AlsÜbernutzung wird in derÖkologie,Umweltökonomie undVolkswirtschaftslehre dieübermäßigeNutzung der natürlichenRessourcen bezeichnet.
Natürliche Ressourcen sind die weltweiteLandfläche,Wasserfläche, derLuftraum und allgemein dieUmwelt. Deren Übernutzung stellt eine volkswirtschaftlicheFehlallokation dar.[2] Ergreift ein Staat keineUmweltschutzmaßnahmen, entstehen hierdurch hoheUmweltschäden, dieUmweltkosten nach sich ziehen.Umweltziel der neoklassischen Umweltökonomie ist es, durch Umweltschutzmaßnahmen eineInternalisierung der Kosten herbeizuführen, um die Übernutzung der natürlichen Ressourcen so weit zu vermindern, bis einOptimum zwischen den vermiedenen Umweltschadenskosten und den Umweltschutzkosten erreicht ist.[3]
Untersucht man diese natürlichen Ressourcen, so fällt auf, dass es sich umAllmendegüter handelt; sie alle unterliegen derTendenz zur Übernutzung.[4]Garrett Hardin erkannte 1968, dass denWirtschaftssubjekten (Privatpersonen,Unternehmen,Staat nebst seinenGebietskörperschaften) ein unbeschränkter und (meist) kostenloser Zugang zu diesen Ressourcen möglich ist und sie zur Übernutzung dieser Ressourcen neigen.[5] Die von ihm titulierteTragik der Allmende besteht darin, dass dieErträge der intensivierten Nutzungprivatisiert werden können, während dieKostensozialisiert werden.[6] Das bedeutet, dass beispielsweise ein Unternehmen durch seineProduktionGewinne erwirtschaftet, aber die vom Unternehmen emittiertenSchadstoffe alsGesundheitskosten derAllgemeinheit angelastet werden.
Übernutzung (englischoverexploitation) oder (englischovershoot) kommt vor durch:[7]
Bei den meisten Arten tritt während ihrer NutzungRivalität auf, denn bei begrenzterKapazität (Verkehrsstau aufStraßen) sinkt derNutzen für weitere Nutzer (Verspätung undStaukosten durch Verkehrsstau). Diese Nutzer können jedoch nicht von der Nutzung ausgeschlossen werden.[8] Da Wirtschaftssubjekte auch nicht von der Nutzung des Allmendeguts Umwelt ausgeschlossen werden können, kommt es zur Übernutzung der Ressource Umwelt.[9] Von Bedeutung ist auch, ob die Übernutzung zu bleibenden Substanzschäden führt (Überweidung, Überfischung) oder nicht (Verkehrsstau).
Das beste Beispiel für Übernutzung ist dieFischerei in denOzeanen, wo es jedermann außerhalb derHoheitsgewässer freigestellt ist,Fischfang zu betreiben.[10] Der freie, kostenloseMarktzutritt ist einAnreiz, möglichst vieleSpeisefische zu fangen, so dass ein maximalerErlös entsteht. Hierin liegt die Tendenz zur Überfischung. Dies ist einsoziales Dilemma, denn jeder einzelne hat einen Anreiz, die Nutzung des Allmendegutes zu steigern, die daraus resultierende Übernutzung senkt jedoch den gesamtgesellschaftlichen Nutzen.
Für das aus 1896 stammendeMeyers Konversations-Lexikon war der Raubbau noch auf denRaubbau im Bergbau (englischoverexploitation) und dieLandwirtschaft (englischovercropping) begrenzt. ImBergbau hatte er zum Ziel, nur die gewinnbringendsten Erze abzubauen; in der Landwirtschaft bestand Raubbau darin, die dem Ackerboden entzogenen wertvollenMineralien (wieKalisalz oderPhosphorsäure) nicht oder nur unzureichend durchDünger zu ersetzen.[11] DieAbholzung des tropischen Regenwaldes ist derWorst Case des Raubbaus in derForstwirtschaft.[12]
Heute ist Raubbau zurMetapher geworden, die eine Übernutzung anzeigt.[13] Allgemein wird von einem „Raubbau am Körper“ oder „Raubbau an der Gesundheit“ gesprochen, wenn der Körper übermäßig beansprucht und damit geschädigt wird (z. B. zur Begründung vonArbeitszeitvorschriften).[14] Ein weiteres Beispiel für eine metaphorische Verwendung ist dasSchlagwort vom „Raubbau an der Natur“.[15]
Eine Übernutzung etwa durch Überdüngung und Überweidung bewirkt eineanthropogeneBodendegradation oderDesertifikation.[16] Übernutzung kann zum großflächigenBodenabtrag durchDenudation undErosion, zur Verkrustung oderVersalzung und zum Verlust derBiodiversität führen.[17] In der Forstwirtschaft führt derKahlschlag ohne nachfolgendeWiederaufforstung zuErdrutschen,Schuttströmen,Überschwemmungen oderWinderosion mit anschließender Desertifikation.
