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Altkirchenslawisch

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(Weitergeleitet vonAltkirchenslawische Sprache)
Altkirchenslawisch(словеньскъ)

Gesprochen in

Sprecherkeine Muttersprachler
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache in
Sprachcodes
ISO 639-1

cu

ISO 639-2

chu

ISO 639-3

chu

Methodios und Kyrill – Ausschnitt einer Ikone aus dem 19. Jahrhundert

AlsAltkirchenslawisch oderAltslawisch oderAltbulgarisch (Eigenbezeichnungсловѣньскъ ѩзыкъ, transliteriertslověnьskъ językъ‚slawische Sprache‘) bezeichnet man die ältesteslawischeSchriftsprache, die seit 860 entwickelt bzw. festgehalten wurde und aus der gegen Ende des 11. Jahrhunderts verschiedeneVarietäten desKirchenslawischen hervorgegangen sind.

Die BezeichnungAltkirchenslawisch begründet sich in der fast ausschließlichen Verwendung alsSakralsprache. Früher wurde die Sprache auchAltbulgarisch (bulgarischстаробългарскиstarobălgarski) genannt, da die meisten erhaltenen altkirchenslawischen Denkmäler bulgarische Züge haben. InBulgarien wird weiter die BezeichnungAltbulgarisch verwendet, in Anlehnung an das mittelalterlicheBulgarische Reich, dessenStaatssprache es war und welches durch die Verbreitung der altbulgarischen Sprache, Schrift und Kultur zu den anderen slawischen Völkern maßgeblich an der Christianisierung derOst- undSüdslawen beteiligt war. In den meisten slawischen Ländern wird jedoch die BezeichnungAltslawisch (russischстарославянский языкstaroslawjanski jasyk,tschechischstaroslověnština usw.) bevorzugt.

Geschichte

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Auf Anfrage des MährerfürstenRastislav anByzanz und dieOstkirche, Geistliche zur Verbreitung deschristlichen Glaubens zu schicken, wurden die BrüderKonstantin (später Kyrillos genannt) undMethodios vomPatriarchenPhotios I. mit derMissionierung beauftragt und begaben sich im Jahre 863 insMährerreich. Konstantin hatte zuvor bereits Teile derEvangelien und während der Mission denPsalter sowie andere christliche Bücher in die ihm vertraute slawische Sprache vonSaloniki übersetzt und sie schriftlich mit Hilfe des von ihm entworfenen glagolitischen Alphabets fixiert.

Durch Vertreibung derMissionare und deren Schüler im Jahre 886 verbreitete sich die Schriftsprache auch im südlich gelegenenBulgarischen Reich. DieGlagoliza, die trotz der Vertreibung weiterhin im Mährerreich verwendet wurde, breitete sich nun auf weite Teile desBalkans aus, wobei sich zwei Schriftvarianten entwickelten: Die eckige westliche im Gebiet des heutigenKroatien und die runde östliche Variante der Glagoliza im heutigen bulgarisch-mazedonisch-serbischen Raum, die jedoch noch vor Ende des 9. Jahrhunderts durch diekyrillische Schrift ersetzt wurde. Im alpenslawischen Südwesten, also im Gebiet des heutigenSlowenien und nördlich davon, wurde vereinzelt auch dielateinische Schrift verwendet. Während das Altkirchenslawische zuerst nur Sprache der slawischenLiturgie war, wurde es ab 893 zurStaatssprache des Bulgarischen Reiches.

Die durch die Mährenmission und die Vertreibung derApostel nach Süden erfolgteChristianisierung bedeutete den größten kulturellen Wandel in Süd- undOsteuropa bis zur Zeit derReformation. Unter verschiedenen Herrschern entstanden kleinere Zentren, in denen sich das Altkirchenslawische auch zu einerLiteratursprache mit hohem Niveau weiterentwickelte und ihre Blütezeit im 10. Jahrhundert fand, in derSchule von Preslaw und derSchule von Ohrid,[1] in den damaligen Hauptstädten des bulgarischen Reiches. Von dort aus begann die Sprache in der folgenden Zeit, Einfluss auf dieOstslawen zu nehmen.

Trotz ihressüdslawischen Dialektes konnten die beiden Prediger von ihren slawischen Brüdern im Norden, die die mährisch-slowakisch-pannonischen Dialekte sprachen, ohne weiteres verstanden werden, da sich die regionalen Dialekte damals noch sehr ähnlich waren. Die heutigen, vergleichsweise großen Unterschiede gehen zurück auf etwa die Zeit des 11. Jahrhunderts, als sich verschiedene Varianten der altkirchenslawischen Sprache herausbildeten, die heute unter dem OberbegriffKirchenslawisch zusammengefasst werden. Hierzu zählen das Bulgarisch-Kirchenslawische (auch Mittelbulgarisch genannt) sowie das Russisch-, Serbisch-, Kroatisch- und Tschechisch-Kirchenslawische.

