Borax | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Symbol | Brx[1] |
Andere Namen | Tinkal[2] |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) | Borate (früher: Carbonate, Nitrate und Borate) |
System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana | Vc/B.05 V/H.10-030 6.DA.10 26.04.01.01 |
Ähnliche Minerale | Kernit,Colemanit,Sassolin,Soda,Trona |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse;Symbol | monoklin-prismatisch; 2/m[7] |
Raumgruppe | C2/c (Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15[4] |
Gitterparameter | a = 11,89 Å;b = 10,65 Å;c = 12,21 Å β = 106,6°[4] |
Formeleinheiten | Z = 4[4] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 2 bis 2,5[8] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 1,715(5); berechnet: 1,70[8] |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {100}, unvollkommen nach {110}[8] |
Bruch;Tenazität | muschelig; spröde |
Farbe | farblos, weiß, grau, hellblau bis hellgrün, gelblich bis bräunlich |
Strichfarbe | weiß[8] |
Transparenz | durchsichtig bis undurchsichtig |
Glanz | Glasglanz, Harzglanz, erdig matt |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,447[9] nβ = 1,469[9] nγ = 1,472[9] |
Doppelbrechung | δ = 0,025[9] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Achsenwinkel | 2V = 39 bis 40° (gemessen); 32 bis 40° (berechnet)[9] |
Pleochroismus | farblos[7] |
Weitere Eigenschaften | |
Chemisches Verhalten | in Wasser undGlycerin löslich |
Der oder das[10]Borax,Borsaures Natron oder veraltet und allgemein ungebräuchlich auchTinkal,[2] ist ein selten vorkommendesMineral aus derMineralklasse derBorate mit derchemischen Zusammensetzung Na2[B4O5(OH)4]·8H2O[4]. Alternativ kann die chemische Zusammensetzung auch mit der Formel Na2B4O7·10H2O[5][6] ausgedrückt werden. Borax ist damit chemisch gesehen einDinatriumtetraborat-Decahydrat,[11] kurzNatriumtetraborat oderNatriumborat, lateinisch auchNatrium boracicum.
Borax kristallisiert immonoklinen Kristallsystem und entwickelt meist kurze, prismatische oder tafeligeKristalle mit harz- bis glasähnlichemGlanz auf den Oberflächen. Er kommt aber auch in Form erdiger, körniger oder massigerMineral-Aggregate vor. In reiner Form ist Borax farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund vonGitterbaufehlern oderpolykristalliner Ausbildung kann er aber auch durchscheinend weiß sein und durchFremdbeimengungen eine hellgraue, hellblaue oder hellgrüne Farbe annehmen. Mit einerMohshärte von 2 bis 2,5 gehört Borax zu den weichen Mineralen, die sich ähnlich wie das ReferenzmineralGips (Härte 2) mit dem Fingernagel ritzen lassen.
Borax ist ein wichtiger Rohstoff zur Herstellung verschiedenerBorverbindungen, die unter anderem in der Glas- und Keramikindustrie (Glasuren,Email) sowie alsFlussmittel beim Löten verwendet werden.
Borax, früher auchBaurach genannt, bezeichnete im Mittelalter unterschiedliche Nitrate (Salpeter) sowie das Metalllötmittelchrysocolla (Malachit oder basisches Kupferkarbonat; vergleiche auchChrysokoll) und wohl erst im 17. Jahrhundert den heutigen Borax (Natriumsalz der Borsäure). Borax wurde zuerst 1748 durch denschwedischenMineralogenJohan Gottschalk Wallerius wissenschaftlich beschrieben.
