Egon Franke (*11. April1913 inHannover; †26. April1995 ebenda) war ein deutscherPolitiker (SPD). Er war vom 22. Oktober 1969 bis zum 4. Oktober 1982Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen und vom 17. September bis zum 1. Oktober 1982Vizekanzler derBundesrepublik Deutschland.
Nach dem Besuch derVolksschule absolvierte Egon Franke eine Lehre zumTischler und bildete sich anschließend an einer Kunstgewerbeschule zumKunsttischler fort.
1929 trat Franke der SPD bei. Bis 1933 war er Vorsitzender derSozialistischen Arbeiterjugend in Hannover.
Von 1933 bis zu seiner Verhaftung 1934 gehörte er der linkssozialdemokratischenWiderstandsorganisationSozialistische Front an. 1935 wurde er wegen Vorbereitung zumHochverrat verurteilt und verbrachte zweieinhalb Jahre imZuchthaus.
Von 1943 bis 1945 nahm er als Soldat imStrafbataillon 999 amZweiten Weltkrieg teil und geriet nach Fronteinsatz und Verwundung in amerikanischeKriegsgefangenschaft.
Nach der Entlassung aus der Gefangenschaft gehörte Franke 1945 zu den Mitbegründern der SPD in der StadtHannover und im damaligenLand Hannover.
Von 1945 bis 1947 war FrankeRatsherr der Stadt Hannover. Vom 23. August 1946 bis zum 29. Oktober 1946 war er Mitglied desernannten Hannoverschen Landtages (dort stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion), vom 9. Dezember 1946 bis zum 28. März 1947 Mitglied desernannten Niedersächsischen Landtages und vom 20. April 1947 bis zum 30. April 1951Mitglied des ersten gewähltenNiedersächsischen Landtages.[1]
Von 1947 bis 1952 war Egon Franke hauptamtliches Mitglied im SPD-Parteivorstand. Von 1952 bis 1970 war er Bezirksvorsitzender der SPD Hannover und von 1950 bis 1970 Vorsitzender des Landesausschusses derSPD Niedersachsen. Von 1964 bis 1973 war Franke Mitglied des Präsidiums der SPD. Innerparteilich positionierte sich Franke bei denKanalarbeitern, einer Gruppe vorwiegend nicht-akademischer Abgeordneter des rechten, gewerkschaftsnahen Parteiflügels, die bis in die 1980er Jahre über erheblichen Einfluss verfügte und deren führender Kopf er seit Anfang der 1960er Jahre war. Seine Rolle als Wortführer der Kanalarbeiter brachte ihm den Spitznamen „Canale Grande“ ein.[2]
Am 6. Mai 1951 wurde Egon Franke imWahlkreis Hannover-Nord für den verstorbenenBruno Leddin in den erstenDeutschen Bundestag nachgewählt. Das Mandat wurde am 17. Mai wirksam.[3] Dem Parlament gehörte er seitdem bis zum Ende der 10.Wahlperiode am 18. Februar 1987 an. Mit Ausnahme derBundestagswahl 1957 wurde er in seinem Wahlkreis stets direkt gewählt: 1953 und 1961 im Wahlkreis Nr. 40 „Stadt Hannover-Nord“, 1965 bis 1976 im Wahlkreis Nr. 36 „Hannover I“, 1980 und 1983 im Wahlkreis Nr. 36 „Stadt Hannover I“. Vom 13. Dezember 1966 bis 1969 war er stellvertretender Vorsitzender derSPD-Bundestagsfraktion und vom 26. Januar 1967 bis 1969 Vorsitzender desBundestagsausschusses für gesamtdeutsche und Berliner Fragen.
Im Zuge der Diskussionen um dieAPO veröffentlichte Franke einen Offenen Brief an einen jungen Anhänger der APO.[4]
Nach derBundestagswahl 1969 wurde er am 22. Oktober 1969 zumBundesminister für innerdeutsche Beziehungen in der vonBundeskanzler Willy Brandt (SPD) geführtensozial-liberalenBundesregierung ernannt.[5] Dieses Amt behielt er ab 1974 auch unter BundeskanzlerHelmut Schmidt (SPD) bei. Mit 13 Jahren Amtszeit imBundesministerium für innerdeutsche Beziehungen war er Rekordhalter in diesem Ressort, das von 1949 bis 1969 „Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen“ hieß und bis zum 18. Januar 1991 bestand.[6] Zudem war er der einzige Bundesminister, der während der gesamten Amtszeit der SPD-Bundeskanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt im gleichen Ressort amtierte.
Als Minister befürwortete er den von Bundeskanzler Helmut Schmidt konzipiertenNATO-Doppelbeschluss auch gegenüber innerparteilichen Gegnern.
Nach dem Bruch dersozialliberalen Koalition war er ab dem 17. September 1982 zusätzlichVizekanzler. Mit der Wahl vonHelmut Kohl (CDU) zum neuen Bundeskanzler am 1. Oktober 1982 endete die Amtszeit der kurzzeitigen SPD-Minderheitsregierung. Bis zum Amtsantritt des von denCDU/CSU- undFDP-Bundestagsfraktionen getragenen christlich-liberalen Kabinetts am 4. Oktober 1982 blieben Franke und die übrigen SPD-Minister geschäftsführend im Amt.
Nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt geriet sein Umgang mit öffentlichen Geldern in die Kritik. Franke und seinMinisterialdirektor Edgar Hirt hatten zwischen 1979 und 1982 knapp 6,02 Millionen Mark (das entspricht inflationsbereinigt heute ca. 6.300.000 EUR), die für humanitäre Maßnahmen in derDDR, insbesondere für denHäftlingsfreikauf bestimmt waren, für andere Zwecke verwendet und durch falsche Deklaration derparlamentarischen Kontrolle entzogen.[7] Franke wurde am 17. Dezember 1986 vomLandgericht Bonn von der Anklage wegenUntreue freigesprochen, während Hirt im gleichen Prozess wegen Untreue in Tateinheit mitBetrug zu einerFreiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt wurde.[8]
Nach derBundestagswahl 1983 wäre Egon Franke entsprechend der Tradition als ältestes MitgliedAlterspräsident des Bundestages gewesen, nachdem er bereits 1980 nachHerbert Wehner (SPD) undFranz Amrehn (CDU/CSU) drittältester Abgeordneter gewesen war. Aufgrund der gerade anhängigen Untersuchungen verzichtete er jedoch zugunsten des nächstjüngeren Abgeordneten und SPD-ParteivorsitzendenWilly Brandt darauf, die Eröffnungsrede des Bundestages zu halten. ZurBundestagswahl 1987 trat Egon Franke nicht mehr als Kandidat an und schied damit nach rund 36 Jahren Mitgliedschaft aus dem Bundestag aus.
Parteiämter
Abgeordnetenmandate
Regierungsämter
Personendaten | |
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NAME | Franke, Egon |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (SPD), MdL, MdB |
GEBURTSDATUM | 11. April 1913 |
GEBURTSORT | Hannover |
STERBEDATUM | 26. April 1995 |
STERBEORT | Hannover |