Der Ort Crostwitz liegt zwischen 160 und180 m ü. NHN an beiden Seiten des BachesSatkula, der etwas nördlich des Ortes in dasKlosterwasser mündet. Gemeinsam mitPanschwitz-Kuckau zählt die Gemeinde zum sogenannten„Oberland“ (sorb.Horjany) der ehemaligen KlosterpflegeSt. Marienstern. Im östlichen Teil der Siedlung, südlich und westlich umflossen vom Bach, befindet sich der Kirchberg mit derKatholischen Kirche, dem Crostwitzer Friedhof, der Schule und einigen älteren Wohn-, teilsFachwerkhäusern. Der größere Teil des Ortes erstreckt sich jedoch auf der Westseite der Satkula in Richtung Panschwitz-Kuckau. Die nächste höhere Erhebung ist derGalgenberg/Šibjeńca (207,9 m ü. NHN) am nordöstlichen Ortsausgang in RichtungJeßnitz.
Crostwitz auf einem Meßtischblatt, Sekt. Kloster Marienstern, 1884
In der Nähe des OrtsteilsKopschin befinden sich die Reste einer alten slawischen Burgwallanlage, die sogenannteKopschiner Schanze.
Der Ort wurde bereits 1225 als Herrensitz desHenricus de Crostiz urkundlich erwähnt. Die Pfarrkirche von Crostwitz hatte seit dem 13. Jahrhundert eine große Bedeutung für die Region zwischen Panschwitz,Storcha undRosenthal. Die meisten anderen Kirchen in dieser Gegend wurden erst später errichtet.
Die Planungen für dieSächsische Nordostbahn sahen eine Streckenführung vonBautzen über Crostwitz in RichtungKamenz vor. Mit dem ausbrechendenErsten Weltkrieg und nicht zuletzt auch aufgrund heftiger Widerstände in der Bevölkerung wurde der Bau jedoch abgebrochen und nicht wieder aufgenommen.
Im Rahmen der nationalsozialistischenVolkszählung 1939 bekannten sich in der ganzen Lausitz insgesamt 595 Menschen zur „wendischen Volkszugehörigkeit“, obwohl dies aufgrund der propagierten Charakterisierung der Sorben als „deutscher Stamm“ ausdrücklich unerwünscht war. Von diesen sogenannten „Bekenntniswenden“, die im Unterschied zu jenen Sorben, die eine deutsche Volkszugehörigkeit angaben, ein politisches Problem für das Regime darstellten, kamen allein 364 aus Crostwitz. Hier hatte Pfarrer Jan Wjenka im Vorfeld dazu aufgerufen, sich ungeachtet der staatlichen Nationalitätenpolitik zum Sorbentum zu bekennen.[4]
In Crostwitz wurde am 10. Mai 1945 (nur fünf Tage nach Ende der letzten Kampfhandlungen) der Dachverband der sorbischen Vereine, dieDomowina, neugegründet.
Crostwitz liegt im Südosten dessorbischen Kernsiedlungsgebietes und ist eines von dessen Zentren. Im Jahr 2001 sprachen 85,4 % der Einwohner der GemeindeObersorbisch.[6] Die Bevölkerungsmehrheit ist zudem katholischen Glaubens.
Für seine Statistik über diesorbische Bevölkerung in der Oberlausitz hatteArnošt Muka in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts für den Ort eine Bevölkerungszahl von 538 Einwohnern ermittelt, davon waren 523 Sorben (97 %) und 15 Deutsche.[7]Ernst Tschernik zählte 1956 in der Gemeinde Crostwitz einen sorbischsprachigen Bevölkerungsanteil von nur noch 73,9 %, bedingt v. a. durch den Zuzug von Umsiedlern aus den ehemaligen Ostgebieten.[8]
Laut derVolkszählung von 2011 waren zu diesem Zeitpunkt von 1.058 Einwohnern 984römisch-katholisch (93 %), 15evangelisch (1,4 %) und 59 gehörten einer anderen oder keiner Glaubensgemeinschaft an (5,6 %).[9] 2022 lag der Anteil der katholischen Bevölkerung bei 90,0 %, 2,3 % evangelisch und 8,0 % gehörten einer anderen oder keinerGlaubensgemeinschaft an.[10] Damit ist Crostwitz jene Gemeinde in Sachsen mit dem höchsten Anteil an Katholiken.