Der Name leitet sich über mittellateinischborax (mittelhochdeutschburas)[12] von dempersisch-arabischen Wort بورق (bauraq oderbūrak; persischbūrāh oderbūraq), das verschiedene Bedeutungen hatte, so unter anderem Pottasche, Salpeter und andere Nitrate sowie Borax und eventuell auch borsaures Natron.[13] Die Bezeichnung bezieht sich möglicherweise auf die arabische Bedeutung „weiß“.[7] Borax, dessen Herkunft unklar war, wurde im Mittelalter auch als „eyn gummi eynes boumes“ bezeichnet.[14]
Borax wurde schon in derAntike inChina fürGlasuren und inÄgypten zumEinbalsamieren benutzt.
In denVereinigten Staaten entdeckte derMineralogeJohn Allen Veatch das erste Vorkommen von Borax am 8. Januar 1856. Im September desselben Jahres gelangte er zum kalifornischenBorax Lake.[15]
Da der Borax bereits lange vor der Gründung derInternational Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt war, wurde dies von ihrerCommission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen und bezeichnet den Borax als sogenanntes „grandfathered“ (G) Mineral.[3] Die ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auchMineral-Symbol) von Borax lautet „Brx“.[1]
In der veralteten8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Borax zur gemeinsamen Mineralklasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung der „Gruppenborate (Soroborate)“, wo er zusammen mitTincalconit sowie im Anhang mitHalurgit undHungchaoit die „Tincalconit-Borax-Gruppe“ mit der System-Nr.Vc/B.05 bildete.
Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisiertenLapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser klassischen Systematik vonKarl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr.V/H.10-30. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Gruppenborate“ (planare und tetraedrische Gruppen [B3O5]1− bis [B6O10]2−), wo Borax zusammen mitDiomignit und Tincalconit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[16]
Die seit 2001 gültige und von derInternational Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Borax in die hier eigenständige Klasse der „Borate“ und dort in die Abteilung der „Tetraborate“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach der Art derKristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Insel-Tetraborate (Neso-Tetraborate)“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe6.DA.10 bildet.[17]
DieSystematik der Minerale nach Dana ordnet den Borax wie die veraltete Strunz'sche Systematik in die gemeinsame Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltigen Borate mitHydroxyl oderHalogen“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe26.04.01 innerhalb der Unterabteilung der „Wasserhaltigen Borate mit Hydroxyl oder Halogen“ zu finden.
Borax kristallisiert monoklin in derRaumgruppeC2/c (Raumgruppen-Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15 mit denGitterparameterna = 11,89 Å;b = 10,65 Å;c = 12,21 Å und β = 106,6° sowie 4Formeleinheiten proElementarzelle.[4]
In denAnionen des Borax liegen Tetraborat-Ionen vor, bei denen jedes Boratom mit zwei oder drei (bei zwei Atomen) weiteren Boratomen über eineSauerstoffbrücke miteinander verbunden ist. Zusätzlich ist jedes Boratom durch eineHydroxygruppe nach außen abgesättigt, so dass sich eine Formel von [B4O5(OH)4]2− für das Anion ergibt.[18]
Tetrabordinatriumheptaoxid-Hydrat bildet in wässriger Lösung dieselben Verbindungen wie Dinatriumtetraborat-Decahydrat.[19][20]
Beim Erhitzen verliert es bei etwa 100 °C einen Teil seinesKristallwassers und bildet ein Pentahydrat. Oberhalb von 400 °C erhält man wasserfreies Natriumtetraborat.[11]
