Zwei Wörter, die füreinander Gegensatzwörter sind, heißenGegensatzpaar.[1] Die zwischen ihnen bestehende Relation heißtAntonymie, insbesondere von Wörtern, aber auch von Sätzen und Phrasen.[2]
Der Begriff der Antonymie kann dabei nach der Ebene und Art des Gegensatzes unterschiedliche Ausprägungen erfahren. Die Art der Antonymie hängt inhaltlich davon ab, wie der Gegensatz im logischen Sinn zu verstehen ist, ob er etwa innerhalb eines Oberbegriffes gesucht wird oder ob ein konträres oder kontradiktorisches Verhältnis der mit dem Gegensatzpaar bezeichneten Begriffe vorliegt. Ein Ausdruck, der für beide Begriffe eines Gegensatzpaares stehen kann, heißtOppositionswort.
In der deutschen Sprache werden in vielen Fällen Antonyme auch durch das Voranstellen derVorsilbeun- gebildet: etwaRuhe –Unruhe;klar –unklar usw. Jedoch gibt es nicht automatisch derartige Antonympaare, beispielsweise hatungefähr kein Gegenübergefähr; ebenso ist fürunausbleiblich keinausbleiblich in Benutzung. Darüber hinaus gibt es Wörter mitun-, die aber zum Stammwort kein Antonym bilden, zum BeispielMut undUnmut;ziemlich undunziemlich.
Ein weiterer Aspekt ist, dass verschiedeneOppositionen von Wortpaaren nicht automatisch auf andere übertragbar sind. So sind zwarÜberführung undUnterführung (Verkehrswege) Antonyme, aberÜbergang undUntergang haben keinen vergleichbaren Sinn und Gegensinn, sondern bedeuten etwas völlig anderes, nichts direkt Gegensätzliches.
Es lassen sich verschiedene Arten von Antonymie unterscheiden:
Definition
Beispiel
Graduelle Antonymie oder konträre Antonymie (auchskalare Antonymie)
ZweiWörter sind graduell antonym, wenn sie zwar einen Gegensatz bezeichnen, es aber zwischen den Polen noch Abstufungen gibt. Aus der Verneinung des einen Wortes des Wortpaars folgt nicht, dass das zweite Wort des Wortpaars zutrifft. Diese Art der Antonymie wird auchAntonymie im engeren Sinn genannt.
Die Wörterheiß undkalt sind graduell antonym, weil es dazwischen auch noch Abstufungen wie z. B.kühl,warm gibt. Adjektive, die in der Beziehung der graduellen Antonymie zueinander stehen, sindsteigerbar.
Inkompatibilität
Zwei Wörter, die in der Beziehung derKohyponymie zueinander stehen, sind inkompatibel. Diese Art der Antonymie wird auchAntonymie im weiteren Sinn genannt.
Die WörterPudel,Dackel undSchäferhund sind Kohyponyme des OberbegriffsHund. Im konkreten Satzzusammenhang schließen diese drei Wörter einander aus. Die AussageKarlchen ist ein Dackel schließt, wenn sie wahr ist, die Wahrheit der AussageKarlchen ist ein Pudel aus. Die AussageKarlchen ist kein Dackel impliziert aber nicht die AussageKarlchen ist ein Pudel(siehe unten).
Komplementarität oder kontradiktorische Antonymie[3]
Zwei Wörter sind komplementär (in einem bestimmten Zusammenhang), wenn ein Bedeutungsgegensatz zwischen den Wörtern besteht und gleichzeitig aus derVerneinung des einen Wortes folgt, dass das andere Wort zutrifft.
Wenn eine Person nichtlebend ist, folgt automatisch, dass die Persontot ist.
Konverse Relation
Zwei Wörter sind konvers, wenn sie einen Sachverhalt aus zwei verschiedenen Blickwinkeln beschreiben.
Die WörterMutter undKind beschreiben beide eine Beziehung, unterscheiden sich aber in der Perspektivierung. A ist die Mutter von B. B ist das Kind von A.
Reverse Relation
Zwei Wörter stehen in einer Reversitätsrelation zueinander, wenn sie inkompatibel sind, beide WörterGeschehen bezeichnen, und der Anfangszustand des ersten Geschehens den Endzustand des anderen Geschehens benennt und umgekehrt.
Ursprünglich sprach man von Antonymie nur im Sinne von gradueller oder auch konträrer Antonymie und bezeichnete damitAdjektivpaare wie beispielsweiseschön/hässlich. Teilweise spricht man auch heute noch von Antonymie nur dann, um einen „Bedeutungsgegensatz(.) zwischen skalierbaren lexikalischen Ausdrücke(n)“ zu bezeichnen.[4] In logischer Perspektive ist die graduelle Antonymie bei einem konträren Gegensatz gegeben (Beispiel:kalt/heiß).
Ein Sonderfall der graduellen oder konträren Antonymie ist der polar-konträre Gegensatz, bei dem die gegensätzlichen Bedeutungen am Ende einer Skala sind[5] (Beispiel:neu/alt). „Nicht-polare Antonyme bezeichnen den gleichen Ausprägungsgrad auf entgegengesetzten Skalen; die Bildung konverserKomparative ist ausgeschlossen“.[3]
Der Ausdruck der Antonymie wird häufig auch in einem weiteren Sinn verwandt, bezeichnet dann allgemein einen Oberbegriff für „semantische Gegensatzrelationen“[3] und erfasst dann auch den Fall deskontradiktorischen Gegensatzes, der in der Semantik auch als komplementärer Gegensatz (siehe unten) bezeichnet wird (Beispiel:tot/lebendig;sinnvoll/sinnlos).