Überall an den Wegrändern zeugen Kreuze, Betsäulen und sorbische Beschriftungen (an Straßenschildern, Geschäften, Schulen etc.) davon, dass Crostwitz zu den Zentren der lebendigensorbischen Sprache undKultur, hierkatholisch geprägt, zählt.
Der einzigeStolperstein in Crostwitz befindet sich im Ortsteil Horka; er wurde in sorbischer Sprache gestaltet und erinnert an Annemarie Kreidl, welche dort bei sorbisch-katholischen Adoptiveltern aufwuchs und nach diesen Annemarie Schierz (Hana Šěrcec) genannt wurde. Da ihre leiblichen Eltern Juden waren, wurde sie im Jahr 1942 verhaftet und wahrscheinlich im Jahr darauf vom NS-Regime ermordet.
Katholische Kirche St. Simon und JudaPfarrhofTypisches Wegkreuz an der Straße nach Siebitz
Bevor die Region unter BischofBenno von Meißen christianisiert wurde, befand sich an der Stelle der jetzigen Kirche ein heidnischer Tempel. Nachdem der katholische Glaube Einzug hielt, wurde dort zu Ehren der heiligen Apostel Simon und Juda Thaddäus eine kleine Holzkirche errichtet.
Sie ist alljährlich der Ausgangspunkt einerOsterreiterprozession. Nachdem die Reiter gemeinsam am Ostergottesdienst teilgenommen haben, reiten sie überSiebitz in die NachbargemeindePanschwitz-Kuckau, wo sie von den Ordensschwestern desKlosters St. Marienstern empfangen werden.
Auf dem Crostwitzer Kirchhof liegt der sorbische SchriftstellerJurij Brězan begraben.
Die in Crostwitz ansässige SportgemeinschaftSG Crostwitz 1981 (Sportowa jednotka Chrósćicy) ging aus dem ältesten sorbischen Sportverein, der 1896 gegründetenSerbowka hervor und ist heute der größte Verein der Gemeinde. Ab den 1930er Jahren hatte Crostwitz mitSokoł Chrósćicy eine eigene Fußballmannschaft. Heute spielt die Männermannschaft in der Landesklasse. Bis 2014 gab es auch eine Frauenmannschaft.
Der Crostwitzer Gemeinderat besteht aus elf Mitgliedern und tagt in sorbischer Sprache. DieGemeinderatswahl 2024 ergab folgende Stimm- bzw. Sitzverteilung:[12]
Eine zum 1. Juli 2011 angestrebte Gemeindefusion mit der NachbargemeindePanschwitz-Kuckau scheiterte an Meinungsverschiedenheiten der Gemeinderäte, unter anderem die künftige Tagungssprache betreffend.
Die Gemeinde Crostwitz verfügt über die sorbische GrundschuleJurij Chěžka mit 71 Schülern im Schuljahr 2022/23.[16]
2001 wehrten sich Eltern, Lehrer und Schüler der Mittelschule Crostwitz gegen deren vomsächsischen Kultusministerium verfügte Schließung („Crostwitzer Schulaufstand“,Chróšćan zběžk).[17] Ungeachtet ihrer Proteste und der Unterstützung seitens sorbischer Organisationen, der katholischen Kirche, der NachbarländerTschechien undPolen und desEuroparates schloss das Ministerium die Mittelschule Crostwitz zum Schuljahresende 2003.
Cornelius Gurlitt:Crostwitz. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 35. Heft:Amtshauptmannschaft Kamenz (Land). C. C. Meinhold, Dresden 1912, S. 12.
↑Ernst Eichler,Hans Walther:Ortsnamenbuch der Oberlausitz – Studien zur Toponymie der Kreise Bautzen, Bischofswerda, Görlitz, Hoyerswerda, Kamenz, Löbau, Niesky, Senftenberg, Weißwasser und Zittau (= Deutsch-slawische Forschungen zur Namenkunde und Siedlungsgeschichte.Band28). I Namenbuch. Akademie-Verlag, Berlin 1975,S.150.
↑Frank Förster:Die „Wendenfrage“ in der deutschen Ostforschung 1933–1945. Schriften des Sorbischen Instituts 43, Domowina-Verlag, Bautzen 2007, S. 103f.