1652 wurde das durch denPatriarchen Nikon festgelegte Kirchenslawisch die liturgische Sprache derslawisch-orthodoxen Kirche. Ab der Zeit wird sie auch als Neukirchenslawisch oder Synodalkirchenslawisch bezeichnet und hat sich dort mit einem Status, vergleichbar dem desLateinischen in derrömisch-katholischen Kirche, bis heute gehalten.

Obwohl der Einfluss des Kirchenslawischen auf die jüngeren slawischen Sprachen enorm ist, muss davon ausgegangen werden, dass es sich bei der ältesten slawischen Schriftsprache um jenen südslawischen Dialekt der ersten Missionare handelt, nicht aber um einen gemeinsamen Vorfahren der slawischen Sprachfamilie, wie das Proto- oderUrslawische. Allerdings ist das Altkirchenslawische aufgrund seines Alters dem Urslawischen noch recht ähnlich, weswegen es von hoher Bedeutung für das historisch-vergleichende Studium der slawischen Sprachen ist.

Forschungsgeschichte

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Die Geschichte der Erforschung des Altkirchenslawischen reicht zurück bis zur Begründung derslawischen Philologie im frühen 19. Jahrhundert.Josef Dobrovskýs 1822 erschienenes WerkInstitutiones linguae slavicae dialecti veteris (Lehrgebäude des alten Dialekts der slavischen Sprache) gilt als Pionierarbeit auf diesem Gebiet.

Die Frage nach dem Ursprung und der Heimat des Altkirchenslawischen hat die slawische Philologie seit jeher intensiv beschäftigt. Dobrovský suchte die Heimat der Sprache im Süden, 1823 schrieb er in seinem WerkCyrill und Method, der Slaven Apostel – ein historisch-kritischer Versuch: „durch fleißige Vergleichung der neueren Auflagen mit den ältesten Handschriften habe ich mich immer mehr überzeugt, daß Cyrills Sprache der alte noch unvermischte serbisch-bulgarisch-macedonische Dialekt war“. Dagegen warJernej Kopitar der Überzeugung, dass der Ursprung des Altkirchenslavischen inPannonien zu suchen sei, es sei die Sprache, „die vor rund tausend Jahren unter den Slawen Pannoniens gedieh“ („quae ante mille fere annos viguit inter Slavos Pannoniae“).

Da damals fast alle erhaltenen altkirchenslawischen Texte aus Bulgarien stammten, prägtePavel Jozef Šafárik in seinenSerbischen Lesekörnern (1833) und in seinem 1837 erschienenen WerkSlovanské starožitnosti (Slawische Alterthümer) den AusdruckAltbulgarisch. In Deutschland haben besondersAugust Schleicher und nach ihmJohannes Schmidt undAugust Leskien die BezeichnungenAltbulgarisch undKirchenslawisch populär gemacht. Es ist nur zu bedenken, dass die Sprache in den ältesten und zeitgenössischen Quellen nie so benannt wurde, der Name taucht vielmehr erst in einer griechischen Quelle aus dem 10. Jahrhundert (VitaS. Clementis) auf. Für das 9. Jahrhundert würde sich dagegen die BezeichnungAltbulgarisch mit größerem Recht auf die damals ja noch nicht völlig slawisiertenProtobulgaren und ihre Sprache beziehen.

In Hinblick auf die in altkirchenslawischen Quellen aufscheinende Bezeichnungslověnьskъ (словѣньскъ) prägteFranz Miklosich die BezeichnungAltslowenisch. Er gebrauchte sie allerdings in einem spezifischen Sinne, um zu postulieren, dass die slawische Liturgie in Pannonien entstanden sei, und folglich auch die Sprache der slawischen Liturgie pannonisch sein müsse, was jedochVatroslav Jagić vehement bestritt. Šafárik jedoch revidierte in seinen letzten Lebensjahren seine ursprüngliche Ansicht: In seiner SchriftÜber den Ursprung und die Heimath des Glagolitismus (Prag 1858) argumentierte er, wie zuvor Kopitar und Miklosich, für die pannonische Ursprungstheorie des Altkirchenslawischen.

Texte und Vokabular

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Altkirchenslawisches Vater Unser

Die moderne Forschung zum Altkirchenslawischen unterteilt die altkirchenslawische Epoche in dasUrkirchenslawisch der Missionszeit, die Zeit desklassischen Altkirchenslawisch (10. bis 11. Jahrhundert) und desSpätaltkirchenslawischen zur Zeit der darauf folgenden Jahrhundertwende. Die frühesten der heute erhaltenen und bekannten Manuskripte des Altkirchenslawischen stammen aus der klassischen Zeit des 10. und 11. Jahrhunderts. Der relativ kleine Kanon der insgesamt überlieferten Sprachdenkmäler der Zeit umfasst nur etwa 30 Manuskripte und nicht ganz 100Inschriften, von denen die bekanntesten unter anderem der vom bulgarischenZaren Simeon um das Jahr 893 aufgestellte Grabstein, vier größere Evangelienhandschriften, zwei Evangelienfragmente, ein Psalter, liturgische Texte und Sammlungen vonBibelstellen sind. Später entstandeneAbschriften weisen oft Eigenschaften des späteren Kirchenslawisch oder der sich regional entwickelnden Sprachen auf.

