DasCentre national d’art et de culture Georges-Pompidou, umgangssprachlich auchCentre Pompidou oderBeaubourg, von den Einheimischen auchLa Raffinerie genannt, ist ein staatliches Kunst- und Kulturzentrum im4. Arrondissement vonParis. Es wurde auf Initiative des ehemaligen französischen StaatspräsidentenGeorges Pompidou von den ArchitektenRenzo Piano,Richard Rogers undGianfranco Franchini entworfen und nach einer fünfjährigen Bauzeit am 31. Januar 1977 eröffnet. Tragwerksplaner warEdmund Happold vonArup.
DasCentre Pompidou soll französischen Staatsbürgern wie auch Fremden aller Gesellschaftsschichtenfreien Zugang zu Wissen garantieren. Es beherbergt dasMusée National d’Art Moderne (MNAM, Museum der Modernen Kunst, dessen RäumeGae Aulenti 1982–1985 neu gestaltete) mit bedeutenden Kunstwerken des 20. Jahrhunderts, dem ein Zentrum fürIndustriedesign angeschlossen ist, die BibliothekBibliothèque Publique d’Information (BPI) mit über 400.000 Medien[2] und 2000 Leseplätzen, das MusikforschungszentrumIRCAM (Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique), eine Kinderwerkstatt, Kino-, Theater- und Vortragssäle, eine Buchhandlung sowie ein Restaurant und ein Café.
Außenstelle an der Muelle Uno inMálaga, Spanien (2015)
Als erste Außenstelle wurde im Mai 2010 dasCentre Pompidou-Metz in der lothringischen Hauptstadt eröffnet. Das Gebäude entstand nach einem Entwurf des japanischen ArchitektenShigeru Ban.[3]
Im September 2014 wurde bekannt, dass das Centre Pompidou im Frühjahr 2015 eine weitere Außenstelle inMálaga eröffnet. Dabei handelt es sich um ein zeitlich befristetes Engagement, geplant war dasCentre Pompidou provisoire in den Räumen des KulturzentrumsEl Cubo für zunächst fünf Jahre. Der Vertrag wurde 2019 um weitere fünf Jahre bis 2025 verlängert.[4] In dieser Zeit werden in Málaga rund 90 Meisterwerke aus dem Bestand des Musée National d’Art Moderne präsentiert. Im Gegenzug erhält das Pariser Kulturzentrum von der Stadt Málaga jährlich zwischen 1 und 1,5 Millionen Euro.[5]
SchonAndré Malraux hatte als Kulturminister unter PräsidentCharles de Gaulle die Absicht, anstelle des unzureichenden und wenig besuchtenPalais de Tokyo ein repräsentatives Museum für die Kunst des 20. Jahrhunderts zu errichten. Diese Intention wurde von de Gaulles NachfolgerGeorges Pompidou geteilt. Dieser wollte damit unter anderem auch die Funktion von Paris als internationale Kunstmetropole gegenüberNew York stärken.
Eine zweite Wurzel des neuen Baus ergab sich aus der immer dringlicheren Notwendigkeit, die alte PariserNationalbibliothek zu entlasten, und eine große Präsenzbibliothek im Zentrum der Stadt zu schaffen.
Nachdem am 11. Dezember 1969 die offizielle Entscheidung für den Bau eines neuen Museums moderner Kunst gefallen war, wurde entschieden, dieses mit der ebenfalls notwendigen Bibliothek baulich zu verbinden. Nachdem im Februar 1970 die Vereinigung der beiden Projekte beschlossen war, kam es zügig zur Auslobung des Architektenwettbewerbs, zur Entscheidung der Jury vom 15. Juli 1971 für das Projekt Piano/Rogers und in der Folge zum Bau. Dieser wurde am 31. Januar 1977 von Pompidous NachfolgerValéry Giscard d’Estaing eröffnet. Als unumstrittener Bauplatz stand das nach dem Umzug des Großmarktes vonLes Halles nachRungis undLa Villette nicht mehr als LKW-Parkplatz benötigte Areal des Plateaus von Beaubourg im 4. Pariser Arrondissement zur Verfügung. Das ehemaligeQuartier Saint-Merri, ein seit 1906 alsÎlot insalubre wegen mangelnder Hygiene offiziell zum Abriss bestimmtes Altstadtviertel, war schon in den 1930er Jahren beseitigt worden und zur innerstädtischen Brachfläche geworden.
Von 1976 bis 1980 stifteteAlexander Iolas einen Teil seiner Sammlung moderner Kunst (insbesondere französischer Künstler) dem neuen Centre Pompidou.[6]
Von 2025 bis 2030 soll das Centre Pompidou zur Sanierung geschlossen werden.[7]
Von außen sichtbare Gebäudetechnik (2011)Eine Fußgängerröhre des Centre Pompidou (2002)
Das Tragwerk und Rohre für Gebäudetechnik und Erschließung wurden sichtbar an den Gebäudeaußenseiten angeordnet. Dabei sind das Tragwerk und die Belüftungsrohre weiß bemalt, die Beförderung (Treppen, Rolltreppen) rot, Elektrik gelb, Wasserrohre grün und die Rohre der Klimaanlage blau.[8] Dadurch bleiben die großen Nutzflächen im Inneren weitgehend frei von Stützen und sind flexibel nutzbar. Während die Rohre der Gebäudetechnik weitgehend auf der Ostseite („Rückseite“) verlaufen, befindet sich auf der Westseite („Vorderseite“) eine teilweise rote überdachte Rolltreppe, die diagonal über die komplette Fassade verläuft.
Dieser neue Fassadentypus und seine Gestaltung waren zur Entstehungszeit umstritten. Viele Zeitgenossen fühlten sich an Fabriken erinnert und empfanden die Architektur als unpassend hinsichtlich Ort und Nutzung. Das Gebäude wird als erste bedeutende Loslösung vom architektonischen Diskurs zwischen Modernismus und Postmoderne verstanden. Vorgesehen waren im Wettbewerbsentwurf höhenverstellbare Stockwerke und ein großer Fassadenbildschirm als Schnittstelle zwischen Museum und Stadt. Aus Geldmangel verzichtete man darauf.
Bereits 1978 wurde das Centre Pompidou für Dreharbeiten zumJames-Bond-FilmMoonraker – Streng geheim genutzt. Es sollte im Film das Drax-Forschungszentrum darstellen. Die Fußgängerröhre war Teil der Szene, in der James Bond zum ersten Mal auf Holly Goodhead trifft.
Von 1987, dem 10-jährigen Jubiläum der Eröffnung, bis 1996 war am Centre Pompidou eine großeCountdown-Uhr namensLe Génitron[10] befestigt, die die Sekunden bis zum Jahr 2000 herunterzählte. Wegen der geplanten Inbetriebnahme einer vergleichbaren Uhr amEiffelturm im April 1997 wurde die Uhr am Centre im August 1996 wieder demontiert.[11]
↑Chara Kolokytha:Destroy… Alexander Iolas: The Villa-Museum and the Relics of a Lost Collection. In:Arts. 3 (1), 2014, S. 105–115, vgl. S. 109;online verfügbar