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Staats- und Regierungsformen der Welt |
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(Angabende jure laut Verfassung, nicht zwangsläufigde facto. Stand: 2024) |
DasDirektorialsystem ist eine Organisationsform der Führungsspitze[1] und zugleich im politischen Kontext einRegierungssystem. Alternativbezeichnung sind für letzteresDirektoriales Regierungssystem oderDirektorialverfassung.
Kennzeichnend ist, dass ein Mitglied der Instanz (z. B. eines Unternehmens) besondere Rechte bei der Willensbildung hat und Entscheidungen mit einem Alleinentscheidungsrecht, mit einem Entscheidungsrecht gegen eine qualifizierte Mehrheit oder mit einem Entscheidungsrecht gegen eine einfache Mehrheit herbeiführen kann.
Beim Direktorialsystem liegt die gesamte Entscheidungsbefugnis und somit auch die Verantwortung in einer Hand. Die nachgeordneten Stellen haben nur geringen Entscheidungsspielraum. Die Führung ist straff und einheitlich.
Aufbauend auf der organisatorischen Vorstellung hat sich der Begriff in derPolitikwissenschaft als ein Regierungssystem eingebürgert, bei dem die Regierung (Exekutive) vomParlament (Legislative) nicht abhängig ist, das heißt, nicht durch einMisstrauensvotum gestürzt werden kann oder direkt von Wählern[2] gewählt wird. Die Exekutivgewalt wird von einem Direktorium ausgeübt, das aus mehreren gleichberechtigten Mitgliedern besteht. In der Regel übernimmt die Regierung zugleich die Aufgaben einesStaatsoberhaupts. Der Vorsitzende des Direktoriums besitzt alsPrimus inter pares eine Sonderstellung und ist meistde facto Staatschef. Ihm sind aber wesentlich weniger Aufgaben und Kompetenzen zugewiesen als in anderen Regierungsformen.
Die nachfolgenden Verwaltungsbehörden sind an die Entscheidungen des Direktoriums gebunden. In der Realität wurden die Direktorien aber oftmals nicht von einem demokratischen Parlament gewählt, sondern ernannt oder sie haben sich autonom eingesetzt.
Das Modell für alle anderen Direktorialsysteme ist die Direktoriumsverfassung, mit derFrankreich nach dem Sturz derJakobinerherrschaft von 1795 bis 1799 regiert wurde.[3]
Auch das nach demPrager Fenstersturz von den oppositionellen protestantischen Ständen installierte System Böhmens war ein Direktorialsystem.
Das helvetische Direktorium war von 1798 bis 1803 die Exekutive in derHelvetischen Republik (Schweiz).
Die nach der Revolution vom Februar 1917 gebildete Russische Provisorische Regierung war im Juli 1917 ebenfalls in ein Direktorium umgebildet worden.
Das einzigartigeRegierungssystem der Schweiz wird in der heutigenPolitikwissenschaft ebenfalls in Anlehnung an die historischen Vorbilder als Direktorialsystem bezeichnet. Hierbei stellt derBundesrat auf Bundesebene bzw. derRegierungsrat (in der Westschweiz: Staatsrat) auf kantonaler Ebene das Direktorium dar. Es existiert kein Regierungschef; der jeweils für ein Jahr gewählteBundespräsident (Bund) beziehungsweiseRegierungs- oder Staatsratspräsident oderLandammann (Kantone) ist nur einPrimus inter pares, also den anderen Exekutivmitgliedern weitestgehend gleichgestellt.
Die schweizerischeKonkordanzdemokratie zeichnet sich überdies dadurch aus, dass das Parlament weder einen Regierungschef noch die Regierung als Ganzes, sondern – auf Bundesebene – die einzelnen Regierungsmitglieder entsprechend der Parteistärke wählt. Von 1959 bis 2008 und erneut seit 2015 gilt eine alsZauberformel bezeichnete Parteienverteilung der Regierungsmitglieder, gemäss der die drei grössten Parteien je zwei und die viertgrösste einen Bundesrat stellen soll.
Auf kantonaler Ebene werden die Regierungsmitglieder – anders als der Bundesrat – nicht vom jeweiligen Kantonalparlament, sondern direkt vom Volk gewählt. Damit werden diese Wahlen zu Persönlichkeitswahlen, die Parteizugehörigkeit spielt nur eine untergeordnete Rolle. Dennoch werden meist die Kandidaten der etablierten Parteien gewählt, so dass eine gewisse an den Parteienstärke orientierte Verteilung resultiert. Manchmal trifft letzteres nicht zu, und es kommt vor, dass eine grosse Partei nicht in der Regierung vertreten ist, stattdessen aber eine kleine.[4]