Arthur Liebehenschel (*25. November1901 inPosen; †24. Januar1948 inKrakau) war ein deutscherSS-Führer. Er war von November 1943 bis Mai 1944Standortältester der SS in Auschwitz undLagerkommandant desStammlagers des Konzentrationslagers Auschwitz. Ab Mai 1944 war Liebehenschel, ebenfalls als Lagerkommandant, für das bereits geräumteKonzentrationslager Majdanek verantwortlich. Er wurde 1947 imKrakauer Auschwitzprozess zum Tode verurteilt und im Folgejahr hingerichtet.
Liebehenschel besuchte nach acht Jahren Volksschule für drei Jahre eine Handelsschule und war danach bei derEisenbahndirektion Posen beschäftigt. Im Januar 1919 setzte er sich aus Posen ab, um einer drohenden polnischen Internierung zu entgehen, und engagierte sich imGrenzschutz Ost. Im September 1919 verpflichtete er sich für zwölf Jahre bei derReichswehr, die er im Oktober 1931 im Rang einesOberfeldwebels verließ. In diesem Zeitraum absolvierte er eine Handelsfachschule für Verwaltung und Wirtschaft.[1]
Liebehenschel trat zum 1. Februar 1932 derNSDAP (Mitgliedsnummer 932.766)[2] und derSS bei (SS-Nummer 39.254).[3] Unter dem Führer der 27.SS-StandarteWalter Gerlach wurde Liebehenschel als dessenAdjutant ab dem 4. August 1934 im berüchtigten BerlinerColumbia-Haus und später imKZ Lichtenburg eingesetzt. Am 5. Juli 1937 wechselte er als Abteilungsleiter in den Stab des Führers derSS-Totenkopfverbände (Theodor Eicke) nach Berlin über, wo er bis Mai 1940 bei derInspektion der Konzentrationslager den BereichPolitische Abteilung leitete.[1] 1940 stand er in der Dienststellung eines Stabsführers.[4] Sein letzter SS-Dienstgrad warObersturmbannführer (aktiv), den er am 30. Januar 1941 erhalten hatte.[4][5]
Von Liebehenschel stammt die Anweisung, dass bei SS-Angehörigen, die an Exekutionen beteiligt waren und dafür mit dem Kriegsverdienstkreuz ausgezeichnet werden sollten, auf gar keinen Fall die Bezeichnung „Exekution“ verwendet werden dürfe, sondern von „Erledigung kriegswichtiger Aufgaben“ die Rede sein solle.
Ab Mitte März 1943 war Liebehenschel Leiter der Abteilung D 1/Zentralamt imSS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt (WVHA) unterOswald Pohl und Vertreter desInspekteurs der KonzentrationslagerRichard Glücks.[1] AlsRudolf Höß in ein höheres Amt berufen wurde, teilte Pohl die Verwaltungsaufgaben neu auf.
Liebehenschel wurde am 11. November 1943 Lagerkommandant und Standortältester imKZ Auschwitz I (Stammlager).[4] Zum gleichen Zeitpunkt wurden mitFriedrich Hartjenstein inAuschwitz II (Birkenau) undHeinrich Schwarz inAuschwitz III (Monowitz) erstmals eigene Lagerkommandanten eingesetzt.
Nach Aussagen von Häftlingen besserten sich durch Liebehenschel teilweise die schlimmen Verhältnisse im Stammlager. AlsFunktionshäftlinge wurden nun „politische“ Gefangene bevorzugt und das umfassende Spitzelsystem soll ungenutzt geblieben sein. Die periodischenBunkerselektionen inBlock 11 mit darauf folgenden Erschießungen vor derSchwarzen Wand (Hinrichtungswand) seien eingestellt worden. Liebehenschel habe dieStehzellen abreißen lassen, die keinen Platz zum Sitzen oder Liegen boten und in die bis dahin Häftlinge strafweise eingeschlossen worden waren. Er habe eine generelle Bunkeramnestie erlassen und später dieSchwarze Wand entfernen lassen. Ferner habe er den Befehl aufgehoben, jeden wieder eingefangenen Flüchtling zu erschießen.[6]
Im April 1944 beorderte Pohl seinen AdjutantenRichard Baer mit einem Brief in das KZ Auschwitz, um Liebehenschel zur Trennung von dessen Lebensgefährtin Anneliese Hüttemann zu bewegen. Liebehenschel war Anfang Dezember 1943 von seiner Ehefrau geschieden worden und hatte wegen seiner Liebschaft die Familie verlassen. Hüttemann, die Liebehenschel während ihrer Tätigkeit als Sekretärin bei seinem Chef Glücks kennengelernt hatte, war kurz vor Liebehenschels Scheidung zum SD-Abschnitt nachKlagenfurt versetzt worden. Nachdem sich dort herausgestellt hatte, dass sie wegen derBeziehung zu einem Juden 1935 für drei Wochen inDüsseldorf inSchutzhaft genommen worden war, wurde sie entlassen, zog zu Liebehenschels Dienstort, und beide stellten ein Heiratsgesuch beimRasse- und Siedlungshauptamt (RuSHA). Nach einer erfolglosen Aussprache mit Liebehenschel und Hüttemann fuhr Baer am 21. April 1944 nachBerlin zurück. In den folgenden Monaten führte Hüttemann Schriftwechsel mit Pohl, Baer, demPersönlichen Stab Reichsführer SS undHeinrich Himmler selbst. Mittlerweile schwanger, polemisierte sie in ihrem Brief an Himmler vom 13. Mai 1944 insbesondere gegen Baer, der seit „zwei Jahren kinderlos verheiratet“ sei. Da Hüttemann schließlich ein Kind erwartete, genehmigte Heinrich Himmler gegen Pohls Widerstand Liebehenschels Heiratsbegehren. Liebehenschel verlor am 8. Mai 1944 sein Amt in Auschwitz und wurde am 19. Mai 1944 als Lagerkommandant in das bereits geräumteKZ Majdanek versetzt.[7] Sein Nachfolger in Auschwitz wurde Baer.[8]
Diese Affäre bot wohl nur den unmittelbaren Anlass für die Versetzung. Liebehenschel selbst sah die langwierige Auseinandersetzung mit Pohl um seine Scheidung, verweigerte Heiratsgenehmigung und Auflehnung als Grund an.[9] Seine Abberufung ist wahrscheinlich auf seine Änderungen bei den „Maßnahmen der Lagerbeherrschung“ zurückzuführen. Höß hielt Liebehenschel für unfähig.[10]
Nach der Auflösung des KZ Majdanek wurde Liebehenschel in das Amt desHöheren SS- und PolizeiführersTriest unterOdilo Globocnik (Operationszone Adriatisches Küstenland) versetzt.[4] ZumKriegsende wurde er in Österreich festgenommen.[11]
Nach derKapitulation der Wehrmacht wurde Liebehenschel interniert und für den geplantenNürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher verhört.[1] Nach der Auslieferung durch dieStreitkräfte der Vereinigten Staaten an Polen wurde er am 22. Dezember 1947 vomObersten Nationalen Tribunal imKrakauer Auschwitzprozesszum Tode verurteilt und am 24. Januar 1948 imKrakauerMontelupich-Gefängnis durchHängenhingerichtet.
Personendaten | |
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NAME | Liebehenschel, Arthur |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Nationalsozialist und SS-Führer |
GEBURTSDATUM | 25. November 1901 |
GEBURTSORT | Posen |
STERBEDATUM | 24. Januar 1948 |
STERBEORT | Krakau |