Die Phänomene der Elektrostatik rühren von denKräften her, die elektrische Ladungen aufeinander ausüben. Diese Kräfte werden vomcoulombschen Gesetz beschrieben. Ein klassisches Beispiel ist, dass geriebenerBernstein Teilchen anzieht (sieheGeschichte). Auch wenn die Kräfte klein erscheinen, ist die elektrische Kraft z. B. im Vergleich zurGravitation außerordentlich stark. So ist die elektrische Kraft zwischen einemElektron und einemProton (beide bilden zusammen einWasserstoffatom) um ungefähr 39Größenordnungen größer als ihre gegenseitigeMassenanziehung.
Die Elektrostatik ist Teilgebiet der klassischenElektrodynamik und behandelt den Spezialfall von unbewegten elektrische Ladungen und stationären, d. h. zeitlich gleichbleibenden elektrischen Feldern. Die Elektrostatik findet ihrAnalogon in derMagnetostatik, die sich mit stationärenMagnetfeldern befasst, wie sie beispielsweise von zeitlich gleichbleibendenelektrischen Strömen erzeugt werden.
Schon imAltertum war bekannt, dass bestimmte Materialien wie beispielsweise Bernstein nach dem Reiben an einem Tuch oder Fell kleine leichte Teilchen anziehen (sieheReibungselektrizität).William Gilbert setzte die Arbeiten vonPetrus Peregrinus aus dem 13. Jahrhundert fort und fand heraus, dass auch andere Stoffe durch Reibung elektrisiert werden können und entwickelte dasVersorium, eine frühe Bauform einesElektroskops.[1] Er führte in seinem 1600 erschienenen BuchDe Magnete, Magnetisque Corporibus, et de Magno Magnete Tellure (deutsch etwa:Über den Magneten, Magnetische Körper und den großen Magneten Erde) den demNeulateinischen entlehnten Begriff „electrica“ für die Erscheinungen ein, die er im Zusammenhang mit dem Bernstein entdeckte, „elektron“ stammt vom griechischen Wort fürBernstein.[2]
Die von einer gegebenen Ladung auf ein Objekt ausgeübte Kraft istproportional zur Ladung des Objektes. Sie lässt sich also durch die Gleichung beschreiben. Hier ist dieFeldstärke des die Ladung begleitenden elektrischen Feldes.
Von einem äußeren elektrischen Feld werden inelektrischen Leitern undIsolatoren unterschiedliche Effekte hervorgerufen. Die freien elektrischen Ladungen in Leitern, z. B. dieLeitungselektronen der Metalle, verschieben sich makroskopisch solcherart, dass das elektrische Feld im gesamten Inneren des Leiters verschwindet (siehefaradayscher Käfig). Dieses Phänomen wirdInfluenz genannt. Andererseits reagieren die lokal gebundenen Ladungen in einem Isolator, also dieElektronen undKerne der Atome, durch eine gegenseitige Verschiebung, wodurch der Isolatorpolarisiert wird.
Das von einem elektrostatischen Feld auf eineProbeladung wirkende Kraftfeld istkonservativ, das heißt, dass diepotentielle Energie der Probeladung im elektrostatischen Feld nur abhängig ist von der Position der Probeladung, nicht aber vom Weg, auf dem die Probeladung nach bewegt wurde. Das bedeutet auch, dass sich das elektrostatische Feld alsGradient eineselektrischen Potentials darstellen lässt. Die potentielle Energie einer Probeladung im Potential ist also. Die Differenz zweier elektrischer Potentiale entspricht derelektrischen Spannung. Das Verschwinden des elektrischen Feldes,, ist gleichbedeutend mit räumlich konstantem elektrischen Potential = konst.
Das Feld und damit auch das Potential einer beliebigen Ladungsverteilung in einem homogenen Isolator lässt sich leicht anhand der aus dem coulombschen Gesetz abgeleiteten Gesetzmäßigkeiten berechnen. Das Feld in einem Leiter verschwindet. Eine solche Berechnung ist bei räumlichen Anordnungen von Leitern, Nichtleitern und Ladungen nur in wenigen Fällen einfach.