Aufgrund des Raubbaus im Wald dehnen sich dieDürre- undÖdländer immer weiter aus.UNEP zufolge sind 75 % derLandmasseAustraliens, 55 %Afrikas, 25 %Asiens und 20 %Nordamerikas inWüste verwandelt.[18] DieFAO geht davon aus, dass mehr als 25 % aller Fischbestände erschöpft oder von Erschöpfung durch Überfischung bedroht sind, weitere 50 % werden am biologischen Limit befischt.[19]
Der Übernutzung kann durch reglementierende Mengenbeschränkung individueller Nutzung gegenüber den Nutzern begegnet werden.[20] AlsKontingentierung stehenProduktionsquoten (Fangquoten beim Fischfang,Abschusspläne bei derJagd,Milchquoten in derLandwirtschaft usw.),Grenzwerte oderRichtwerte (Umweltschutz) zur Verfügung. Weitere Strategien sind dieInternalisierung der Umweltschäden durchMonetarisierung der Umweltkosten[21] und derenUmlage auf die Verursacher oder die Einführung vonSteuern (CO2-Steuer,Umweltsteuer). Ein extensiverNaturschutz (etwa durch Gründung und Management vonNaturschutzgebieten,Naturparks oderNationalparks) beugt einer Ausbeutung durch den Menschen vor.
Die Übernutzung natürlicher Ressourcen führt zu einer Dezimierung der Bestände von Pflanzen oder Tieren bis hin zumArtensterben und stellt eine nichtnachhaltige Nutzung der Natur dar, weil die Entnahme rascher erfolgt als der natürliche Zuwachs.[22] Dabei ist zu bedenken, dass die Nutzung oder derVerbrauch von Land, Wasser oder Luft diese nicht verschwinden lässt, sondern sie in ihrer Qualität verschlechtert (ausTrinkwasser wirdAbwasser). Um den ursprünglichen Qualitätsstandard wiederherzustellen, entstehen Kosten (Errichtung und Betrieb vonKläranlagen). Würden diese Investitionen nicht vorgenommen, entstünden dauerhafte Umweltschäden.
Elinor Ostrom zeigte 1990 auf, dass der kollektive Nutzen beiGemeingut durch zunehmende individuelleNutzenmaximierung abnimmt und auflange Frist ganz verschwindet.[23] Sie kam zu dem Ergebnis, dass für eine angemessene und nachhaltigeBewirtschaftung von lokalenAllmenderessourcen in vielen Fällen eine institutionalisierte lokaleKooperation durchkollektives Handeln sowohl staatlicher Kontrolle als auchPrivatisierungen überlegen sei.
Nicht nachhaltige Landwirtschaft und der Raubbau an Wäldern erhöhen das Risiko vonNaturkatastrophen.[24] Die Übernutzung der natürlichen Umwelt kann nach dem umweltökonomischen Grundmodell durch die Internalisierung der negativenexternen Effekte vermieden werden. Wenn den Verursachern negativer externer Effekte diesozialen Kosten ihrer Aktivitäten zunehmend angelastet werden, führt dies zu einereffizienten Verwendung der natürlichen Umwelt.[25] Die Umwelt würde dann nur so lange belastet wie dieGrenzkosten derUmweltbelastung unterhalb der Grenzkosten derSchadensvermeidung liegen.
Übernutzung ist eine Erscheinungsform desExtraktivismus, einem „Akkumulationsmodell, das auf einer übermäßigenAusbeutung immer knapper werdender, meist nicht erneuerbarer, natürlicher Ressourcen beruht, sowie auf der Ausdehnung dieses Prozesses auf Territorien, die bislang als ‚unproduktiv‘ galten“.[26]