Man bezeichnet die kontradiktorische Antonymie auch als „Antonymie im strengen Sinne“,[6] während die konträre Antonymie auch als „Antonymie im eigentlichen Sinn“[7] oder „gelegentlich“ auch als Antonymie im engeren Sinn bezeichnet wird.[8] DieTerminologie ist also alles andere als klar.
Antonymie als Fall (konträrer oder kontradiktorischer) gegensätzlicher Bedeutung ist ein „Sonderfall“[9] unvereinbarer Bedeutung, das heißt einerInkompatibilität (von Wörtern etc.).[10]
Wird wie hier auch die Unvereinbarkeit im Fall derKohyponymie als Antonymie angesehen, wird die Antonymie – losgelöst von der Wortbedeutung – mit jedweder Inkompatibilität gleichgesetzt und gleichzeitig der AusdruckInkompatibilität in einem engeren als üblichen Sinn verwendet.
Auto-Antonyme (Antagonyme,Januswörter) sind Wörter, die mehrere Bedeutungen haben (Homonymie,Polysemie oderHomophonie), wobei diese Bedeutungen zueinander eine antonymische Opposition bilden. Im Deutschen tritt dies beispielsweise bei dem AusdruckUntiefe auf, das alssehr geringe Tiefe oder in der Umgangssprache auch alssehr große Tiefe gedeutet werden kann. Das Englischeoverlook kann sowohl ‚überwachen‘ als auch ‚nicht beachten‘ bedeuten. (Vergleiche:übersehen hat die beiden Bedeutungenüberblicken undnicht beachten: Ich übersehe die Lage noch nicht. Ich habe den Brief übersehen.)
Viele Wörter sindHomonyme, d. h., sie haben mehrereBedeutungen. Homonyme Wörter stellen keine Bedeutungsbeziehung dar. Lediglich die Ausdrucksseite ist identisch, die Inhaltsseite hat nichts miteinander zu tun, auch nicht historisch.
Da die Antonymierelation von der Bedeutung abhängt, gibt es in diesen Fällen auch mehrere Gruppen von Antonymen. Zum Beispiel[11] hat das Wortabnehmen Antonyme in den Bedeutungsgruppen übergeben (Ware), aufhängen (Bild), aufdecken (Tischtuch), auflegen (Telefonhörer), anlegen (Schmuck), aufhängen (Gardine), aufsetzen (Hut), wachsen bzw. stehen lassen (Bart), zunehmen (Mond), zunehmen (Gewicht) und weiteren. Man spricht auch vonAntonymengabel.[12] Deren Auftreten kann auch helfen, verdeckte Mehrdeutigkeiten festzustellen.
Nicht alle Wörter, die mehrere Bedeutungen haben, haben auch ebenso viele Antonyme. Beispiele:
Zug im Sinne von Sog bzw. Anziehen – Antonyme: Schub oder Druck;
Zug im Sinne von Eisenbahnzug – kein eindeutiges Antonym vorhanden;
Zug im Sinne von Schach- bzw. Spielzug – kein eindeutiges Antonym vorhanden;
Zug im Sinne von Geste – kein eindeutiges Antonym vorhanden.
George A. Miller:Wörter. Streifzüge durch die Psycholinguistik. Herausgegeben und aus dem Amerikanischen übersetzt vonJoachim Grabowski undChristiane Fellbaum. Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg 1993; Lizenzausgabe: Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1995; 2. Auflage ebenda 1996,ISBN 3-86150-115-5, S. 229–239.
Wolfgang Müller, Jakob Ebner:Das Gegenwort-Wörterbuch. Ein Kontrastwörterbuch mit Gebrauchshinweisen. De Gruyter, Berlin 1998,ISBN 3-11-014640-1; 2., erweiterte Auflage ebenda 2020,ISBN 978-3-110-61164-9.
↑abcAntonymie. In: Bußmann:Lexikon der Sprachwissenschaft, 3. Auflage. 2002.
↑Meibauer:Einführung in die germanistische Linguistik, 2. Auflage. 2007, S. 349; so auch Lyons und Cruse; ebenso wohl Volker Harm:Einführung in die Lexikologie. WBG, Darmstadt 2015 (Einführung Germanistik),ISBN 978-3-534-26384-4, S. 76.
↑Kürschner:Grammatisches Kompendium, 4. Auflage. 2003,ISBN 3-8252-1526-1, S. 22.
↑Paul Puppier:Lexikon. In: André Martinet (Hrsg.):Linguistik. 1973, S. 136 (141).
↑Kühn:Lexikologie, 1994, S. 54; Brandt/Dietrich/Schön:Sprachwissenschaft, 2. Auflage. 2006, S. 274.
↑Brandt/Dietrich/Schön:Sprachwissenschaft, 2. Auflage. 2006, S. 274.
↑Lutzeier:Die semantische Struktur des Lexikons. In: Schwarze, Wunderlich:Handbuch der Lexikologie. 1985, S. 103 (109).
↑Schwarze, Wunderlich:Einleitung. In: Schwarze, Wunderlich:Handbuch der Lexikologie. 1985, S. 7 (17).
↑Christiane und Erhard Agricola:Wörter und Gegenwörter. Antonyme der deutschen Sprache. VEB Bibliographisches Institut Leipzig, vierte unveränderte Auflage 1982, Verlagslizenz Nr. 433 130/107/82, LSV 0817, S. 5ff.
↑Christiane Wanzeck:Lexikologie. Beschreibung von Wort und Wortschatz im Deutschen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2010 (UTB 3316),ISBN 978-3-8385-3316-2, S. 67.