Illustration des elektrischen Feldes und der Äquipotentialflächen um eine positive Ladung im RaumFeldlinien einer positiv geladenen, unendlich ausgedehnten Ebene
Für den elektrostatischen Spezialfallstationärer magnetischer Felder () und verschwindenderelektrischer Ströme () folgt aus dem coulombschen Gesetz und der Definition des elektrischen Feldes für das von einer Punktladung am Ort erregte elektrische Feld am Ort
Das elektrische Feld ist ein gerichtetesVektorfeld. Für einepositive Ladung ist es genau von der Ladung weg, für einenegative Ladung zur Ladung hin gerichtet, was gleichbedeutend ist mit der Abstoßung gleichnamiger und der Anziehung entgegengesetzter Ladungen. Seine Stärke ist proportional zur Stärke der Ladung und umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstands von. Der Proportionalitätsfaktor (sieheDielektrizitätskonstante) ist dieCoulomb-Konstante
Das Maß der elektrischenFeldstärke in SI-Einheiten ist
Das von einer Menge an Ladungen erregte Feld ist die Summe der Teilbeiträge (Superpositionsprinzip)
Oder im Fall einer kontinuierlichen Raumladungsverteilung dasIntegral
Dasgaußsche Gesetz beschreibt, dass derFluss des elektrischen Feldes durch eine geschlossene Oberfläche proportional zur Stärke der von der Oberfläche umschlossenen Ladung ist
Die Gültigkeit der elektrostatischen Approximation beruht auf der Annahme von rotationsfreien elektrischen Feldern
Betrachtet man das Faraday'sches Induktionsgesetz unter oberer Annahme, so folgt hieraus, dass das zeitlich veränderliche Magnetfeld verschwindet
Mit anderen Worten ausgedrückt: Die Elektrostatik macht keine Annahme darüber, obzeitlich konstante Magnetfelder existieren oder nicht. Weiterhin schließt die Approximation die Anwesenheit zeitlich veränderlicher elektrischer Felder sowie elektrische Ströme nicht aus. Wenn magnetische Felder oder elektrische Strömeexistieren, so dürfen sich diese nicht oder schlimmstenfalls nursehr langsam mit der Zeit verändern. Elektrostatik sowie Magnetostatik können beide auch alsGalileischer Grenzfall für den Elektromagnetismus betrachtet werden.
Die Potentialdifferenz zwischen zwei Punkten bezeichnet man alselektrische Spannung. Das Produkt aus der Ladung eines Teilchens und der Spannung zwischen zwei Punkten ergibt die Energie, die man benötigt, um das Teilchen von einem Punkt zum anderen zu bringen. Die Einheit des elektrischen Potentials und der elektrischen Spannung istVolt. Gemäß der Definition von Potential und Spannung gilt Volt =Joule/Coulomb.
Das Potential berechnet sich wie folgt:
Die Integrationsgrenzen ergeben sich aus der Wahl desNullniveaus. Oft wird dies willkürlich in unendlicher Entfernung festgelegt. Eine Punktladung, die sich am Ort befindet, verursacht am Ort das Potential:
Im Fall einer kontinuierlichen Raumladungsverteilung ist das elektrische Potential durch das folgendeIntegral gegeben:
Ist es nicht möglich, eine analytische Lösung des Integrals zu finden, so kann man in eine Potenzreihe entwickeln,sieheMultipolentwicklung oder beiLegendre-Polynom.
Das Konzept der Spannung stößt an seine Grenzen, wenn dynamische Vorgänge auftreten. Für veränderliche Magnetfelder lässt sich zwar noch eine Induktionsspannung definieren, jedoch ist diese nicht mehr über eine Potentialdifferenz definierbar. Auch ist die für eine Bewegung der Ladung von einem Punkt zum anderen benötigte Energie nur so lange gleich der Potentialdifferenz zwischen den Punkten, wie die Beschleunigung vernachlässigbar klein ist, da nach der Elektrodynamik beschleunigte Ladungenelektromagnetische Wellen aussenden, die ebenfalls in der Energiebilanz berücksichtigt werden müssen.
In einemPlattenkondensator besteht ein näherungsweise homogenes Feld. Ist die Ladung der einen Platte und die der anderen Platte entsprechend, und beträgt die Größe einer Plattenfläche, so ergibt sich das elektrische Feldbetragsmäßig zu
Ist der konstante Plattenabstand, und bringt man eineinfinitesimal kleine Ladung von der einen auf die andere Platte, so muss gegen das elektrische Feld die infinitesimale Arbeit mit dem Betrag
verrichtet werden. DerEnergieerhaltung wegen muss diese Arbeit zu einer Erhöhung der Energie des Kondensators führen. Diese kann aber nur im elektrischen Feld stecken. Durch den Ladungsübertrag erhöht sich die Feldstärke um betragsmäßige
.
Auflösen nach und Einsetzen in die Arbeit ergibt
.
Nun ist aber gerade das Volumen des Plattenkondensators, in dem sich das komplette elektrische Feld befindet (im idealen Plattenkondensator lässt sich zeigen, dass das elektrische Feld außerhalb des Plattenkondensators verschwindet, d. h. dort ist).Aufintegrieren und Teilen durch ergibt dieEnergiedichte
Elektrostatische Entladung, z. B. nach dem Aufladen durch Laufen über Teppichböden, Benutzen von Kunststoff-Geländern, Sitzen auf Sesseln mitKunstfaser-Bezug, Kämmen mit Plastik-Kamm, Ausziehen eines Kunstfaser-Pullovers
Erzeugung hoher Spannungen durch Transport statischer Ladungen (in Forschung, Lehre, Industrie):