Dacia Maraini (ˈdaːtʃa maraˈiːni) wurde als Tochter von TopaziaAlliata, einer Prinzessin aus einer verarmten sizilianischenAdelsfamilie, undFosco Maraini, einem Anthropologen und Japanologen, in Fiesole bei Florenz geboren. In ihren ersten Kindheitsjahren besuchte sie das elitäre Mädcheninternat Istituto Statale della Ss. Annunziata in Florenz.
Mit einem Forschungsstipendium des Vaters siedelte die den Faschismus ablehnende Familie 1938 nachJapan über, wo noch zwei Schwestern geboren wurden. Die liberaleantifaschistische Haltung sowie die Weigerung, die japanischen Militärgesetze zu akzeptieren, wurden der Familie 1943 nach der italienischen Kapitulation zum Verhängnis. Für zwei[1][2] Jahre wurden die Marainis in diversenInternierungslagern inhaftiert.
Nach Kriegsende musste die Familie 1946 nach Italien zurückkehren. Die Armut zwang sie jedoch dazu, nicht zurück nach Florenz, sondern zu den Großeltern mütterlicherseits in die StadtBagheria aufSizilien zu gehen. Die mittlerweile 13-jährige Dacia Maraini wurde mit den traditionellen Verhaltensweisen Süditaliens konfrontiert und reagierte darauf verstört. In dieser Zeit fing sie zum ersten Mal an, ihre Erfahrungen auf Papier zu bringen.
Als sich die Eltern getrennt hatten, lebte Dacia Maraini zunächst bei ihrer Mutter inPalermo, um mit ihren beiden Schwestern die Schule zu beenden. Sie litt sehr unter der Trennung vom Vater, zu dem sie eine sehr enge Bindung hatte. Sie entschied sich mit 18 Jahren, zu ihm, der mittlerweile von Florenz nachRom übergesiedelt war, zu ziehen. Maraini beendete dort die Schule und begann, Kurzgeschichten in Zeitungen zu veröffentlichen und sich weiter dem Schreiben zu widmen. Im Jahr 1956 war sie Mitgründerin der ZeitschriftTempo della letteratura und schloss sich italienischen Literaturkreisen an.
Ihren ersten RomanLa vacanza (Tage im August) veröffentlicht Maraini 1962. Für den ein Jahr später folgenden RomanL'età del malessere (Zeit des Unbehagens) erhielt sie den Literaturpreis Formentor.[3]
Im Jahr 1959 heiratete sie den MalerLucio Pozzi.[4] Die Ehe wurde nach zwei Jahren geschieden; Maraini litt unter dem belastenden Erlebnis einer Totgeburt. Durch Pozzi wurde sie in die Literaturszene eingeführt – sie konzentrierte sich zu diesem Zeitpunkt vor allem auf ihre Romane – und trat derGruppo 63, einer Vereinigungneorealistischer Autoren, bei. Wenig später ging sie eine fast 20 Jahre währende Lebensgemeinschaft mit dem SchriftstellerAlberto Moravia ein, in dessen Schatten sie oft stand. Von den Kritikern wurde sie oft lediglich als schreibende Freundin Moravias angesehen. Durch die Veröffentlichung zahlreicher weiterer Werke in den folgenden Jahren, darunter Kurzgeschichten,Essays, Lyrik und Komödien, konnte sich Maraini schließlich durchsetzen und einen eigenen Namen machen.
Während der 1970er Jahre schloss sich Maraini derFrauenbewegung Italiens an. Sie wurde Mitglied derRivolta femminile sowie desMovimento femminile romano und nahm anHausbesetzungen undDemonstrationen teil. Diese Phase spiegelt sich auch in Marainis Literatur wider, vor allem in ihrem feministischen RomanDonna in guerra (1975).