Borax kommt in der Natur in kristalliner oder massiver Form ähnlich wieAnhydrit oderGips alsEvaporit vor, entsteht also bei der Austrocknung vonSalzseen, die dann auch als Boraxseen bezeichnet werden. Daneben findet sich das Mineral auch als Bodenausblühung inariden Gebieten oder alsSinterabsatz anThermalquellen. AlsBegleitminerale treten unter anderemCalcit, Gips,Halit,Soda und weitere Borate, Carbonate und Sulfate auf.[5][21]
Als seltene Mineralbildung konnte Borax nur an wenigen Orten weltweit nachgewiesen werden, wobei bisher rund 80 Fundorte dokumentiert sind (Stand: 2021).[22]
Früher wurde Borax von den Venetianern aus Ostindien (als Tinkal) importiert und (zuBorax veneta) raffiniert.[23][14] Bekannte Fundorte sind heute unter anderem die „Loma Blanca Borat-Lagerstätte“ (Coranzuli,Jujuy) und die „Tincalayu Mine“ (Salta) inArgentinien, derSalar de Surire inChile, derSalar de Challviri in derbolivianischenProvinz Sur Lípez, derChabyêr Caka Salzsee (Tibet) inChina, dieindische RegionLadakh,Larderello in deritalienischen ProvinzPisa,Pachuca de Soto inMexiko, die Sankaya Borat-Lagerstätte beiKırka in derTürkei, dieHalbinsel Kertsch in derUkraine sowieBoron, der Borax Lake, derSearles Lake, dasDeath Valley undCalico inKalifornien (USA).[24]
Borax wird jährlich weltweit im Megatonnenbereich produziert und ist ein wichtiger Rohstoff zur Herstellung vonBorsäure, zur Gewinnung vonBoraten undPerboraten sowie weitererBor-Verbindungen.[25] Gewonnen wird Borax heute nahezu ausschließlich aus dem kristallwasserärmeren BoraxmineralKernit.
Wasserfreier Borax wird als Zusatz für leichtschmelzendeGlasuren (zumeist inFritten) auf niedrig gebrannterKeramik (z. B.Raku,Steingut und andereIrdenwaren), zur Herstellung vonBorosilikatglas und bei derEmailproduktion verwendet.
Seine Verwendung alsFlussmittel beimHartlöten vonMetallen sowie beimFeuerschweißen beruht auf seiner oxidlösenden Wirkung.[26]
Borax ist gelegentlich Bestandteil vonDüngemitteln und wird als Zuschlagstoff vonZement und Isolierstoffen eingesetzt.[25]
Des Weiteren wirkt Borax als vorbeugendesHolzschutzmittel gegenSchimmel undInsekten[26] und wird zu etwa 5 bis 20 Gewichtsprozent der Gesamtmenge alsFlammschutzmittel, hier vorwiegend fürDämmstoffe aufZellulosebasis, eingesetzt.[27][28] In letztgenannter Anwendung werden seine Eigenschaften als teilweise problematisch angesehen und eine Minderung als sinnvoll erachtet.[29] Eine im Auftrag desUmweltbundesamtes erstellte Studie bemerkt hierzu: „Zusammenfassend wird festgestellt, dass die Anwendung von Borax als Flammschutzmittel akzeptabel ist. Da jedoch die Hintergrundbelastung über die Nahrung bereits so hoch ist, dass die täglich duldbare Aufnahmemenge ausgeschöpft ist, muss gewährleistet sein, dass es durch die Anwendung desBorats als Flammschutzmittel nicht zu einer nennenswerten Zusatzbelastung des Menschen kommt.“[30]Bis zu einer Menge von 8,5 Masse-% Borax-Äquivalent bzw. 5,5 Masse-% Borsäure-Äquivalent ist der Zusatz nicht deklarationspflichtig.[31]
In der Schmelze von Borax lösen sich zahlreicheMetalloxide unter Bildung charakteristischer Färbungen und bilden nach dem Abkühlen eineglasartige Perle, dieBoraxperle. Diese Färbungen werden alsNachweis für Kationen beimKationentrennungsgang eingesetzt und stehen im Rang einerVorprobe.
Die bei derVerbrennung vonMethanol mit Borax auftretende grüneFlammenfärbung, die durchBorsäuretrimethylester hervorgerufen wird, ist ein einfacher Nachweis für Methanol.
Daneben wird Borax fürPufferlösungen (Borat- sowie Borat-Phosphat-Puffer) und in der Borax-Karmin-Lösung (Grenachers-Lösung) als Farbstoff in derMikroskopie verwendet.
Auch in derGoldgewinnung kann Borax erfolgreich eingesetzt werden.
