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Camp (Kunst)

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Camp ist eine stilistischüberpointierte Art der Wahrnehmungkultureller Produkte aller Art (Film,Musik,Literatur,Bildende Kunst,Mode,Make-up etc.), die am Künstlichen und der Übertreibung orientiert ist; oft gehören die alscampy erlebten Werke der Trivial- oderPopulärkultur an, die hier jedoch nicht (nur) gedankenloser Zerstreuung dient, sondern eineästhetische Aufwertung erfährt.

Begriffsbestimmung

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Oscar Wilde

Schon der mit demDandytum der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert in Verbindung stehendeÄsthetizismus (in der Literatur z. B. beiOscar Wilde) kann als Vorläufer desCamp angesehen werden, dessen eigentliche Zeit jedoch in den 1950er und 1960er Jahren anzusiedeln ist. Es besteht eine gewisse Verbindung zurPop Art und anderen Kunstrichtungen dieser Zeit, die auf derAlltagskultur aufbauen. DieKritikerinSusan Sontag stellte in ihremEssayNotes on Camp einen Zusammenhang zwischenCamp undHomosexualität her.Camp hat im Englischen unter anderem die Bedeutung „affektiert“ oder „kitschig“.

Gaudí-KathedraleSagrada Família

Oft erlangen Gegenstände, Kunststile und Künstler „Camp-Status“, wenn sie imMainstream gerade – oder seit geraumer Zeit – aus derMode gekommen sind. Hier tut sich eine Nähe desCamp zurHistorisierung vergangener Populärkultur, zurRetro-Welle und zuabgesunkenen soziokulturellen Mentalitäten auf. Die Camp-Wahrnehmung sucht dabei nicht nach den „ewigen Werten“, die beispielsweise bei der Neuinterpretation von kulturellen Klassikern aus dem Strom der verflossenen Zeit gerettet werden sollen, sondern kapriziert sich gerade auf die vergänglichen Aspekte von Kunst und Darstellung. Besonders gern werden hier Werke und Personen wahrgenommen, die ihrer Epoche zeitloseArchetypik und Großartigkeit („die Frau“, „die Schönheit“, „das Biest“) vermitteln wollten und dabei mehr oder minder grandios scheiterten. So konnten auch die öffentlichen Auftritte eines Politikers wieGeneral de Gaulle, der im Alleingang die Würde einer ganzen Nation voll todernstemPathos repräsentieren wollte, alscampy empfunden werden. Auch das heillos überzogene Pathos der Architektur einesAntoni Gaudí oder die bereits selbstironisch überspitzte Darstellung einerSex-Ikone durchMae West waren klassischeCamp-Artikel.

Im engeren Sinne bezog sichCamp ursprünglich vor allem auf übertriebene, teilweise selbstironische Darstellungen nicht nur femininer Affekte, wie sie in derschwulen Subkultur sowie bei einigen klassischen weiblichen Hollywood-Stars (Bette Davis etc.) vorherrschten. Filmemacher wieJohn Waters undRosa von Praunheim verwendetenCamp in den 1970er Jahren zum Teil als stilprägend in ihren Werken. So entstandenKultfilme wiePink Flamingos von John Waters undDie Bettwurst von Rosa von Praunheim. Noch heute greifen (queere) Filmemacher aufCamp-Elemente zurück, aber eher als Reminiszenz an alte Filme.Camp findet sich zum Beispiel auch in der Filmkunst vonDavid Lynch wieder.

Ein inzwischen als überholt, lächerlich oder misslungen geltender Stil ist dabei nicht automatischCamp. NachSusan Sontag muss eine gewisseTheatralik,Leidenschaftlichkeit undVerspieltheit sichtbar werden;Camp-Ironie ist auch überwiegend auf sentimentale und liebevolle Weise ironisch, will die erwählten Gegenstände, Personen und Kunstwerke nie nur vorführen oder der Lächerlichkeit preisgeben. Ferner entsteht gutecampy Kunst eher naiv und unfreiwillig; halbherzig gewollte Adaption derCamp-Optik nannte Sontag verächtlichCamping.

Hohe Kunst oder pathetischerKitsch? Reizvolle Ambivalenz für Camp-Ästheten. Hier:Präraffaeliten

Eine gewisse Überschneidung dercamp-sensibility mitsemiotischer Kulturanalyse sollte ebenfalls beachtet werden. Anhänger des Camp-Geschmacks abstrahieren oft von den Inhalten der dargebotenen Artefakte, sie genießen Form, Dekor, Ornament und Variation – daher sind weitgehend festgelegte Genrekünste auch besonders dankbare Objekte fürCamp-Konsumenten. Die struktural-semiotische Analyse konzentrierte sich gleichfalls weniger auf die von Autoren und Künstlern intendierte Bedeutung von Kunstschöpfungen als auf das Beziehungsnetz und Spiel der Zeichen, auf die Mechanismen der Rezeption. Semiotiker wieUmberto Eco oderRoland Barthes schreckten denn auch nicht vor Analysen von Textilmode,Trivialromanen,Freizeitparks oderWrestling zurück.

Camp gibt es auch in den Werken des SchriftstellersChristian Kracht. Selbst im deutschen Schlager wollen manche (eher unfreiwillige)Camp-Aspekte entdecken, etwa in der MusikHoward Carpendales.Madonnas Verwendung vonCamp-Ästhetik, oft direkt den Trends schwuler Subkultur abgeschaut, bezeichnet dann bereits ein zentrales Problem desCamp: Ist das noch freundliches Zitat oder bereits exploitative Aneignung durch die etablierte Kulturindustrie?[1]

Camp hatte immer eher den Charakter des Geheimtipps, war meist das Goutieren abseitiger ästhetischer Aspekte derMassenkultur in urbanen Kleingruppen von Eingeweihten. Das Phänomen kann auch begriffen werden als zunächst recht exklusiveEmphatisierung des Banalen. Hingegen beklagen Kritiker eine Überdehnung desCamp-Konzepts, wenn beispielsweiseDoktorarbeiten überRudi Carrell oderHeinz G. Konsalik entstehen oderGuildo HornsSchlagerparodien undBully Herbigs Genresatiren mit einem Augenzwinkern zumKult erklärt werden. So sprichtDiedrich Diederichsen in ähnlichem Zusammenhang über „dieses eklige, moderne Wohlwollen der vermeintlichen Trivialität gegenüber“.[2]

Siehe auch

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Literatur

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  • Susan Sontag:Kunst und Antikunst. 24 literarische Analysen. 1980, Original 1962
  • Roland Barthes:Mythen des Alltags. 1964
  • Umberto Eco:Travels in Hyperreality. 1975
  • Diedrich Diederichsen:Sexbeat. 1972 bis heute. 1985
  • Andrew Bolton:Camp. Notes on Fashion. 2019

Weblinks

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Fußnoten

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  1. https://www.cicero.de/kultur/eurotrash-christian-kracht-abendland-am-ende-faserland-roman-literatur/plus
  2. Diederichsen, Diedrich:Sexbeat, Köln 1985, S. 104, zit. nachsatt.org
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