Dacia Maraini kann als erste Schriftstellerin Italiens angesehen werden, die sich speziell mit Themen wieVergewaltigung,Inzest,Prostitution oder lesbischer Liebe aus feministischer Sicht auseinandersetzt und in ihren Werken die Rolle der Frau in unterschiedlichen Lebensbereichen aufgreift. Auch wenn sich Maraini in den 1980er Jahren etwas vom Feminismus distanziert, steht in ihren aktuellen Werken noch immer die Frau im Mittelpunkt, und sie setzt sich nach wie vor politisch für Frauenrechte undGleichberechtigung ein.[5]
1992 gründete Maraini mit Journalistinnen und Schriftstellerinnen das feministische NetzwerkControparola. Hintergrund war, das Ansehen der Frau in der Medienlandschaft und in der Gesellschaft zu stärken. Das Netzwerk nahm öffentlich Stellung zu aktuellen Frauenthemen und arbeitete in einer Reihe von epochenbezogenen Bänden die Rolle und den Einfluss von Frauen heraus.[6]
Winterschlaf. Zwölf Erzählungen. Rotbuch-Verlag, Berlin 1984, Übersetzung: Gudrun Jäger,ISBN 9783880222922 (auch u. d. T.Mein Mann. Wagenbach, Berlin 2002).
L’uomo tatuato. A. Guida, Neapel 1990.
La ragazza con la treccia. Viviani, Rom 1994.
Mulino, Orlov e Il gatto che si crede pantera. Stampa alternativa, Viterbo 1994.
Un sonno senza sogni; Gita in bicicletta a Mongerbino. Drago, Bagheria 2006.
Ragazze di Palermo. Corriere della Sera, Mailand 2007.
Il ricatto a teatro e altre commedie. Einaudi, Turin 1970.
Viva l’Italia. Einaudi, Turin 1973.
La donna perfetta. La Biennale, Venedig 1974.
La donna perfetta seguito da Il cuore di una vergine. Einaudi, Turin 1975.
Don Juan. Einaudi, Turin 1976.
Dialogo di una prostituta con un suo cliente. Con un dibattito sulla decisione di fare il testo e la preparazione dello spettacolo. Mastrogiacomo-Images 70, Padua 1978.
I giorni di Antigone - Quaderno di cinque anni. 2006.
Sulla mafia. Piccole riflessioni personali Perrone, Rom 2009.
Il bambino Alberto. 1986.
Der Junge Alberto. Gespräche mit Alberto Moravia.Das Mädchen und der Träumer. Übersetzung: Traute Rafalski. Folio, Wien/Bozen 2017,ISBN 9783923854325.
„Geleitwort von Dacia Maraini“. In:Pier Paolo Pasolini:Derheilige Paulus. (Originaltitel:San Paolo. 1977)Filmdrehbuch mit einem einführenden Geleitwort von Dacia Maraini über ihre Freundschaft mit Pier Paolo Pasolini,Alberto Moravia undMaria Callas. Übersetzt, hrsg. und mit einem kritischen Fußnotenapparat versehen vonDagmar Reichardt und Reinhold Zwick. Schüren Verlag, Marburg 2007, S. 7–10.
La moda è la spuma dell’onda. Intervista a Dacia Maraini. Kommentiertes Nachwort in Form eines Interviews überMode undKultur mit Dacia Maraini von Dagmar Reichardt und Carmela D’Angelo. In:Moda Made in Italy. Il linguaggio della moda e del costume italiano. Hrsg. und mit einer Einleitung von Dagmar Reichardt und Carmela D’Angelo. Franco Cesati Editore, (Civiltà italiana. Terza serie, Nr. 10), Florenz 2016,ISBN 978-88-7667-576-8, S. 209–216.
Enrico Ghidetto, Giorgio Luti:Dizionario critico della letteratura italiana del Novecento. Editori Riuniti, Rom 1997 (italienisch).
Barbara Heinzius:Feminismus oder Pornographie? Zur Darstellung von Erotik und Sexualität im Werk Dacia Marainis. Röhrig Universitätsverlag, St. Ingbert 1995,ISBN 3-86110-056-8 (=Sofie. Saarländische Schriftenreihe zur Frauenforschung, Band 1; zugleichDissertationUniversität Saarbrücken 1994).