Im Haushalt und Wäschereien findet Borax Anwendung inSeife, inWasserenthärtern und als Ausgangsmaterial zur Gewinnung vonPerboraten inWaschmitteln.[32]Borax wird inDesinfektions-,Putz- undBleichmitteln, Kosmetikprodukten sowie alsBiozidprodukt (beiAmeisenfallen) eingesetzt. Die Abgabe von Borax an private Endverbraucher ist allerdings in Deutschland seit dem 1. Juni 2009 durch dieChemikalien-Verbotsverordnung untersagt.[33] Produkte, die „Borax“ im Markennamen tragen, werden daher seither ohne Borax zubereitet.[34]
AlsLebensmittelzusatzstoff hat es die Bezeichnung E 285, ist aber in der EU ausschließlich für echtenKaviar zugelassen und in den USA ganz verboten.[35]
Borax ist nebenPolyvinylalkohol,destilliertem Wasser undLebensmittelfarbe eine Grundsubstanz, die zur Herstellung des populärenSpielzeugsSlime (Schleim) verwendet wurde.[36]
Im17. Jahrhundert wurde Borax als Bestandteil selbst hergestellterImprägniermittel fürMusikinstrumente genutzt. Wissenschaftliche Untersuchungen konnten nachweisen, dass der italienischeGeigenbauerGuarneri del Gesù unter anderem Borax als Holzschutzmittel für seine Instrumente verwendet hat. Es war nicht einfach eine Vergleichsprobe von einer der vonAntonio Stradivari gebautenGeigen zu bekommen. Nachdem bei Reparaturarbeiten etwas Holz eines Originalinstrumentes untersucht wurde, war deutlich, dass auch Stradivari eine spezielle Mischung als Bearbeitungs- und Imprägniermittel genutzt hat. Diese enthielt neben Borax, auchFluoride,Chrom und Eisensalze, die in unbehandelten Hölzern nicht auftreten.[37]
Medizinisch wurde Borax als Grundlage für die Arzneimittelbestandteile Borsäure,Borsalbe undBorwasser gebraucht.[38] In derAlternativmedizin wird Borax heute noch als Heilmittel gegen Arthritis, Osteoporose, Alzheimer-Demenz, Wechseljahresbeschwerden, zur Vorbeugung gegen Krebs und zur Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit verkauft. Für diese Heilversprechen gibt es keine wissenschaftlichen Belege.[39][40]
Von den Befürwortern wird behauptet, Bor sei ein Spurenelement, dessen Mangel zu obigen Beschwerden führen oder diese verschlimmern kann.[41]
Die folgenden Verbindungen sind in Europa nicht zugelassen und dürfen in Lebensmitteln nicht verwendet werden: Calcium-Fructo-Borat, Borcitrat, Bor-Aspartat, elementares Bor, Boron (als Boron Citrat, Boron Aspartat und Boron Glycinat Komplex) und Borsäure.[42] Es ist unklar, inwieweit die Studienergebnisse auf hier zugelassene Borverbindungen übertragbar sind. Aus dem Ausland importierte Nahrungsergänzungsmittel mit diesen Inhaltsstoffen können vom Zoll zurückgehalten werden.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt, pro Tag nicht mehr als 0,5 Milligramm Bor überNahrungsergänzungsmittel aufzunehmen. Bei einigen marktüblichen Produkten liegt die vom Hersteller empfohlene tägliche Verzehrmenge bereits bei durchschnittlich 3 Milligramm.[43]
Borax (Natriumtetraborat-Decahydrat) hat dieCAS-Nummer1303-96-4.[44] Es ist als Gefahrstoff eingestuft, der dieFruchtbarkeit beeinträchtigt und alsfruchtschädigend gilt. Weitere Sicherheitshinweise und Gefahrstoffkennzeichnung sieheNatriumtetraborat undBorate.
Die mittlereletale Dosis (LD50-Wert) wird für Borax mit 2 bis über 6 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht angegeben.[25]