung der Massenmorde an Juden während des Nationalsozialismus zu einer Geldstrafe von 12.600 DM verurteilt. Sein Anwalt warJürgen Rieger.[4]
1993 interviewte der deutsche DokumentarfilmerWinfried Bonengel Althans und Zündel für seinen FilmBeruf Neonazi.[5]
Seit 1994 war Zündel mit einer eigenen, den Holocaust leugnenden Website im Internet vertreten. Nachdem die kanadische Menschenrechtskommission den Betrieb seiner Website über kanadische Server untersagt hatte, wurde sie später in denVereinigten Staaten registriert.[6] Sein auf der Internetseite geführtes Emblem entsprach farblich und strukturiert derHakenkreuzfahne: Statt des Kreuzes war im weißen Kreis ein stilisiertesZ eingelassen.
1995 gab es einen Brandanschlag auf Zündels Wohnsitz in Toronto, der einen Schaden von 400.000 Dollar verursachte.[7] Eine Gruppe namens „Jewish Armed Resistance Movement“ bekannte sich zu diesem Angriff.[7] Laut der kanadischen ZeitungToronto Sun hatte die Gruppe Kontakte zurJewish Defense League (JDL) und zuKahane Chai.[7] Meir Weinstein, der Führer der JDL in Toronto, bestritt eine Verwicklung in den Anschlag, wurde jedoch fünf Tage später, zusammen mit dem amerikanischen JDL-FührerIrv Rubin, selbst beim Versuch erwischt, bei Zündel einzubrechen, und daher von der Polizei festgenommen.[7]
Am 5. Februar 2003 wurde Zündel in den USA wegen Verstoßes gegen die amerikanischen Einwanderungsbestimmungen verhaftet und am 19. Februar 2003 nach Kanada abgeschoben, obwohl seine Aufenthaltsberechtigung in Kanada abgelaufen war. Er versuchte,Flüchtlingsstatus in Kanada zu erhalten, um eineAuslieferung nach Deutschland zu vermeiden. Bei derStaatsanwaltschaft Mannheim lag seit 2003 einHaftbefehl wegen Verdachts aufVolksverhetzung gegen ihn vor.
Am 24. Februar 2005 bewilligte die kanadische Justiz die Auslieferung Zündels nach Deutschland und ordnete seineAbschiebung an. Begründet wurde dies damit, Zündel stelle eine Gefahr für die nationale Sicherheit Kanadas dar. In seiner Entscheidung bezeichnete der Richter Zündel als heuchlerischenRassisten, der versucht habe, sich einpazifistisches Image zu geben, um seineextremistischen und antisemitischen Ansichten verbreiten zu können. Der Prozess um die Abschiebung Zündels war in Kanada nicht unumstritten, da ein sonst nur gegenTerroristen vorgesehenesSecurityCertificate-Verfahren angewandt wurde, in dem weder der Angeklagte noch sein Verteidiger die gegen ihn vorgebrachten Beweismittel überhaupt zu sehen bekommen. Am 1. März 2005 wurde er nachFrankfurt am Main ausgeflogen, dort festgenommen und zurUntersuchungshaft in dieJustizvollzugsanstalt Mannheim überführt.
Die Staatsanwaltschaft Mannheim erhob am 19. Juli 2005 gegen ihn Anklage vor demLandgericht wegen systematischer Leugnung desnationalsozialistischen Völkermords an den Juden durch Verbreitung von Schriften und Internetangeboten sowie Volksverhetzung in 14 Fällen durch antisemitische Hetze.
Der erste Prozesstag fand am 8. November 2005 statt und endete mit einem Eklat, bevor es zum Verlesen der Anklageschrift kam: Der Vorsitzende Richter entzog derPflichtverteidigerinSylvia Stolz das Mandat, da sie sich aufgrund ihrer Einlassungen in der Verteidigungsschrift möglicherweise selbst der Volksverhetzung strafbar gemacht habe. Weiterhin wurde der als „Assistent“ benannteHorst Mahler vom Verfahren ausgeschlossen, da gegen ihnBerufsverbot bestehe und seine Mitwirkung am Prozess somit strafbar sei. Die Verteidigung reagierte darauf gegen den Richter mit einemBefangenheitsantrag, der am 15. November 2005 ebenso scheiterte wie der Antrag der Verteidigung, die Öffentlichkeit von dem Prozess auszuschließen.
Der Prozess wurde ausgesetzt, bis ein neuer Pflichtverteidiger gefunden war. Der Haftbefehl gegen Zündel blieb bestehen. Der zweite Prozessbeginn fand am 9. Februar 2006 statt. Stolz hatte nun als Wahlverteidigerin in Zündels Team zurückkehren können. Das bestand unter anderem aus den beiden bereits wegen Volksverhetzung verurteilten AnwältenJürgen Rieger undLudwig Bock[8] sowie aus Herbert Schaller, der an derHolocaustleugnungskonferenz im Iran 2006 teilnahm. Am 31. März 2006 schloss dasOberlandesgericht Karlsruhe Zündels Verteidigerin Sylvia Stolz vom Verfahren aus, da diese ihre Verteidigungsaufgabe missbraucht, das Verfahren durch „prozessfremdes Verhalten“ sabotiert und trotzRedeverbots durch den Vorsitzenden Erklärungen mit „teilweise strafbarem nationalsozialistischem Inhalt abgegeben“ habe;[9] der Ausschluss wurde später vomBundesgerichtshof bestätigt.[10] Den Ausschluss bezeichneten Strafrechtsexperten als Novum in der deutschen Rechtsgeschichte.[11] Stolz wurde am 14. Januar 2008 vomLandgericht Mannheim wegen Volksverhetzung zu dreieinhalb JahrenFreiheitsstrafe verurteilt; außerdem wurde gegen sie ein fünfjähriges Berufsverbot ausgesprochen.[12]
In ihrem am 15. Februar 2007 verkündeten Urteilsspruch folgte die Kammer dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte Zündel wegenVolksverhetzung,Beleidigung undVerunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu fünf Jahren Haft.[13] Zündels Verteidiger hatten Freispruch gefordert.[14] Seine Anwälte legten gegen das UrteilRevision ein, die am 12. September 2007 vomBundesgerichtshof (BGH) verworfen wurde.[15][16] Daraufhin kündigte die Verteidigung an,Verfassungsbeschwerde einzureichen.[16] Am 1. März 2010 wurde Zündel nach Verbüßung seiner Haftstrafe in der JVA Mannheim entlassen.[17] Nach seiner Haftentlassung trat er erneut auf rechtsextremen und revisionistischen Veranstaltungen in Erscheinung.[18]
Am 5. August 2017 gab seine EhefrauIngrid Rimland seinen Tod bekannt. Er sei in seinem Geburtsort an einem Herzinfarkt verstorben.[19] Nach dem Tod der Ehefrau am 12. Oktober 2017 wurden die Inhalte der Zündel-Webseite gelöscht und durch einen Kondolenztext ersetzt.
DieZundelsite (Website von Ernst Zündel) wird in der deutschsprachigen Wikipedia ausRechtsgründen nicht verlinkt.
Personendaten | |
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NAME | Zündel, Ernst |
ALTERNATIVNAMEN | Zündel, Ernst Christof Friedrich; Zundel, Ernst |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Neonazi und Holocaustleugner |
GEBURTSDATUM | 24. April 1939 |
GEBURTSORT | Calmbach |
STERBEDATUM | 5. August 2017 |
STERBEORT | Bad Wildbad |