Weitere Entdeckungen und Funde altkirchenslawischen Schriftguts, zum Beispiel eines Evangelienmanuskriptes in Auszügen in dervatikanischen Bibliothek im Jahre 1982 erweitern das trotz der wenigen Texte doch auf einige Größe angewachsene lexikalische Gesamtkorpus, zu dem neben dem ursprünglichen theologischen auch Vokabular aus anderen Bereichen wie z. B. der frühenGeschichtsschreibung, derPhilosophie, aber auch derMedizin undBotanik hinzukam. Die Schule von Preslaw war überdies bekannt für Werke derDichtkunst.

Zu der von Konstantin und anderen Missionaren angefertigten teilweisen Übersetzung der Bibel und liturgischer Texte sowie auch literarischer Texte (unter anderem die Biographie des Konstantin und dem ihm zugeschriebenen Vorwort zum Evangelium) kamen später Übertragungen der Werke derKirchenväter (z. B.Basilius der Große u. a.) und Philosophen. Hier kommt den Übersetzern zusätzliche Bedeutung zu, da mit der Darstellung komplexer und abstrakter philosophischer Sachverhalte in einer größtenteils nur gesprochenen Sprache lediglich auf einen eingeschränkten Erbwortschatz zugegriffen werden konnte. Noch über dasSpätmittelalter hinaus setzte sich der durch die ersten Übersetzer initiierte und für das Altkirchenslawische und das spätere Kirchenslawische so fruchtbare Prozess der Erweiterung der Sprache durchWortschöpfungen, Entlehnungen, sowieLehnübersetzungen und Lehnprägungen, überwiegend aus demGriechischen und Lateinischen, aber auch aus demHebräischen undAlthochdeutschen fort. Einige Beispiele hierfür sind:градь-никъgrad-nik von dem griechischen Wortπολί-τηςpoli-tes, deutschBürger (als Lehnübersetzung),ђеонаgeona vonγέενναge'enna, deutschHölle (alsLehnwort),мьшаmješa aus dem lateinischen (und althochdeutschen)missa‚Messe‘,раббиrabbi undсерафимъseraphim aus dem Hebräischen.

Grammatik

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Tabelle der Flexionsendungen des altkirchenslawischen Substantivs

Den anderenindogermanischen Sprachen entsprechend ist auch das altkirchenslawische Wortbildungssystem mehrschichtig. NebenLexemen, die die Wortbedeutung als Ganzes vermitteln, können unterschiedliche Arten vonMorphemen als weitere kleinste Bedeutungsträger zur Wortstammbildung beitragen. Das Altkirchenslawische besitzt dazu ein Flexionssystem, welches dem der heutigen slawischen Sprachen ähnlich ist. In derDeklination derSubstantive,Adjektive,Partizipien undPronomen gibt es die grammatischen KategorienNumerus,Kasus undGenus, welche durchSuffixe gebildet werden.Es gibt drei Numeri, nämlichSingular,Dual (heute noch imSlowenischen undSorbischen vorhanden) undPlural.Es werden sieben verschiedene Kasus unterschieden:Nominativ,Genitiv,Dativ,Akkusativ,Instrumentalis, Präpositional/Lokativ,Vokativ. Bis auf den letzteren, heute nur noch selten benutzten, ist der Gebrauch der Fälle ähnlich dem desRussischen. Wie in vielen indogermanischen Sprachen gibt es die drei GeneraMaskulinum,Femininum undNeutrum.Das Altkirchenslawische besitzt ein komplexes Deklinationssystem, das an das Lateinische erinnert.

Das altkirchenslawischeKonjugationssystem, welches sich grob in fünf Klassen unterschiedlicher Verbalstammbildung gliedert, umfasst die KategorienPerson,Numerus,Modus,Genus undTempus.Am Verb werden Person (erste, zweite, dritte) und Numerus (Singular, Dual, Plural) sowie Modus (Indikativ,Konditional undImperativ) markiert.ImAktiv wird ebenfalls durch verschiedene Personalendungen noch das grammatische Geschlecht unterschieden. Das Tempussystem besteht aus demPräsens, demImperfekt und dem aus dem Griechischen bekanntenAorist, welche durch Bildung von Stammsuffixen (synthetisch) ausgedrückt werden, sowie demFutur I/II, demPerfekt und demPlusquamperfekt, die analytisch gebildet werden.

Literatur

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Weblinks

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Wikipedia auf Altkirchenslawisch

Einzelnachweise

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  1. Günter Prinzing:Ohrid. In:Lexikon des Mittelalters(LexMA).Band 6. Artemis & Winkler, München/Zürich 1993,ISBN 3-7608-8906-9,Sp. 1376–1380.  (hier Sp. 1377: „[…] dieSchule von Ohrid hat einen Großteil der (alt-)bulgarischen Literatur hervorgebracht.“)
Dieser Artikel wurde am 23. Oktober 2005 indieser Version in die Liste derlesenswerten Artikel aufgenommen.
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ausgestorben

Normdaten (Sachbegriff):GND:4085065-1 (GND Explorer,lobid,OGND,AKS)
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